Ein Jupe aus Leinen. Ein Bleistiftjupe wohlgemerkt, knalle eng, dafür hinten mit dem klassischen Gehschlitz versehen. Und einer Länge, die elegant “das Knie umspielt” – also nicht einfach kurz. Sondern damenhaft und trotzdem zu jeder Tages- und Nachtzeit tragbar. Nein, nicht gerade im Bett, dazu ist er vielleicht zu unbequem!
Das Leinenstück ist eigentlich einfach ein “Musterblätz”, grad gross genug für Grösse 38. Für mehr langt’s leider nicht – muss also eine andere Frau finden, die ihn trägt.
Es ist der Dritte in Folge, den ich in dieser Art mache, jedesmal aus einem anderen Stoff.
Zuerst war jener Küchenvorhang aus den Fünfzigern dran.
Dann der Schlafzimmervorhang von vor dem Krieg.
Das Teil ist etwas zerknautscht, weil ich es gestern schon im Konzert getragen habe. Musste es einfach gleich ausprobieren.
Ach ja, und dann, einfach weil das Material ein bisschen zu klein war für mich (und ich aber unbedingt diesen Stoff wollte!), hab ich so ganz nebenbei den Nähmaschinenfuss Nr. 2 entdeckt, der es mir auf einfachste Weise ermöglichte, die zusätzliche Nähte an der Seite mit einem kleinen Bändchen abzudecken – oder aufzumotzen. Welche Entdeckerfreude! Dabei hatte ich das damals in der Einführung zur Aurora 430 bestimmt gelernt und einfach, weil ich es bisher noch nie gebraucht habe, wieder vergessen.
Und jetzt also Leinen. Weil’s ein wunderbares Material ist. Und weil die Blumen darauf so fantastisch gross sind, dass sie auf dem Teil wie ein Bild wirken werden. Man soll sich von der fixen Idee befreien, dass Muster im Kleidungsbereich immer klein sein müssen. Sie müssen überhaupt nicht. Was ist denn so falsch daran, wenn eine einzige Blume auf dem Oberschenkel blüht?
Ja, natürlich hab ich auch beim dritten Mal noch geflucht, weil ich Fehler gemacht habe. So bin ich eben. Und war ein weiteres Mal froh, dass ich seinerzeit in der Handarbeit auch auftrennen gelernt hatte.
Den Verschluss klassisch, mit einem jener Soloknöpfe, die jahrelang immer zu hübsch waren, um weggeworfen zu werden. Jetzt kommt er hier schön zur Geltung mit seinem Strassteil in der Mitte.
Ein Reissverschluss hat sich auch noch gefunden. Es gibt dafür in meinem Atelier eine separate Schublade…
Und Futterstoff aus dehnbarem Nylonjersey. Was vielleicht im Hochsommer nicht so angenehm ist, dafür zu allen anderen Zeiten. Mit Strümpfen oder Hosen, mit Pulli, T-Shirt oder Bluse…. Ein Teil für’s Büro oder für’s Fest auf dem Land. Immer mit dem Tick Eleganz gut angezogen. Was will man mehr.
4 Stunden Arbeit für das ganze Teil.
Jetzt hängt es an meiner alten Schneiderpuppe Frau Stockmann und wartet auf eine Käuferin. Frau Stockmann ist das Teil fast zu gross. Sie hat eben eine wunderbare Fin-de-siècle-Wespen-Taille.
Hallo Gabi
Den Küchenvorhangjupe finde ich voll der Knaller!
Ich muss mal die Stoffvorräte vom Grosi durchkämmen, da hat es sicher auch noch so einiges dabei, dass sich für so ein “Retroteil” eignen würde.
Grüsse, Fabienne
Hallo Gaby, tolle Röcke hast du genäht und ich kann Gr 38 tragen. Ist das der Erste mit den Küchenutensilien? LG
Wir nähen auch gerne mit alten Stoffen, u.a. ist ein Wickelrock aus einem alten Vorhang entstanden. Innenseite aus einfachem Baumwollstoff, leider mir zu klein (dafür reichte der Stoff nicht mehr) aber ich hoffe er findet eine Käuferin.
Hallo Gabi !
Ja, das ist schon etwas Besonderes mit den alten Stoffen!
Bei mir gibt es neben den Patchworkstoffen auch noch sehr viel altes Leinen. Und wartet auf das Verarbeiten.
Liebe Grüße
Wiebke