Kreative Artikel zum Thema Nähen

BERNINA Portugal: Eukalyptus, Kork und Me(e)(h)r

Im Mai reiste ich bereits zum zweiten Mal auf eine Einladung von Màrio Felizardo, BERNINA Portugal hin nach Südeuropa. Und bei dieser Reise habe ich das Geschäftliche gleich mit dem Privaten verbunden und noch einige Urlaubstage drumherum gepackt.

Der erste Kursinhalt zum diesjährigen Workshopwochenende wurde lustigerweise  bereits letztes Jahr auf der Rückfahrt zum Flughafen Lissabon beschlossen. Als ich Màrio nach der Sorte Baum fragte, der vielfach flächendeckend die Landschaft Portugals bewächst, antwortete mir Mario, dass dies Eukalyptus sei. “Dann müssen wir das nächste Jahr Ecoprint vor- und durchführen”, lautete meine Antwort.

Und ein wenig Drucken wollten wir dann auch noch in einem zweiten Workshop.

Diesesmal wohnte ich in einer kleinen Ferienwohnung mit diesem traumhaften Blick aufs Wasser. Die Familie Felizardo hatte vieles ganz wunderbar organisiert, es war grossartig sich nach einem Jahr wiederzusehen und auch ein wenig private Zeit miteinander zu verbringen. Aus der Bernina Familie entstehen mit der Zeit wunderbare Freundschaften, länderübergreifend. So stand ein wenig Erholung kaum noch etwas im Wege.

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und der Blick von der anderen Küstenseite – geradewegs auf die Wohnanlagen zu – ist das nicht traumhaft?

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Und nach ein paar ersten Ferientagen begannen die zwei Kurstage.

Das portugiesische BERNINA Creativcenter war wie schon im letzten Jahr bestens auf das Arbeiten mit Farben und anderen Nassmaterialien vorbereitet. Und nach freudigen Begrüssungen und Umarmungen der bekannten Teilnehmerinnen gings endlich los.

Wie zuvor in Asien gestalteten wir am ersten Kurstag Stoffe. Und nicht nur die teilnehmenden Frauen druckten, nein, auch einer der sie begleitenden Männer liess sich zum Gestalten hinreissen – und wie!

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Und Dulce, unsere älteste Teilnehmerin mit sagenhaften 89 Jahren hatte reichlich viel Spass – und wir alle mit ihr.

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Die gedruckten Stoffe wurden am Nachmittag teils im gesamten gequiltet, teils aber auch zuerst in eine Kollage vernäht und dann gequiltet. Die Drucke waren bezaubernd schön.

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So manches war schon reichlich abstrakt – und dann doch nicht – die Bildhaftigkeit so offensichtlich:

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Die Berninas schnurrten und surrten. Und von der BERNINA 330 bis hin zur grossen BERNINA 750 stellte Màrio Felizardo von BERNINA Portugal das zur Verfügung, was die Kursteilnehmerin gerne nutzen mochte. Service!

Und so schaut dann diese eine Art des Eukalyptus, mit dem wir arbeiten wollten aus. Seine länglichen Blätter machen sich sicherlich wunderschön auf Stoffen. Und da es hektarweise Eukalyptuswälder gibt wollte ich diese Naturresource Portugals auch nutzen und den textilbegeisterten Portugiesinnen zeigen, was man damit machen kann.

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und ständig wird nach der Ernte aufgeforstet:

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Das Ecoprinten im CreativCenter in Caldas da Rainha bei Màrio war dann schon fast von Pioniergeist geprägt. Natürlich hatten wir im Vorfeld alles besprochen und auch fest geplant, so dass der Durchführung aller Kurse nichts im Wege stünde. Doch eine entscheidende Sache ging irgendwie an mir vorbei: es gab in der Küche des CreativCenters keine Kochmöglichkeit. Doch lässt sich der Ecoprint nur mit kochendem Wasser, bzw dem daraus entstehenden Wasserdampf bewerkstelligen. Schlussendlich improvisierten wir dann gemeinsam und kochten mit Gasflasche, transportablem Gaskochfeld, sowie einem riesigen Aluminiumtopf, in den wir eine Drahtspirale einlegten, statt Einkochtopf mit separatem Innenleben. Es geht alles, wenn man nur will ;-).

Und umso schöner ist es auch, wenn die Kursteilnehmerinnen überhaupt keine Vorstellung davon haben, was im Laufe des Tages passieren wird. Sie brachten diverse weisse Stoffe: Seide, Wolle und Baumwolle mit, sowie eine ganze Menge Blätter und Zweige, auch Rosenblätter und andere Blüten.  Und auf gings.

Nach gut einer Stunde waren die ersten Stoffe fertig. Der Eukalyptus gibt tiefbraune, fast schwarze Drucke auf Seide und Baumwolle ab – nur auf Wolle wird er orange, in unterschiedlichsten Nuancen – und die Vielzahl der anderen Blätter zauberten zarte Drucke auf die Stoffe – das Experiment war gelungen, die Teilnehmerinnen schlicht hin und weg – und ich auch!

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Alle schauten und staunten und Sonne und Wind taten das übrige um die Stoffe schnellstens zu trocknen.

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Schade, dass man die schönen Strelizien, die vor dem CreativCenter von BERNINA Portugal wachsen nicht auch noch auf Stoff bannen konnte – und das scheinen sie auch zu wissen, keck und amüsiert wie sie uns anschauten….

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An diesem Kurstag kam keine BERNINA Nähmaschine auf den Tisch, alle wollten bis zur letzten Minute ecoprinten. Sonst hätten wir noch ein paar moderne Blöcke mit Unis und einem Teil der schönen neuen so besonderen Stoffe gefertigt. So verliessen am späten Nachmittag die glücklichen Teilnehmerinnen mit einem Arm voll herrlichster Naturdruckstoffe das CreativCenter, das zwischenzeitlich wie eine Sauna mit Aufguss duftete ;-).

Nun, es gab vieles anzuschauen in diesen Tagen, viele Kilometer Küstenlandschaft, sowie ein paar Städte gehörten dazu, doch möchte ich Sie gerne an einer Besichtigung teilhaben lassen: dem Besuch der Klosteranlage Alcobaca und der dort stattfindenden Ausstellung von Cristina Rodrigues.

Das ehemalige Zisterzienserkloster gehört zwischenzeitlich zum Weltkulturerbe und ist beeindruckend und ganz wunderbar. Per Zufall findet darin zur Zeit eine sehr schöne Ausstellung statt:

Cristina Rodrigues, zeigt mit Künstlerkollegen die Ausstellung ” Wenn sich der Himmel auf die Erde senkt” (freie Übersetzung).

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Im Säulengang trifft man auf die “Kapelle”

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und beim Eintritt von der Kirche in den Klosterinnenraum und zuerst in den Königssaal wird man von einem Baldachin aus unterschiedlicher Bänder und Papierblütengirlanden empfangen:

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An den Seitenwänden findet man die alten Azulejos, die wunderbar bemalten und Geschichten erzählenden Portugiesischen Fliessen, die einzigartig in ihrer Art sind.

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Vom Königssaal aus betritt man dann den Kreuzgang, dessen mittlere kleine Gartenanlage von einem weiteren Exponat geziert wird:

“Früchte des Zorns”

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Nachdem ein Teil des Kreuzgangs durchschritten war, folgte der erste Blick in das alte, wunderbare Refektorium, welches einen weiteren Ausstellungsinhalt innehielt:

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fast schon zu schön, um kitschig zu wirken….

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In der “neuen Küche” befindet sich ein beeindruckender Kamin mit riesigem Abzug – und fast schon abscheulich schön zeigt sich hier der Teil der Ausstellung mit dem Titel ” Die Liebenden”. Keramikherzen in ganz anderer als der erwarteten Form. Als Betrachter bekam ich zu Beginn ein reichlich merkwürdiges Gefühl, das aber mit der Menge und Gleichförmigkeit der vielen Herzen, die zueinander finden sollten sich wieder beruhigte ;-). Kunst liegt eben im Auge des Betrachters und des Künstlers.

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Mit ein Höhepunkt der Ausstellung war im Kapitelsaal zu finden. Ein grosser “Teppich” von mit Bändern verbundenen “Platten” fiel dem Besucher unmittelbar ins Auge. Und begeisterte mich!!

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Titel dieses Exponates lautet: “A Manta” “The Blanket” “Die Decke”

Hierzu gibt die Künstlerin folgende Erläuterung:

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freie Übersetzung:

“Die Adufe ist ein Schlaginstrument, das traditionell von Frauen gespielt wird. Die Gruppen, die Aduferieas, in den Pfarreien der Idanha-a-Nova Gemeinde bestehen in ihrer Mehrheit aus Frauen. Ihre wöchentlichen Proben sind eine Chance für Frauen, Themen zu sammeln und zu spielen, die von Generation zu Generation durch mündliche Überlieferung weitergegeben wurden. Dies stärkt die Rolle der Frauen in der Gemeinschaft als Erzieher und Sender der mündlichen Überlieferungen, und verknüpft Musik, Handwerk und traditionelle Kunst.Die Decke verdrängt die Adufe von ihrem traditionellen Kontext. Es transportiert sie in das Museum als Mittelstück des weiblichen Universums dieser Region und verlässt seinen ursprünglichen Gebrauch. Im Museum erfährt die Adufe somit eine neue ästhetische Kraft und Symbolik.”
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Dann ging es einige Treppenstufen hinauf in das Dromitorium.
Zuerst wurde der Besucher von bestickten Kissen empfangen, die von Bändern zusammengehalten, lichtdurchflutet leicht und zart anmuteten.
“Der Teppich von Amarantina”
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Cristina schreibt hierzu: “Diese Arbeiten wurden in Zusammenarbeit mit Handwerkerinnen aus Fridao-Village produziert”. Handstickarbeiten, präzise und wunderschön.
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Drehte man diesem Exponat den Rücken zu, fand man gegenüberliegend eine “Stuhlgesellschaft” vor.
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Hier war wohl eingeladen. Und jeder Besucher wurde durch einen geschmückten Stuhl symbolisiert. Ein Paar Füsse aus Porzellan gefertigt rundeten das jeweilige Sitzbild ab. Zur rechten fanden sich die weiblichen Besucherinnen, mit weissen Füssen, zur linken die männlichen, mit schwarzen Füssen. Und ganz zu vorderst, sass der Teufel, ohne Schmuck, grob und zerschlissen und ihm gegenüber seine Frau. Makaber, nicht?
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Zum neutralisieren kam dann der erste “ungeschmückte” Stuhl….
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 und auf ihn folgten dann fantasievolle, geschmückte, herrlichste….ich fiel von einem “Oh und Ah” ins nächste…
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Und etwas verstörend war dann das Schild mit der Aufschrift “Deserto” vor dem Kinderstuhl
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Hier ist dann wieder einmal der Moment, wo man die Gedanken des Künstlers zu gerne erfahren würde.Was gab es noch in Portugal?

Auf einer Fahrt ins Hinterland, entlang einer Weinstrasse fand ich die ersten Korkeichen. Bereits im letzten Jahr hatte ich das Material Korkleder/Korkstoff über BERNINA Portugal kennen- und liebengelernt. Zwischenzeitlich habe ich hierzu mehrfach im BERNINA Blog berichtet, unterrichte die Art und Weise meiner Verarbeitung und verkaufe es seit letztem Sommer über meinen Dawandashop.

Da ich vieles über die Herstellung des Korkstoffs schon weiss, war ich umso neugieriger, wie es nun wächst, bzw. nach der Ernte im Ursprungszustand auschaut. Dem konnte ich nun in vielfältigster Weise nachkommen, oder besser gesagt nachschauen, anfassen, erkennen und noch besser verstehen.

Die Korkeiche, entrindet:

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Rindenreste
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selbst im schmalsten Zweig ist bereits die Korkrinde zu erkennen
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prachtvolle Bäume, unzählige Jahre alt finden sich im Landesinneren fast überall, manchmal sind es Einzelgänger, oftmals sind es Wälder, Plantagen.
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Ich bin froh, dass ich bei dieser Reise diese Bäume nun finden und sehen konnte, das Material in seinem Ursprung betrachen und anfassen und so das wunderbare Material Korkstoff/Korkleder noch mehr schätzen kann. Nachhaltigkeit ist ein grosses Thema unserer Umwelt, hier finden wir es. Korkeichen werden sogar bis zu 600 Jahre alt und müssen alle 7-9 Jahre entrindet werden, sonst stirbt (erstickt) der Baum, und liefert uns so diesen wertvollen Rohstoff.Schon in den nächsten Tagen wird es hier auf dem BERNINA Blog eine neue Idee aus Kork zum Nacharbeiten von mir geben.

Und dann war es nach 2 Wochen Urlaub Zeit “Adeus” zu sagen. Bis zum nächsten Jahr, liebe Familie Felizardo, liebe BERNINA Familie. Es war eine herrliche Zeit mit Euch!

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Herzlichst,
Jutta Hellbach

Fotos: Franz und Jutta Hellbach

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