Kreative Artikel zum Thema Nähen

Rubinhochzeitskleid

Liebe Leserinnen und Leser,

für meinen Mann und mich ist der 17. Mai 2015 ein ganz besonderer Tag. Vor 40 Jahren gaben wir uns das „Ja-Wort“ und feiern heute unsere Rubinhochzeit.

Für diesen Anlass wünschte ich mir ein ganz besonderes Kleid. Ich fand einen Vogue-Schnitt, der meinen Vorstellungen entsprach …

und fragte Frau Obering, eine Schneiderin aus dem Nachbardorf, ob sie bereit sei, meinen Traum mit mir zusammen zu verwirklichen. Die Antwort lautete: Ja. 🙂

Beim ersten Besuch in der Schneiderei brachte ich den Schnitt mit und suchte mit Frau Oberings Hilfe den geeigneten Stoff aus. Er sollte drei Bedingungen erfüllen:

  • waschbar
  • knitterarm beim Tragen des Kleides
  • bügelfrei nach dem Waschen

Die angesagte Farbe war natürlich „Rot“.

Frau Obering bestellte einen Stoff mit seidigem Glanz und einer feinen Struktur.

Ich holte ihn bei ihr ab und nahm ihn mit nach Hause. Er wurde an den Schnittkanten versäubert und wanderte anschließend umgehend in die Waschmaschine.

Programm: 30°, Feinwäsche, schleudern mit 600 Umdrehungen pro Minute.

Ich hockte vor der Waschmaschine und beobachtete eine Weile mit Argusaugen, was in der Trommel geschah. Das hinzugegebene Farbauffangtuch tauchte immer mal wieder auf und färbte sich zunehmend. Nun gut, Rot ist eine sehr intensive Farbe und blutet aus. Das wusste ich wohl, wollte es aber bestätigt wissen.

Nach einer guten Stunde konnte ich endlich die Waschmaschinentür öffnen und zog den Stoff erwartungsvoll aus der Trommel. Und siehe da, er war glatt und erfüllte somit schon mal zwei meiner gestellten Bedingungen. 🙂

Bei meinem zweiten Besuch in der Schneiderei lag der Stoff (rechts auf rechts) bereits ausgebreitet auf dem großen Zuschneidetisch, und alle Markierungen, die der Rock-Schnitt vorgab, waren mit Kreide aufgemalt.

Mit einer elektrischen Schere schnitt Frau Obering in kürzester Zeit die vier Rockbahnen zu. Meine Aufgabe war nun, mit Hilfe eines Kopierrädchens, Kopierpapier und einer langen Schiene die Nähzeichen auf das jeweils unten liegende Stoffstück zu übertragen.

Ich schaffte es an diesem Tag auch noch, die Rockbahnen zusammenzunähen und hatte meine erste Anprobe.

Es waren noch keine Falten eingebügelt. Trotzdem konnte man sehen, dass der Rock sehr gut fällt. Eins wurde mir aber auch klar, der Stoff verzieh nichts. Er ist absolut unelastisch.

Das gab mir sehr zu denken. Ich stellte mir vor, wie wenig Bewegungsfreiheit ich in diesem unnachgiebigen Kleid haben würde. Eine schreckliche Vorstellung.

Ich unterbreitete Frau Obering meine Bedenken und fragte, ob wir nicht lieber ein zweiteiliges Kleid (Oberteil und Rock) anfertigen und für das Oberteil z. B. eine schwarze, elastische Spitze verwenden könnten.

Hm, Frau Obering war nicht wirklich begeistert. Sie meinte, der Stil des Kleides ginge dabei verloren und dachte eine Weile nach. Dann schlug sie mir vor, das vordere und rückwärtige Mittelteil des Oberteils aus rotem Stoff zuzuschneiden und die Ärmel und Seitenteile aus schwarzer, elastischer Spitze. So war genügend Bewegungsfreiheit gewährleistet und die farbliche Verbindung zum roten, weit schwingenden Rock wieder hergestellt.

Frau Obering passte den Schnitt des Oberteils meinen Körpermaßen an, und bei meinem nächsten Besuch in der Schneiderei konnte ich das Oberteil bereits anprobieren. Es war noch etwas zu weit, wurde abgesteckt und anschließend genäht.

Wir besprachen noch, wie der Ärmelabschluss und die Blende im Ausschnitt aussehen sollten. Für das Oberteil hatte Frau Obering sich noch etwas Besonderes ausgedacht. Es sollte hinten ein angedeutetes Schößchen bekommen. Ich war begeistert. Ein Schößchen – das entsprach genau meinen Vorstellungen und meinem Geschmack.

Jetzt zeige ich Ihnen noch, welche weiteren (Hand)Arbeiten ich an meinem Kleid selbst gemacht habe.

Beim Rock ging es um den von Hand genähten Blindstich am Saum …

anschließend um das Staffieren des Futters am Reißverschluss.

Beim Oberteil nähte ich von Hand die Spitzenblende an.

Das ist nicht sehr viel. Trotzdem habe ich das Gefühl, bei der Entstehung meines Festkleides wirklich beteiligt gewesen zu sein. Und dafür danke ich Frau Obering von ganzem Herzen.

Das zweiteilige Kleid wird durch einen gekauften, schwarzen Petticoat ergänzt, der ein wenig unter dem Rock hervorblitzt und ihm den nötigen „Stand“ verleiht.

Meine Schneiderpuppe stand eine Woche lang festlich gekleidet in der oberen Diele.

Ja, und dann hatte ich meinen Termin im Fotostudio. 🙂

Die Fotografin erklärte mir: Wir machen ein Foto mit Drehung.

Meine Aufgabe war, mich auf ihr Kommando zu ihr zu drehen, den Kopf weder zu hoch noch zu tief zu halten, ihr ein strahlendes Lächeln zu schenken, die Hände auf den Rücken zu halten und den Lichtschalter zu hypnotisieren. Nun denn. Ich schätze 15 Drehungen lagen hinter mir, bis wir dieses Foto im Kasten hatten.

Und ob der Rock beim Sitzen knittert, kann ich erst heute Abend beurteilen. 😉

Anlässlich unserer Rubinhochzeit habe ich für meinen Mann und mich einen Quilt gestaltet.

Dieser Quilt ist ein Sinnbild für unser gemeinsames Leben.

Das Quilten im Mäander-Stil im Hintergrund zeigt die Wege, die wir zusammen gegangen sind.

Die große Blüte …

und der Schmetterling symbolisieren bedeutende Ereignisse in unserem Leben.

Wir haben nie die Bodenhaftung verloren, dargestellt durch die Stoff- und Lederelemente im unteren Drittel des Quilts.

Fotografiert habe ich so, dass von der Gardine und den Sprossen des Fensters Schatten auf das mit Licht durchflutete Bild fällt. Denn beides gibt es im Leben. Licht und Schatten.

Für mich ist dieser Quilt voll Leben, Schwung und Freude, ohne die traurigen Momente zu vernachlässigen.

Gewählt habe ich die energiegeladenen Farben der Sonne und des Feuervogels.

Herzliche Grüße

Susanne

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