Kreative Artikel zum Thema Nähen

Luise und Klara

Dies hier sei einmal ein Loblied auf  meine beiden Handarbeitslehrerinnen, die, wenn ich es so bedenke, mein Leben ganz schön geprägt haben. Damals, das war in den 60-er und 70-er-Jahren, als Mädchen noch stricken lernten und Jungs schreinern. Aber ich muss ein bisschen ausholen.

Ich weiss nicht, weshalb die Frau an der Museumskasse mich fragte, ob ich Vintage mag . Jedenfalls trug  ich  an jenem Tag  keine alten Kleider. Sie drückte mir einen Flyer in die Hand und lud mich zu einem Ausverkauf der ganz besonderen Art ein:  Ein Dachstock in Schaffhausen voller Kleider, Schuhe und sonstigen Dinge aus den letzten zweihundert Jahren. Ich habe sicher drei Stunden in diesem Dachstock verbracht. Und mir u. A. ein Kleid aus den Fünfzigern gekauft:

Ein zweifelsohne sehr braves Winterkleid aus schwarzem Samt.  Ach, warum hab ich nur in der letzten Zeit so gut gegessen? Es fehlen in der Taille genau 3 Zentimeter. Aber genug Stoff  in den Nähten und also mache ich mich ans Werk. Rock abtrennen und die Seitennähte öffnen und das Ganze etwas verbreitern. Die unschönen Abdrücke von der alten Naht  im Samt , hab ich mit Rohseidenband überdeckt.

Und hier beginnt mein Loblied auf Luise und Klara. Ich denke, ich darf sie heute schon so nennen. Sie sind beide schon lange gestorben und wären sie noch am Leben, wir wären heute sowas wie Kolleginnen. Damals haben sie mich in viele Techniken eingeführt und mir zum Beispiel, das war Luise, beigebracht, wie man aus Stoff Schrägbänder schneidet. Grazie mille – ich hab es nie vergessen!

Klara, die mir irgendwann, als ich bereits Hippiekleider schneiderte so Sachen beibrachte wie: Einen alten Hemdkragen flicken. Sowas hat man damals noch gemacht. Heute dient es zu ganz Anderem:  Ich nehme die Idee mit der roten Seide am Kragen wieder auf.

Schliesslich habe ich dann mit den Erfahrungen aus all den Jahren auch noch aus dem falschen Verschluss vorne – ja, der ist Beschiss, nur Druckknöpfe dahinter! Das war damals oft so – einen richtigen gemacht, ebenfalls mit der roten Seite abgefüttert und der lieben Aurora 430 beim Entstehen der Knopflöcher zugeschaut…

Es wird immer hübscher. Am Schluss aber, als alles wieder zusammengesetzt ist, fehlt unten einfach ein einziger Knopf! Den man natürlich heute nirgends mehr bekommt. Ersetzen will ich sie nicht, sie sind einfach zu schön.

Deshalb kommen da jetzt zwei Häkchen hin und ich schaffe es, Luise sei Dank,  zwei perfekte kleine Ösen zu machen, aus Nähseide! Sie wäre stolz auf mich. Obwohl sie mir von der vierten bis in die sechste Klasse wohl 100 Mal die Lismete wieder aufgetrennt und die Heftfäden raus gezogen hat, weil irgend etwas nicht genau stimmte. Sehr grosszügig war sie ja nicht. Mehr traurig darüber, dass wir das, was sie uns doch so gut erklärt hatte, nicht einfach sofort konnten. Sie hatte einen grauen Dutt und trug immer eine Schürze. Ach Luise! Heute brauche ich genau das, was ich seinerzeit bei dir gelernt habe.

Schick, was? Und gar nicht mehr brav. Rote Strümpfe dazu im selben Ton wie die Rohseide und schwarze Schnürstiefelchen – ich hab schon Furore gemacht damit. Dank Luise und Klara!

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