Kreative Artikel zum Thema Nähen

Herstellung fotobelichteter Siebe

Heute geht es nun endlich um die Erstellung der fotobelichteten Siebe, über deren Anwendung ich bereits ein erstes Mal im BERNINA Blog hier berichtet habe. Doch wurde damals die Sieberstellung nicht begleitend fotografiert, da es noch nicht allzu perfekt ausschaute. Hier hat sich zwischenzeitlich einiges getan, Gott sei Dank.

Was benötige ich zur Sieberstellung? Zuallererst ist da natürlich das fertig bespannte Sieb, idealerweise auf einem federleichten Alurahmen. Diese Siebe können fixfertig im Fachhandel gekauft werden. (Ein fertig belichteter Alurahmen der Grösse 56cm x 43 – Druckbereichsgrösse 49cm x 36 cm, wiegt nur 660 Gramm. )

Bespannt sind die Siebrahmen mit einem speziellen Gewebe, das ganz eigene Bezeichnungen hat: 43 T, 54T – 80 T usw. Diese Zahlen (gemessen im metrischen Maßsystem) geben die Feinheit des Siebes an. Handelt es sich um ein 43T Sieb, besteht das Gewebe aus 43 Fäden pro Zentimeter. Je niedriger dieser Wert ist, desto gröber ist das Gewebe. Dies wirkt sich auf das Druckergebnis aus: je niedriger die Fadenzahl (Fadendichte), desto höher ist der Farbauftrag auf dem zu bedruckenden Gewebe (Stoff). Üblicherweise wird für den Textildruck im einfachen Sinne das Gewebe 43 T verwendet.

Um ein zu druckendes Motiv auf das Siebgewebe aufzubringen benötigt man eine Siebdruck- oder Fotoemulsion (Fachbegriff Kopierschicht). Diese ist ebenfalls gebrauchsfertig zu kaufen, es gibt sie in unterschiedlichen Ausführungen und Komponenten. Von Anfang an habe ich mich für eine sehr einfach zu handhabende einkomponentige Emulsion entschieden, die gute Ergebnisse liefert. Unabdingbar ist beim Auftragen der Emulsion auf das Siebgewebe die Verwendung von Gelblicht, da sie sonst zu zeitig belichtet wird und aushärtet (bei UV-Licht). Aufgebracht wird diese zähflüssige Masse am besten mit einer sogenannten Beschichtungsrinne die für einen gleichmässigen Auftrag über das gesamte Siebgewebe beidseitig sorgt. Dies ist wirklich eine Übungssache; zwischenzeitlich gelingt es auch mir tropf- und schmierfrei Sieb um Sieb zu beschichten. Es darf nicht zuviel Emulsion auf dem Siebgewebe aufgetragen sein, auch keine Wellen oder als Tropfen herablaufenden Spuren, in einem solchen Fall muss mit der Beschichtungsrinne der Emulsionsüberschuss gleichmässig von unten nach oben abgezogen werden. Ist die Beschichtung perfekt, kann sie mit einem Föhn getrocknet werden oder auf dem Boden (bespannte Seite zeigt nach oben!) liegend nach und nach trocknen. Der Überschuss der Belichtungsemulsion kann zum Schluss auf der Rinne herausgestrichen und in den Emulsionsbehälter zurückgefüllt werden.

Während des Trockenvorgangs kann das zu druckende Motiv erstellt werden. Hierzu arbeitet man, übrigens auch wie beim Thermofaxsiebdruck, ausschliesslich mit schwarz-weiss Motiven. Idealerweise sind dies Grafiken mit glatten Konturen, ohne Farbverläufe oder Graustufenbereiche. (Es sind auch Rasterdrucke möglich, auf die ich hier aber nicht eingehe). Das Motiv, das als Druckmotiv auf den beschichteten Siebdruckrahmen aufgebracht werden soll ist also schwarz und wird auf eine handelsübliche Overheadfolie, je nachdem, für Laser- oder Inkjetdrucker gedruckt. Im Vergleich zum Thermofaxsiebdruck, der sich besonders gut für feine und filigrane Motive eignet, ist diese Art von Siebdruck auch für grossflächige Motive sehr gut geeignet. Wichtig ist eine gute Farbsättigung in schwarz, ggf müssen je nach Druckleistung 2 Folien gedruckt werden.

Sind Overheadfolien mit der Motivwahl in schwarz bedruckt und das beschichtete Sieb getrocknet geht es zum Siebbelichtungsvorgang. Grundsätzlich zeigt das Siebgewebe mit der bespannten Seite zur Belichtungslampe nach oben hin. Hierzu schiebe ich vorab einen stabilen schwarzen Fotokarton, der auf das exakte Innenmass des beschichteten Siebdruckrahmens zugeschnitten ist unter das beschichtete Siebgewebe. Darunter kommt zusätzlich eine Styroporplatte von 5 cm Höhe. Diese beiden Hilfsmittel nennt man im Fachjargon “Spacer” und dienen dazu, dass das Siebgewebe eine feste Unterlage zur Belichtung hat. Nun wird das Druckmotiv entsprechend mittig auf das Sieb gelegt. Arbeitet man mit mehreren kleineren Einzelmotiven werden diese möglichst platzsparend und eng beieinander liegend, ohne sich zu überschneiden auf dem Sieb aufgelegt. Ganz wichtig – es wird seitenverkehrt aufgelegt, da das fertige Sieb zum drucken gedreht wird. Dann wird der Rahmen mit einer durchsichtigen Glasplatte (farblos) beschwert. Nun ist das Motiv gut fixiert, verrutscht nicht mehr und kann durch den darunterliegenden Spacer und die Glasplatte auch keine Wellen mehr entwickeln.

Nun wird belichtet. Die Belichtungsemulsion EasyBlue benötigt eine Belichtungszeit von ca 6 Minuten mit einem Abstand von ca 60cm-70cm zur Belichtungslampe. Verwendet wird ein Lichtstrahler von 400 Watt mit einer Leuchtleistung von ca 10.000 Lumen. All diese Vorgänge finden bestenfalls in ein und demselben mit Gelblicht ausgestatteten Raum statt. Sollte ein Raumwechsel zwischen Beschichtung und Belichtung stattfinden, muss das beschichtete und getrocknete Sieb mit einem dunklen, lichtundurchlässigen Material umhüllt und transportiert werden. Auch hier ist die EasyBlue Emulsion von Vorteil, da sie ein schnelles “durch UV-Licht huschen” nicht übel nimmt und direkt erhärtet.

Was geschieht während des Belichtungsvorgangs? Das UV-Licht härtet die getrocknete Fotoemulsion auf dem Siebgewebe vollkommen aus, bis auf die Stellen, die lichtundurchlässig sind: das schwarze Motiv, das vorab auf Overheadfolie gedruckt wurde und auf dem Siebgewebe positioniert wurde. Die lichtundurchlässigen Stellen bleiben weich und lassen sich nun unter laufendem Wasser herauswaschen. Die Folien werden erst kurz vor dem Auswaschvorgang vom Sieb entfernt um eine Belichtung zu verhindern. Nach wenigen Augenblicken löst sich so die unbelichtete Emulsion aus dem Sieb und stellt das Druckmotiv frei.

Das Sieb kann nun an der Luft, in direkter Sonne trocknen und ist bald druckbereit.

Bereits vor ein paar Wochen druckte ich meiner Tochter einige unifarbene T-Shirts mit unterschiedlichen Motiven und dieses Wochenende brachte sie erneut einige mit. Da ich für ein paar Arbeiten einige lizensierte Motive gekauft hatte, sollten die neuen Shirts damit bedruckt werden. Der Farbauftrag ist ganz einfach: das Shirt wird auf eine dünne Druckunterlage gelegt, zwischen die beiden Lagen des Shirts eine Schicht Backpapier gefügt damit ein eventueller Farbüberschuss nicht durchdrückt, die wasserbasierte Siebdruckfarbe (hier beide Farben hochdeckend) direkt auf das Siebgewebe mit einem Holzspatel aufgetragen und mit der Rakel über das Gewebe auf den Jerseystoff aufgezogen. Gleich danach muss das Sieb unter fliessendem Wasser ausgewaschen werden.

Fertig sind zwei neu bedruckte Shirt, die nach dem Trocknungsvorgang bügelfixiert werden. Bei dieser speziellen wasserbasierten Siebdruckfarbe wird das bedruckte Material erst 5 Tage nach dem Druck gewaschen. Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass ich meiner Tochter endlich T-Shirts selbst nähen wollte. Seit Wochen steht die nagelneue BERNINA Overlock 1150 mda in meinem Arbeitszimmer und hat nicht einmal am Rottweiler Stromnetz gehangen! Kommt Zeit kommt Bericht…..

Ganz prima ist nach beendeter Nutzung des Siebmotivs die Möglichkeit, das beschichtete und belichtete Sieb wieder zu entschichten. Hierzu bringt man eine fertige Entschichtungsemulsion auf das Siebgewebe auf, lässt sie 1-2 Minuten einwirken und braust das Sieb mit reichlich Wasser ab. Nach und nach löst sich die komplette gehärtete Kopierschicht. Zu guter Letzt wird in ebenfalls fertiger und flüssiger Form noch ein Entfetter aufgetragen und abgebraust. Nach dem Trocknungsvorgang an der Luft ist dann der bespannte Siebdruckrahmen wieder neu nutzbar.

Dass all diese Materialien und einzelnen Komponenten zusammenpassen und perfekt miteinander reagieren ist nicht immer gewährleistet. Nicht jedes Siebgewebe reagiert ideal mit unterschiedlichen Fotoemulsionen, manchmal spielt auch die Belichtungszeit verrückt und es kommt zu gar keinem Ergebnis, das Gewebe ist komplett gehärtet, oder zu weich und löst sich grossflächig. Dann lässt sich das Gewebe kaum entschichten usw usw. Daher ist zu empfehlen, wenn man sich mit dieser Technik auseinandersetzen möchte, das Material aufeinander abgestimmt im Paket zu kaufen. Ich habe beste Erfahrungen, nicht nur mit perfekten Materialien, sondern auch mit dem besonders freundlichen und kompetenten Team von Siebdruckland.de gemacht.

Diese Drucktechniken finden unter anderem auch Einsatz in meinen neuen Arbeiten für die Ausstellung beim Main-Quiltfestival 2013. Es ist sagenhaft, wie vielfältig hier gearbeitet werden kann. Mich begeistert diese Erweiterung zum textilen Schaffen ungemein und ab Herbst 2013 wird es hierzu auch Kurse geben.

Viele Grüße,

Jutta Hellbach

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Kommentare zu diesem Artikel

4 Antworten

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  • Luitgard BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Jutta,
    eine hochinteressante – wenn auch etwas “arbeitsintensive” Arbeitsweise. Ein faszinierendes Gebiet, dieser Siebdruck.
    Danke für diesen Bericht und dieses Vorschnuppern! (Oder “Anfüttern” – wie frau es auch immer nennen mag.)
    Ich behalte es im Hinterkopf – als künftig “anzugehen” – und vielleicht gelingt es mir auch einmal, an einem Deiner künftigen Kurse teilzunehmen – nächstes Jahr !

    Liebe Grüße Luitgard

  • Jutta Hellbach BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    liebe gudrun,

    nein, das war noch lange nicht alles, sondern wohl nur der deckel des farbtopfs. ich freue mich auch auf aschaffenburg, zeigen, betrachten, plaudern, reflektieren, es wird schon spannend.

    liebe grüße,
    jutta

  • Gudrun Heinz BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    hallo jutta,
    vielen dank der drucktechnik-spezialistin für diesen aufschlussreichen bericht.
    wie ich dich kenne, war das jedoch noch nicht alles. jetzt bin ich “angefüttert” und gespannt auf deine arbeiten beim main-quiltfestival. wie immer, vermute ich mal, sind originale nicht zu ersetzen, auch nicht durch beste fotos. also, ich bin gespannt in vielerlei hinsicht: wie sehen solche drucke im original aus und was hat die künstlerin daraus gemacht? kommt zeit, kommt festival 🙂
    beste grüße
    gudrun

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