Kreative Artikel zum Thema Nähen

BERNINA Worldwide Reisetagebuch 4, Stoffmarkt Seoul (Korea)

Mittwoch, 15. April 2015

Es ist mein letzter Tag der Asienkurstournee bei BERNINA Korea. Am Morgen packe ich meine Koffer für das nächste Reiseziel Indien um, schliesslich ist dort gerade Hochsommer. Also gehen die warmen Kleidungsstücke tief hinab in den Koffer und die sommerlichen leichten sind zuoberst. Dann noch das Bordgepäck für den Nachtflug organisieren und ab geht alles zum Check-Out. Durchschnaufen. Die letzten Tage vergingen wie im Flug und die unzähligen Eindrücke sind zwar im Kopf gespeichert und auf der Kamera festgehalten, doch ist es immer noch ein Schweben zwischen Traum und Wirklichkeit. Es lief alles besser als ich es erwartet hätte.

Und die Menschen, denen ich begegnete, waren von einer ausgesprochenen Friedfertigkeit, Höflichkeit und Loyalität erfüllt, zollten sich Respekt und behielten dabei eine eigene und innere Würde, wie ich es zuvor nie erlebt hatte. Es war so wohltuend dort zu sein, heraussen aus dem kritischen, neidvollen und negativen Gebahren, dass leider soviele Menschen im Westen hervorbringen, wo Anerkennung und Lob oft so schwer fällt und stattdessen lieber “ausgeteilt” wird.

Es gab eine ganz kleine Situation, die ich hier noch gerne erzählen möchte, die mich sehr berührt hat. Während einer Präsentation meiner Arbeiten am Ende eines Workshops in Seongnam wurde ich von einer Teilnehmerin gefragt, wie ich zum Nähen und später zur Textilkunst gekommen bin. Ich begann daraufhin diesen Werdegang zu erzählen, als eine andere Teilnehmerin auf meine Erklärung sagte: “Es ist doch ganz einfach, es ist dein “Naturell”. Es war eine so schöne und umfassende und doch zugleich ganz einfache Beschreibung meiner Tätigkeit.  Und es ist umso schöner, wenn es von Menschen, die dieselbe Passion für Stoffe teilen, so gesehen wird. Und es ist auch nur so zu sehen, wenn die innere Einstellung dazu vorhanden ist.

Dann war es an der Zeit die Zimmerkarte abzugeben und das Gepäck in den Wagen zu packen, denn heute geht es mit Mr. Kim, Jong Kyeong Lee und einer ihrer Freundinnen, die diesesmal als Übersetzerin fungierte nach Seoul zum Stoffmarkt. Sie können sich vorstellen, wie gespannt ich war!

Seoul ist eine Metroprole mit fast 10 Mio Einwohnern auf 605 Quadratkilometern Fläche, vergleichsweise hierzu hat New York auf ca 1214 Quadratkilometern Fläche 8 Mio Einwohner. Dicht an dicht wird gelebt, gewohnt, gearbeitet. Auf der Einfahrt nach Seoul, über eine der vielen Brücken des Flusses Hangang bekommt man einen ersten Eindruck über die Grösse dieser Stadt. Was mir sehr gut gefiel, überhaupt in allen koreanischen Städten die ich in diesen Tagen zu sehen bekommen hatte, war, dass viele Bäume das Stadtbild zieren.

 

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Der Verkehr war schon immens und ich beneidete Mr. Kim nicht unbedingt darum, dass er fahren musste. Doch ihm schien es nichts auszumachen. Und ich ahnte zu diesem Zeitpunkt ja noch nichts vom Verkehr in Indien….

Dann plötzlich wurde gebremst, es gab eine Volldrehung und mit Schwung fuhr er in eine Einfahrt. Die Autotüren wurden aufgerissen und dann hiess nur noch “Get out of the car, quick!” Was war hier denn los? Zuerst dachte ich, die Polizei hätte uns herausgefischt, dann schaute ich mich um und dachte – ach nein, er muss sicherlich nur tanken. Als dann alle ausstiegen und er den Schlüssel einem Mann in Uniform übergab und der sich in den Wagen setzte, Jong Kyeon Lee mich unterm Arm fasste und mit sich zog, verstand ich allmählich. Es war Lunchtime und sie hatten den Wagen lediglich zum “weiterparken” abgegeben.

 

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Dieses für Seoul sehr bekannte Restaurant schien sehr begehrt, wer nicht rechtzeitig kam, musste geduldig in einer Schlange, die sich zügig am Eingang bildete warten. Doch sicherlich nicht allzulang, denn wenn man sich in Südkorea an einen Tisch sitzt, steht bereits gleichzeitig eine Bedienung da und hat spätestens 60 Sekunden später die Bestellung aufgenommen, um weitere 30 Sekunden später wieder am Tisch zu stehen, die Gäste mit Trinkwasser und der typischen warmen Brühe zu bedienen und die ersten Beilagen zu servieren. Und das geschieht IMMER so. Es ist durchaus nicht stressig, sondern schlicht ein superschneller hochaufmerksamer Service.

Mittagszeit in Seoul. Hier sitzen bunt gemischt Frauen und Männer aus unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammen und nehmen das Lunch zu sich.

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Mr. Kim und Jong Kyeong Lee bestellten für uns das klassische Bulgogi “Feuerfleisch”.

 

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Nach der Mahlzeit traten wir heraus in den sonnigen und sehr milden Frühlingstag und warteten auf unseren Wagen. Auf meine Frage hin, wo dieser denn geparkt sei, wies Mr. Kim auf den nahestehenden “Tower”. Etwas ungläubig schaute ich darauf. Und doch, genau so war es. Man reichte den Chauffeuren des Fahrdienstes den Parkschein, dann wurde das zuletzt in die Einfahrt gefahrene Fahrzeug rückwärts in den Aufzug des Parkhochhauses dirigiert und mit herabfahrendem Aufzug unser Wagen herabgelassen und herausgefahren. Es macht schon Sinn in dieser engen Stadt die Höhen und Tiefen in Bautechnik zu nutzen.

 

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Die Postfrau von Seoul? Weit gefehlt, sie transportiert Joghurtprodukte in diesem Wagen und verkauft sie in der Strasse.

 

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Wir nähern uns dem Viertel des Stoffmarktes. Noch ist nicht viel davon zu sehen, doch das bunte Treiben in der Stadt ist interessant anzusehen. Zwischenzeitlich haben wir den Wagen erneut in einem Parkhaus gelassen und sind zu Fuss unterwegs.

 

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Auf ins Paradies! Zuerst zog Jong Kyeong Lee mich mit sich zu ihrem Lieblingsstoffladen, einem traditionellen klassischen Quiltgeschäft mit allem, was das Herz der koreanischen Quilterin begehrt. Und meines begann auch ganz schnell zu schlagen, bei all diesen Verführungen! Schauen Sie sich einfach mit mir um und geniessen den Anblick.

 

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Und ja, natürlich wollte ich auch ein paar koreanische Stoffe mitnehmen, zumal der Preis unanständig günstig war. Also wählte ich ein paar verschiedene Stoffe aus, trug die Ballen zum Schneidetisch und fotografierte zwischenzeitlich ein paar der unzähligen Taschen und anderen Arbeiten, die in diesem Geschäft präsentiert waren.

 

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Sind diese zwei Damen nicht einfach nur gut?

 

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Und nun heisst es “Anschnallen bitte”!

Es geht zum Stoffmarkt. Ins Stofflagerwarenhaus, was auch immer. Ich hatte ja keine Ahnung was mich erwartete. Auf 25.000 qm, in zwei gegenüberliegenden Gebäuden mit 5 Stockwerken ist alles zu haben, was irgendwie mit Faden, Stoff und Zubehör zu tun hat. Da ich um 16:15 Uhr spätestens zum Checkin am Flughafen sein musste “rauschten” wir also hindurch. Zwischen Jong Kyeong Lee und der Übersetzerin gefasst, damit ich nicht verloren ging, ging es los. Ich schreibe hier nichts weiter zu, schauen Sie bitte einfach:


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Was ich im speziellen sehen wollte, waren die traditionellen Seidenstoffe zum Anfertigen der traditionellen koreanischen Trachten. Hierzu machten wir uns also in das entsprechende Stockwerk auf.

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Und hier ging es dann auch gleich etwas gesitteter zu. Hocker waren vor den Ständen verteilt, damit die Kunden sich in ruhiger Beratung niederlassen konnten…

Die Mengen an unterschiedlichsten Seidenstoffen berauschten mich!

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Ist sie nicht phantastisch?

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Schnittmusterbücher:

 

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Und auch hier waren sie zu haben, diese speziellen Stoffe aus Ramie zum Anfertigen der koreanischen Pojagis und durchaus auch leichter Sommerbekleidung.

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Daneben fanden sich wunderschöne farbige Leinenstoffe:

 

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und die naturbelassenen Leinen, deren gelbgrundige Schilder mit schwarz-roter Schrift auf sogenannte “Totenstoffe” hinweisen: aus diesen wird das Totenhemd für Verstorbene gefertigt.

 

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Und weiter ging es mit Troddeln, Anhängern und und und…


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Eine einfache “Wickelmaschine” zum zügigen Anfertigen von Troddeln steht vor den Ständen:

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Und er hatte Glück, er konnte mehr Stoffe mitnehmen als ich. Das Strassenbild in diesem Viertel wird von den unzähligen Moppedfahrern geprägt, die ettliche Stoffballen mit bis zum 150cm Breite auf ihren Vehikeln transporieren. Die Ausbalanciertechnik mit Handy am Ohr und Zigarette im Mund ist schon sehr ausgefeilt – leider versagte mir der Akku meiner Kamera zu diesem Zeitpunkt bereits den Dienst.

 

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Dann war es allerhöchste Zeit zum Flughafen Incheon auf die vor Seoul liegende Halbinsel zu fahren. In der Halle öffneten Jong Kyeong Lee und ich noch schnell einen meiner Koffer und stopften meine Einkäufe hinein. Ich hoffte auf eine gnädige Waage beim Check-In, ohne für Übergepäck zahlen zu müssen.

Dann war es Zeit Adieu zu sagen. “Tto man-na-yo” und einer leisen festen Umarmung folgte das Versprechen sich wiederzusehen. Sei es in Steckborn, sei es in St.Marie aux Mines im September oder wieder einmal in Südkorea. Es wird folgen. Auf jeden Fall.

Es war eine unvergessliche Zeit bei BERNINA Korea und ich danke allen, die daran mitgewirkt haben aus tiefstem Herzen.

Und zugleich war es der Aufbruch und Anfang des Abenteuers in Indien. Der Nachtflug nach Mumbai stand kurz bevor. Nach gut zweieinhalb Stunden Wartezeit für Check-In und Sicherheitskontrolle ging es zum Gate.

“Tto man-na-yo” BERNINA Korea

“Namaste” BERNINA India

 

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Dem indischen Sommer entgegen,

Jutta Hellbach

 

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