Hallo Ihr Lieben,
bald ist wieder Wiesn-Zeit und somit Dirndlzeit. Ich liebe Dirndl und fast hätte ich schon wieder ein Neues gekauft. Ich habe nämlich ein sehr schönes Dirndl in rot- schwarz mit einer schwarzen Bluse gesehen. Es siegte jedoch die Vernunft und ich habe mich entschlossen, meinem alten Dirndl ein Facelift zu verpassen
Das Ausgangsdirndl – ein Schnäppchen-Kauf in rot mit grüner Schürze…
Um die Optik zu ändern, habe ich eine schwarze Schürze, eine Froschgoscherlrüsche am Ausschnitt, eine schwarze Bluse und einen schwarzen Unterrock geplant. Natürlich darf die passende Tasche im „Landhaus-Trachtenlook“ nicht fehlen.
Die gestiftelte Dirndlschürze
Fangen wir mit der Schürze an. Die Schürze verändert die Optik entscheidend. Ich habe einen sehr schönen schwarzen Taft, bestickt mit roten Rosen, gefunden. Man kann jedoch auch einen Baumwollstoff, Seide oder einen klassischen Jacquardstoff nehmen.
Man braucht für ein langes Dirndl:
Bei 140 cm Stoffbreite ca. 150 cm für die Schürze und Bänder, ca. 43 cm Stanzband (4 cm breit) für den Bund, Knopflochseide, Reihkaro bzw. Zugstreifen oder Karostoff für den Hänsl, passendes Nähgarn
Der Zuschnitt…
Beim Zuschnitt habe ich mich an meiner alten Schürze orientiert. In der Regel soll eine Dirndlschürze bei einem langen Dirndl ca. 4- 10 cm über dem Rocksaum enden. Ich persönlich finde 3-4 cm darüber schöner. Der Saum wird großzügig ca. 10 cm, auf 5 cm eingeschlagen, damit die Schürze schön schwer fällt. Die Seitennähte werden auf 0,5 cm eingeschlagen und schmalkantig abgesteppt.
Das heißt: ich habe meine Schürze auf 150 cm Breite und ca. 96 cm Länge zugeschnitten. Für die Schürzenbänder brauche ich 2 Streifen à ca. 12 x 150 cm, sowie 1 Streifen ca. 8 x 43 cm für den Bund.
Da das Rosenmuster sehr weit am unteren Rand läuft, habe ich eigentlich nicht genügend Saum. Ich werde also die Schürze nur schmalkantig absteppen können bzw. noch überlegen, ob ich einen falschen Saum gegen nähe.
Zum Stifteln
Das Stifteln ist eine sehr alte traditionelle Handarbeitstechnik. Sie ist etwas zeitaufwendig, aber dafür finde ich das Ergebnis auch sehr schön. Man kann nicht nur die Schürze sondern auch den Dirndlrock stifteln, dieser fällt dann sehr schön. Die Technik an sich ist sehr einfach. Zum Stifteln benötigt man einen Hänsl oder Hansel. Ein Hänsl ist ein Band, welches am oberen Rand der Schürze befestigt wird. Dies kann ein Reihkaro (Band ) oder ein karierter Baumwollstoff sein. Die Karogröße sollte zwischen 3 und 5 mm sein. Je kleiner das Karo, desto feiner die Stiftel (Fältchen). Dann wird horizontal entlang des Randes in jeder zweiten Linie per Hand ein Faden gezogen. Dabei wird oben und unten in jedes Karo eingestochen. Dazu nimmt man meist Knopflochseide, da dieses Nähgarn fester ist.
Da ich kein Reihkaro bekommen habe, und ich einen karierten Baumwollstoff an meiner Schürze nicht schön fand, habe ich etwas anderes ausprobiert.
Reihkaro selbst erstellen
Ich habe mir mit Hilfe meines Grafik-Programms, eines Tintelstrahldrucker und Soluvlies (wasserlösliches Vlies) mein Reihkaro selbst erstellt. Alle, die die BERNINA Sticksoftware V6 haben, haben auch ein Grafik-Programm.
Wir öffnen die BERNINA Sticksoftware V6 und wechseln in die Bildarbeitsfläche.
In der oberen Leiste könnt Ihr die Papiergröße und die Ausrichtung des Papieres einstellen. Wir stellen das Format auf DIN A4 (210 x 297 mm) und auf Ausrichtung hoch ein.
Wir wählen links in der Werkzeugleiste das Symbol „Vektorrechteck“ aus. Rechts unten im Feld ist ein schwarzes Dreieck. Wenn man auf dieses Dreieck klickt öffnet sich ein Fenster. Wir wählen das vorletzte Symbol „Milimeterpapier“ aus.
Wir erhalten als Mauszeiger ein Kreuz mit dem Symbol Milimeterpapier daran und oben in der Querleiste öffnet sich eine kleine Tabelle. Das obere Feld sind die Spalten, das untere Feld die Zeilen.
Um ein Karoraster mit 4 x 4 mm Karos zu erhalten, stellen wir oben die Zahl 48 und unten die Zahl 70 ein.
Wir ziehen nun ein Rechteck auf.
In der oberen Leiste stellen wir die Rechteckgröße auf 192 in der Breite und 280 in der Höhe ein.
Wir haben nun ein Karoraster mit 4 x 4 mm – bestehend aus 48 Spalten und 70 Zeilen. Ihr könnt nun Euer eigenes Karomuster ausdrucken. Wichtig beim Druck: Im Druckmenü unter Layout „Bildgröße und Position wie im Dokument“ einstellen. Er druckt die Seite dann 100% aus.
Da ich jetzt nun kein Papier aus meiner Dirndlschürze zupfen möchte, habe ich mir überlegt wasserlösliches Soluvlies zu bedrucken.
Dazu habe ich mir ein Stück Vlies etwas kleiner als DIN A4 (210 x 297 mm) mit dem Rollschneider und einem Lineal zugeschnitten. Mit Sprühzeitkleber (muss für Nähmaschinen geeignet sein, bitte keinen aus dem Bastelbedarf nehmen) gut einsprühen und auf einem Blatt Kopierpapier DIN A4 glatt aufkleben. Jetzt könnt Ihr das Vlies entsprechend mit dem Tintenstrahldrucker bedrucken.
W I C H T I G und W A R N U N G zugleich! Euer Drucker darf beim Drucken keine Hitze entwickeln. Sonst verklebt Euer Drucker. Es funktioniert nur mit einem Tintenstrahldrucker. Und ich übernehme keine Haftung!
Jetzt entsprechende Streifen mit ca. 6 cm Höhe schneiden. Streifen vom Trägerpapier ziehen und noch einmal gut mit Sprühkleber einsprühen. Diese kann ich nun als Band aneinandergereiht an den oberen Rand meiner Schürze kleben. Dabei den Stoff gut glatt ziehen.
Zur besseren Fixierung am oberen Rand mit einem langen Geradstich, Einstellung ca. 5-6, festnähen. Damit es unten auch ein wenig fixiert ist beginne ich am unteren Rand des Karos mit dem Stifteln. Dazu nehme ich einen langen Faden Knopflochseide, wer mag kann diesen auch doppelt nehmen und verknote das Ende gut. Dann beginne ich mit dem Stifteln…
Ich steche im Wechsel am Anfang eines Karos ein und am Ende eines Karos wieder aus. Dies mache ich über 7 Reihen in jeder zweiten Reihe, das Endergebnis sieht ungefähr so aus…
Dann verknote ich an einer Seite die Fäden und nähe den seitlichen Saum schmalkantig um.
Danach kann ich anfangen, möglichst gleichmäßig alle Fäden straff zu ziehen und die Falten zu legen…
Das Endergebnis, ich ziehe auf den halben Taillenumfang minus 4 cm, in meinem Fall auf ca. 38 cm…
…die Falten noch schön zurecht zupfen. Dann verknoten, vernähen und den seitlich Rand wieder einschlagen und knapp absteppen.
Den Bund nähen
Für den Bund bügel ich ein Stanzband von ca. 4 cm Breite auf meinen Taft.
Auch hier nehme ich eine halbe Taillenweite. Manche nehmen auch die ganze Taillenweite minus 4 cm und nähen dann die Bänder an. Den Bund also rechts auf rechts mit je 2,5 cm Überstand mit der Nähmaschine annähen.
Die beiden Schürzenbänder jeweils füßchenbreit rechts auf rechts verstürzen.
Wer möchte, das Ende entweder als Spitze oder als Schräge nähen.
Dann wenden – ich nehme dazu immer den Stil eines Pinsels – und zwischen zwei feuchten Fingern die Naht rausdrehen. Dann bügeln und eventuell knapp absteppen.
Dann mit einer kleinen Falte jeweils rechts und links an den Bund stecken.
Das Band zwischen die beiden Lagen des Bundes stecken und den Bund rechts und links bis zur Schürze verstürzen…
Den Bund mit den Bändern umdrehen…
…und das offene Bundstück mit der Hand zunähen. Hinweis: Wer möchte kann in der Mitte noch eine kleine Schlaufe anbringen. Meine Dirndl haben am Vorderteil einen Knopf. Hier hängt man die Schürze ein. So wird das Verrutschen der Schürze beim Tragen verhindert.
Sehr schön geworden. Wunderbar verständlich erläutert. Habe in meiner lg. Nähzeit, bin jetzt 66, noch was dazugelernt. Danke!
Hallo, das ist eine super Anleitung . Aber wie mach ich das srifteln mit dem Knopflochgarn . Mein Band ist 140 lang, aber … ich nehme doch keinen Faden der 160 lang ist um von einer Seite zur anderen zu kommen …??.
L. G. Birgit
Hallo, die Anleitung ist schön, aber ich mag es lieber klassisch. Ich wäre ein dankbarer Abnehmer für die ursprüngliche gestreifte Schürze. Ansosnten hoffe, ich, daß die alte Schürze nicht im Müll gelandet ist.
Hallo Andrea,
meine Bernina ist etwa 50 Jahre alt- sie näht tadellos, aber Grafikprogramm hat sie keins. Dennoch danke für die vielen, nützlichen Tipps. Ich versuch mal ob ich das hin bekomme, ähnlich schön wie du!
Beste Grüße!
Liebe Heike,
da hast Du recht es gibt viele Möglichkeiten. Allerdings fand ich diese alte traditionelle Handarbeitstechnik sehr interessant und wollte sie unbedingt auch einmal ausprobieren. Vom Zeitfaktor ist sie weniger aufwendig als gedacht. Ich habe ca. 1,5 Stunden gebraucht und der Vortel ist, ich habe kein zusätzliches Band, da ich das Vlies einfach auswasche.
Übrigens , man kann das Schürzenblatt auch in Faltenlegen – dazu eignet sich sehr gut der Fuß Nr. 86 – oder einfach mit dem Fuß Nr. 16 einkräuseln.
LG Andrea
für das Stifteln gibt es doch ersatzweise auch Band, das spart doch ne Menge Arbeit
Vielen Dank für die Übersetzung, Andrea. 🙂
Ich freue mich immer, wenn ich etwas Neues lerne!
Lorchen
Hallo Lorchen,
also das Wort ”Goscherl” kommt aus dem Österreichischen und bedeutet ”Mund oder Mäulchen”.
Eine andere Bezeichnung für Froschgoscherlrüsche ist auch Froschmaulrüsche, wohl deshalb weil es einem Froschmaul entfernt ähnlich sieht.
Liebe Grüße
Andrea
Als ehemalige Norddeutsche habe ich zwar keine Ahnung von Dirndln, aber das sieht richtig edel aus. Ich bin jetzt ganz gespannt zu erfahren, was eine Froschgoscherlrüsche ist. Rüsche kapiere ich, Frosch verstehe ich auch, aber das ganze Wort….???
Lorchen
Liebe Jutta,
vielen Dank und gern geschehen. Ich liebe alte, traditionelle Handarbeitstechniken und bin viel im Antiquariat auf der Suche nach alten Büchern zum Thema Sticken, Nähen, etc..
Vieles lässt sich sehr schön auf unsere heutige Zeit adaptieren und man lernt auch sehr viel dabei.
Liebe Grüße
Andrea
Hallo Andrea,
sehr elegant, sehr chic, eine richtige Abendrobe macht die schwarze rosenbestickte Schürze aus dem Dirndl. Und der Hinweis, das Raster über das Grafikprogramm der V6 Sticksoftware zu erstellen ist auch klasse. Und das Stifteln finde ich sehr interessant, eine tolle handwerkliche Technik und auch für andere Zwecke geeignet.
Danke fürs Zeigen.
Liebe Grüße,
Jutta