Hanf?! Darf man darüber überhaupt sprechen? Unbedingt!
Spätestens seit in den frühen 80er Jahren der komplette Anbau von Hanf in Deutschland unter Strafe gestellt wurde, haben Politik und Medien es geschafft, eine Pflanze mit herausragendsten ökologischen Eigenschaften zu verteufeln. Dabei hat sich genau jene Pflanze in den letzten Jahrtausenden immer wieder in verschiedensten Bereichen bewährt. Kaum einer weiß heute noch, dass die Cannabispflanze nicht nur geraucht werden kann, sondern eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt ist.
Medizin, Nahrungsmittel, Baustoff, Dämmstoff, Brennmaterial und Bekleidung sind nur einige von zahlreichen Anwendungsbereichen. Doch warum sollten wir wieder zur Verwendung von Hanf zurückkehren, wo wir doch scheinbar auch gut ohne diese Pflanze auskommen? Die Gründe sind vielfältig und meist ökologischer Natur.
Hanf ist eine der nachhaltigsten Pflanzen überhaupt! Warum also nicht auch unsere Kleidung daraus herstellen?
Zum 10-jährigen Jubiläum meines Labels “empha” habe ich mich an das wieder/noch relativ unbekannte Material herangewagt und biete meinen Besteseller-Hoody aus Hanf an. Wie man sehen kann, muss nachhaltig nicht immer gleich “Öko” ausschauen 🙂
Schon die alten Griechen und Ägypter haben das Potential von Hanffasern für die Bekleidung erkannt:
- Hanffasern sind nicht nur reißfester als Baumwolle, sondern auch weicher
- Weder beim Anbau noch der Ernte müssen schädliche Chemikalien eingesetzt werden, somit sind die Hanfstoffe giftfrei und besonders für Allergiker geeignet
- Hanf ist schimmelhemmend, hat antimikrobielle Eigenschaften und wirkt so einer Geruchsbildung entgegen
- Hanf nimmt Feuchtigkeit gut auf und gibt sie schnell wieder ab
- Im Sommer wirkt der Stoff angenehm kühlend, im Winter ist er wärmend
- Hanf ist sehr reißfest
- Hanfkleidung hält bis zu 95% der UV-Strahlung ab
- Hanf ist schwer entflammbar und somit für Schutzkleidung und Innendekoration geeignet
- Hanf hat die gleiche mikroelektrische Spannung wie Haut, daher fühlt sich der Stoff besonders angenehm an und „lädt“ sich nicht auf
Allgemeine Vorteile der Pflanze im Anbau:
“Why use up the forests which were centuries in the
making and the mines which required ages to lay
down, if we can get the equivalent of forest and
mineral products in the annual growth of the hemp
fields?”
(Henry Ford)
- Hanf hat erhebliche ökologische Vorteile gegenüber der Baumwolle
- Jeder Teil der Pflanze kann verarbeitet werden: Die Samen (als gepresstes Öl, geschält oder ungeschält als Nahrungszusatz), die Fasern (Bekleidung, Dämmstoff, Papier), die Schäben (Füllstoff, Bio-Brennstoff, Baustoffe), die Blätter (ätherische Öle, Geschmacks- oder Geruchsstoffe in z.B. Waschmitteln) und die Blüten (medizinische Anwendungen)
- Die Hanfpflanze kann in fast jedem Bereich unseres Lebens eingesetzt werden: Bekleidung, Medizin, Nahrungsmittel, Treibstoff, Baustoff etc.
- Die Hanfpflanze ist schnell wachsend und hinsichtlich der Bodenzusammensetzung anspruchslos. Sie kann also in nahezu allen Regionen angebaut werden, bevorzugt jedoch in Gebieten mit viel Wasser und gemäßigtem Klima.
- Die Pflanze ist sehr widerstandsfähig gegen Krankheitsbefall und Schädlinge. Bei Anbau und Ernte kommen also keine chemischen Mittel und Pestizide zum Einsatz, die unsere Umwelt und Gesundheit gefährden
- Hanf hat einen hohen Vorfruchtwert. Er bereitet den Boden gut auf den Anbau anspruchsvoller Feldfrüchte vor, sorgt für Unkrautfreiheit und gute Bodengare
- Hanf kann auch als „Zwischenfrucht“ in der Feldwirtschaft eingesetzt werden und gewährt somit auch die optimale Auslastung von Flächen
- da Hanf auch in Deutschland angebaut und verarbeitet werden kann, sind die Transportwege kurz und der ökologische Fußabdruck kann geringgehalten werden
Die aktuelle Situation:
- Nachdem sich Deutschland nach zwei internationalen Verbotsdebatten (1911 und 1924) gegen ein Verbot von Cannabis aussprach, beschloss der deutsche Reichstag 1929 den Besitz von berauschendem Hanf unter Strafe zu stellen. Nach dem zweiten Weltkrieg verschwand auch die Verwendung von medizinischem Hanf, bis 1971 die Verwendung der Pflanze gänzlich unter ein Verbot gestellt wurde. Im Jahr 1982 wurde schließlich jeglicher Anbau von Hanf unter Strafe gestellt. Seit 1996 ist der Anbau von Faserhanf mit einem Wirkstoffgehalt von unter 0,3% THC wieder legal.
- Die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe des Bundeslandwirtschaftsministeriums fördert auch für Privathaushalte jeden Kubikmeter Hanfdämmung mit bis zu 35€.
- Obwohl Hanfpapier sehr langlebig und robust ist, der Einsatz von Chemikalien bei der Herstellung wesentlich geringer als bei Holzpapier ist, die einjährige Pflanze auf gleicher Fläche 4-5 Mal so viel Papier produzieren kann und das Papier wegen der Reißfestigkeit öfter recycelt werden kann, hat der Anteil an der Gesamtpapierproduktion einen verschwindend geringen Anteil. Der Grund sind die deutlich höheren Preise im Vergleich zur bspw. Fichte.
- Seit der „Wiederentdeckung“ in 1996 steigt der Einsatz von Hanffasern im Automobilbau wieder stetig an. So werden die Fasern z.B. für Formpressteile verwendet.
- Seit dem Frühjahr 2017 ist es Schmerzpatienten in Deutschland endlich wieder möglich, sich Cannabisblüten auf Rezept verschreiben und von der Krankenkasse erstatten zu lassen. Leider sind hier die bürokratischen Hürden für Ärzte und Patienten immer noch recht undurchschaubar und der schnell steigende Bedarf kann längst nicht gedeckt werden.
- Die Preise für Stoffe und Papier aus Hanf sind aufgrund der geringen Produktionsmenge noch immer nicht konkurrenzfähig. Der lang verbotene Anbau als Nutzpflanze hat nicht nur einen der nachhaltigsten Rohstoffe für Jahrzehnte vollkommen vom Markt verbannt, auch dessen Come-Back wird durch die verlorengegangene Erfahrung und das Fehlen von geeigneten Maschinen zur Verarbeitung weiter verzögert. Derzeit sind die Preise für Hanfstoff mit bis zu 40€/m fast viermal so teuer wie die Konkurrenz aus Baumwolle.
Zum Abschluss noch ein paar Historische „Fun“-Facts:
- Buddha (800 v.Chr.) soll sich auf seinem Weg zur Erleuchtung nur von Hanfsamen ernährt haben
- 800 n.Chr. erlies Kaiser Karl ein Gesetz in dem er seine Untertanen zum Anbau von Hanf verpflichtete
- Sowohl die Gutenberg-Bibel als auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung wurden auf Hanfpapier gedruckt
- 1941 präsentierte Henry Ford der Welt sein „Hemp Car“, ein Auto, das zu großen Teilen aus Hanf gefertigt und mit Hanfkraftstoff betrieben wurde
- Es hält sich der Mythos, dass Levi Strauss seine erste Jeans aus Hanfstoff gefertigt hat. Belegt werden kann es allerdings nicht.
- Im 19. Jhd. konnte die Bevölkerung zwei lang andauernde Hungerkatastrophen überleben, indem sie sich von Hanfsamen und Blättern ernährte
Ich hoffe ich konnte mit dieser Zusammenfassung das Interesse an Hanfstoffen wecken und die Angst vor dieser Pflanze etwas nehmen. Je mehr die Nachfrage nach Hanffstoffen steigt, umso größer sind die Chancen, dass die Materialien und Stoffe irgendwann in ein bezahlbareres Level kommen! 🙂
Quellen:
http://archiv.hanflobby.de/infohanf/textil.html
http://www.hempopedia.com/oekonomischegesichtspunkte/hanfanbauindereu.html
http://cannamoda.de/Hanf-Textilien
Bilder:
Pixabay.com
Flickr.com
Toller Beitrag! Ich finde das Thema echt spannend und habe auch schon viel über CBD gelesen.
Liebe Eva Müller,
danke für diesen Artikel!
Hanf sollte man wirklich mehr nutzen, das finde ich auch.
Bei uns steckt er seit 10 Jahren als Dämmwolle im Dach, erfüllt prima seinen Zweck und duftet an warmen Tagen wunderbar nach Heuboden.
Hier meine Frage:
Kennst Du noch Adressen, unter denen man Stoffe – Meterware – aus Hanf kaufen kann?
Liebe Grüße, Silke
Hallo liebe Silke,
ich finde es super, dass ihr Hanf als Dämmstoff verwendet! Der gute Geruch, ist ja ein schöner Nebeneffekt 🙂
Eine Adresse mit einer sehr großen Auswahl an Hanfstoffen ist:
Dort gibt es verschiedene Strick- und Webstoffe und auch eine große Auswahl an bunten Jerseystoffen.
Ein anderer Shop wäre:
https://www.naturstoff.de/shop/Stoffe/Hanf,-Brennnessel-&-Co/900034/f.html
Allerdings sind die Stoffe hier nicht ganz so erschwinglich.
Wer Wert auf eine Deutsche Herstellung legt, der sollte sich diesen Shop hier mal anschauen:
http://hanfliebe.com/hanfstoff/
Die Gründerin ist eine tolle Visionärin, die die Produktion von Hanfmaterialien in Deutschland zu Ihrer Herzensaufgabe gemacht hat.
Lg. eva
Jetzt ist mir die erste Adresse abhanden gekommen. Das wäre diese hier: http://www.siebenblau.de/epages/61896147.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/61896147/Categories/%22Bio%20Stoffe%22/Suche_nach_Material/Hanfstoffe
…danke für den so vielseitig informativen Beitrag, wir dürfen nicht aufhören, auf die lebenswichtigen Seiten unserer Natur hinzuweisen, anstatt die kriminellen Nachteile in den Vordergrund zuschieben, damit eigne Vorteilsnutzung in obersten Reihen vertuscht werden…
Guten Morgen zusammen, vielen Dank für Eure tollen Kommentare! Es ist wirklich schön zu lesen, dass der positive Nutzen von Hanf doch schon bei einigen angekommen ist und Hanfprodukte auch verkauft und genutzt werden 🙂 Das macht Mut, dass die Pflanze in naher Zukunft zumindest im privaten Sektor rehalbilitiert werden kann. Weiter so! 🙂 Lg. eva
Hallo,
vielen Dank für die interessante Zusammenfassung. Es wäre schön, wenn sich Hanfstoff in naher Zukunft wettbewerbsfähig auf dem Markt etablieren könnte.
Viele Grüße
Birgit
Moin, seit einiger Zeit bin ich durch Urlaube im Allgäu auf die Hanfprodukte gekommen, die dort angeboten werden. Der Name klingt Altbacken aber dahinter steht eine junge Frau mit super Produkten. Hanftee von ihr kann man bspw. mit Himbeerblättern und Melisse zu einem super Eigenkreations-Tee mischen. Und Hanfsamen im Müsli sind lecker und gesund. http://Www.allgäuer-naturprodukte.de …. Hat ja nicht jeder einen Bioladen um die Ecke! Unser Italiener hatte im Sommer Hanfeis! Das war sooooo lecker…. Schönes Wochenende!
Hallo empha,
worauf beziehst Du Dich im Hinblick auf Karl den Großen? In der capitulare de villis wird Cannabis meines Wissens nicht genannt (wohl aber Papaver somniferum, der Schlafmohn, aus dem Morphium, Opium und dann Heroin hergestellt werden).
Der Verfall von Hanf wurde natürlich auch durch das Aufkommen von Kunstfasern begünstigt; da ging es ihm nicht anders als allen anderen Naturfasern (ich sage nur “Trevira 2000” und Nylonhemden).
Zum Glück ist da der Trend jetzt gegenläufig.
Hanfprodukte kann man übrigens in Eine-Welt-Läden kaufen. Wir haben in unserer Stadt sogar einen Hanf-Bekleidungsladen.
Grüße Ingrid
Hallo Ingrid, die Hanfpflanze wird in “Capitulare de villis” im Kapitel 62 erwähnt. Eine schriftliche lesbare Form der Gesetze habe ich leider nicht gefunden 😉 Die Kunstfasern haben sicher ihr Übriges zur Verdrängung der Naturfasern beigetragen. Ich mache aber tatsächlich auch bei meinen Kunden und bei mir selbst immer wieder die Erfahrung, dass die natürlichen Fasern den künstlichen vorgezogen werden. Super, dass es schon ganze “Hanf-Bekleidungsläden” gibt! 🙂
Lg. eva
Hallo Eva,
hab’s gefunden! Diesen Link kennst Du wahrscheinlich: http://www.biozac.de/biozac/capvil/cvkapitel.htm#Kapitel%2061
Grüße Ingrid
Toller Beitrag, vielen Dank!
Auch wenn es in erster Linie um Textilien und Hanf als Faserlieferant geht:
Hanfsamen, oder Hanfprotein gehören für mich seit einer Weile als Quelle für alle!! essentiellen Aminosäuren fast täglich auf den Speiseplan. Das kann, soweit ich weiß, kein anderes pflanzliches Lebensmittel!
Aber auch als Rohstoff ist es ein sehr interessantes Material. Wenn doch die bürokratischen Mühlen nicht so langsam mahlen würden….
Danke für diesen Beitrag! Die “Gänsehaut” bei dem Wort Hanf, ist sehr einseitig. Eine uralte Pflanze hat wirklih einen großartigen Nutzen, im normalem Gebrauch, wie in der Medizin!
Danke, sehr interessant, da sind viele neue Fakten die ich nicht kannte.
Gruß Mariel