Haegue Yang: ETA 1994–2018
2018 zeichnet die Gesellschaft für moderne Kunst am Museum Ludwig in Köln Haegue Yang (1971 geboren in Seoul, lebt und arbeitet in Berlin und Seoul) mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus. Mit der weltweit ersten Überblicksausstellung der Künstlerin präsentiert das Museum Ludwig die Vielfalt ihres gesamten Schaffens anhand von über 120 Werken: von aktionsgebundenen Objekten der 1990er Jahre über Lackbilder, Fotografien, Papier- und Videoarbeiten, anthropomorphe Skulpturen und performative Werke bis hin zu raumgreifenden Installationen.
Die Abkürzung ‘ETA’ steht international unter anderem für ‘Estimated Time of Arrival’. So verweist der Ausstellungstitel bereits auf eine künstlerische Laufbahn im Transit und die permanenten Ortswechsel einer Künstlerin, die parallel Ateliers in Seoul und Berlin betreibt und seit 1994 international ausstellt.
Den Auftakt der Ausstellung bildet Yangs erste Jalousieinstallation aus ihrer ‘Series of Vulnerable Arrangements’ – die ‘Version Utrecht’ von 2006. Die verschiedene Medien und Materialien umfassende Arbeit ist durch den simultanen Einsatz von Wind, Düften, Licht und Wärme atmosphärisch und sinnlich aufgeladen. Innerhalb dieses Arrangements dokumentieren Videoessays die Streifzüge der Künstlerin durch unterschiedliche Städte der Welt und vermitteln in sehr persönlichen Kommentaren Gefühle von Heimat, Isolation und Ortlosigkeit, die das Unterwegssein mit sich bringt.
In einem Kabinettraum werden frühe, teils rekonstruierte Arbeiten gezeigt, die Yangs Auseinandersetzung mit der westlichen Kunstgeschichte von Duchamp über Fluxus bis hin zu institutionskritischen Tendenzen und der damals gegenwärtigen Kontextkunst offenkundig werden lassen.
Diese Arbeiten werden, wie in ihren ersten Ausstellungen in den 1990er Jahren, im Raum inszeniert oder selbstironisch in Vitrinen wie in einem Archiv präsentiert.
Eine zentrale Arbeit der Ausstellung ist das ‘Storage Piece’. Dieses Schlüsselwerk entstand 2004 in Folge einer finanziellen Notsituation und akutem Platzmangel als eine Ansammlung verpackter Arbeiten auf Europaletten. Das seitdem in mehreren Variationen ausgestellte Werk, dessen Gestalt sich auch in der Kölner Ausstellung in regelmässigen Abständen verändern wird, ist repräsentativ für Yangs rigoros transitorischen Ansatz. Darüber hinaus ist es ein wichtiger Beitrag zur Konzeptkunst Mitte der 2000er Jahre sowie ein überzeugender Kommentar auf einen sich rasant verändernden Kunstmarkt und die zunehmende Ökonomisierung der Kunst.
Yangs bekannte anthropomorphe Lichtskulpturen sind beispielsweise durch die ‘Medicine Men’ (2010) in der Ausstellung präsent. Diese bestehen aus einer Vielfalt an Materialien: funktionalen und industriell produzierten Alltagsgegenständen wie Kleiderständern, Glühlampen, Elektrokabeln und Party-Perücken. Yang selbst bezeichnet diese Skulpturen als ‘Schamanen’ oder ‘Transvestiten’ und verweist damit auf die geschlechtlich und gesellschaftlich uneindeutigen Rollen, in die Medizinmänner in den Naturreligionen schlüpfen. Ausserdem werfen sie Fragen von Exotismus und kultureller Identität auf, die sich wie ein roter Faden durch das Werk Haegue Yangs ziehen.
Zudem wird Yang ihre Serie der ‘VIP’s Union’ (2001–) mit einer Kölner Fassung fortführen. Stadtbekannte Persönlichkeiten – V.I.P.s aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wie Kultur, Sport, Wirtschaft und Politik – werden eingeladen, für die Dauer der Ausstellung ihren Lieblingsstuhl oder -tisch zur Verfügung zu stellen. Diese Ansammlung unterschiedlicher Möbel verdichtet sich zu einem Porträt der Stadtgesellschaft und ihrer häuslichen Vorlieben.
Im zwölf Meter hohen DC-Saal werden zwei aus Jalousien bestehende Arbeiten, ‘Mountains of Encounter’ (2008) und ‘Sol LeWitt Upside Down – K123456, Expanded 1078 Times, Doubled and Mirrored’ (2015), installiert. Erstmals werden in einem Raum zwei sehr unterschiedliche Typen von Jalousieinstallationen miteinander konfrontiert: Während ‘Mountains of Encounter’ in Yangs Schaffen den Beginn einer ganzen Reihe strukturell komplexer Kompositionen in Bezug auf historische Ereignisse und Persönlichkeiten markierte, basiert ‘Sol LeWitt Upside Down – K123456, Expanded 1078 Times, Doubled and Mirrored’ auf einer kubischen Struktur des Minimalkünstlers Sol LeWitt, die Yang nicht nur physisch vergrössert, sondern auch konzeptuell verdichtet, verdoppelt, spiegelt und zuletzt auf den Kopf stellt.
Mit ihrem vielseitigen Œuvre versteht es Haegue Yang, sich einer eindeutigen Zuschreibung zu entziehen. Ihre Arbeiten sind zum einen institutionskritisch, konzeptuell und reich an kulturhistorischen Referenzen sowie gleichzeitig sinnlich komplex und emotional aufgeladen. Auf über 1500 Quadratmetern Fläche erstreckt sich eine umfassende Überblicksausstellung, deren räumliche Szenografie die konzeptuelle Dynamik der Arbeiten aufgreift. Hierdurch entsteht der Charakter eines Gesamtkunstwerks – in sich stimmig, aber voller Dissonanzen.
Wolfgang-Hahn-Preis 2018 geht an Haegue Yang
2018 zeichnet die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig die Künstlerin Haegue Yang als erste asiatische Künstlerin mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus. Seit 1994 wird der Preis jährlich für ein konsequent und substantiell weiterentwickeltes, in internationalen Expertenkreisen anerkanntes Oeuvre verliehen. Das Preisgeld in Höhe von maximal 100.000 Euro fliesst in den Erwerb eines Werks oder einer Werkgruppe des Künsters /der Künstlerin zugunsten der Sammlung des Museum Ludwig.
Die Preisverleihung findet im Rahmen der Art Cologne am 17. April 2018 statt. Der Preis sieht den Erwerb eines Werks oder einer Werkgruppe der Künstlerin für die Sammlung des Museum Ludwig vor. Zusätzlich zur Ausstellung erscheint eine Publikation, ein Werkverzeichnis ‘Haegue Yang: ETA 1994–2018’ mit einem Text von Chus Martínez, einem Gespräch zwischen Haegue Yang und Kurator Yilmaz Dziewior – dem Direktor des Museum Ludwig – sowie einem biografischen Essay von Leonie Radine.
Aktuell und noch bis zum 24. September 2017 zeigt das Museum Ludwig ausserdem die Ausstellung ‘Kunst ins Leben! Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre’.
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Info:
18. April – 12. August 2018
Haegue Yang: ETA 1994–2018
Wolfgang-Hahn-Preis 2018
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Deutschland
Preisverleihung und Eröffnung:
Di, 17. April 2018, 18.30 Uhr
Fotos und Informationen freundlicherweise vom Museum Ludwig, Köln, zur Verfügung gestellt – vielen Dank!
Phantastisch! Danke für den Tipp!
halli hallo luitgard,
1000 dank zurück! dein kommentar freut mich sehr!
beste grüsse
gudrun
Hallo Gudrun,
sehr interessante Installationen. Vielen Dank für den Bericht.
Viele Grüße
Birgit
halli hallo birgit,
freut mich sehr, vielen dank! ich konnte daran einfach nicht vorbei, so inspirierend!
beste grüsse
gudrun
Liebe Gudrun,
wieder einmal stellst Du eine sehr spannende Ausstellung vor – da muss ich hin ;-).
DANKE! Lieben Gruß monika
halli hallo monika,
da hast du genau recht – vielen dank! vielleicht schaffe ich es bis zum august ja auch noch selbst, mal sehen. jedenfalls wünsche ich dir einen interessanten ausstellungsbesuch und bin schon gespannt, was du dazu zu erzählen hast …
beste grüsse
gudrun