Der zweite Teil beginnt – eigentlich in unlogischer Reihenfolge, aber ich erlaube es mir trotzdem – mit der Ausstellungseröffnung der Patchworktage 2015 im ‘Haus der Geschichte’. Treten Sie bitte ein!
Barbara Lange, die bis dahin ihr Amt, mit dem sie die Verantwortung für die Ausstellungen der Gilde übernahm, kommissarisch ausübte und inzwischen durch die Mitgliederversammlung als 2. Vorsitzende gewählt worden ist – ganz herzliche Glückwünsche dazu, liebe Barbara! –
… begrüsste die Anwesenden, explizit die offiziellen Vertreter der Stadt. Der Oberbürgermeister, Herr Dr. Hammer, zeigte sich sehr erfreut über den in Dinkelsbühl stattfindenden Event, beklagte aber, dass er – im Gegensatz zu diversen anwesenden Herren –
… bei seiner Garderobe nicht über das gewisse Etwas, nämlich nicht über eine solch extravagante Patchwork-Krawatte verfüge. Er spielte damit auf das im gleichen Raum ausgestellte Projekt von Herrn Eibisch an, der seit vielen Jahren von Quilterinnen gestaltete Krawatten geschenkt erhält und diese exklusiven Stücke sammelt.
Es begann alles mit Vera Sherbakova aus Moskau.
Vor Jahren suchte sie ein Thema für ihren ersten Kurs, den sie in Deutschland geben sollte und griff dann diese von Herrn Eibisch dazu geborene Idee auf. Seitdem wird Wolfgang Eibisch geradezu davon verfolgt.
Inzwischen ist daraus viel mehr geworden: Quilterinnen aus einigen Ländern senden nunmehr phantasievoll gestaltete Schlipse ein, um diese mit Hilfe von Herrn Eibisch auszustellen. Zur Zeit umfasst die Collection ca. 60 Stück und der im folgenden Foto gezeigte Krawattenquilt von Vera, neueren Datums, ist ein Bonus und gehört auch dazu.
Die Worte des Oberbürgermeisters waren kaum verklungen, als Herr Eibisch ihm stante pede ein ausgesprochen fröhliches Exemplar überreichte und …
… für eine Zeitlang zum Tragen auslieh – der Frosch kam sehr gut an und sorgte allgemein für Heiterkeit. Gute Wahl!
Hinter den Rednern sieht man auch schon zum Teil die nächste Ausstellung: ‚Cuba libre’.
Frau Dr. Schwerdt präsentierte ihre Sammlung kubanischer Quilts –
… eine Seltenheit, denn sie kamen auf verschlungenen Wegen zu ihr.
Bis heute sei, so sagte sie mir, kein direkter Kauf und Export aus Kuba möglich, so dass diese Arbeiten hierzulande bisher nahezu unbekannt geblieben sind. Um so schöner, dass wir sie bestaunen konnten!
Und nicht nur bestaunen, sondern sich auch informieren. Die Exponate …
… wurden sämtlich von erklärenden Labels begleitet …
… die nicht nur über die Arbeiten und ihre Schöpfer Auskunft geben …
… sondern auch an geeigneten Stellen Bezüge zu Land und Leuten herstellen.
Kein Wunder also, dass sich speziell hier im ‘Haus der Geschichte’ die Männer von diesen bis hierher gezeigten Exponaten angesprochen fühlten!
Aber es gab in den nächsten Räumen noch mehr zu sehen. Ein Glanz- und Höhepunkt unter den Ausstellungen bei den diesjährigen Patchworktagen: ‘Musik trifft Stoff’ der Network Quilters.
Katharina Clausen, Lisa Kastner, Arlette Schnabl, Randa Stewner, Pia Welsch, Gabriele Schultz-Herzberger und Anita Lang – das sind die Network Quilters. Sie haben nicht nur eine Leidenschaft für Art Quilts, sondern teilen auch eine Vorliebe für Musik. Musik unterschiedlicher Stilrichtungen, von Klassik über Gospels bis hin zu Techno, waren die Inspirationsquellen für die grossartigen Quilts ihrer Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’, die jedoch nicht nur durch die textilen Exponate besticht, nein es gibt auch noch einen Clou: Die Besucher haben per Kopfhörer die Möglichkeit, der jeweils entsprechenden Musik zu lauschen! Eine tolle Sache, um zu verweilen, um sich einzufühlen, um der jeweiligen Inspiration auf die Spur zu kommen, um die überwiegend grossformatigen Arbeiten vielleicht mit noch anderen Augen zu sehen. Die Idee ist richtig gut!

Katharina Clausen: Am Ende aller Kraft (li) und Ewige Jugend (Mitte), Gabriele Schultz-Herzberger: Lucy In The Sky With Diamonds (re hinten)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
Katharina Clausen liebt Mozart, dessen Musik für sie die pure Lebensfreude und Emotion darstellt. Sie spürt dem Komponisten nach und dem, was der Mensch fühlt, in all seinen Facetten.

Katharina Clausen: Eine Jugend auf Reisen (li) und Nicht ein Ton zuviel, Majestät (Mitte, seitlich), Gabriele Schultz-Herzberger: All You Need Is Love (Mitte, hinten), Arbeiten von Lisa Kastner (ganz re)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
Durch ihre Kraft berühren Gospels und Spirituals Lisa Kastner, die seit über 14 Jahren in einem Gospel-Chor singt. Trost und Verbindung, nicht nur für die Sklaven früherer Jahrhunderte, sondern auch Protest gegen Krieg und Unrecht.

Lisa Kastner: Gospel & Spiritual (4-teilig, li) und Amazing Grace (re)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
‘Die Quintessenz von Johann Sebastian Bachs Schaffen’ – das sind die Cellosuiten nicht nur für Randa Stewner …

Randa Stewner: Cellosuite Nr. 1 G-Dur, Prélude, Allemande, Courante, Detail (li hinten), Katharina Clausen: Ein göttliches Geschenk (re vorn)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
… die darauf ihr Konzept für ihre Quilts aufbaute. Jeder Suite folgen auf die Prélude fünf Sätze – stilisierte Anspielung auf Hoftänze des Barock.

Arbeiten von Randa Stewner (li seitlich), Arlette Schnabl: Kromatom (re), li im Hintergrund Arbeit von Gabriele Schultz-Herzberger
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
Die Songs der Beatles begleiten Gabriele Schultz-Herzberger seit den 1960er Jahren. Popkultur und Songtexte inspirierten sie zu farbenprächtigen Art Quilts.

Gabriele Schultz-Herzberger: Yellow Submarine (li) und All You Need Is Love (re), ganz re Arbeit von Lisa Kastner, Detail
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
Arlette Schnabl hat einen Komponisten in der eigenen Familie – klar, dass sie sich von den elektronischen Klängen, die ihr Sohn geschrieben hat …

Arlette Schnabl: Wassermarsch (li) und Breitwegerich, Detail (re hinten)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
… anregen liess: Grelle Farben und die Spannung, wohin es weitergehen wird, weiter, immer weiter …
Shakuhachi? Noch nie gehört. Pia Welsch jedoch faszinieren die Töne, die der Bambusflöte entlockt werden können, schon lange. Zen-Buddhisten streben damit zur ‘Erleuchtung in einem einzigen Laut’. Pia schuf Kimonos.
Afrika! Anita Lang ist nicht nur von der Schönheit der Natur mit der Tierwelt, den besonderen Farben und der Musik dieses Kontinents begeistert. Sie wählte das Musical ‘König der Löwen’, das vom Kreislauf des Lebens erzählt.

Anita Lang: One By One (hinten li), Die Jagd der Löwinnen (hinten re), Schattenland, Detail (seitlich re)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
Kimonos? Eigentlich sind es Kimono-Rückseiten …

Anita Lang: Schattenland, Detail (li), Pia Welsch: Kimonos (re)
Ausstellung ‘Musik trifft Stoff’ – Network Quilters
… die auf Japan verweisen, wohin ab dem 8. Jh. die Flöte aus China gekommen war.
Jedoch löste sich Pia in ihrer Gestaltung vom Gedanken an den Minimalismus, den der ‘einzige Laut’ nahelegen würde …
… zugunsten einer reichen Interpretation.
Zur Freude des Betrachters …
… bleibt sich Pia damit treu …
… unverkennbar Pia Welsch!
Zur Ausstellung empfiehlt sich der sehr gut gemachte Katalog, mit dessen Hilfe man zu Hause das Ganze nochmals nachvollziehen kann.
Und weiter gehts mit exqisiten Handstickereien.
‘Ost und West begegnen sich’ lautet der Titel der folgenden Ausstellung der Textilgruppe ‘Himbeeren’, bestehend aus Teilnehmerinnen der Online-Kurse von Anne Lange.

Arbeit von Annegret Frank, Detail
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange

Arbeit von Annegret Frank
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange
Ungefähr 60 Stickereien setzen sich ganz unterschiedlich …

Arbeit von Ursula Firnkes
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange
… mit dem Thema Ost und West auseinander.
Materialien oder Techniken aus Ost und West wurden beispielsweise …

Arbeit von Barbara Schär, Detail
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange
… miteinander kombiniert, aber …

Arbeit von Christine Bührer
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange
… es gab auch ganz andere …
… teilweise überraschende Lösungen.
Faszinierend!

Arbeit von Ulla Liebenau
Ausstellung ‘Ost und West begegnen sich’ – Gruppe ‘Himbeeren’ mit Anne Lange
Für die Ausstellung bei den Patchworktagen in Dinkelsbühl schrieb die Gilde für ihre Mitglieder auch den Wettbewerb ‘Log Cabin’ aus …
… wobei dieses beliebte und vielseitige Muster von Traditionell bis Modern gearbeitet werden konnte.
Der springende Punkt: Es musste ein Stoffbrief angefordert werden, der zwei bestimmte Stoffabschnitte enthielt, die sichtbar im Quilt zu verarbeiten waren.
Jede Teilnehmerin konnte eine Arbeit in der Grösse 80 x 80 cm einreichen.

Walburga Weinmann: Silvesterhimmel (li), Cordula Wittmann: Schwere Zeiten (Mitte), Eva Rinckleb: Farbenrausch (re)
Ausstellung ‘Log Cabin’ – Ausschreibung der Patchwork Gilde
Die Ausstellung spiegelte die ganze Bandbreite der Möglichkeiten, die dieses Patchworkmuster bietet, wider. Ist beispielsweise der ‘Inselgarten’ nicht einfach eine Wucht?
Es war ungelogen für jeden Geschmack etwas dabei.
Aber es bleibt nach meiner Ansicht ein Aber: Es waren so viele Exponate, dass der Raum im Pfarrzentrum von den Platz- und Licht- bzw. Beleuchtungsverhältnissen her der Fülle leider nicht gerecht werden konnte. So schade! Für die Quilts, die hier nicht so recht zur Geltung kamen und für die zahlreichen Besucher, die sich durch ein relativ dicht gestelltes Stellwandlabyrinth schlängelten – nahezu keine Chance, um mal einen Schritt zurückzutreten, um eine Arbeit auf sich wirken zu lassen. Mit Verlaub, das könnte man doch künftig besser lösen, bitte.

Angelika Böhler: Brücken bauen, aber irgendeine Baustelle bleibt immer (li), Monika Flake: Farbklang (re)
Ausstellung ‘Log Cabin’ – Ausschreibung der Patchwork Gilde
Jetzt haben wir eine weitere Etappe geschafft und …
… ich möchte sehr gern die Spannung bis zum Ende erhalten. Neugierig? Der abschliessende dritte Teil enthält noch weitere Highlights …
Fortsetzung folgt!
***
Fotos: © 2015 Dr. Wolfgang und Gudrun Heinz mit freundlicher Erlaubnis des Veranstalters und der Künstler
Zum ersten Teil des Berichts geht es hier: https://blog.bernina.com/de/2015/05/patchworktage-2015/
Zum dritten Teil des Berichts geht es hier: https://blog.bernina.com/de/2015/05/patchworktage-2015-3/
Liebe Gudrun Heinz ! Das war wieder ein informativer Bericht mit wunderschönen Fotos von vielen Werken, die man an Ort und Stelle gar nicht so genau betrachten konnte . Herzlichen Dank!
Liebe Gudrun,
DANKE für Deine Berichte! Auch ich konnte leider die Originale nicht sehen und werde jetzt mit Deiner Hilfe doch noch die Ausstellungen “besuchen”.
LG monika
halli hallo,
1000 dank für euer nettes feedback.
teil 3 ist in arbeit und die nadelwelt wartet! werde also nicht arbeitslos …
danke auch für eure geduld und
beste grüsse
gudrun
Hallo lieber Wolfgang,
frei nach Udo Jürgens: Danke für die Blumen (in Deinem Kommentar aus dem ersten Teil), aber ich bin nur mit dem kleineren Anteil beteiligt, als ich zu Gudruns eigenen Bildern die Auswahl der Aufnahmen noch vergrößere.
Pünktlich zum Vatertag finde ich im heutigen Beitrag gleich mehrere Bewerber um den “Krawattenmann des Jahres”. Achtung lieber Wolfgang, Herr Thomae scheint mir ein ernsthafter Konkurrent.
Mit welcher Krawatte gehts denn zur Nadelwelt? (Wir werden berichten!)
Hallo Gudrun,
danke für die schönen Fotos der eindrucksvollen Arbeiten. So bekomme auch ich hier im ‘hohen Norden’ einen spannenden Einblick.
Herzlich
Birgit
Viele herzlichen Dank, auch ich konnte Quilts entdecken, die ich in der Ausstellung nicht gesehen hatte. Danke für den nochmaligen Besuch der Ausstellung. viele Grüße von Regina Langbein
Hallo Gudrun,
vielen Dank für die eindrucksvollen Bilder! So sehe ich doch nach und nach noch vieles von dem, was ich vor Ort nicht gesehen habe.
Lange aufgehalten hatte ich mich bei den Gilde – log cabins. Da ich kein klassischer Patchworker bin, fand ich es sehr interessant zu sehen, was Mann/Frau mit diesem Muster alles gestalten kann. Bei manchen der Quilts habe ich aus der Nähe den log cabin gesucht 🙂
Was die Beleuchtung und Enge speziell dieser Ausstellung anbelangt, gebe ich Dir uneingeschränkt Recht. Ich stelle angesichts Deiner Fotos fest, dass ich offenbar nicht alle dieser Quilts gesehen habe, obwohl ich mir alle Mühe gegeben habe, einen Weg durch das komplette Labyrinth aus eng stehenden verwinkelten und oftmals schlecht beleuchteten Stellwänden zu finden. Fand und finde ich sehr schade.
Bin gepannt auf Teil 3 Deines Berichts und freue mich jetzt schon!
Liebe Grüße Annette.