Die Kleine Galerie in Hohenstein-Ernstthal zeigt derzeit die Ausstellung ‘Bildgewebe – Webgebilde’ von Ingeborg Mende. Bei der Vernissage …
… der beeindruckenden Ausstellung am 4. September 2014 hatte ich die Gelegenheit, auch die Künstlerin selbst kurz kennenzulernen.
Ingeborg Mende (*1939) ‘malt’ ihre Bilder aus Fäden – Tapisserien, die am Hochwebstuhl nach ihren eigenen Entwürfen enstehen und durch die Verbindung von Tradition und Moderne einen besonderen Reiz ausstrahlen. Die in Pleißa (Sachsen) lebende und arbeitende Künstlerin absolvierte ein Studium an der Fachhochschule für Angewandte Kunst in Schneeberg und ist Handwerksmeisterin der Handweberei – ein profunder Hintergrund.
Sie entwickelte ihre eigene Bildsprache und eigene Techniken. Ihre Wandteppiche sollen den Raum nicht nur schmücken, sondern selbst autonome Räume schaffen.
Vielfach durchbricht sie ihre Gewebe, wodurch nicht einfach nur Transparenz erzielt wird. Es entsteht zudem der Eindruck von Leichtigkeit, Luftbewegungen werden aufgenommen, Licht- und Schattenspiele verändern das Aussehen von spröde wirkendem Hanf und glänzender Seide.
Die Möglichkeit, nicht-textiles Material, wie z.B. verschiedene Papiere, Filmmaterialien oder Halbedelsteine einzuweben, förderte Ingeborg Mendes Lust zu Experimenten.
Im Lauf der Restaurierungsarbeiten des sog. Federzimmers von August dem Starken, Kurfürst von Sachsen, stiess sie auf die dort angewandte einzigartige ‘Federwebtechnik’, mit der sie sich seit 2008 befasst.
Vogelfedern wurden bis dahin auf ein Grundgewebe aufgenäht bzw. aufgeklebt, was zur Annahme führte, dass das Zimmer ursprünglich aus Peru oder Mexiko stamme. Die Recherchen der Restauratoren ergaben jedoch, dass die ‘Federwebtechnik’ von einem Franzosen um 1720 entwickelt wurde und die Ausstattung des Zimmers in einer Werkstatt in der Nähe von London in dieser Webtechnik hergestellt wurde – eine erstmals und bisher einmalige Anwendung dieser damals neuen Erfindung. Das Federzimmer August des Starken kann man heute übrigens auf Schloss Moritzburg besichtigen.
Ingeborg Mende hat diese sehr aufwendige Technik studiert, mit ihr experimentiert und für sich eine neue Ausdrucksmöglichkeit gefunden.
Für ein Exponat in der Grösse von 70 x 100 cm benötigt man beispielsweise über 3000 Enten- bzw. Gänsefedern in acht verschiedenen Farbtönen.
Einige der in der Ausstellung präsentierten mit Federn ausgeführten Exponate werden hinter Glas gezeigt. Die Rahmen fertigt jeweils dazu passend der Ehemann an – sehr stimmig!
Ihren Faden färbt und zwirnt Ingeborg Mende überwiegend selbst – eine direkte Beziehung zum Material, was sie zusammen mit der aufmerksamen Beobachtung der Natur und ihrer Umgebung oder …
… Reiseeindrücken zu ihren ausdrucksvollen Arbeiten inspiriert.
Ein Besuch in Hohenstein-Ernstthal lohnt sich derzeit ganz besonders. Bis zum 9. November 2014 kann man ‘Bildgewebe – Webgebilde’ in der Kleinen Galerie und bis zum 8. November 2014 ‘Zeichen der Zeit – Engagement und Kunst in Textil’ sowie zwei weitere Sonderausstellungen im Textil- und Rennsport Museum (hier meine Ankündigung) besichtigen.
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Info:
4. September – 9. November 2014
Ingeborg Mende
Bildgewebe – Webgebilde
Kleine Galerie
Altmarkt 14
09337 Hohenstein-Ernstthal
Öffnungszeiten:
Di – Do + So: 14 – 18 Uhr
(auch am 3. + 31. Oktober2014)
www.hohenstein-ernstthal.de/tourismus/kleine-galerie.htm
Fotos: © Dr. Wolfgang Heinz mit freundlicher Erlaubnis der Künstlerin – vielen Dank!
liebe uschi,
vielen dank! mit den inkas liegt du ja wirklich nicht falsch. wie ich mich neulich in der ausstellung ‘INKA – könige der anden’ mit eigenen augen überzeugen konnte, haben sie damals – vor 500 jahren – winzigste vogelfederchen verarbeitet (vgl. meinen beitrag mit fotos). deswegen schrieb man das ‘federzimmer’ von august dem starken auch bis zur genaueren untersuchung anlässlich der restaurierung vor erst einigen jahren einem südamerikanischen ursprung zu und hatte die vermutung, dass heerscharen von arbeitern mit der herstellung beschäftigt waren. –
und hohenstein-ernstthal könntest du ja am wochenende 18./19. oktober 2014 noch besuchen, wenn am samstag, dem handwerkertag, im textil- und rennsport museum das regionaltreffen der patchwork gilde stattfindet – vorher ein anruf, ob du in die kleine galerie reinkommst, lohnt sich auch.
beste grüsse
gudrun
warst du im lokschuppen, gudrun? ich habe die ausstellung im lindenmuseum gesehen und war ganz begeistert.
vielleicht gibt´s einen kleinen katalog von der kleinen galerie.
schon mal ein schönes wochenende wünscht dir – uschi
hallo uschi,
ich war auch in stuttgart in der inka-ausstellung, aber sie läuft im moment noch im lokschuppen in rosenheim.
von einem katalog zu ‘Bildgewebe – Webgebilde’ ist mir leider nichts bekannt. dir auch einen schönen sonntag!
liebe grüsse
gudrun
hallo liebe gudrun, vielen dank für deinen super-tollen bericht! da merkt man wieder, wie wenig man weiß: ich hatte die feder-geschichten stets mit inkas in verbindung gebracht – wieder was gelernt – DANKE – DANKE!
nur zu gern wäre ich zur vernissage nach HOT gekommen – aber du weißt ja!
ich wünsche aber allen eine gute resonanz auf die ausstellungen – TOI TOI TOI!
liebe grüße – von uschi
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hallo eva,
freut mich sehr zu lesen, vielen dank! alles, was sich mit den wörtern ‘kunst’ und ‘textil’ im weitesten sinn umschreiben lässt, interessiert mich halt sehr – und das ist ein immenses feld voll mit ideen und anregungen, die uns wieder inspirieren und die kreativität in gang setzen oder einfach nur freude machen.
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
schön dass du über den Nähmaschinenrand hinausgeblickt hast. Die Bilder haben mich inspiriert, neben der Nähmaschine meinen Webstuhl mal wieder zu reaktivieren.
Vielen Dank und viele Grüße
Eva
hallo annette,
herzlichen dank für deine netten zeilen.
auch ich hatte von dieser technik noch nirgends etwas gelesen oder gesehen – was ja auch nicht verwundert, wenn dies nur einmalig damals für den kurfürst angewendet wurde. laut frau mende ist es wirklich sehr aufwendig, jede feder einzeln einzuarbeiten und zwar so, dass sie auch hält. das ist tatsächlich luxus und was fürs auge 🙂 um so schöner, dass man bei frau mende auch exponate erwerben kann – und es ist relativ gesehen gar nicht so teuer …
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
vielen Dank für die interessanten Infos!
Von der Federwebtechnik hatte ich noch nie etwas gehört. Finde ich sehr beeindruckend. Richtig kuschelig, viel zu schade für die Wand, aber vermutlich nicht stabil genug für den täglichen Gebrauch…
Liebe Grüße Annette.