Die Ausstellung ‘Bilder der Mode. Meisterwerke aus 100 Jahren’ gibt nicht nur einen einzigartigen Überblick über das Genre Modezeichnung, sondern sie demonstriert auch seine Berechtigung als eigenständige Kunstform. Zwar wird Mode seit der Antike abgebildet und seit dem 19. Jahrhundert auch in Zeitschriften und Grafikserien illustriert, doch entstand die Modezeichnung als eigenständiges Format erst mit dem Aufkommen von Modemagazinen wie Vogue, Gazette du Bon Ton oder Harper’s Bazaar.
Die ‘Bilder der Mode’, die das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) ab dem 19. Dezember 2014 zeigt, stammen aus dem Besitz der renommierten Münchner Galeristin, Sammlerin und grossen Kennerin der Illustration, Joëlle Chariau. Die Originale aus dieser Sammlung vermitteln eine Vorstellung vom Wesen der Modezeichnung und ihrer Qualität auf höchstem künstlerischem Niveau.
Die 165 Arbeiten feiern die Kreationen der grossen Haute-Couture-Häuser, von Paul Poiret und Coco Chanel über Christian Dior bis hin zu Christian Lacroix, Alexander McQueen, Yohji Yamamoto und Comme des Garçons.
Durch ihre ausserordentliche Feinheit und Präzision vermögen Modezeichnungen – oft überzeugender als Fotografien – die Eleganz und die Extravaganz der jeweils neuesten Kollektionen und Kreationen ins Bild zu setzen.
Die moderne Modezeichnung – nicht zu verwechseln mit Entwurfszeichnungen zur Mode – entsteht erst in den Jahren um 1910, als die ersten Haute Couturiers ihre neuen Kollektionen in aufwendigen Publikationen vorstellen. Exquisite Zeitschriften wie die Gazette du Bon Ton ziehen das gezeichnete Bild dem Foto vor und setzen sich mit teuren Illustrationen in der Technik des Pochoirdrucks (Schablonendruck) von den Massenmedien des Alltags ab.
Die Künstler der Gazette du Bon Ton sind die Gründerväter des Art Déco, allen voran Georges Lepape (1887-1971) und Paul Iribe (1883-1935). Seit dieser Zeit ist die Modezeichnung ständige Begleiterin der Haute Couture. Sie steht nie wirklich in Konkurrenz zur Fotografie, vielmehr entwickelt sie sich zu einem zusätzlichen Medium der Interpretation. Freier als die Modefotografen können Zeichner neue Modeschöpfungen auf einzelne Elemente reduzieren, sie können übertreiben, Farben und Formen frei variieren und das Wesentliche einer neuen Kollektion hervorheben.
Auftraggeber der Zeichner sind in der Regel die grossen Magazine wie Harper’s Bazaar oder Vogue. Doch geschieht es nicht selten, dass auch die Modehäuser selbst ihre neuen Modelle in gezeichneter Form veröffentlichen.
Seit den Zeiten des Modedesigners Paul Poiret arbeiten die besten Zeichner auch für die führenden Modehäuser. Dies kann so weit gehen, dass in der Öffentlichkeit das Bild eines Haute Couture Hauses massgeblich vom Stil eines Zeichners geprägt ist – eine solche Rolle spielt beispielsweise René Gruau für Dior in den fünfziger Jahren.
Die Sammlung von Joëlle Chariau zeigt die Entwicklung in sieben Abschnitten anhand beispielhaft ausgewählter Werke. Die ersten beiden Kapitel stellen einen Stil oder eine Epoche vor. Auf das extravagante Art Déco der zehner und zwanziger Jahre folgt der gediegene Stil der dreissiger und vierziger Jahre.
Die nächsten Jahrzehnte sind durch ihre herausragenden Zeichner repräsentiert: die fünfziger Jahre durch René Gruau (1909-2004), die sechziger bis achtziger Jahre durch den New Yorker Antonio (Antonio Lopez, 1943-1987), gefolgt von dem Schweden Mats Gustafson (*1951), dem Schweizer François Berthoud (*1961) sowie, als jüngster Künstlerin, der Pariserin Aurore de La Morinerie (*1962).
Joëlle Chariau befasst sich seit den 1980er Jahren mit Modezeichnungen und Modeillustrationen. Ihre private Sammlung – präzise von ihrem Handel getrennt – entsteht neben ihrer Galerietätigkeit und konzentriert sich auf wenige bekannte Namen.
Der Sammlerin geht es nicht um ein möglichst breites Spektrum, sondern um wenige herausragende Künstler, die sich auf Modezeichnungen spezialisiert haben und die ihre Entwicklung prägten. Die ausgewählten Zeichnungen gehören sämtlich zu den Meisterwerken der Künstler, nicht eine erscheint belanglos oder flüchtig. So lässt sich gut nachvollziehen, dass die persönliche Handschrift und der Stil eines Künstlers in den letzten Jahrzehnten zunehmend Gewicht erhält. Die Interpretation der Mode durch den Künstler wird zum eigentlichen Thema.
In diesem Zusammenhang gewinnt die künstlerische Technik der Illustration einen erstaunlich hohen Stellenwert. Jeder der grossen Protagonisten, von Gruau bis Berthoud, hat neben seiner persönlichen Handschrift seine bevorzugte Technik zur Perfektion entwickelt. Für Gruau ist dies – noch vergleichsweise traditionell – die Zeichnung mit kräftigen Gouache-Farben. Aber schon Antonio hält sich an keine Regeln.
Er experimentiert mit verschiedensten künstlerischen Verfahren – sein persönlicher Stil-Mix ist von einer entsprechenden Bandbreite in zeichentechnischer Hinsicht begleitet.
Mats Gustafson dagegen wählt das Aquarell und entwickelt dies zu einer besonderen Rafinesse, die es ihm gestattet, mit wenigen farbigen Akzenten und äusserstem Feingefühl die Mode zu interpretieren.
Die Monotypie, das heisst der einmalige Abdruck einer zuvor in allen Details bearbeiteten Platte, ist die bevorzugte Technik von François Berthoud – wie auch von Aurore de La Morinerie. Diese schwierige und heute seltene Technik meistert Berthoud mit Ölfarben …
… während für die Pariser Künstlerin die Papierqualität entscheidend ist: Sie wählt sehr weiches Japanpapier, das ihren Arbeiten einen geradezu verklärten Ausdruck verleiht.
Die Sammlung von Joëlle Chariau – in 28 Jahren entstanden – zeugt von der höchst erfolgreichen Zusammenarbeit ihrer Galerie Bartsch & Chariau mit den Künstlern beziehungsweise deren Erben. Die Arbeiten dieser Sammlung waren bisher nur einmal 2011 im Design Museum London zu sehen, wo sie von den Medien und dem Publikum gefeiert wurden.
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Info:
19. Dezember 2014 – 3. Mai 2015
Bilder der Mode. Meisterwerke aus 100 Jahren
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Steintorplatz
20099 Hamburg
Öffnungszeiten:
Di – So: 10 – 18 Uhr
Do: 10 – 21 Uhr
Am 24. und 31. Dezember sowie 1. Mai geschlossen
Infos und Fotos vom Museum zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank!
Hallo Frau Heinz, danke für den wieder sehr gelungenen Beitrag. Eine schöne Weihnachtszeit wünscht Regina L.
wieder einmal vielen dank, liebe regina! auch ihnen wunderschöne feiertage!
beste grüsse
gudrun
halli hallo,
herzlichen dank für die freundlichen anmerkungen. freut mich sehr zu lesen.
ich hätte noch einen tipp: man begebe sich auf die website der kunstgalerie und setze dort in der rubrik ARTISTS den spaziergang durch die mode- und kunstgeschichte fort …
http://www.bartsch-chariau.de/
beste grüsse
gudrun
Hallo liebe Gudrun,
die ganze Welt ist im Weihnachtsstress,die ganze Welt?
Zum Glück nicht, Du verschaffst uns immer wieder Einblicke in die Welt der Kunst, der Mode und manchmal auch “nur” anregend schöne Bilder. Deine verbindenden Texte führen uns auf eine kleine sehr informative Gedankenreise. Einmal wäre man gern in Dresden, Hamburg und ….
Ich freue mich schon, wenn wir wieder eine Ausstellung auch live sehen können.
Vielen Dank!
Hallo Gudrun,
Danke für diesen Beitrag! Ich finde, die Bilder zeigen den Charakter der Modelle wesentlich besser als die schönste Fotografie mit einem model.
Liebe Grüße Annette.
Wunderbare Bilder – alle so unterschiedlich und doch hat jedes seinen Reiz!
Herzliche Grüße
Pia René schmitt
Superstark!
Danke fürs Zeigen, liebe Gudrun.
Schöne Feiertage mit allem Drumherum und Dran 😉
Jutta
gern geschehen! der beitrag hat mir auch spass gemacht, hätte sogar noch bilder übrig.
auch dir, liebe jutta, und allen blog-leserInnen und -kollegInnen wunderschöne weihnachten und für 2015 alles gute!
gudrun