Vom 16. – 19. März 2017 war die Altstadthalle in Zug (Schweiz) zum zweiten Mal Schauplatz für die jurierte Ausstellung ‘TEXIMUS’, ausgeschrieben von der Gruppe TAFch, hinter der so bekannte Künstlerinnen wie Gabi Mett, Judith Mundwiler, Ursula Suter und Grietje van der Veen stehen (hier gehts zu meinen beiden Previews mit weiteren Bildern). Man hatte sich zum Ziel gesetzt, das Textile in der Kunst bekannter zu machen und die Netzwerke für eine gezielte Zusammenarbeit zu fördern und zu stärken. Mit dieser Ausstellung ist den vier Organisatorinnen ein grosser Schritt in diese Richtung gelungen.
Zu sehen und zu entdecken waren 42 Arbeiten von 31 Künstlerinnen aus der Schweiz. Rund 200 Besucher hatten sich auf den Weg gemacht, um sich die Werke anlässlich der Vernissage anzuschauen und um mit den Künstlerinnen in Kontakt zu treten. Insgesamt konnten an den drei Ausstellungstagen etwa 1100 Besucher gezählt werden, eine beeindruckende Zahl. Auch fiel auf, dass nicht nur Frauen, sondern auch sehr viele interessierte Männer angesprochen werden konnten, die zahlreichen jungen Besucher nicht zu vergessen.
Die Werke zeigten eine grosse Bandbreite künstlerischen Schaffens, was immer wieder zu intensiven Gesprächen führte. Dies wiederum kam dem ausgelobten Publikumspreis zugute. Mehr als 500 Stimmen wurden abgegeben. Der erste Platz und damit das Preisgeld in Höhe von 500 CHF ging an Beatrice Lanter mit ihrer Arbeit ‘hinten III – bunt’ …
… dicht gefolgt von ‘Samen – durchbrochen’ von Beatrice Streuli …
…. und ‘Forgotten Stories’ von Bea Bernasconi.
Der Sponsor des Publikumspreises überraschte die Organisatorinnen am Tag der Vernissage mit einer weiteren Spende in Höhe von 500 CHF für den sogenannten Jurypreis. Dieser Preis wurde nach intensiver Beratung der Künstlerin Barbara Thüler-Hollenstein für ihr Werk ‘unverbindlich verbunden’ überreicht.
Sie interpretiert auf innovative Weise das Zusammenfügen einer in diesem Fall imaginären Fläche und ihr gelingt es, alltägliches Material wie Moosgummi, Tüll, Kabelbinder und anderes in einen neuen Sinnzusammenhang zu transformieren.
Ihre Arbeit ist je nach Ausstellungsort immer wieder neu zusammensetzbar. Sie ist damit sehr zeitgemäss, bietet sie doch ein Gleichnis für das moderne, unstete, oftmals laute Leben, vielleicht sogar mit einem klugen Hinweis auf die Unverbundenheit des Einzelnen mit weiten Bereichen der Gesellschaft.
Auffällig und damit durchaus erwähnenswert ist die Tatsache, dass im Gegensatz zur ersten Ausstellung thematisch und gestalterisch sehr viel intensivere Werke zu finden waren.
Es war von Erinnerungen, Verletzungen, Gedankenreisen und kostbaren Lebensqualitäten die Rede. Die reine Auseinandersetzung mit grafischen Mitteln stand nicht so sehr im Mittelpunkt.
Beim Materialeinsatz liess sich eine Tendenz in Richtung Papier beobachten. Aus Fasern geschöpft und flexibel einsetzbar, hat es schon seit einiger Zeit seinen Platz im textilen Bereich gefunden.
Mixed Media findet sich in ganz vielen Arbeiten. Die Filzkunst scheint auf dem Weg zu sein, dort für sich neue Ausdrucksmöglichkeiten zu entdecken. Die klassische Tapisserie war mit zwei gegensätzlichen Positionen vertreten. Anklänge an die Natur wurden gekonnt u.a. in Strickarbeiten, aber auch in Applikationen umgesetzt.
Von Besuchern und Künstlerinnen wurde gleichermassen die feinfühlige und jedem Werk gerecht werdende Hängung bescheinigt, was in diesem alten Haus mit seiner Geschichte und seinen ausdrucksstarken Räumen eine besondere Herausforderung darstellt.
Die Veranstalterinnen sind in jeder Hinsicht mit dieser Werkschau zufrieden. Was sie besonders erfreut hat, waren die Verkäufe von einem Fünftel der ausgestellten Werke. Auch das ist nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme im Kunstgeschehen.
Und mit der textilen Geschichte kamen sie ebenfalls hautnah in Berührung. Die Künstlerin Rosemarie Baschung-von Rohr stellte sich vor, in der Hand einen Katalog aus dem Jahr 1993, mit dem Titel ‘Tendenzen textiler Kunst’ mit Schweizer Kunstschaffenden, ebenfalls im damals noch so genannten alten Kunsthaus Zug, heute die Altstadthalle. Sie hat 15 Künstlerinnen in dieser Ausstellung gezeigt, u.a.Lissy Funk, der bedeutenden Stickerin aus der Schweiz. Es soll aus dem Vorwort des Katalogs zitiert werden, das deutlich macht, wo sich auch nach 25 Jahren ähnliche Problemstellungen zeigen:
Immer noch ist die Integration der freien textilen Gestaltung in einem ganzheitlichen Kunstbegriff eine Wunschvorstellung. Das Schaffen mit Fasern, die sich verweben, verknüpfen, umwickeln, spannen lassen, das An-, In- oder Übereinanderfügen von genähten, geklebten oder sonst wie verbundenen Stoffen gilt in der Kunstgeschichte zu Unrecht als wenig relevant. Die Gründe dafür sind komplex; sie haben unter anderem mit der Zuordnung des Textilen zum traditionell Weiblichen (und damit zum Unmännlichen) zu tun. Diese emotionale Struktur verunmöglicht es heute paradoxerweise sowohl vielen Männern wie Frauen, sich offen auf die faszinierenden Qualitäten und Eigenheiten eines freien Umgangs mit textilem oder textilähnlichem Material einzulassen … Textilkunst ist nicht nur Form (eventuell Volumen) und Farbe – die klassischen Komponenten von Malerei und Skulptur -, sondern immer Form, Farbe und Material. Nur diese Dreiheit umfasst das Ganze … Die Textilkünstlerinnen wählen ihre Materialien und die Art und Weise, wie sie sie verarbeiten, sehr bewusst – die Wahl ist Teil des künstlerischen Prozesses … Und die Frage, ob es sinnvoll sei, Textilkunst im Ghetto ihrer Techniken zu zeigen, muss gestellt werden. Sie muss aber angesichts der Realität der Kunstszene und des gemeinsamen, berechtigten Anliegen, textiles Schaffen als künstlerische Kraft zur Diskussion zu stellen, bejaht werden.
Gabi Mett, Judith Mundwiler, Ursula Suter und Grietje van der Veen als TAFch werden in ihrem Bestreben weitermachen und in drei Jahren TEXIMUS 3 präsentieren.
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Weitere Info:
www.tafch.ch
www.tafch.blogspot.ch
Informationen und Fotos freundlicherweise von TAFch zur Verfügung gestellt – vielen Dank!
Hallo zusammen,
ich habe die Ausstellung aufgrund des Tipps hier gesehen.
Allein das Fachwerkhaus, in dem die Werke auf 3 Etagen gezeigt wurden,
war ein Augenschmaus. Mein Favorit war allerdings dein zuletzt gezeigtes
Kunstwerk. Wohl auch, weil meine Lieblingsfarbe ORANGE in allen Nuancen
ist ;-))
Gab es tatsächlich 2 zweite Plätze und keinen dritten? Oder ist’ s ein Ver-
schreiberle?
Mal sehen, was der April an Kunst und Kultur so bringt. Kann nur Gutes sein,
das Wetter ist ja schon saumäßig… :-/
Beste Grüße von Ara.
halli hallo ara,
ganz herzlichen dank für dein feedback – freut mich sehr, dass dir diese ausstellung so gut gefallen hat. ich war schon mehrfach in der zuger altstadthalle und auch jedesmal von dem ambiente überwältigt. diesmal war aber aus familiären gründen zu meinem grossen bedauern kein besuch drin.
zu deiner frage, ob es tatsächlich zwei zweite plätze gab, hab ich mich nochmals vergewissert. ja, es stimmt. im taf-ch-blog http://tafch.blogspot.de/ ist zu lesen, dass die
beiden arbeiten von beatrice streuli und bea bernasconi exakt die gleiche punktzahl erhielten und somit beide den platz zwei belegen.
und auch das datum für die dritte teximus-ausstellung kann ich bei der gelegenheit noch nachreichen, falls sich jemand schon jetzt das wochenende freihalten möchte:
12. – 15. März 2020.
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
eine tolle Ausstellung, danke nochmal für die Zusammenfassung.
Viele Grüße und frohe Ostern
Birgit
halli hallo birgit,
herzlichen dank zurück!
ich hab auch schon ein samstägliches osternest für die blog-leserinnen und -leser vorbereitet … 🙂
also allen viel spass und schöne ostern!
beste grüsse,
gudrun
Hallo Gudrun!
Das ist doch Kunst vom Feinsten — was sonst?
Liebe Grüße und frohe Ostern
Wiebke
halli hallo wiebke,
vielen dank für deinen kommentar – ich teile deine meinung! klasse, was?
dir und allen leserInnen schöne feiertage sowie
beste grüsse,
gudrun