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Haegue Yang: ETA 1994–2018

Haegue Yang: ETA 1994–2018

2018 zeichnet die Gesellschaft für moderne Kunst am Museum Ludwig in Köln Haegue Yang (1971 geboren in Seoul, lebt und arbeitet in Berlin und Seoul) mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus. Mit der weltweit ersten Überblicksausstellung der Künstlerin präsentiert das Museum Ludwig die Vielfalt ihres gesamten Schaffens anhand von über 120 Werken: von aktionsgebundenen Objekten der 1990er Jahre über Lackbilder, Fotografien, Papier- und Videoarbeiten, anthropomorphe Skulpturen und performative Werke bis hin zu raumgreifenden Installationen.

Porträt von Haegue Yang vor ihrer Arbeit ‘Sol LeWitt Upside Down – K123456, Expanded 1078 Times, Doubled and Mirrored’, 2015
Aluminiumjalousien, pulverbeschichtete Aluminiumhängestruktur, Stahlseil, Leuchtstoffröhren, Kabel
Maße variabel
Installationsansicht kurimanzutto, Mexiko-Stadt
© Haegue Yang
Courtesy kurimanzutto, Mexiko-Stadt
Foto: Abigail Enzaldo

Die Abkürzung ‘ETA’ steht international unter anderem für ‘Estimated Time of Arrival’. So verweist der Ausstellungstitel bereits auf eine künstlerische Laufbahn im Transit und die permanenten Ortswechsel einer Künstlerin, die parallel Ateliers in Seoul und Berlin betreibt und seit 1994 international ausstellt.

Haegue Yang: Knotty Spell in Windy Acoustical Gradation, Detail, 2017
Kleiderständer, pulverbeschichteter Stahl, Lenkrollen, Schornsteinventilatoren, Jutezwirn, Nylonschnur, Strickwolle, Metallringe, vermessingte und vernickelte Glöckchen, marokkanischer Vintage-Schmuck, Knochenmedaillonhalsketten der Wanuskewin, emiratischer Kopfschmuck, Ösenschrauben, Metallverbindungsstücke, Straußenfedern, Pfauenfedern, künstliche Marabufedern, künstlicher Zweig
195 x 88 x 88 cm
© Haegue Yang
Courtesy Galerie Barbara Wien, Berlin
Foto: Ketty Bertossi

Den Auftakt der Ausstellung bildet Yangs erste Jalousieinstallation aus ihrer ‘Series of Vulnerable Arrangements’ – die ‘Version Utrecht’ von 2006. Die verschiedene Medien und Materialien umfassende Arbeit ist durch den simultanen Einsatz von Wind, Düften, Licht und Wärme atmosphärisch und sinnlich aufgeladen. Innerhalb dieses Arrangements dokumentieren Videoessays die Streifzüge der Künstlerin durch unterschiedliche Städte der Welt und vermitteln in sehr persönlichen Kommentaren Gefühle von Heimat, Isolation und Ortlosigkeit, die das Unterwegssein mit sich bringt.

Haegue Yang: Series of Vulnerable Arrangements – Seven Basel Lights, 2007
7-teilig, diverse Materialien, verschiedene Maße
Hamburger Kunsthalle, Geschenk der Bâloise-Versicherungsgruppe, 2007
Installationsansicht, Seven Basel Lights, Art 38 Basel,
Art Statements mit der Galerie Barbara Wien, 2007
© Haegue Yang
Courtesy Galerie Barbara Wien, Berlin
Foto: Photographic Services, Basel

In einem Kabinettraum werden frühe, teils rekonstruierte Arbeiten gezeigt, die Yangs Auseinandersetzung mit der westlichen Kunstgeschichte von Duchamp über Fluxus bis hin zu institutionskritischen Tendenzen und der damals gegenwärtigen Kontextkunst offenkundig werden lassen.

Haegue Yang: Spülbecken mit Draht, 1995/2017
Gips, Holz, Stahldraht, Text auf Folien
57 x 73 x 49 cm
© Haegue Yang
Foto: Studio Haegue Yang

Diese Arbeiten werden, wie in ihren ersten Ausstellungen in den 1990er Jahren, im Raum inszeniert oder selbstironisch in Vitrinen wie in einem Archiv präsentiert.

Haegue Yang: Can Cosies Jumbo, 2011
Verschiedene Konservendosen, Strickwolle
Verschiedene Maße
© Haegue Yang
Foto: Studio Haegue Yang

Eine zentrale Arbeit der Ausstellung ist das ‘Storage Piece’. Dieses Schlüsselwerk entstand 2004 in Folge einer finanziellen Notsituation und akutem Platzmangel als eine Ansammlung verpackter Arbeiten auf Europaletten. Das seitdem in mehreren Variationen ausgestellte Werk, dessen Gestalt sich auch in der Kölner Ausstellung in regelmässigen Abständen verändern wird, ist repräsentativ für Yangs rigoros transitorischen Ansatz. Darüber hinaus ist es ein wichtiger Beitrag zur Konzeptkunst Mitte der 2000er Jahre sowie ein überzeugender Kommentar auf einen sich rasant verändernden Kunstmarkt und die zunehmende Ökonomisierung der Kunst.

Haegue Yang: Storage Piece, 2004
Verpackte und gestapelte Werke, Europaletten, Audioplayer, Lautsprecher
Maße variabel
Sammlung Haubrok, Berlin
Installationsansicht, Alterity Display, Lawrence O’Hana Gallery, London, 2004
© Haegue Yang
Foto: Lawrence O’Hana Gallery

Yangs bekannte anthropomorphe Lichtskulpturen sind beispielsweise durch die ‘Medicine Men’ (2010) in der Ausstellung präsent. Diese bestehen aus einer Vielfalt an Materialien: funktionalen und industriell produzierten Alltagsgegenständen wie Kleiderständern, Glühlampen, Elektrokabeln und Party-Perücken. Yang selbst bezeichnet diese Skulpturen als ‘Schamanen’ oder ‘Transvestiten’ und verweist damit auf die geschlechtlich und gesellschaftlich uneindeutigen Rollen, in die Medizinmänner in den Naturreligionen schlüpfen. Ausserdem werfen sie Fragen von Exotismus und kultureller Identität auf, die sich wie ein roter Faden durch das Werk Haegue Yangs ziehen.

Haegue Yang: Medicine Man – Indiscreet Other World, aus der Werkgruppe Medicine Men, 2010
Kleiderständer, Lenkrollen, Glühbirnen, Kabel, Kabelbinder, Lüsterklemmen, Nylonschnur, Strickwolle, Perücken, Papiermaché, Wasserfarbe, Lack, Metallringe, Metallketten, Mylar-Lametta, Aluminiumreflektor, Fransen
180 x 120 x 100 cm
Zabludowicz Collection, London
© Haegue Yang
Foto: Nick Ash

Zudem wird Yang ihre Serie der ‘VIP’s Union’ (2001–) mit einer Kölner Fassung fortführen. Stadtbekannte Persönlichkeiten – V.I.P.s aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wie Kultur, Sport, Wirtschaft und Politik – werden eingeladen, für die Dauer der Ausstellung ihren Lieblingsstuhl oder -tisch zur Verfügung zu stellen. Diese Ansammlung unterschiedlicher Möbel verdichtet sich zu einem Porträt der Stadtgesellschaft und ihrer häuslichen Vorlieben.

Haegue Yang: The Intermediate – Pair Incarnate, Gwynplaine and Ursus, 2015
Künstliches Stroh, pulverbeschichteter Stahlständer, Lenkrollen, Kunstbast, Kunststoffzwirn, Glöckchen, koreanische Brautkronen
220 x 110 x 90 cm
Privatsammlung, Stuttgart
© Haegue Yang
Courtesy Galerie Barbara Wien, Berlin
Foto: Nick Ash

Im zwölf Meter hohen DC-Saal werden zwei aus Jalousien bestehende Arbeiten, ‘Mountains of Encounter’ (2008) und ‘Sol LeWitt Upside Down – K123456, Expanded 1078 Times, Doubled and Mirrored’ (2015), installiert. Erstmals werden in einem Raum zwei sehr unterschiedliche Typen von Jalousieinstallationen miteinander konfrontiert: Während ‘Mountains of Encounter’ in Yangs Schaffen den Beginn einer ganzen Reihe strukturell komplexer Kompositionen in Bezug auf historische Ereignisse und Persönlichkeiten markierte, basiert ‘Sol LeWitt Upside Down – K123456, Expanded 1078 Times, Doubled and Mirrored’ auf einer kubischen Struktur des Minimalkünstlers Sol LeWitt, die Yang nicht nur physisch vergrössert, sondern auch konzeptuell verdichtet, verdoppelt, spiegelt und zuletzt auf den Kopf stellt.

Haegue Yang: Mountains of Encounter, 2008
Aluminiumjalousien, pulverbeschichtete Aluminiumhängestruktur, Stahlseil, bewegliche Scheinwerfer, Flutlichtstrahler, Stehleiter, Kabel
Maße variabel
Gemeinsame Erwerbung der Gesellschaft für Moderne Kunst und des Museum Ludwig anlässlich des Wolfgang-Hahn-Preis 2018
Installationsansicht, Wessen Geschichte, Kunstverein in Hamburg, 2008
© Haegue Yang
Foto: Fred Dott, Hamburg

Mit ihrem vielseitigen Œuvre versteht es Haegue Yang, sich einer eindeutigen Zuschreibung zu entziehen. Ihre Arbeiten sind zum einen institutionskritisch, konzeptuell und reich an kulturhistorischen Referenzen sowie gleichzeitig sinnlich komplex und emotional aufgeladen. Auf über 1500 Quadratmetern Fläche erstreckt sich eine umfassende Überblicksausstellung, deren räumliche Szenografie die konzeptuelle Dynamik der Arbeiten aufgreift. Hierdurch entsteht der Charakter eines Gesamtkunstwerks – in sich stimmig, aber voller Dissonanzen.

Haegue Yang: Rue Saint-Benoît, 2008
8-teilig, diverse Materialien, verschiedene Maße
Installationsansicht, ‘Beyond the Box. Sammlung Dohmen’,
Leopold-Hoesch-Museum, Düren, 2017
Sammlung Dohmen, Aachen
© Haegue Yang
Foto: Ulrike Baumgart, art-documentation, Bonn

 

Wolfgang-Hahn-Preis 2018 geht an Haegue Yang

2018 zeichnet die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig die Künstlerin Haegue Yang als erste asiatische Künstlerin mit dem Wolfgang-Hahn-Preis aus. Seit 1994 wird der Preis jährlich für ein konsequent und substantiell weiterentwickeltes, in internationalen Expertenkreisen anerkanntes Oeuvre verliehen. Das Preisgeld in Höhe von maximal 100.000 Euro fliesst in den Erwerb eines Werks oder einer Werkgruppe des Künsters /der Künstlerin zugunsten der Sammlung des Museum Ludwig.

Porträt Haegue Yang
© Courtesy of the artist
Foto: Studio Haegue Yang

Die Preisverleihung findet im Rahmen der Art Cologne am 17. April 2018 statt. Der Preis sieht den Erwerb eines Werks oder einer Werkgruppe der Künstlerin für die Sammlung des Museum Ludwig vor. Zusätzlich zur Ausstellung erscheint eine Publikation, ein Werkverzeichnis ‘Haegue Yang: ETA 1994–2018’ mit einem Text von Chus Martínez, einem Gespräch zwischen Haegue Yang und Kurator Yilmaz Dziewior – dem Direktor des Museum Ludwig – sowie einem biografischen Essay von Leonie Radine.

Aktuell und noch bis zum 24. September 2017 zeigt das Museum Ludwig ausserdem die Ausstellung ‘Kunst ins Leben! Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre’.

***

Info:

18. April – 12. August 2018

Haegue Yang: ETA 1994–2018
Wolfgang-Hahn-Preis 2018

Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Deutschland

www.museum-ludwig.de

Preisverleihung und Eröffnung:
Di, 17. April 2018, 18.30 Uhr

 

Fotos und Informationen freundlicherweise vom Museum Ludwig, Köln, zur Verfügung gestellt – vielen Dank!

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