Kreative Artikel zum Thema Nähen

Ruhe im Atelier

 Bei mir im Job naht jeweils spätestens ab Ende Oktober Weihnachten. Und zwar mit relativ riesigen Schritten. Heisst: Wir haben seeeehr viel zu tun.

Deshalb ist mein Schneideratelier derzeit oft verwaist und die beiden Nähmaschinen grummeln, weil sie nicht gebraucht werden, vor sich hin. Zeit also, meine  anderen “Mitarbeiter” im Atelier einmal vorzustellen:

 – Der kleine pustende Bodensurri (das ist schweizerdeutsch und meint ein Kind oder Tierchen, das nicht sehr gross ist): Das ist jenes an sich seltsame, aber doch extrem praktische Teil, das unsere Rocklängen mit Kreide anpustet, auf dass sie ringsherum richtig sind. Namenlos noch, denn wie nennt man so ein Ding? Ich mag es mittlerweile sehr, auch wenn es  beim Staubsaugen immer verschoben werden muss – naja.

 – Herr Bügeleisen war mir lange Zeit fremd. Noch als Teenie dachte ich mir, ich könnte mir das ewige Bügeln sparen. Und manche Frauen in meinen Kursen sagen mir das heute noch. Dann muss ich sie jeweils, wie meine eigene Handarbeitslehrerin, ermahnen, es ja nicht zu vergessen. Hast du schon auseinandergebügelt? Herr Bügeleisen kann einem verbrennen, aber er ist unverzichtbar, bringt alles in militärisch korrekte Falten und Ecken und erspart einem so manches: Wieder Aufmachen müssen z.B. Das hat schon meine alte Handarbeitslehrerin gesagt. Und sie hatte recht.

Sie ist wirklich mit Stockman angeschrieben! Gross und rot.

 – Und dann wäre noch Frau Stockman. Sie ist wirklich mit Stockman angeschrieben, gross und rot. Frau Stockman kam als Torso zu mir, als meine Schneiderei noch in den Anfängen steckte, damals noch ohne Bein. Jenes fand ich später bei einer Freundin und beschwatzte sie, es mir zu verkaufen. Seither steht Frau Stockman in meinen Wohnungen oder eben im Atelier und ist das, was ein Manager “seinen guten Geist” nennen würde. Nicht eigentlich meine rechte Hand – Hände hat sie keine, aber einen Busen, auf dem gross ihr Name steht und der einem genau sagt, wenn die Abnäher zu hoch sind. Sie hat eine Wespentaille (vermutlich aus den Dreissigerjahren), um die ich sie mittlerweile echt beneide. Und ganz ehrlich, was wäre ich ohne sie? Sie hat eine Engelsgeduld – was definitiv die zentrale Kompetenz eines guten Geistes ist. Sie motzt nicht, wie meine Töchter, wenn ihr eine Stecknadel zu nah kommt. Sie hält immer still, manchmal fast zu sehr und ohne sie wäre ich schlicht aufgeschmissen. Denn ich hätte, ausser einem simplen Kleiderbügel keine Möglichkeit, den “Wurf” mal von aussen zu betrachten, Distanz zu gewinnen, Abänderungen vorzunehmen. Ich liebe Frau Stockman!

Hier ist sie noch mit der afrikanischen Jacke:

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