Seit dem 30. November 2014 läuft im Japanischen Palais in Dresden die von Wolfgang Scheppe kuratierte Ausstellung ‘Die Logik des Regens / Logical Rain’.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
Im Depot des Kunstgewerbemuseums in Schloss Pillnitz liegt seit 125 Jahren ein der Öffentlichkeit unbekannt gebliebener, unendlich faszinierender Schatz der japanischen Kunst. Er geriet lange Zeit in Vergessenheit und wurde bislang nie gezeigt. In 92 Kassetten lagern über 15.000 Färbeschablonen für den Textildruck – katagami genannt. Damit besitzen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden den weltgrössten Bestand an katagami-Mustern, aus dem nun erstmals eine Auswahl von 140 Stücken präsentiert wird. In virtuoser Schneidearbeit aus einem handgeschöpften Maulbeerbaumpapier gefertigt, verdeutlichen sie den bewunderungswürdigen Reichtum an Motiven und die künstlerische Meisterschaft ihrer Erfinder.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
katagami sind die traditionellen Druckvorlagen vor allem für Kimonostoffe. Neben geometrischen Ornamenten zeigen sie auch solche, die in vollendeter Abstraktion Erscheinungen der Natur repräsentieren.

Katagami Nr. 55
Färbeschablone, 19. Jhd. (vor 1889)
Kunstgewerbemuseum
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Einige historische Kimonos werden als Erzeugnisse der katazome-Technik, in der die katagami-Schablonen zur Bemusterung eingesetzt werden, präsentiert. Dieses Verfahren ist wegen seines enormen Arbeitsaufwandes mittlerweile fast ganz verschwunden.

Kimono
Japan, 1. Hälfte 20. Jhd.
Baumwolle, mit Indigo in Katazome-Technik gefärbt
Museum für Völkerkunde Dresden © Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Sara Codutti
Aus den zahlreichen Motiven der Sammlung im Kunstgewerbemuseum wurden diejenigen ausgewählt, die sich der Darstellung des Regens widmen. Er spielt in einem Land, das Monsunwinden ausgesetzt und auf Reisanbau angewiesenen ist, eine bedeutende spirituelle und kulturelle Rolle.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
Das gleichförmige Fallen winziger Tropfen scheint sich auch in der ästhetischen Logik der Gestaltung der repetitiven Strukturen der Druckrapporte widerzuspiegeln. Sie sind um so feiner, je höher der ständische Rang des Benutzers war, der die mit ihnen gefertigte Kleidung trug. Die Stoffe mit den winzigsten und am langwierigsten herzustellenden Mustern waren zum Höhepunkt der Edo-Zeit für Kleidungsstücke zur repräsentativen und zeremoniellen Nutzung durch den Schwertadel der Samurai vorbehalten.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
Als im 19. Jahrhundert die ersten katagami nach Europa kamen, gewann die hochentwickelte Kunst des japanischen Musterdekors starken Einfluss auf die westliche Ornamentik in Kunst, Kunsthandwerk und dem entstehenden Industriedesign. Der Jugendstil als erste bürgerliche Warenästhetik wurde vom Japonismus inspiriert. Heute spielt die Technik des Stencils in der Graffiti- oder Street-Art, etwa bei Banksy, der sie erneut zu grosser Komplexität entwickelt hat, wieder eine grosse Rolle.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
Zur besonderen Atmosphäre der Ausstellung im Elbflügel des Japanischen Palais gehört eine mit dem italienischen Elektronikmusiker Renato Rinaldi entwickelte Sound-Installation, in der ein zufallsgesteuertes Programm das Geräusch fallenden Regens moduliert.

Blick in die Sonderausstellung ‘Die Logik des Regens/Logical Rain’ im Japanischen Palais. Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden © Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Foto: Adrian Sauer
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Info:
30. November 2014 – 22. Februar 2015
Die Logik des Regens / Logical Rain
Japanisches Palais – Museum für Völkerkunde
Palaisplatz 11
01097 Dresden
Faltblatt zur Ausstellung mit Hinweisen zum Rahmenprogramm
Öffnungszeiten:
Di – So: 10 – 18 Uhr
montags geschlossen
Eintritt frei
Infos und Fotos vom Museum zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank!
Hallo Gudrun,
Dankeschön für den kleinen Exkurs in die japanische Stoffdruck-Geschichte!
Liebe Grüße Annette,
gern geschehen, liebe annette!
passt doch im übrigen auch hervorragend zur gerade noch laufenden ausstellung ‘kirschblüte & edelweiss’ in st. gallen:
https://blog.bernina.com/de/2014/09/kirschbluete-edelweiss/
ich konnte schon mal bei einem vortrag von bärbel grünewald eine solche katagami-druckschablone im original in der hand halten – das ist wirklich ein äusserst fragiles gebilde, ein hauch von nichts. man fragt sich, wie haben sie dies damals gemacht und wie haben sie damit gedruckt? äusserst aufwendig und hochinteressant!
beste grüsse
gudrun
… und passt zum derzeitigen Winterwetter …
bei mir im Garten treiben die Tulpen!
Dass die Druckschablonen dünn sind, habe ich aus Deinem Bericht vermutet. Die Frage, “wie haben sie das damals gemacht”, stelle ich mir nicht nur hier. Da ist vermutlich im Laufe der Jahrhunderte schon sehr viel Handwerkskunst verloren gegangen…
Liebe Grüße!