Kreative Artikel zum Thema Nähen

“Versuch macht klug” oder: noch ne Tasche

Also, vorab: eigentlich sollte hier eine ganz andere Tasche stehen. Eigentlich. Doch wie es so manchmal ist, verselbständigen sich die Dinge schonmal. So gings dann auch diese Woche bei mir zu Hause.

Ich wollte mit dem Material KraftTex™ spielen (KraftTex™ ist ein ähnliches Material wie SnapPap, jedoch gibt es dies schon seit gut 2 Jahren auf dem amerikanischen Markt) und habe zwischenzeitlich die Erfahrung gemacht, dass es ein ganz wenig dünner ist und wohl einen etwas höheren Latexanteil hat, so dass es beim Nähen, Falten, Biegen und vor allem beim Quilten elatischer bleibt und nicht so schnell reisst.

Spielen bedeutete nun, dass ich im Drogeriemarkt ganz einfaches Farbpulver “Simplicol” kaufte und das vorgewaschene Krafttex™ mitsamt Pulver in die Waschmaschine steckte und gespannt wartete wie das Ergebnis ausschauen würde.

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So, das war rot, in der Tat. Allerdings hätte ich mir doch eine intensivere Färbung gewünscht. Nun ja. Dann ging das Material in den Trockner und anschliessend knetete ich das noch warme, weiche und ganz wenig feuchte Krafttex™ wie einen Hefeteig gut durch und liess es dann zusammengeknüllt auf dem Arbeitstisch liegen, bis zum nächsten Morgen. Ich erhoffte mir eine bessere lederartige Oberflächenstruktur und schöne gebogene Kanten.

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Am nächsten Morgen bog ich das zwischenzeitlich fest gewordene Material auseinander und überlegte, was ich damit nun am besten anstellen könnte. Vom Farbergebnis war ich wirklich nicht sehr angetan. Es sah doch ziemlich verwaschen aus. Also packte ich es kurzerhand unter das Dampfbügeleisen und brachte es wieder halbwegs in glatte Form und bedruckte es anschliessend mit zwei unterschiedlichen Thermofaxsieben.

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Heute weiss ich, woran es lag. Es war das Wetter. Ja, lacht mal nicht, es gab hier einen Wetter- und Temperatursturz über Nacht und es war kalt und ungemütlich. Und irgendwie war mir einfach nicht nach rot! Also griff ich mir einen Bogen schwarzes, ebenfalls vorgewaschenes KraftTex™ und bedruckte es ebenfalls. Und da merkte ich, das passt. Diese frostigen kühlen Nuancen von Weiss und Grau erinnerten an einen ersten Raureif und auch an das Kratzen der armen Nachbarn, die am frühen Morgen ihre Autoscheiben freikratzten. (hier im Bild links bereits bearbeitet, rechts Druck unbelassen).

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Man könnte auch ganz knapp und bündig sagen – es lag am Mikroklima. Basta.

Sobald die Drucke trocken waren (hier nutze ich bei kaltem und regnerischen Wetter sehr gerne den Backofen mit seiner Umluftfunktion auf 50°C – es trocknet in Minuten!) startete ich auch schon mit dem Ausgestalten der beiden Zuschnitte. Nun war mir klar, dass ich nochmals eine so stabile und grosse Einkaufstasche nähen wollte, wie ich sie bereits im Sommer hier im Blog gezeigt habe:

https://blog.bernina.com/de/2015/06/snappap-nix-fuer-schwaechlinge/

Auf den hellen Drucken müsste das hochdeckende und matte “frosted matt” von MADEIRA sehr gut wirken. Also packte ich gleich alle drei passenden Farben auf den Garnrollenhalter der BERNINA880

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und startete mit dem Quilten der ersten abstrakten Bäume. Und wow, ja, das war es. Das schwarze “frosted matt” malte wie ein schwarzer Edding über die Drucke. Anschliessend “malte” ich noch ein paar Pusteblumen mit weissem “frostet matt”aus.

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Zwischendrin pinnte ich den schwarzen Bogen immer mal wieder an die Wand und schaute aus einer anderen Perspektive darauf um den Zeitpunkt zu erwischen, wann es genug des Quiltens war.

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Und als der dann erreicht war, knüllte ich das gequiltete Arbeitsstück wieder schön fest zusammen. Einfach mal mutig sein und Unerwartetes tun, ausprobieren, testen und dann über das Ergebnis staunen und sich freuen: die Dreidimensionalität, die diese Materialien mit sich bringen, da sie von der Textur her zum Verbiegen gedacht sind.

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Und dann nähte ich aus den beiden Zuschnitten und einem cognacfarbenen KraftTex™ Innenfutter die Tasche zusammen. Grad so, wie ich es im oben gezeigten Link, beim Vorgängermodell auch gemacht habe. Ich wählte aus dem Grund für das Tascheninnere nochmals dasselbe Material, da es die perfekte Standfestigkeit gibt. Ansonsten müsste ich mit Decovil light I arbeiten und brauchte dazu dann nochmals einen Futterstoff – da ist diese Variante sogar kostengünstiger.

Zuerst werden die “Böden” angenäht – umgefaltet und nochmals mit einem Dreifachstich sauber abgesteppt. Damit das alles gut durch die Nähmaschine lief, schaltete ich den Obertransport hinzu und wählte eine Ledernadel, Stärke 80.

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Dann schloss ich die Seitenteile und den Taschenboden, wichtig ist, dass die Kanten absolut passgenau liegen, gut mit Klammern heften:

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Und diesesmal nähte ich die Bodenecken nicht wie üblich ab, sondern machte es so, wie es mir meine liebe Freundin Eva immer mal wieder zeigte – Eva, wenn du dies hier liest, sehe ich dich bereits grinsen – ich zeichnete mir in die Bodenecken ein Quadrat ein, schnitt es aus, sicherte die Nahtenden erneut, faltete die Bodenecken dann zusammen und nähte sie, nachdem ich sie gut aufeinandergeheftet hatte, ab.

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Dann wird mit reichlichem Kraftaufwand die Aussentasche gewendet. Die Innentasche wird wie die Aussentasche gearbeitet und links auf links in die Aussentasche hineingeschoben. Bodenecken gut ineinanderschieben. Die oberen Kanten sauber zusammenstecken, hier lohnt es die stabileren Stecknadeln zu nehmen, alle anderen haben keine Chance und verbiegen sich. Absteppen und die überstehende Kante der Innentasche zurückschneiden. Hier kann gerne ein kleiner Überstand von 1-2 mm verbleiben.

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Dann nähte ich die Taschengriffe aus Korkleder an. Die rustikale Tasche kann gut ein gröberes Aufnähmuster vertragen und ich fahre mit dem Nähfuss vorwärts und rückwärts mehrfach über das Material, bis es gut angenäht und fixiert ist.

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Bei diesem Taschenmodell nähte ich zusätzlich an die “äusseren Ecken” noch einen Schulterriemen an. Der Prototyp aus dem ersten Bericht ist zwischenzeitlich zum regelmässigen Begleiter zum Wochenmarkt am Samstag in Ulm geworden, macht seine Sache prima, doch fehlt an ihm tatsächlich ein Schultergurt. Also bekommt dieser Nachfolger sofort einen. Ebenfalls kann man, statt Druckknöpfen ein Klettband an die obere Taschenkante annähen, so ist sie nach Belieben verschliessbar.

Und fertig ist die neue Tasche. Winterlich angehaucht. Gefüllt mit Einkäufen steht sie aufrecht und hoch, doch im kaum gefüllten, oder leeren Zustand kann sie erneut zusammengeknautscht werden und bekommt so immer wieder ein verändertes Erscheinungsbild.

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Viel Spass beim Nachnähen!

Viele Grüße,

Jutta Hellbach

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