Eine Piratenhose

Sommerhosen. Leicht, unkompliziert und unglaublich bequem müssen sie sein. Müssen für Damen mit Hüft- und Oberschenkelgold schon mal die Badehose ersetzen. Sollen manchmal strassentauglich sein, aber auch in den Garten passen, dito also leicht zu waschen sein.

Ich schwöre bei all den obigen Bedingungen ja je länger je mehr auf Leinen. Und da liegt doch noch was rum, zwei sogenannte Fensterschals, also falsche Vorhänge, die grad reichen könnten. Natur-weisse Blockstreifen.

Eine alte Hose aus Italien hab ich schon längstens einmal zum Schnittmuster degradiert. Zu was anderem war sie ja nicht mehr zu gebrauchen. Und ich habe Jahr für Jahr die paar Zentimeter Hüftwachstum an den Seitennähten angesetzt. Was zur Folge hat, dass, wenn man sie gerade schneidet, sie unten wunderbar breit wird – und das ist ja auch die Absicht.

Aber: man sollte nur nicht zwei gleiche Hosenbeine machen! Gegengleich müssten sie schon sein. Ich stehe eine Weile vor den beiden Röhren und wundere mich, dass das hintere Teil partout immer auf das Vorderteil trifft. Manchmal hat man eben eine extrem lange Leitung. Naja, jetzt muss ich halt wieder auftrennen. Die Welt ging schon an Schlimmerem zugrunde.

Und dann stelle ich fest, dass ich die Taschen vergessen habe! Heute ist definitiv nicht mein Tag. Aber Taschen gehören nun mal zu einer wirklich bequemen Hose. Vorallem im Garten muss man immer mal wieder etwas schnell an einem Ort versorgen; das geht nirgendwo besser als in der Hosentasche. Also nochmal auftrennen:

Das Taschenmuster hängt bei mir im Atelier immer an der Wand, das brauche ich oft. Und während ich zuschneide, denke ich, dass ich das dünne Seidenpapier bei Gelegenheit durch einen Karton ersetze – damit es ewig hält.

Oben ab Abschluss die schnelle Gummizugtaktik. Erspart ewige Abnäher und Reissverschlüsse. Als ich zwischendurch mal in die Hose reinschlüpfe, seh’ ich, was ich da eigentlich mache: eine Piratenhose.

Eine richtige Piratenhose! Gut, ich vergesse sofort, dass ich die Seitenschlitze noch mit altem Damast verzieren wollte, mach nur noch kurz ein blödes Maschinensäumchen und unten – und das ist es überhaupt – einen Rollsaum mit der Overlock. Stich Nr. 8, wegen des Stoffes 2 breit und mit dem ganz gewöhnlichen Faden. Reicht für einen Piraten und für meinen Garten.

Mein Mann schaut rein. “Was machst du eigentlich?” “Eine Sommerhose.” Da spricht er, mit Blick auf die kalten, verschneiten Ostertage, ein grosses Wort: “Du hast also noch Hoffnung.” Klar – immer doch!