Ich mag Strickstoffe wirklich gerne und die Auswahl in den Regalen der Stoffhändler wird immer größer und vielseitiger. Da kribbelt es mich natürlich in den Fingern, öfter Strickstoff zu vernähen. Aber die Verarbeitung von Maschenware ist manchmal etwas kniffeliger, als das Nähen von Jersey und gerade der Kantenabschluss an Auschnitt und Säumen lässt oft erkennen, dass es sich eben nicht um ein (form)gestricktes Teil handelt.
Manchmal aber hat man Glück und die Meterware liefert direkt eine tolle Möglichkeit mit, um einen schönen Kantenabschluss zu nähen, der wirkt wie angestrickt.
Für ein aktuelles Projekt hatte ich einen leichten Strickstoff, dessen „Web“kante sich auffällig nach innen einrollte. Was zunächst lästig erschien, weil die gerollte Kante ein Stück der Stoffbreite schluckte, zeigte sich auf den zweiten Blick als großer Glücksfall:
Ich nutzte diese Kante nämlich für die Verarbeitung am Halsausschnitt und jetzt punktet mein schlichtes Shirt aus leichtem Strickstoff mit einem hübschen Rolleffekt.
Und damit Ihr Euer nächstes Strickteil auch mit solch einem Blickfang aufwerten könnt, habe ich ein kleines Tutorial für Euch:
Strickstoff- Rollkante an Auschnitt nähen
Voraussetzung ist, dass Ihr einen Strickstoff habt, dessen (Web)Kante sich von selber einrollt. Bei meiner Strickware rollte es auf die linke Warenseite . Hier auf dem Foto ist das gut zu sehen.
Die Kante wird abgeschnitten – dabei eine etwas breitere Nahtzugabe stehen lassen. Die Länge des Streifens ergibt sich aus der Halsauschnittweite. Wenn bei Eurem Schnittmuster ein Streifen für den Halsausschnitt vorgesehen ist, könnt Ihr einfach das Maß nehmen.
Und jetzt geht es auch schon an die Nähmaschine
Den Streifen zum Ring schließen und so auf die rechte Seite des Halsausschnittes stecken, dass die Rollkante nach unten zeigt und die Schnittkante auf die Ausschnittkante trifft.
Ich habe den Streifen zunächst mit dem Gradstich der normalen Nähmaschine angenäht. Mein Ausschnitt war recht weit und ich wollte so ein Ausdehnen verhindern.
Ihr könnt den Streifen natürlich auch direkt mit der Overlock annähen- so wie ich das hier im nächsten Schritt getan habe:
Zum Abschluss wird dann noch mal abgesteppt. Das sorgt dafür, dass die Ausschnittkante schön in Form bleibt und die Nahtzugabe nicht nach außen umklappt. Ich habe dabei den Strickwarenfuß #12 verwendet – durch seine unterschiedlich hohen „Kufen“ gleitet er ganz wunderbar an der Kante entlang. Diesen Fuß hatte ich mir übrigens mal für die Verarbeitung von Paspeln gekauft – doch nun freue ich mich sehr, dass er so vielseitig ist und nutze ihn gerne für meine „Strickstoffabenteuer“
Et voilà – fertig ist der Halsauschnitt
Natürlich könnt Ihr diese Art der Verarbeitung auch an der Saumkante bzw. an den Ärmelsäumen machen- achtet aber darauf, ob dort evtl. Dehnbarkeit benötigt wird. Wenn ja, dann zum Annähen und Absteppen unbedingt elastische Stiche verwenden.
Ich hoffe, dieses Tutorial inspiriert Euch, den Blick öfter mal auf kleine Details zu richten. Sind es doch die liebevollen Kleinigkeiten, die ein Nähwerk zu einem Lieblingsteil werden lassen. Und gerade bei Strickstoff als Meterware lohnt es sich, die Stoffkanten genauer zu betrachten und wenn möglich einfach mit zu verarbeiten.
Wie der fertige Pulli getragen aussieht, könnt Ihr übrigens auf meinem Blog sehen- dort zeige ich ihn in seiner ganzen schlichten Schönheit: Mein neuer Basic-Pullover
Euer Schneiderherz Ute
Sehr schöner Halsausschnitt..Ich hätte da noch eine Frage….Gehen die Maschen bei einem Strickstoff nicht auf? Ich bin gerade erst am Anfang von Kleidung nähen und habe noch nicht alle Stoffe ausprobiert…
Hallo Nicole,
normal ist die Gefahr von Laufmaschen bei Meterware nicht zu groß. Je gröber ein Stoff allerdings gestrickt ist, umso mehr muss man aufpassen. Als Anfänger würde ich erstmal mit Jersey &Co Erfahrungen mit elastischen Sroffen sammeln. Und dann ist irgendwann Strick auch kein Hexenwerk.
Hier findest Du nochmal Beiträge zu Strickstoffen:
https://blog.bernina.com/de/2018/12/naehen-mit-strickstoffen/
https://blog.bernina.com/de/2014/05/strickware-naehen-strickwarenfuss/
Ich finde es sehr schön es gefällt mir der Ausschnitt, nur ist mir nicht klar wie der Streifen zusammengenäht wird ist leider auch kein Foto dabei. Vielen Dank
Das ist ene wirklich geniale Idee. Ich habe aktuell auch einen Strickstoff hier liegen und habe schon lange überlegt, wie ich den Halsausschnitt gestalte. Ich mag die rollende Kante.
Jetzt habe ich die Lösung. Warum bin ich nicht sebst darauf gekommen?
Hallo liebes Schneiderherz,
Danke für die tolle Idee!
Eine Frage zum Maß finden der benötigten Länge :
Wenn ich selbst die Weite des Halsbündchens berechnen muss, ist es sicher anders als bei Bündchenware & Co., oder? Entlang der Webkante geschnitten ist ja nicht die gewohnte Zuschneideseite. Hast du einen Tipp für uns?
LG, Astrid
Hallo Astrid,
ja- in Längsrichtung ist der Streifen nicht so dehnbar. Ich nehme dann gerne das gemessene Ausschnittmaß und schneide den Streifen so lang zu – ohne extra Zugabe an den Schmalseiten. Dann stecke ich zur Probe an und falls es sich noch nicht so schön legt, kürze ich bei Bedarf. Eine feste Regel gibt es da nicht- dafür sind die Stoffe immer zu unterschiedlich.
Liebe Grüße
Ute
Super Idee!
Sieht sehr schick aus, das gefällt mir.
Herzliche Grüsse
Mary
Hallo Ute,
die von dir gewählte und sehr gut beschriebene Variante eines Halsausschnitts gefällt mir sehr gut. Aus Sweatstoff will ich ein Kleid (Frau Fannie)nähen und möchte gerne wissen, ob das sinnvoll ist, da ich das Bündchen unter Zug annähen werde, damit sich der Ausschnitt schön anschmiegt.
Liebe Grüße Heide
Liebe Heide,
das ist ein wenig schwer zu sagen, ohne Deinen Stoff zu kennen.
Ich habe bei meinem Kleid Fannie den Stoff für das Halsbündchen auch nicht in Längsrichtung verarbeitet- so wie hier bei dem Pulli- sondern quer, weil das besser dehnte.
Meine Erfahrung zeigte mir bisher, dass diese Rolleffekte bei eher dünneren Materialien gut funktionieren. Vielleicht testest Du einfach mal an einem kleinen Reststück, wie sich Dein Stoff verhält.
Liebe Grüße Schneiderherz Ute
Liebe Ute,
eine tolle Anleitung, die ich bei nächster Gelegenheit ausprobieren werde.
Liebe Grüße Michaela
Ganz toll! Auch ich danke für die gute Bebilderung… das will ich versuchen.
Liebe Grüße von
Christine
Liebe Ute,
DANKE, dass Du die tolle Idee hier mit Anleitung veröffentlichst !
Werde es auch mal versuchen.
Lieben Gruß von monika
Sehr gern und ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren 🙂
Vielen Dank Ute.
Das ist eine wunderbare Idee und super erklärt. Ich habe immer noch große Angst vor Strickstoffen, dass Maschen laufen. Vielleicht sollte man es doch einmal wagen.
Liebe Grüße
Gabi
Hallo Gabi,
bei diesem Strickstoff brauchte ich keine Angst mit Laufmaschen haben- er ist recht feingestrickt- hat aber eine etwas kuschelige Oberfläche und das scheint Aufribbeln völlig zu verhindern. Ich denke, je glatter und gröber das Garn ist, desto “gefährlicher”.
Als meine Kinder noch klein waren habe ich übrigens aus Erwachsenen-Pullovern Kinderkram geupcycelt. Laufmaschen hatte ich nie.
Wir sollten uns wohl einfach mal öfter an Strickstoff trauen 😉
Liebe Grüße
Ute
Hallo Gabi,
Hallo Schneiderherz,
habe bisher auch nur gute Erfahrungen mit dem Verarbeiten von Strickstoffen gemacht. Ich verarbeite sie mit der Overlock (4-Faden) und verwenden für Ober- und Untergreifer seit Neuem ein Bauschgarn. Das fasst die Maschen noch besser ein, ohne dass irgendwelche “hässlichen” Fäden aus der Overlocknaht hervorspringen. Der Sicherungsfaden garantiert, dass es keine Laufmaschen gibt.
Die Idee die Stoffkante als Abschluss zu verwenden, ist übrigens wirklich super! Vielen Dank für’s Teilen!
Liebe Grüße
Ingo
Hallo Ingo,
Bauschgarn habe ich noch nie probiert. Habe schon so oft davon gelesen und auch von seinen Vorzügen gehört- aber ich habe es tatsächlich noch nie verwendet. Wird ja wohl endlich mal Zeit 🙂