Am 26. Juli 2014 fand die Modenacht der Abschlussklasse des Berufskollegs für Mode und Design am Berufsschulzentrum Radolfzell statt. BERNINA war als Sponsor des Realisationspreises dabei. Zudem hatte ich die spannende Aufgabe als Mitglied der Jury die ausgewählten Arbeiten der Nachwuchsdesigner zu begutachten und zu bewerten. Es wurden Arbeiten zu 16 Trendlooks gezeigt, die unter dem Begriff „Seelenportrait“ zusammengefasst waren.
Ausgestellt wurden die Arbeiten in zum Thema passend dekorierten Klassenzimmern. Neben den Arbeiten gab es auch Fotostrecken der Modelle, Diaschauen und kleine Filme zu sehen. Unterstützend lagen Moodboards und Zeichnungen in schön gebundenen Arbeitsmappen aus.
Wir begannen mit dem Thema „Sensual Obsession“, in einem Raum mit Vorhängen, dekoriert mit edlen Schatullen, eigentlich ganz so wie in einer noblen Boutique. Fünf junge Damen zeigten laut Ausschreibung „Mode, die erahnen lässt, was sie verbirgt. Feminine Ausdruckskraft durch kreative Sinnlichkeit. Eine Hommage an die Weiblichkeit.“
Das Thema „Sanftmut“ hat mich besonders berührt: „Ein kühler Windzug trifft ihre Wangen. Ihre Reinheit im puderfarbenen Mantel verhüllt, das Gesicht in wärmendem Schal versteckt. Behutsam streichelt sie das zahme Lamm, der Wind beginnt ihren Namen zu flüstern – Sanftmut erfüllt die Luft.“
Im Raum der Ausstellung „Perfect Lie“, in dem wir die Arbeiten zweier männlicher Absolventen begutachten durften, verwehrte uns zunächst ein weisser Vorhang den Durchgang in die hinteren Bereiche des Raumes. Erstarrt blieben wir stehen, als wir dahinter blicken konnten. Wir erspähten medizinische Aufnahmen von Gehirnen auf einem grossen Leuchttisch; eine Atmosphäre, die abschreckend und zugleich anziehend war. Wir trauten uns nicht hinein, das ist sicher privat, ein anderes Thema. Doch die anwesenden Nachwuchsdesigner ermunterten uns weiterzugehen.
Beklemmend die Eindrücke der psychiatrischen Krankenstation, gefangen im Ich, ohnmächtig, eingesperrt im Nebeldunst. Sehr schön hat sich diese Faszination und Beklemmung auch in den Modellen widergespiegelt.
Zurück in der Realität, arbeiten wir uns noch durch Themen wie Platzangst, Verlust, Grössenwahn, Wunderland, Wahnsinn oder Blüte der Hoffnung, um nur einige der 16 Themen zu nennen.
Vorbei am Nähsaal, ging es dann in den Juryraum im Obergeschoss des Hauses, das wir auf diese Weise kennenlernen durften. Nach einer kleinen Stärkung und angeregten Gesprächen ging auch schon die Modenschau los. Die Damen und Herren führten Ihre Arbeiten selbst vor und liefen dabei durch zwei Etagen im atriumartigen Gebäude. Auch experimentelle Arbeiten wurden vorgestellt. Man hat mit viel Tüll, Maschendrahtzaun, Gummi, Schwämmen und allerlei für Modezwecke ungewöhnlichen Materialien experimentiert. Diese Arbeiten sind nicht in die Bewertung eingeflossen.
Siegerin des Designpreises ist Rovina Regino. Bewertet wurde hierbei die Entwurfsidee, d.h. wie kreativ und originell ist der Entwurf und liegt er im Trend? Ist die thematische Umsetzung geglückt, passen die Farben und das Material zum Thema? Wie ist die visuelle Darstellung, also die Entwurfszeichnung oder die technische Zeichnung?
Sieger des Realisationspreises ist Wadim Petunin. Wichtig bei der Bewertung war die Materialauswahl für das erarbeitete Kleidungsstück. Die Fragestellungen lauteten: Ist die Schnittführung gelungen, wie hoch war der Aufwand und wie sieht die Verarbeitung aus? Auch der beste Entwurf schafft es nicht in die reale Welt, wenn die Sachen nicht tragbar sind oder sich in der Fertigung der Modeindustrie nicht entsprechend umsetzen lassen.
Fazit: Es war ein spannender und anregender Abend mit vielen jungen Talenten und ihren beeindruckenden Inszenierungen rund um das Endprodukt Mode. Wir wünschen allen Nachwuchsdesignern auf ihrem zukünftigen Weg viel Erfolg.
Wir danken besonders Frau Kiefer und Frau Siegmeier, die uns sehr freundlich empfangen und durch den Abend geführt haben.
Mode ist etwas faszinierendes. Danke für den Bericht.
schon schön, dass man hier in diesem beitrag einblick – ich will jetzt nicht sagen ‘hinter die kulissen’ – aber doch noch aus einer anderen perspektive auf die dinge hat. denn als ‘normaler’ besucher einer modenschau bekommt man ja manches nicht mit, was gerade interessant ist. also 1000 dank!
Sehr interessanter und lesenwerter Bericht!
Vielen Dank für die Einblicke.