Als vor einiger Zeit die große Mini-Manie in den USA einsetzte, hat mich eine gute Freundin gefragt, wofür die Dinger denn wohl gut seien. Und obwohl ich zu diesem Zeitpunkt selber schon so einige genäht hatte, musste ich antworten: “Ummmm – keine Ahnung? Die sind hübsch?”
Nun bin ich ja auch ein großer Verfechter des Mottos “Alles was man näht, muss irgenwie auch einen Nutzen haben” – und habe trotzdem so einige Minis gefertigt, ohne den Nutzen zu diesem Zeitpunkt erkannt zu haben.
Mittlerweile hat sich diese Frage auf wundersame Weise für mich geklärt. Die Dinger sind praktisch für mich – oder sagen wir mal – Quilter wie mich erfunden worden. In meinem Hirn befinden sich nämlich große schwarze Löcher. Dort verschwinden unangenehme Erfahrungen auf unbestimmte Zeit. So lassen sich auch meine 5 Kinder erklären – speziell die letzten 3, die jeweils nur ein gutes Jahr Abstand voneinander haben. Offensichtlich hatte ich immer schon 3 oder 4 Monate nach der Geburt völlig vergessen, dass das weh tut.
Ähnlich ergeht es mir bei bestimmten Patchwork-Techniken. Ich habe z.B. 3 fertige, handgenähte Hexagon Quilts, obwohl ich schon nach dem ersten (und nach dem zweiten und nach dem dritten) beschlossen hatte: “Das mache ich NIE wieder.” Ein vierter ist übrigens in Arbeit.
Wenn man jetzt aber ein Patchworkmuster anschaut und denkt: So einen Quilt hätte ich gerne! Dann erst mal einen Mini Quilt näht und feststellt – dauert zu lange, nervt, gefällt mir doch nicht, zu viel Materialverbrauch – was auch immer…. dann hängt man sich das Ding an die Wand, als ständige Erinnerung daran, dass man das NIE in groß machen möchte. Zur Sicherheit sollte ich mir allerdings noch einen Sticker mit eben diesem Entschluß dran heften.
Das ersparte einem diese Erlebnisse, bei denen man bereits 5 Meter teuere Patchworkstoffe zugeschnitten hat, nur um nach dem ersten Block den Blick gen Himmel zu richten und zu rufen: Warum???? Und dann näht man das Teil trotzdem fertig, weil man nicht so viel Material verschwenden will – oder ein neues UFO wurde geboren.
Und als zusätzlichen Bonus hat man bei dieser Methode von allen Dingen, die man dann doch auch in groß haben möchte, eine dekorative Erinnerung an der Nähzimmerwand – denn so viel Platz um massenweise große Quilts aufzuhängen haben ja die Wenigsten.
Camille Roskelley – von Bonnie & Camille (wer sie nicht kennt – eine wunderbare Stoffdesignerin für Moda und Bernina Expertin in den USA) – gibt z.B. zu all ihren neuen Quilt-Patterns auch gleich eine Mini Version heraus.
In ihrem Nähstudio sieht das dann so aus:
Fotorechte: Camille Roskelley
Es gibt aber auch Muster, die mag ich sehr, weiß aber schon im Voraus, dass sie sich nicht für einen großen Quilt eignen oder mir schlicht zu lange dauern würden. Dazu gehören Cathedral Windows.
Da gehen wegen der Falttechnik ziemliche Menge an Stoff rein und wenn ich mir diesen Mini Quilt mal so in die Hand nehme, könnte man den vermutlich auch als Material für eine kugelsichere Weste verwerten.
Aber es macht Spaß, so ein Teil zu nähen (bzw. zu falten) und ich hoffe, einige von Euch werden ebenfalls Spaß daran haben, es mal auszuprobieren.
Nähanleitung Cathedral Window Mini Quilt
Materialbedarf: (In Klammern stehen die Stoffe, die ich verwendet habe)
1 m Uni Stoff , 110 cm breit (Bella Solids Off-White 9900-200) für Untergrund und Rückseite – daraus zuschneiden: 1 Stück 15″ x 15″ für Rückseite, 9 Quadrate von 10″ x 10″ für Untergrund der Windows
25 cm gemusterter Stoff für den Untergrund (Hello Darling – Orange Peels Orange Multi) – daraus zuschneiden:
9 Quadrate 4 1/2″ x 4 1/2″
6 Streifen 1 3/4″ x 4 1/2″
2 Streifen 1 3/4″ x 15″
36 Dreiecke aus verschiedenen Stoffen aus 4,5″ Quadraten geschnitten (1 Charm Pack – Hello Darling)
2 Streifen à 2 1/2″ x 110 cm für das Binding (Hello Darling – Lollies Red)
H 630 oder H 640 Bügelvlies – 15″ x 15″ (ca. 38 x 38 cm)
Passendes Garn (Aurifil 50 wt – Farbe Off-White 2021)
Textil-Sprühkleber
1 Papp-Quadrat 9″ x 9″ (ca. 23 cm x 23 cm)
Zunächst mal gehts ans bügeln, das ist langweilig, das dauert ein Weilchen und wird daher am besten vor dem Fernseher oder mit einem Hörbuch erledigt.
Ihr nehmt Eure 9 weißen 10″ Quadrate und Eure Bügelpappe….
Legt die Pappe mittig auf ein Quadrat….
Bügelt die Seiten um….
Klappt sie wieder auf und bügelt die Ecken schön rechtwinklig um….
Faltet die Ecken schön sauber zu Briefecken….
Dann nehmt Ihr die Schablone raus und faltet das neu entstandene Quadrate zweimal mittig, um den Mittelpunkt zu ermitteln.
Nun die Ecken zur Mitte umbügeln…
Und das gleiche dann noch ein zweites Mal wiederholen – die Quadrate sollten nun 4,5″ (ca. 11,5 cm) groß sein.
Dort werden nun (wie hier auf dem Foto zu sehen) die bunten Quadrate eingelegt
Gut feststecken und darauf achten, dass sich die Spitzen in der Mitte treffen.
Und mit zwei Stichen und Rückstichen feststeppen.
Jetzt kommen unsere bunten Dreiecke an die Reihe. Hierfür habt Ihr 4,5″ Quadrate durch einen diagonalen Schnitt halbiert.
Legt diese nun so aus, wie es Euch gefällt, und steckt sie fest oder benutzt Wonder Clips
Jetzt werden die weißen Rändern so um die Dreiecke geschlagen, dass eine Rundung entsteht (ich halte das ganz gerne mit einem Stiletto oder einem Stickscherchen fest) und abgesteppt.
So sollte das jetzt aussehen:
Nun werden die 6 Stoffstreifen für die Zwischenräume mit einer Nahtzugabe von 1/4″ angenäht, Nahtzugaben in Richtung Stoffstreifen bügeln, Blöcke miteinander verbinden bis Ihr 3 Reihen à 3 Blöcke samt Zwischenstreifen habt. Dann die langen Zwischenstreifen zwischen die Reihen nähen. Alle Nahtzugaben werden in Richtung Stoffstreifen gebügelt.
Euer Mini Quilttop ist jetzt bereit zu einem Sandwich verarbeitet zu werden. Dafür mit einem feuchten Tuch das Bügelvlies auf die Rückseite Eures Tops bügeln. Gut auskühlen lassen, dann mit Sprühkleber (oder mit Heftstichen und Reihgarn) den Rückenstoff unter das Bügelvlies heften.
Jetzt wird gequiltet – und das geht natürlich auch ganz schlicht im Nahtschatten an den Blöcken entlang. Wer aber seinem BSR-Fuß (oder dem offenen Stickfuß oder welchen Fuß Ihr auch immer fürs freihandquilten benutzt) ein bisschen Ausgang verschaffen will, der schaltet jetzt den Untertransport aus und legt los.
Wir Ihr seht, habe ich das arme Dinge zu Tode gequiltet …. das tue ich schon mal gerne, wenn es keine Kuscheldecke werden soll. So sieht das von hinten aus….
….und etwas weniger offensichtlich von vorne.
Jetzt kommt einer der Hauptgründe, warum ich unbedingt ein Cathedral Window Mini machen wollte. Ich habe nämlich seit einer Woche einen Knopf-Annäh-Fuß. Ich HASSE Knöpfe annähen – und dieses Teil macht mich daher extrem glücklich. 5 Minuten – und alle 9 Knöpfe waren angenäht. Wer so ein Teil an seiner Nähmaschine nicht hat, muss natürlich jetzt per Hand ran.
Wie der Fuß funktioniert seht Ihr hier.
Noch einmal rundherum knappkantig absteppen, den überschüssigen Rückenstoff abschneiden und ein Binding annähen. Wer das noch nie gemacht hat, kann das in meinen Beiträgen hier und hier nachlesen.
Man kann übrigens auch die 4 1/2″ Quadrate, die in die weißen Faltquadrate eingelegt wurden, einfach weglassen und die Quadrate direkt aneinandernähen. Dafür werden dann immer zwei nebeneinanderliegende Dreiecke geöffnet und in der Faltkante aneinandergenäht.
Der Effekt ist dann deutlich ruhiger.
Wenn ich mir meinen Post jetzt so durchlese, stelle ich fest, Ihr müsst Euch vermutlich einen Tag Urlaub nehmen um bis zum Ende durchzuhalten, aber was will man machen – ich war gerade so in Fahrt :o)
Hallo Grete, ich habe Deine Erklärung für das Cathedral Windows Kissen mit Begeisterung gelesen. Ein Nadelkissen habe ich auch schon fertig. Eine Frage habe ich aber noch. Den nachstehenden Satz aus Deiner Anleitung habe ich nicht verstanden „Dafür werden dann immer zwei nebeneinanderliegende Dreiecke geöffnet und in der Faltkante aneinandergenäht“ ich kann es in meinem Kopf nicht umsetzen.
Kannst Du es mit anderen Worten noch einmal erklären .
Vielen herzlichen Dank im Voraus.
Sabine
Ich schließe mich mal an: so nett geschrieben ?Und sehr verständlich…so ein “Mini” Quilt steht schon lange auf meiner Liste ? Ich freu mich schon auf den
Herbst ?Liebe Grüße Sabine
Liebe Sabine, dankeschön! Und ich bin gespannt auf dein Exemplar! Unbedingt zeigen :o)
Liebe Grüße, Grete
LIebe Grete,
als ich deinen Bericht neulich laß, musste ich sehr schmunzeln: die Frage nach dem Nutzen für diese MIniquilts hat sich mir lange auch nicht erschlossen und wie witzig, dass Barbara es war, die dich gefragt hat! Ich bin immernoch kein ausgesprochener Fan dieser Größe. Aber die Idee, die Probeblöcke in einem solchen Format unterzubringen ist schon eine feine Sache. Und gerade bei deinem Projekt bot sich das augenscheinlich an – ich bewundere Menschen, die aus diesem Muster einen ganzen (Panzer-)Quilt machen 😉
Liebe Grüße,
Andrea
Liebe Andrea, :o) – uh huh…. es gibt so viele Techniken bei denen ich denke – oh wie schön – aber dafür hätte ich keine Geduld. So kann ich dann mal … ohne, dass es in der Ecke landet. Ganz liebe Grüße zurück, Grete
Hallo Grete,
habe noch nie einen Mini-Quilt genäht, weil ich mich so wie du frage…wofür? Aber vielleicht irgendwann, man weiß ja nie, was die Zeit so bringt, mache ich mich ans Werk. Vielleicht aber auch nicht…Aber mal im Ernst, der Mini-Quilt sieht einfach schön aus, ebenso die anderen an der Wand. Einfach als Schmuck, geht ja auch.
Herzlich Birgit
Liebe Birgit, ja…. der Vorteil ist wirklich – man probiert was Neues aus, ohne sich Material und Zeit-technisch zu sehr zu verpflichten – und hinterher sieht es ja schon ganz dekorativ aus :o) – liebe Grüße, Grete
Hallo Grete ich lese und schaue sehr gerne Deine Beiträge.Sie sind immer soooo schön und Du schreibst so lustig ein richtiger Aufsteller. LG Jacqueline
☺️ Dankeschön , Jacqueline! Das freut mich! Ganz liebe Grüße zurück, Grete
Hallo liebe Grete,
ich liebe Deine Art zu schreiben, da würde ich sogar einen Tag Urlaub nehmen, um den Bericht bis zum Schluss zu schaffen, haha…
Dein Miniquilt ist so toll und die Stoffe von Camille Roskelley gehören immer zu meinen Lieblingsstoffen.
Ich bin wahrscheinlich ähnlich wie Du, für so ganz arg komplizierte Dinge fehlt mir am Ende die Geduld und daher habe ich eine beachtliche Anzahl Ufos hier liegen. Aber so kleine Miniquilts sind doch recht übersichtlich. Das schaffe sogar ich:-) So einen Cathedral Window werde ich machen, unbedingt.
Ganz liebes Danke für die tolle Anleitung.
Liebe Grüße
Tatjana
Liebe Tatjana, dankeschön! Und da bin ich dann ja mal gespannt – zeigst du das dann auch? Ganz liebe Grüße zurück, Grete
Ja, liebe Grete, das zeige ich dann sehr gerne. Wird aber ein Weilchen dauern, denn im Moment habe ich überhaupt keine Zeit für meine Nähmaschine, ich mache nämlich zu meinem kleinen Motorradschein noch kurzentschlossen den großen und muss dass jetzt wetterbedingt sehr schnell schaffen. Aber dann…
Liebe Grüße
Tatjana
Liebe Grete, Du schaffst es doch tatsächlich mich noch an Mini-Quilts heranzuführen, unglaublich! Ein grossartiger Bericht und eine tolle Anleitung. Danke dafür! Alles Liebe Barbara
Moin Schätzchen! Das ist ja schön – vor allem, da DU ja die guter eingangs erwähnte Freundin bist, der sich der Sinn dieser Dinger nicht erschlossen hatte. Sei gedrückt, Grete
Du hast natürlich sehr recht, Cathedral Windows machen enorm was her, fressen aber viel Stoff und ergeben ein kevlarartiges Ergebnis. Ich habe mal ein sehr schönes Nadelkissen daraus genäht. Leider muss man genau aufpassen, wo man die Nadeln auch reinpieken kann…
Die Idee mit den MiniQuilts fürs Nähzimmer finde ich sehr super – das möchte ich auch 🙂
Liebe Grüße,
Kathrin
Liebe Kathrin, dankeschön – auch für deine liebe Mail :o), liebe Grüße, Grete
Liebe Grete,
vielen Dank für den schönen und witzigen Beitrag mit der toller Anleitung,
ich werde mir die Idee mit den kleinen Quilts merken, da ich immer meine, das was ich nähe müsste einen Nutzen haben.
Liebe Grüße Ulrike
Liebe Ulrike, dankeschön! Und da sind wir uns ja einig :o) – ganz liebe Grüße zurück, Grete
Liebe Grete,
wie herrlich :-)))) …. sowohl der Quilt, als auch der Bericht. Retorisch und inhaltlich eine wahre Meisterleistung :-D.
So eine Bügelschablone kannte ich bisher noch nicht. Also merken!!!
Die Idee mit den ganz vielen kleinen Miniquilts finde ich hervorragend. Seit ich angefangen habe zu patchen, habe ich meine Familie mit immer neuen Kissenbezügen fast in den Wahnsinn getrieben …. aber irgend ein Übungsprojekt brauchte es ja schließlich :o)
Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Bericht … und es ist völlig egal was Du uns genähtst dabei vorstellst ;-)))
Lieben Gruß
Angie
Liebe Angie, haha…. du – also – Kissenbezüge, gepatcht und gequiltet, die möchtest du bei mir auch nicht zählen kommen! Danke für deine netten Worte und liebe Grüße zurück, Grete
Hallo Grete,
lieben Dank für Deine amüsanten Worte und die tolle, ausführliche Erklärung!
Liebes Grüßle Annette
Liebe Annette, dankeschön fürs Lesen und für den Kommentar! Ganz liebe “Grüßle?” zurück, Grete
Liebe Grete,waaaauuuuuuu soooooooo schön.Und so wunderbar schöne Stoffe und erst wie Du gequiltet hast da werde ich gleich eifersüchtig.Und soo viel arbeit .Und die Wand mit den Quilt wunderbar.LG Jacqueline
Liebe Jacqueline, danke, danke! Das ist der große Vorteil daran, einen Stoffladen zu haben – man kann immer aus dem Vollen schöpfen :o)
Liebe Grüße zurück, Grete
Liebe Grete
Ich habe tatsächlich gerade Ferien – aber ein so unterhaltsamer und informativer Bericht erheitert natürlich auch jeden Alltag!
Vielen Dank, Renate.
Liebe Renate, dankeschön! Dann passt das ja :o) – ganz liebe Grüße zurück, Grete