Noch bis zum 29. Mai 2016 zeigt die Textilsammlung Max Berk in Heidelberg-Ziegelhausen die Ausstellung ‘Von Schmetterlingen und Drachen – Textile Schätze südchinesischer Bergvölker’.
Anlässlich der Vernissage habe ich die Schau besucht und bin begeistert über die Fülle der Objekte, die vor allem Sammler wie z.B. …
… Friedhelm Petrovitsch, Ferdinand Aichhorn oder Grietje van der Veen, um nur einige an dieser Stelle zu nennen, zusammengetragen und zur Verfügung gestellt haben.
Doch nicht nur von diesen Originalen lebt diese Ausstellung. Sie wird …
… durch eine Vielzahl von beeindruckenden Fotos von Friedhelm Petrovitsch sowie informativen Schau- und Schrifttafeln ergänzt, so dass …
… es in den drei Etagen des ehemaligen Kirchenbaus aus der Barockzeit, in dem …
… das Museum heute untergebracht ist, viel zu sehen, zu erfahren und zu bewundern gibt:
Exotisch anmutende Textilien und Kleidung, erlesene Stickereien, edle Materialien …
… hierzulande selten zu sehende Exponate, die jedem, der sich für Textilien fremder Kulturen interessiert, das Herz höher schlagen lassen.
Kleidung besitzt in allen Kulturen eine grosse Bedeutung. Sie kennzeichnet beispielsweise eine Volks- oder Stammeszugehörigkeit und …
… verrät bisweilen auch etwas über die soziale Stellung der Person, die sie trägt.
Heutzutage werden traditionelle Textilien – nicht nur in China – jedoch von vor allem der jüngeren Generation nicht mehr wertgeschätzt.
Damit zusammen hängt selbstverständlich auch, dass diese Textilien meist in kunst- und mühevoller Handarbeit …
… angefertigt wurden, deren Kenntnis durch die Geringschätzung ebenfalls verloren zu gehen droht.
Friedhelm Petrovitsch, der in seiner Ansprache bei der Eröffnung von seinen vielfachen Reisen kenntnisreich berichtete, die er vor allem in den Süden Chinas unternommen hat, fotografiert und sammelt jedoch nicht nur, sondern …
… er knüpfte auch Kontakte und unterhält Freundschaften, so z.B. zu Prof. Dr. Zhan Changzhi, dem Direktor des Hainan Museums für Geschichte und Nationale Kultur.
Zusammen mit anderen Wissenschaftlern arbeiteten sie an einem Forschungsprojekt, wodurch sie später in der Lage waren, den Bewohnern …
… der Insel Hainan durch eine Ausstellung ihre eigenen historischen Wurzeln nach der Kulturrevolution wieder ins Bewusstsein zu rufen.
Schmetterlinge und Drachen sind die wichtigsten mythischen Motive, die bis hin zur geometrischen Abstraktion …
… der Schlüssel zum Verständnis der hochentwickelten Textilkultur der chinesischen Ethnien sind. Während der Schmetterling beispielsweise im Entstehungsmythos der Miao eine wichtige Rolle spielt …
… ist der Drache in China in erhaltenen Tempeln und Palästen, Wandmalereien, Schnitzereien, Dekoren und Stickereien und vielem mehr in seiner Vielgestalt einfach unübersehbar und allgegenwärtig.
Aus der Sammlung des Hainan Museums stammt eine bedeutende Leihgabe für diese Heidelberger Ausstellung: das sog. Kaisertuch, eine für den Kaiserhof extra angefertigte Decke aus den kostbarsten Materialien …
… Baumwolle und Seide, handgewebt und handbestickt. Neben floralen Bildelementen findet man darauf das Drachenmotiv in vielfältiger Gestalt: schlangenförmig, mit dem Kopf eines Kamels oder Pferdes, mit Hirschgeweih, Adlerklauen oder im Schuppenkleid eines Fisches.
Traditionell übermittelt der chinesische Drache die Wünsche und Hoffnungen der Menschen zum Himmel und bringt von dort den göttlichen Segen mit zurück zu den Menschen.
Als Urahn der Menschheit symbolisiert er Glück, Frieden und Schutz und selbst der Kaiser betete zum Drachen um Hilfe. Im Lauf der Zeit sahen sich die Kaiser als direkte Nachfahren des Drachen und so wurde der kaiserliche Thron zum Drachenthron.
Die Miao sind ein indigenes Volk Chinas. Man zählt ca. 7 – 9 Millionen Volkszugehörige, die hauptsächlich in den bewaldeten Berggebieten Südchinas leben und …
… sich in mehrere Zweige aufteilen. Sie unterscheiden sich vor allem in der Kleidung und dem kostbaren Schmuck.
Ihre Mythen erzählen von der Weltschöpfung, den Wanderungen und den Schlachten und von der Geburt des Miao-Volkes: Ein unsterblicher Ahornbaum gebiert die Schmetterlingsmutter, die eine Wasserblase heiratet und zwölf Eier legt.
Die Baumspitze verwandelt sich in einen Vogel, der in zwölf Jahren die Eier ausbrütet und es entschlüpfen ihnen der Donnergott, Drache, Büffel, Tiger, Schlange, Elefant und andere Lebewesen. So wurde die Schmetterlingsmutter zur Urahnin der Miao.
Jedoch nicht nur die Textilien der Miao sind zu sehen, sondern auch die von weiteren Ethnien wie z.B. Festkleider der Li oder der Yi …
… oder Tücher der Shui, Gejia oder Hani, um nur einige anzuführen sowie Einblicke in die Herstellung von …
… Silberschmuck und in verschiedene Sticktechniken oder in die Gewinnung von Baumwoll- und Seidenfasern und deren Weiterverarbeitung.
Alles in allem eine profunde Schau, die Kenner wie Laien begeistern wird.
Zur Ausstellung ist ein Begleitheft erhältlich.
***
Info:
21. Februar – 29. Mai 2016
ACHTUNG! Am Sonntag, 1. Mai 2016 geschlossen!
Von Schmetterlingen und Drachen
Textile Schätze südchinesischer Bergvölker
Textilsammlung Max Berk / Kurpfälzisches Museum
Brahmsstrasse 8
69118 Heidelberg-Ziegelhausen
Öffnungszeiten:
Mi, Sa, So: 13 – 18 Uhr
Sondertermine für Gruppen nach Vereinbarung
Eintrittspreise: 2,50 / 1,50 EUR erm.
Die Ausstellung wird unterstützt vom Konfuzius-Institut Heidelberg
Alle Fotos: © 2016 Dr. Wolfgang und Gudrun Heinz mit freundlicher Erlaubnis von Frau Dr. Scherer, Kuratorin der Textilsammlung Max Berk
Die Ausstellung ist toll, sehr beeindruckend. Hinfahren und ansehen!
Liebe Grüße an Gudrun
Martina
halli hallo martina,
1000 dank! dem ist nix hinzuzufügen 🙂
beste grüsse
gudrun
Herzlichen Dank für Deine wie immer super Fotos und Erläuterungen, Gudrun. Schade, dass ich erst im Juni nach Deutschland komme – das wäre in Natura sicher noch toller!
halli hallo claere,
vielen dank! ja, der weg von texas aus ist doch ein bisschen weit für dich 🙂 und juni ist wieder zu spät. ich werde aber auf jeden fall informieren, wenn ich eine information in richtung verlängerung oder weiterer ausstellungsort bekommen sollte. vielleicht wird dann aus künstlerpech ja doch noch ein lucky strike.
beste grüsse
gudrun
aina muze
Vielen Dank , Gudrun ! Fantastisic !!!
halli hallo aina,
danke sehr zurück! freut mich sehr, von dir zu hören. diese ausstellung würde dir in natura noch besser gefallen 🙂
beste grüsse
gudrun
Wunderschoene Bilder, interessanter Text!
Wuerde gar zu gerne die Ausstellung besuchen, weiss aber nicht, ob es zeitlich geht.
Gibt es einen Katalog den man bestellen koennte?
Liebe Gruesse
Ulrike
halli hallo ulrike,
vielen dank für die freundliche nachricht.
es gibt ein 24-seitiges begleitheft, format A5, das im wesentlichen die informativen saaltexttafeln samt fotos enthält. am besten, sie rufen im museum mal an: 06221 800317
ein besuch ist nach meiner meinung auf jeden fall vorzuziehen!
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
einfach wunderbar ursprüngliche Teile. Volkskunst vom Feinsten und ganz ‘von Hand’. Diese herrlichen Stickereien, wieviel Arbeit da drinsteckt. Sagenhaft. Danke für den Bericht.
Viele Grüße
Birgit
halli hallo birgit,
vielen dank! du hast genau recht, vom feinsten und zum teil alte stücke. auf jeden fall nicht solche, die man als ‘normaler’ tourist in einem beliebigen laden zu kaufen bekommt. antike stücke sind rar. und ich kann in diesem bericht natürlich nicht alles zeigen und auf alles eingehen – dazu sollte man sich den besuch in heidelberg wirklich gönnen!
beste grüsse
gudrun