Im Freundeskreis habe ich zwei Nähanfängerinnen, mit denen ich mich seit einiger Zeit regelmäßig treffe, um gemeinsam schöne Kleidung und Accessoires zu entwerfen. Als ich beim letzten Mal ein Raglanshirt nähen wollte, kam die Frage auf, woher denn eigentlich der Name für diese etwas andere Ärmelform komme und was überhaupt das Besondere an diesem Schnitt sei.
Da sich hier auf dem Bernina Blog auch viele Näh-Neulinge tummeln die mit dem Begriff eventuell noch nicht so viel anfangen können, habe ich ein paar Informationen zum Thema Raglanärmel/Raglanshirt zusammengestellt.
Die Namensgebung:
In der Schlacht bei Waterloo (1815) verlor der britische Feldmarschall Lord Raglan im Kampf seinen rechten Arm. In der Militärschneiderei suchte man nach einer Lösung, die Garderobe des Einarmigen so anzupassen, dass er sich problemlos selbst an- und auskleiden konnte. Also setzte man die Naht des Mantelärmels nicht senkrecht zur Schulternaht, wie bisher üblich, sondern schräg von der Achsel bis zum Halsausschnitt verlaufend. Der Name wurde erstmals um 1862 erwähnt, als Lord Raglan im Krimkrieg einen Mantel trug, dessen Ärmel einen Teil des Rumpfes umschlossen. Der Raglanärmel war “geboren”.
Ein Raglanshirt nähen:
Wer bereits ein Kleidungsstück mit Raglanärmeln genäht hat, weiß, dass die Schnittteile ganz anders aussehen.
Bei einem “normalen” Oberteil werden zunächst Vorder- und Rückteil an den Schulternähten zusammengesetzt und dann die Ärmel eingesetzt. Das geht bei einem Raglanshirt nicht, da es keine Schulternaht gibt. Hier werden die Schnittteile im Kreis zusammengesetzt. Das heißt, Vorder- und Rückteil werden jeweils mit den passenden Ärmelseiten (meist durch Markierungen gekennzeichnet) verbunden. Im Anschluss kann man die Seitennähte schließen und weiter so verfahren wie üblich.
Designvarianten:
Die Raglanärmel bieten viele Möglichkeiten, bei einem Kleidungsstück raffinierte Akzente zu setzen. Statt ein Kleid, Shirt oder Pullover Ton in Ton zu gestalten, kann man beispielsweise für die Ärmel ein anderes Stoffdesign verwenden.
Schöne farbliche Hingucker lassen sich dadurch setzen, dass man eine knallige Paspel zwischen die Raglannaht fasst.
Sollte man kein passendes Paspelband im Fundus haben, kann man auch gut einen Streifen aus Jersey oder Webware in die Naht einsetzen, so wie ich es bei den folgenden Beispielen gemacht habe.
Was auch sehr hübsch aussieht, sind gecoverte Raglannähte. Dazu kann ich euch mangels Coverlock aber leider kein Beispiel zeigen. Ich werde beim nächsten Shirt aber einfach mal einen geeigneten Zierstich meiner Bernina 560 zum Absteppen der Raglannaht ausprobieren.
Mit ein bisschen Kreativität lassen sich aus einem Grundschnitt schöne Ergebnisse erzielen, vielleicht konnte ich ja dem ein oder anderen Nähanfänger ein paar Anregungen bieten.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren.
Eure Paola
Meine Lieblings-Ärmelform für Kindershirts. Nicht nur sind sie einfacher anzuziehen, sondern es sieht einfach nett aus, wenn die Ärmel aus einem anderen Stoff sind. Ausserdem haben Kinder ja keinen ausgeprägten Schulterbereich, daher finde ich dass die Raglanärmel einfach immer am besten sitzen und es trägt auch nichts auf – Kinder sind ja manchmal empfindlich, was Nähte betrifft.
Liebe Paola
Danke schön für die Auskunft. Eigentlich hätten die Raglanärmel der Lehrerin gefallen müssen; in der Näschi durften wir uns ja nicht zu knapp sitzende oder zu kurze Kleider machen…
Renate.
Liebe Renate,
ich halte Raglanärmel in erster Linie für eine Schnittform, die besonders für Kinder auf Grund der Bequemlichkeit Vorteile bietet. Auch in der Männermode ist dieser (eher sportliche) Look weit verbreitet. Ich selbst nähe für mich ab und an auch Oberteile/Kleider mit Raglanärmeln, die allerdings immer einen Abnäher im Brustbereich erfordern, da die Kleidung sonst nicht gut sitzt. Da ich selbst recht breite Schultern habe, wähle ich für die Ärmel meist einen dunkleren Ton um diesen Bereich optisch zu schmälern.
Raglanärmel wirken aus o.g. Gründen eventuell nicht sonderlich elegant, vielleicht war das der Grund für das Naserümpfen deiner Nähschullehrerin?
Viele liebe Grüße
Paola
Liebe Paola
Hältst Du Raglanärmel einfach für eine gestalterische Variante, oder haben sie (ausser dem offenbar leichteren Hineinschlüpfen) bestimmte Vor- und Nachteile? Sie sind ja die seltenere Ärmelform, und ich sehe noch meine Nähschullehrerin vor mir, wie sie beim Wort “Raglanärmel” die Nase gerümpft hat. Was mag der Grund sein?
Ich grüsse Dich freundlich, Renate.