Kreative Artikel zum Thema Quilten

Mit dem Ziergarn um die Kurve

Meine Mutter wünschte sich zum Muttertag ein Etui für die Küchenfensterbank. Es sollte groß genug sein, um eine Packung Papiertaschentücher aufzunehmen.

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Für eine Brille passt es natürlich auch.

Die Küche meiner Mutter ist weiß mit braunem Boden, hellem Holz und Rattan. Das Fenster, um das es geht, wird von goldorange-braunen Vorhangschals mit breiten Wellenstreifen in skandinavischem Stil eingerahmt (dachte ich zumindest, aber dazu später mehr).

Zu den Wellen des Vorhangs dachte ich an eine abgerundete Form, mit einem schlichten Akzent durch ein paar Reihen aufgestepptes Garn. Das hatte ich sogar passend parat. Der Schnitt besteht ganz einfach aus einem Rechteck, dessen obere Ecken abgerundet sind.

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Auf die äußere Stofflage habe ich ein kleineres Rechteck mit Vliesofix aufgebügelt und mit schmalem Zickzackstich (Breite 2,5) appliziert. Innen- wie Außenteil sind durch ein aufbügelbares, dünnes Volumenvlies verstärkt. Damit das Etui sich richtig schön gepolstert anfühlt, hat es noch eine Extralage dickes Volumenvlies bekommen. Das wurde beim Aufsteppen der Zierlinien hinterlegt. Appliziert habe ich allerdings noch ohne, damit der braune Stoff am heiklen Übergang von ziemlich steif (durch das Vliesofix) zu eher weich keine unnötigen Wellen schlägt.

Eine wichtige Anmerkung zum Schnitt:
Das Innenteil muss kleiner sein als das Außenteil, sowohl in der Länge als auch in der Breite, da das Volumenvlies ganz schön Raum aufnimmt. Auch an der Eingriffskante, also wo die beiden Beutel gegeneinander verstürzt werden, ist der Innenbeutel schmäler. So wird gewährleistet, dass sich das Außenteil glatt um das Innenteil rollt und der innere Stoff sich nicht nach außen drängt oder verquetscht aussieht. Wer Bekleidung näht, kennt dieses Prinzip der sogenannten Rollweite vom Zusammenspiel Oberkragen/Unterkragen.

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Arbeiten Sie mit dem Bernina Schnuraufnähfuß #21? Dann wissen Sie, dass man damit nicht um enge Kurven kommt. Genau das wollte ich aber, und das wiederum ist die Stärke des Bernina Rollfußes #55. Man kann den Rollfuß ja nicht nur mit dem Geradstich, sondern auch mit Zickzackstichen verwenden, also genau das Richtige für meine Garnverzierung.

Nun wollte ich meine Verzierungslinie so pur wie möglich sehen, am besten ganz ohne Naht. Was nätürlich nicht geht, aber mit transparentem Garn kommt man dem schon sehr nahe. Zu sehen ist nur ein unauffälliges Zickzack-Muster, was der Linie ein wenig Rhythmus gibt und überhaupt nicht stört.

Um den gewünschten Kurvenverlauf zu treffen, empfiehlt es sich, die Linie mit einem Stoffmarkierstift anzuzeichnen. Das habe ich nicht getan, aber beim Nähen festgestellt, dass man den Rollfuß schon ein wenig “überreden” muss, in eine wirklich enge Kurve zu gehen, und das, wo es ohnehin knifflig ist, eine Kurve so hinzukriegen, dass sie scheinbar “parallel” zu einer anderen verläuft.

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Hier sieht man ins wattige Innenleben des Etuis. An der Eingriffskante sind die beiden Beutel schon verbunden, das dicke Vlies bis zur Naht zurückgeschnitten. Sobald Innen- und Außenbeutel jeweils geschlossen sind, wird das Ganze durch eine Öffnung im Innenbeutel gewendet und diese mit ein paar Stichen geschlossen. Fertig!

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Wie war das noch mal, die Gardine in der Küche meiner Mutter hat breite, wellige Streifen? Jahaa, das dachte ich! Mittlerweile hängt dort ein anderer Vorhang: weißgrundig mit einem wunderschönen Muster aus Ahornblättern, wieder in orange, aber diesmal eher rotorange. Der hängt dort seit Jahren! Und es ist nicht mal so, dass er mir bisher entgangen wäre. Meine Mutter und ich leben im selben Haus, haben ständig Kontakt und ein sehr gutes Verhältnis, und wir sitzen immer mal wieder in ihrer Küche zusammen. Und dennoch … Tja, soviel zur selektiven Wahrnehmung.

Nun sieht das Etui auf der Fensterbank zwar auch nicht schlecht aus, aber das perfekt passende Orange ist es halt nicht mehr. Mal sehen, vielleicht mache ich bei Gelegenheit ein weiteres in Rotorange, dann vielleicht mit Ahornblättern …

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