Sonntag, 12. April 2015
Heute war ein kursfreier Tag und gegen 10 Uhr sollte ich von Mr. Kim von BERNINA Korea im Hotel abgeholt werden. Da ich etwas eher in der Lobby war, konnte ich noch schnell ein paar Eindrücke festhalten.
Und dann gab es eine wunderbare Überraschung: nicht nur Mr. Kim traf im Hotel ein, sondern er brachte eine liebgewonnene koreanische Quiltkünstlerin und Freundin, Jong Kyeong Lee mit.
Damit hätte ich nun gar nicht gerechnet. Wie schön, auch mit ihr den Tag verbringen zu dürfen.
Was ich nun anschauen wollte, fragten mich die beiden, als wir ins Auto stiegen. Seoul Stadt oder vielleicht einen Palast und Insa-Dong? Ich zog den Palast und das spezielle Viertel vor, eindeutig. So machten wir uns dann auf und fuhren eine gute Stunde bis nach Seoul hinein und parkten inmitten Downtown. Wenige Schritte später gesellte sich Sue, die liebe Übersetzerin zu uns und dann ging es schon hinein, in eine bekannte Meile für Künstler und Galerien und Zubehörshops in Seoul. Das war genau mein Ding! Ich fiel von einem “Ohhh” ins nächste.
“Pojagis!!!” und nicht nur einer, sondern gleich mehrere, wunderschöne, handgearbeitete, in zauberhaften transparenten Stoffen, die aus Ramie versponnen sind hingen in zahlreichen Schaufenstern der Geschäfte. Hier konnten nicht nur hand- oder auch maschinengenähte Pojagis, sondern auch die entsprechenden sehr steifen, filigranen und transparenten Ramie-Stoffe gekauft werden (was ich auch tat, später).
Ebenfalls wurde eine Vielzahl an “Touristenkram” angeboten, teils in Korea gefertigt, doch vieles auch aus China importiert.
Wie der Zufall es so will, trafen wir eine weitere koreanische Quiltkünstlerin. Man stellte sich vor, tauschte Fotos aus, staunte was die andere so macht. Mit dem grossen Unterschied, dass dies alles mit allergrösstem Respekt und der Anerkennung der Leistung von beiden Seiten geschieht. Textilkunst, in welcher Art und Weise hat in Asien einen ganz anderen Stellenwert als beispielsweise in Deutschland, und das war wirklich wohltuend, nicht belächelt zu werden.
Und nach dem ersten Bummel knurrte dann hier und da ein Magen, der gefüttert werden wollte, so ging es dann zum reservierten Tisch in ein weiteres koreanisches Restaurant. Diesesmal stand Fisch auf dem Plan. Angerichtet auf dem typischen hölzernen Tablett, in einem kochendheissen gusseisernen Topf. Der Grund des Topfes war mit Klebreis gefüllt, der auf dem Boden leicht angeröstet war. Wer also die Röstaromen erhaschen wollte, musste sich bis ganz unten durcharbeiten – und hier gab es zu den Metallstäbchen auch einen Esslöffel – für alle, wohlbemerkt ;-).
Gesättigt und mit ausgeruhten Füssen ging es nun Richtung Palast, dessen Aussengebäude sich bereits ins moderne Stadtbild mischten.
GYEONG BOK GUNG, Seoul
Der Palast Gyeongbokgung “Der Palast, der vom Himmel geküsst wurde” ist der erste von fünf innerhalb der Joseon-Dynastie in Korea erbauten Paläste und zugleich der grösste. Er wurde 1395 nach eine zweijährigen Bauzeit errichtet, nachdem die damalige Hauptstadt von Gaeseong in Nordkorea nach Seoul verlegt worden war. Nachdem der Annexionsvertrag 1910 mit Japan geschlossen wurde, haben die Japaner alle Palastgebäude im vorderen Abschnitt abgerissen und dort ihr eigenes Verwaltungsgebäude errichtet. Zwischenzeitlich sind die japanischen Gebäude entfernt und der Palast in seinem ursprünglichen Zustand wieder aufgebaut worden.
Dies nur als kurzer Überblick über ein fast 500.000 qm grosses Areal, von fantastischster Architektur und koreanischer Baukunst. Ich war hingerissen und die Stunden, die wir in dem Palastgelände verbrachten vergingen wie im Flug.
Ebenfalls besuchten wir noch, das auf dem Palastgelände ansässige Koreanische Volkskundemuseum, wo uns natürlich besonders die textilen Arbeiten, Stickerein doch auch ein ganz alter Pojagi auffielen.
Und dann ging es nach ein paar Stunden wieder hinaus in die Stadt, in den Grossstadtalltag von Seoul.
Um gleich wieder von der textilen Schönheit der Auslagen der Geschäfte gefangengenommen zu werden:
Zahlreiche Ausstellungen wurden auf Postern vorgestellt und beworben:
Und dann wurden die Füsse wieder lahm, der Durst machte sich bemerkbar und der Blutzuckerspiegel musste dringend versorgt werden – ab ins traditionelle Koreanische Teehaus!
Die lieben Koreaner bestellten vier ganz traditionelle Tees, die ich alle mit Holzlöffel probieren und dann meinen Favoriten gleich behalten dufte – meiner war eindeutig die grüne Pflaume hmmm…… dazu gab es die typischen koreanischen Gebäcke.
Gestärkt und doch ein wenig müde machten wir uns weiter durch die Strassen von Insa-Dong. In einem speziellen Geschäft für Stempel, liess ich mir meinen eigenen Stempel anfertigen, eine etwas kostspielige, aber dafür umso persönliche und einmalige Art seinen Schriften und Arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes den Stempel aufzudrücken.
Ein Paradies für Liebhaber der Kalligraphie!
Und an diesem wirklich eindrucksvollen Geschäft für Kunsthandwerk des Pojagi mitsamt Stoffangebot konnte ich nicht einfach vorbeischlendern, hinein gings und mit Jong Kyeong Lees Beratung kaufte ich ein paar Stoffe für meinen ersten Pojagi, dazu passendes Seidengarn, spezielle extrem harte und scharfe Nähnadeln für Pojagi, schenkte sie mir am darauffolgenden Kurstag :-).
Irgendwann war dann der Akku meiner Kamera leer und die letzten drei Schnappschüsse von verführerischen koranischen Candys möchte ich Euch nicht vorenthalten. Wie meinten die Koreaner “Das ist nur gesund – alles Nüsse” 😉 nun ja, dann nehme ich das einfach mal so an.
Der Sonntag klang mit einem netten Dinner aus und einer Flasche Reiswein. Jong Kyeong Lee meinte “Wir koreanischen Quilterinnen lieben ein Glas Wein, dann und wann”.
Den Kopf voller Eindrücke, eine Tüte voller Pojagistoffe, einem Stempel und Farbe, einem Beutelchen gesunder Nusssnacks im Gepäck zog ich dann nicht allzu spät meine Hotelzimmertüre hinter mir zu. Was ein Tag. Was ein Land. Tolle Leute. Mit Respekt und Würde für sich selbst und anderen, wie ich es bisher nicht erfahren habe.
Morgen früh um 8:30h werde ich abgeholt, der dritte Kurstag im CreativCenter von BERNINA Korea in Bundang bei Seoul steht bevor. Ich freue mich darauf und bin gespannt.
Bis morgen!
Jutta Hellbach
ps. und natürlich habe ich zwischenzeitlich bereits angefangen mit den Pojagistoffen zu arbeiten. Das geht ja ganz gemütlich von Hand auf der Couch. Ausruhen und sticheln.
Liebe Jutta, ohne viele Worte: Vielen, vielen Dank für´s Mitnehmen. herzliche Grüße von Regina
Liebe Jutta !
Unsere Weltkursreisende ist wieder da und bringt uns so tolle Eindrücke mit von den uns so fremden Orten.
Deine sehr aufwändigen Berichte zeigen uns etwas von Deinen tollen Erlebnissen.
Ganz herzlichen Dank !
liebe Grüße
Wiebke
Hallo Wiebke,
ja, ich bin wieder gelandet und habe zwischenzeitlich auch die unterschiedlichen Zeit- und Klimazonen verarbeitet. Das brauchte tatsächlich ein paar Tage.
Es kommen noch ein paar Berichte und es bleibt spannend.
Aber immer eins nach dem andern.
Schöne Grüße,
Jutta
Toll, was für eine wunderbare Technik.
Viele Grüße
Birgit
Hallo Birgit,
ja sie ist speziell und wenn wirklich präzise gearbeitet sehr apart. Ich hab dem ganzen zwischenzeitlich meinen persönlichen Stempel aufgedrückt, und sobald fertig, zeige ich es hier gerne.
Liebe Grüße,
Jutta
DANKE, das wir durch die Bilder ein Stück weit mit auf Reisen gehen können.
Herzliche Grüße
Pia René Schmitt
Sehr gern geschehen, Pia, es wird ja noch ein paar weitere Berichte hierzu geben, die auch vieles zeigen.
Viele Grüße,
Jutta