Kreative Artikel zum Thema Nähen

Siebdruck mit fotobelichteten Sieben

Es scheint Monate her, dass ich gebeten wurde, neue Dekoschals für unser Wohnzimmer zu gestalten. Also bestellte ich 5 Meter Baumwollsatin in schwerer Qualität, derjenige der praktischerweise auch 280cm breit liegt und schnitt daraus vier gleichgrosse Stoffbahnen zu. Da ich sie färben wollte, behandelte ich sie auch sogleich mit Soda und verpackte sie später im getrockneten Zustand in dunklen Plastiksäcken auf.

Und ebenso scheint es Monate her, dass ich mich endlich einmal mit der Fotobelichtung von Siebdrucksieben beschäftigen wollte. Das benötigte Zubehör kaufte ich bei Siebdruckland.de einem jungen, sehr freundlichen und kundenorientierten Onlineshop, mit einem sehr hilf- und auskunftsreichen Team. Und eines Tages, in den letzten 2 Wochen war es dann endlich soweit. Zwischen Kursen und Aufträgen hatte ich soviel Zeit um mich mit dieser recht aufwändigen Materie näher zu beschäftigen. Kurzerhand funktionierte ich meine Waschküche in eine Dunkelkammer um. Eine detaillierte Anleitung zum Erstellen dieser Siebe hier aufzuführen, wäre viel zu umfangreich, ebenfalls lässt es sich beim speziellen gelben Licht in einer Dunkelkammer schlecht fotografieren. Doch soviel sei gesagt – einfach war es nicht. Und meine ersten vier Versuche gingen gnadenlos in die Hose. Zuerst wird das Siebgewebe beidseitig hauchdünn mit einer fertigen Fotoemulsion beschichtet. Nach dem Trockenvorgang von einigen Stunden kann das Sieb dann mit entsprechenden Vorlagen belichtet werden.

Hierzu machte ich mir Gedanken, denn einfach nur drauflosdrucken mit irgendwelchen Motiven wollte ich auch nicht. So galt es Texte und Bilder zusammenzustellen und als Druckvorlage auszuarbeiten. Ich startete mit zwei wunderschönen Texten von Hermann Josef Schmitz, der mir freundlicherweise die Genehmigung gab, den Text “Den Starken” und einen zweiten Text als Sieb zu gestalten und zum Druck zu verwenden. Danach fanden die Gesichter zweier älterer Menschen hinzu, die mein Mann in einem unserer Urlaube in Südfrankreich fotografiert hatte. Der ebenfalls abgebildete Sonnenbrillenträger wurde nicht als Druck genutzt. Und als sinnvolle Verbindung fand Horaz’ Spruch “nam vitiis nemo sine nascitur” “Denn kein Mensch wird fehlerfrei geboren”, hinzu. Zu guter Letzt folgte noch der Begriff “Solidarität” in abstrakter Buchstabenanordnung.

All diese Motive druckte ich in schwarz auf Overheadfolien auf. Es ist schon grossartig, endlich mit grossformatigen und plakativen Motiven arbeiten zu können. Dies ist beim Thermofaxsiebdruck weniger gut möglich.

Die Overheadfolien positionierte ich auf die mit Fotoemulsion beschichteten Siebe, die widerrum auf einer speziellen Unterlage lagen. Über all dies wurde eine grosse Glasplatte gelegt und anschliessend mit einer speziellen Lampe einige Minuten lang belichtet. Dann fand das Sieb in einen dunklen Plastiksack und wurde nach oben ins Badezimmer getragen und dort in der Dusche ausgewaschen. Tja, die ersten Versuche wurden wirklich nichts. Kein Text, kein Bild kam zum Vorschein aus der unifarbenen Beschichtung. Doch nach mehreren Versuchen gelang es endlich. Hier zeige ich die Siebe, die nun bereits einige Drucke hinter sich haben.

und auch dieses Sieb, das ich zuerst nicht nutzen wollte, da der Text, der im oberen Foto als Einzelsieb gezeigt wird, hier nicht gelang – ebenfalls sind weitere Fehler wie eine durchsichtige Kante zu sehen, Fehler, die beim Beschichten entstehen. Doch zum Drucken sollte es reichen, denn der Kopf in der Mitte, sowie der grosse lateinische Schriftzug waren soweit ok.

Zwischenzeitlich hatte ich die vier grossen Stoffbahnen mit Procion MX gefärbt. Auch dies war ein reichlich grosser Aufwand, doch wollte ich etwas Besonderes haben, dass auch ins Zimmer passte. Und dann folgte Druck um Druck auf die sehr farbigen Stoffe. Es machte unglaublich viel Spass, vor allem in diesem grossen Format zu arbeiten und die wunderschönen Stoffe später nicht zu irgendeinem Projekt wieder zu zerschneiden, sondern als Ganzes zu gestalten und zu belassen. Und um noch eine Grössenvorstellung der Drucke zu bekommen: der Kopf des älteren Mannes misst 19 cm x 28 cm. Die Länge des schmalen lateinischen Spruchs: 56 cm x 7 cm.

Und schnell ging auch das Nähen der grossen Stoffe. Die Stichgeschwindigkeit der Bernina 820 konnte ich endlich einmal ausnutzen.

Und nun gewähre ich einen kleinen Einblick in meinen Wohnraum, der von nun an mit zweierlei farbstarken neuen Dekovorhängen ausgestattet ist.

Viele Grüße,

Jutta Hellbach

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Kommentare zu diesem Artikel

11 Antworten

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  • Betz Christine BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Wunderschön!!!
    Ich bin jedesmal fasziniert, wenn ich solche Arbeiten sehe,
    kann ich sowas auch lernen, oder braucht man dafür bestimmte Vorkenntnisse?
    ich nähe leidenschaftlich gerne und probiere gern was Neuses aus
    liebe Grüße
    Christine

  • Jutta Hellbach BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Sven,

    ja, die Erfahrung mit der unterschiedlichen Belichtungzeit habe ich vor allem bei dem grossen Textblock gemacht. Diesen habe ich zweimal viel zu lange belichtet und somit die ganze Fläche ausgehärtet. Dann habe ich die Belichtungszeit um 2 Minuten reduziert und ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Ich hatte auch gelesen, dass man Motive doppelt ausdrucken kann und die Folien exakt übereinanderschichtet, dann ereicht man wieder eine höhere Druckdichte, wenn der hauseigene Laserdrucker kein Hochleistungsdrucker ist ;-).

    Lg
    Jutta

  • Sven BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Jutta, viele Leute schrecken vor dem großen Aufwand, der zur Vorbereitung eines Siebdrucks erforderlich wird, zurück. Das sich dieser Aufwand aber doch sehr lohnt, zeigst Du in Deinem Beitrag ganz deutlich.Hat man den Bogen erstmal raus, ergeben sich unglaublich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Der Siebdruck lässt sich dabei – und das zeigst Du hier sehr schön – mit anderen Färbetechniken kombinieren. Zum Thema Dunkelkammer: Eine Dunkelkammer ist natürlich von Vorteil, jedoch kann auch bei schwachem künstlichen Licht beschichtet und belichtet werden. Nur Tageslicht sollte tunlichst vermieden werden. Übrigens: Je nach Qualität der Drucke auf den Overheadfolien kann sich die Belichtungszeit auch verändern. Sind die Motive nicht deckend genug, sollte nicht über 3 Minuten lang mit 400 Watt Halogen belichtet werden. Aber so viel nur am Rande. Gratulation noch einmal zum erfolgreichen Siebdruck!

  • Jutta Hellbach BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Gabriela,

    ich fands so toll, dass du mir deine Kubenseiten persönlich vorbeigebracht hast. Und aus einer Tasse Kaffee wurden dann gleich mehrere Stunden ;-).
    Und ja, ich finde die Vorhänge auch gigantisch und kann mich gar nicht daran satt sehen. Mal schaun, was als nächstes dran kommt. Das Esszimmer könnte auch noch etwas Farbe vertragen…..
    Doch nun steht bald die Fertigstellung der Kuben an, ebenfalls ein Grossprojekt.

    Liebe Grüße in die Schweiz und an alle anderen natürlich auch 🙂

    Jutta

  • Hermann Josef Schmitz BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Wie wunderbar das gelungen ist … ich freue mich sehr und bin einmal mehr berührt, wenn sich Worte in einer anderen kreativen Form platzieren.
    Herzlichen Dank an die Text-ilkünstlerin
    Hermann Josef Schmitz

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