‘Ab nach München!’ schreibt Gabriele Münter 1901 in ihr Tagebuch, nachdem ihre Freundin Margarete Susmann sie auf die ‘Damen-Akademie’ aufmerksam gemacht hat. Wie viele andere junge Frauen, in der Regel aus dem gehobenen Bürgertum, geht sie nach München, um dort Malerei zu studieren.
München ist um 1900 sowohl Kunststadt als auch ein Zentrum der Frauenbewegung und es gründen sich zahlreiche Vereine wie beispielsweise die ‘Gesellschaft zur Förderung der geistigen Interessen der Frau’. Den Frauen soll zu staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Rechten verholfen werden und …
… eines der zentralen Ziele der Frauenbewegung ist die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten. Gefordert wird u.a. der Zugang zu den Universitäten, was in Bayern schliesslich ab 1903 möglich ist.
Frauen mit dem Berufswunsch, Künstlerin zu werden, kämpfen lange vergeblich um den Zugang zur Königlichen Akademie der Bildenden Künste, der ihnen erst ab 1919 gewährt wird. Zofia Stryjeńska aus Polen versucht, dieses Verbot zu umgehen …
… und immatrikuliert sich unter dem Namen ihres Bruders.
Als Mann verkleidet studiert sie ein Jahr, bevor die Täuschung auffliegt und sie die Akademie verlassen muss.
Wer nicht zu solchen Mitteln greifen möchte, hat die Möglichkeit, sich in Privatateliers und -schulen ausbilden zu lassen. In München …
… existieren um die Jahrhundertwende zahlreiche dieser Schulen, die sowohl männliche als auch weibliche Schüler aufnehmen. Hier herrscht jedoch oft ein nur ungenügendes künstlerisches Niveau.
Um auch Frauen eine professionelle künstlerische Ausbildung zu ermöglichen, ergreifen sie 1882 mit der Gründung des Künstlerinnen-Vereins selbst die Initiative. Zwei Jahre später …
… eröffnen sie die Münchner Damen-Akademie, die nach dem Vorbild der Königlichen Akademie der Bildenden Künste organisiert ist. Hier schreibt sich, wie schon erwähnt, Gabriele Münter ein …
… aber auch Käthe Kollwitz, damals noch unter ihrem Mädchennamen Käthe Schmidt. Die Institution ist bald weithin bekannt und zieht zahlreiche junge Frauen aus dem In- und Ausland an.
Schon etwas früher wird Frauen eine Ausbildung im kunstgewerblichen und kunstpädagogischen Bereich zugestanden und staatlich gefördert. So ist die Ausbildung zur Zeichenlehrerin ab 1872 …
… in der ‘Weiblichen Abteilung’ der Königlichen Kunstgewerbeschule möglich. 1902 werden in München die ‘Lehr- und Versuchsateliers für Angewandte und Freie Kunst’ …
… kurz nach einem ihrer Gründer ‘Debschitz-Schule’ genannt, gegründet.
Der Besuch dieser bis 1914 bestehenden reformorientierten Institution ist Frauen von Anfang an erlaubt und …
… der Zulauf entsprechend hoch. Ab 1905 können Frauen schliesslich auch die ‘Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie’ besuchen und erzielen hier mit ihren Arbeiten rasch Erfolge.
Vor diesem zeitgenössischen Hintergrund vermittelt die Ausstellung im Münchner Stadtmuseum auf 750 m² erstmals einen Überblick über das künstlerische Schaffen der Frauen.
Gezeigt werden ca. 300 Werke bekannter und bisher unbekannter oder in Vergessenheit geratener Künstlerinnen …
… aus den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Grafik, Möbelkunst, Schmuck, Glas, Keramik, Porzellan, Textilien und Fotografie.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog
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Info:
12. September 2014 – 8. Februar 2015
Ab nach München! – Künstlerinnen um 1900
Münchner Stadtmuseum
St.-Jakobs-Platz 1
80331 München
Infos und Fotos vom Museum zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank!
hallo annette,
ich stimme dir voll zu. neulich habe ich in einem radiobericht gehört, dass im letzten studienjahr 2013 rund 440.000 studierende erfolgreich ihr hochschulstudium in d absolviert und abgeschlossen haben (bei einer bevölkerung von über 80 mio.) und dass seit jahren der anteil der mädchen konstant höher ist als der der jungen …
gut, dass man damals schon dafür gekämpft hat!
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
oder, um advocatus diaboli zu spielen: Die Männer ahnten vermutlich, warum sie sich so lange dagegen gesträubt haben, Frauen als etwas anderes als Heimchen am Herd, bestenfalls als Deko (vgl. den treffenden Kommentar Deines Göttergatten) zu betrachten. Um nicht zu sagen, sie “dumm” zu halten… Dabei profitieren doch beide, wenn Frau nicht blöd ist 🙂
Liebe Grüße Annette.
….aber als Aktmodell natürlich auf das Foto durften.
Hallo Gudrun,
Danke vor allem für die Hintergrundinformationen! Wenn ich bedenke, dass das ja noch gar nicht sooo lange her ist, dass Frauen (nicht nur im künstlerischen Bereich) nicht die Ausbildung machen durften, die sie wollten…
Liebe Grüße Annette.