Kreative Artikel zum Thema Sticken

Azulejos! Fliesen aus Kork und Garn (Teil 1)

Der zweite Teil dieses Berichtes, mit der “Zur Verfügungsstellung” der Freebies als Stickdateien, wird am 5. Juli veröffentlicht.

 

Unser aller Zauberwort lautet “Inspiration”. Sie ist nicht abrufbar, schon gar nicht pausenlos, lässt sich nicht beeinflussen oder gar erzwingen. Doch ab und an ist sie grosszügig und wirft einem einen “kreativen Brocken” vor die Füsse. Dann heisst es zugreifen und etwas draus machen!

So erging es mir auf dem Rückflug meines Portugalurlaubs. Beim Revuepassierenlassen der vielen Eindrücke der vorangegangenen Tage kristallisierte sich eine neue Idee, zu deren Umsetzung ich leider noch ein paar Tage warten musste, da zuerst eine Kurswoche in Steckborn anstand und noch ein paar andere zu erledigende Aufträge. Doch dann war es endlich soweit.

Die portugiesischen Azulejos, die wunderschönen Wandfliesen, die dort nicht nur Fussböden, sondern auch Hauswände, innen, sowie aussen zieren, wollte ich auf das portugiesische Material Kork bannen. Und um diese vielfältigen Muster in einer speziellen Variante aufzubringen, fand in meine Idee auf gut 8000 Meter Höhe der Shapedesigner meiner BERNINA 880. Damit müsste sich was machen lassen.

Es sollte ein zweiseitiger Tischläufer werden. Die eine Seite in einem lockeren folkloristischen Stil, die andere klassisch, elegant. Für die bunte Variante wählte ich vier Farben des Korkleders aus, das changierende Hellblau, das neue Himbeer, das Dunkelblau, sowie ein neuer Naturton. Die klassische Seite wird schwarz-weiss gearbeitet.

Daraus schnitt ich insgesamt 14 Teile à 25cm x 25 cm – nur für die bunte Seite – und je 7 Teile weiss und 7 Teile schwarz in ebenfalls 25cm x 25cm.

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Um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen, wird es einen zweiten Teil geben: eine ausführliche und detaillierte Fotoanleitung, wie diese Fliesen mit dem Shapetool der BERNINA 880 erstellt werden können.

Ebenfalls stelle ich sehr gerne alle 9 Stickdateien als Freebie im zweiten Teil zur Verfügung, so dass diese Fliessen auch ohne BERNINA 880, doch mit Stickmodul nachgearbeitet werden können.

Nach dem Zuschnitt heftete ich mit Sprühkleber das Korkquadrat auf ein Stück eingespanntes Ausreissvlies (Stich and Tear von Freudenberg). Zuvor hatte ich mit dem Shapedesigner bereits ein erstes Fliesenmuster erstellt und liess meine BERNINA 880 nun arbeiten.

Der erste Rahmen wird auf den hellblauen Kork aufgebracht und gleich danach kommen schon die ersten innenliegenden Muster hinzu:

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nach und nach stickt die BERNINA 880 sauber und exakt:

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bis die erste von 14 Fliesen fertig ist:

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Dieser Shapedesigner ist ein echter Suchtfaktor. Er lässt einen die Zeit vergessen und man spielt und spielt und spielt….

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Der Tisch füllt sich allmählich mit vielen bunten Korkfliesen

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Und einmal zusammengesetzt schaut es dann folgendermassen aus – ich bin begeistert:

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Die Rückseite sollte nun, wie schon gesagt klassisch elegant werden. Hier hatte mein Mann eine brilliante Idee: “Warum setzt du nicht eine Fliese mittig und zwei halbierte Fliesen drumherum?” Gesagt, getan.

Für die klassisch, elegante Variante wählte ich schwarz und weiss. Zum neuen weissen Kork sei gesagt, dass er von der Pigmentierung her sehr empfindlich ist und auf Biegungen und Spannung mit Bruch der Oberfläche reagiert. Dies ist ausschliesslich bei der Farbe Weiss der Fall, alle anderen Korkfarben sind bestens und unproblematisch zu verarbeiten. Daher verwende ich ihn nicht für Taschen, sondern ausschliesslich für flach liegende Gegenstände wie Tischsets, oder in diesem Fall für einen Tischläufer.

Ebenfalls sollte die schlichte zweite Seite nur aus zwei Motiven bestehen:

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Nachfolgend sind diese 16 unterschiedlichen Motive und bestickten Korkfliesen entstanden. Es sind insgesamt 8 Motive, die im zweiten Teil als Freebies zum Download zur Verfügung stehen werden:

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Der Tischläufer soll möglichst flach auf der Glasplatte des Tisches liegen und keine dicken Wülste durch eventuelle Nahtzugaben haben. Daher setze ich die einzelnen Korkzuschnitte mit einem Quiltstich zusammen. Einzige Bedingung so zu arbeiten – der Zuschnitt muss hunderprozentig sauber und exakt sein.

Endgültiges Zuschnittmass nach dem Sticken: 22cm x 22cm

Halbierte Fliesse für Rückseite: 11cm x 22cm

Für den Zuschnitt suche ich mit dem Lineal die Mitte des Motivs, positioniere es entsprechend auf die Schneidematte, nun liegt mein Fliesenmittelpunkt inkl. Linealkante auf 11 cm. Ohne den Kork zu verschieben, lege ich meine Linealkante nun auf 22 cm und schneide die erste Kante zurecht. Nun habe ich den “Orientierungsschnitt” und kann alle drei weiteren Kanten passgenau kürzen. Auf exakte Winkel achten.

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Zum Verbinden der einzelnen Korkfliesen wähle ich Vliesofix. Ein Streifen von ca. 4 cm Breite und 23 cm Länge liegt über beiden zusammentreffenden Quadratkanten. (Das überschüssige Ausreissvlies entferne ich nicht, da der Läufer nicht in die Waschmaschine kommt.)

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Zum Aufbügeln braucht es eine feste Unterlage (kein weiches Bügelbrett), ebenfalls achte ich auf Backpapier. Bügeltemperatur darf keinesfalls zu hoch sein, da der Rückseitenstoff jedes in Portugal hergestellten Korkleders Synthetik ist. So hitzeunempfindlich der Kork als solcher ist, so sehr ist es das Synthetikmaterial. Daher ist die Bügeleiseneinstellung bei Polyester, ansonsten schrumpft der Rückseitenstoff und das Korkmaterial auf der Oberseite erhält, insbesondere wenn es bestickt ist, unschöne Wellen.

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Sobald alle Zuschnitte verbunden sind werden alle überstehenden Vliesofixreste mit dem Lineal sauber zurückgeschnitten, dies gilt für die gesamte Kante. Falls sich das Material beim Bügeln leicht verzogen haben sollte, kann nun nochmals korrigiert werden – und manchmal ist es tatsächlich nur der Hauch eines Rückschnitts.

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Um den passenden Quiltstich zu testen und auch sichtbar zu machen, habe ich mir aus den Rückschnittstreifen des Korkstoffs ein paar Muster vorbereitet, die ebenfalls mit Vliesofix verbunden wurden.

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Zum Zusammennähen des Läufers wähle ich den Zickzacknähfuss mit Gleitsohle # 52. Mit seiner beschichteten Nähfusssohle gleitet er mühelos über das Korkleder. Insbesondere die naturbelassenen Korkstoffe haben eine etwas “bremsende” Oberfläche und sind nähtechnisch daher wie Leder oder Wachstuch zu behandeln.

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Ich wähle die Quiltstiche im Stichprogramm an

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und suche einen Stich, der links und rechts der Mitte näht und die beiden aneinanderstossenden Flächen verbinden kann. Mein klassischer Favorit ist dieser Stich:

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Er ist schlicht, hält zuverlässig und ist eine neutrale Ergänzung zu den vielen Zierstichen, die bereits mit dem Shapedesigner auf den Kork aufgebracht wurden. Einige erste Probestiche finden auf die Korkstreifen:

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Das schaut prima aus, dennoch möchte ich eine zweite Variante probieren und anschauen:

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Beide Musterstreifen lege ich auf die zusammengebügelten Korkfliesen und muss nun auswählen.

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Die Entscheidung ist direkt gefällt, es wird die erste Variante.

Nun nähe ich sämtliche zusammengesetzten Kanten mit diesem Stich aneinander.

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Sobald alle sieben Abschnitte beider Seiten fertiggenäht sind mache ich eine nächste Lineal- und Kantenprüfung und schneide ggf nochmals Unregelmässigkeiten weg:

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Dann verbinde ich erneut die zusammengesetzten Reihen mit Vliesofix und nähe Stück für Stück die beiden Läuferseiten zusammen. Es wird jeweils einmal gebügelt und angenäht, erst dann kommt der nächste Abschnitt hinzu. Bitte darauf achten, dass man von “innen nach aussen” näht: das zusammengenähte Material läuft linksseitig zur Nähmaschine, nur das anzusetzende Material liegt unter dem Freiarm der Nähmaschine. Sonst kommt es unweigerlich zum Materialstau.

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Vorder- und Rückseite der beiden Seiten des Tischläufers schauen nun wie folgt aus: sämtliche Papierrückseiten der Vliesofixstreifen sind entfernt.

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Durch die unterschiedliche geometrische Ausgestaltung beider Seiten kann der Läufer ausser an der kompletten Aussenkante nur bedingt nochmals nähtechnisch fixiert werden. Da er allerdings auch nicht in die Waschmaschine gesteckt werden muss, das Korkmaterial ist mit einem feuchten Tuch einfach zu reinigen, der Kork sowieso schmutzabweisend, reicht es aus, die komplette Fläche nochmals mit Vliesofix zusammen zu heften.

Auf die Bügeltemperatur achten und eine harte Unterlage verwenden!

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Überstehende Vliesofixkanten sauber zurückschneiden, die Papierseite abziehen und nun beide Läuferseiten exakt aufeinander legen und mit kleinen Platikklammern fixieren (auf dem Foto muss nachjustiert werden). Dann wird Stück für Stück, geschützt mit einer Lage Backpapier die Oberseite mit der Unterseite zusammengebügelt.

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In einem letzten Arbeitsgang wird der Tischläufer aus Korkfliesen nun an der gesamten Aussenkante mit einem Quiltstich zusammengenäht. Hierzu suchte ich zuerst auch ein wenig aus, testete auf einem Korkstreifen und entschied mich dann für einen, zum vorherigen Verbindungsstich passende Variante.

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Und ab damit, auf dem Tisch!

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und umgedreht – auch schön

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Ich wünsche viel Spass beim Nacharbeiten und stehe für weitere Fragen sehr gerne zur Verfügung.

 

Viele Grüße,

Jutta Hellbach

Ps. sämtliche Inhalte sind nur zu privaten Zwecken zu nutzen. Dies gilt insbesondere und auch für materialtechnische und verarbeitungstechnische Hinweise. Die gewerbliche Nutzung dieser Infos, sowie die Nutzung für eigene Berichterstattungen ist hiermit ausdrücklich untersagt.

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