Kreative Artikel zum Thema Nähen

Ein Kleid aus Spitze nähen

Für die Konfirmation unseres Dritten wollte ich mir ein neues festliches Kleid nähen – und nach einem “blumigen Mißerfolg” entdeckte ich im Stoffladen eine edle, rote, etwas schwerere Spitze. Dieser schöne und wertige Stoff schrie förmlich danach, in ein Etuikleid vernäht zu werden. Dabei habe ich so einiges gelernt bezüglich Schnittauswahl und wie die gewohnten Nähtechniken angepasst werden können.

Die Schnittwahl für ein Kleid aus Spitze

Spitze wirkt am schönsten, wenn möglichst wenige Nähte den Stoff zerteilen. Daher habe ich ein Schnittmuster gewählt, welches durch die äußere Form und nicht durch Abnäher tailliert wird, nur Brustabnäher, kein angesetztes Rockteil und einen verdeckten Reißverschluss hat. Der Stoff kann so auf der gesamten Fläche wirken.

Spitzenstoff hat oft an einer, manchmal auch an beiden Seiten eine Bogenspitze als Abschluß (sozusagen die “Webkante”). Dieser Bogenabschluß kann als Saumabschluß unten am Kleid sowie am Arm genommen werden – das sieht sehr schön aus. Der Stoff muss also im 90 Grad-Winkel zum gewohnten Fadenlauf zugeschnitten werden, was aber bei einem kürzeren Kleid und eine Kurzarm auch Stoff spart – ich habe nur “einmal um mich rum” gemessen und diese Stoffmenge benötigt.

Kleid aus Spitze nähen

Da mein Spitzenstoff sehr “löchrig” ist, wollte ich nicht, dass man die Nahtzugaben durch die Löcher hindurchsieht, speziell oben am Halsausschnitt.

Ein Schnitt, der alle meine Kriterien erfüllte, war das Kleid burdastyle 6779. Lediglich die Ärmellänge habe ich angepasst.

Zuschneiden und Markierungen übertragen

Das Wichtigste: Nehmt Euch Zeit zum Zuschneiden – viel Zeit. Es ist zwar nur Stoff, den wir zerschneiden. Aber je sorgfältiger zugeschnitten und die Markierungen übertragen werden, umso schöner ist nachher das Kleid.

Zuerst habe ich die fertige Länge meines Kleides und des Ärmels anhand eines anderen Kleides festgelegt und den Schnitt entsprechend gekürzt – am fertigen Kleid kann aufgrund des Bogenabschlusses nichts mehr an der Länge verändert werden. Ideal sind hierfür die eingezeichneten Linien zum Kürzen oder Verlängern des Kleides.

An der Bogenspitze, also den Saumabschluss habe ich die Schnittmusterteile sorgfältig positioniert.

Kleid aus Spitze nähen

Da mit Schneiderkreide auf diesem Stoff nichts auszurichten war, habe ich die Markierungen (also Brustabnäher, Armeinsatzpunkte und andere Markierungen zunächst klassisch mit einem doppelten Heftfaden und großen Schlingen durchgeschlagen…

Spitzenkleid nähen

.. die Schlingen aufgeschnitten, das Schnittteil abgenommen und dann die doppelt gelegten Stoffteile leicht auseinandergezogen, um den Heftfaden mittig zu zerschneiden.

Ihr könnt Euch denken, dass diese Heftfadenschnipsel  aufgrund der Löchrigkeit des Stoffes nicht lange an Ort und Stelle bleiben. Schon bei einem leichten Anheben des Stoffes rutschten die ersten Heftfäden heraus. Daher habe ich alle Markierungen mit einem kontrastfarbenem Nähfaden von Hand nachgenäht und Anfang und Ende des Fadens miteinander verknotet, so dass dieser Faden sich nicht auch verdünnisieren konnte.

So hatte ich die Markierungen am Stoff, konnte aber diese nach dem Nähen wieder gut entfernen.

Die Markierungen am Futterstoff – ich habe dafür echte Seide gewählt – habe ich normal mit Schneiderkreide übertragen.

Besonderheiten beim Nähen

Bei diesem Stoff und seinen zarten Nähgarnmarkierungen habe ich meinen transparenten Nähfuß #34C sehr zu schätzen gelernt. So konnte ich genau sehen, wie der Abnäher weiterläuft. Ich habe die Mittelmarkeriung am Fuß genau auf dem Markierungsfaden geführt und die Nadel  um eine Stelle nach rechts verschoben. So habe ich den blauen Faden nicht festgenäht und konnte ihn danach sehr gut rausziehen.

Ich stecke ja gern alle Nähte vor  – doch das ging bei diesem Stoff auch nicht, da da keine Stecknadel längere Zeit drin blieb. Also sorgten hier meine Klammern für Stabilität.

Beim Zusammennähen des Bogenabschlusses fand ich es schön, wenn die Bögen nicht zerschnitten, sondern das Muster fortgeführt wird. Da habe ich, wo nötig, die Schnittführung um ein paar Millimeter angepasst.

Nahtzugaben am Halsausschnitt und am Armloch

Normalerweise hätte ich Ober- und Futterkleid am Halsausschnitt und am Reißverschluss miteinander verstürzt, so dass die Nahtzugabe bzw. der Reißverschluss dazwischen liegt. Bei diesem löchrigen Stoff hätte man die rohe Kanten aber durch die Löcher durchgesehen. Ich habe daher das Oberkleid auf rechts gedreht und über das ebenfalls auf rechts gewendete Futterkleid gestülpt (die Abnäher und Nähte des Futters zeigen also nach innen) und die beiden Kleider an Hals und rückwärtigem Reißverschlussschlitz mit großen Stichen innerhalb der Nahtzugabe aufeinandergeheftet.

Versäubern des Halsauschnittes

Den Halsauschnitt habe ich mit einem Beleg versäubert, den ich auf das doppelte Kleid genäht habe.

Trotz Untersteppnaht blieb der Beleg nicht innen sauber liegen – der Spitzenstoff ist vermutlich zu schwer, so dass das Oberkleid vorne nach unten zog.

Spitzenkleid nähen

Dies habe ich gelöst, indem ich den Beleg mit einem farblich passenden Faden von Hand am Futterkleid festnähte: zuerst ordentlich und faltenfrei den Beleg am Futterkleid feststecken und dann mit kleinen Vorstichen festnähen. Diese Stiche sieht man zwar auf dem Futterkleid, aber nicht durch die Spitze hindurch.

Der nahtverdeckte Reißverschluss

Den Reißverschluss habe ich (wie in meinem Beitrag zum nahtverdecktem Reißverschluss in einem Kissen erklärt) zuvor mit einer normalen Naht fixiert.

und danach mit dem Spezialfuß #35 zum Einnähen nahtverdeckter Reißverschlüsse eingenäht. Dies ging trotz doppelter Stofflage (Spitzenstoff plus Seide) sehr gut und der Reißverschluss klemmt nicht beim Öffnen und Schließen.

Das Armloch

Beim Armloch wäre die Nahtzugabe mit der bisher gezeigten Methode (also Ober- und Unterkleid als eine Stofflage betrachten) sichtbar, da der Ärmel ja ohne Futter genäht wird. Da mich dies aber an dieser Stelle sehr gestört hätte, habe ich am Armloch die Nahtzugabe am Futterkleid von Hand angenäht.So ragen die Kanten nicht in den transparenten Ärmel und die Spitze kann wirken.

Rechtzeitig zum Fest wurde das Kleid fertig – und ich trug stolz mein neues Spitzenkleid.

Mehr Tragebilder gibt es auf meinem Blog Nähzimmerplaudereien.

 

Vielleicht habt Ihr ja jetzt auch Spaß bekommen, Euch ein Kleid aus einem schönen Spitzenstoff zu nähen, viel Spaß beim Nachnähen!

Ines

Schwierigkeitsgrad: Fortgeschritten
Zeitaufwand: ein Wochenende
Verwendete Materialien: Futterstoff, Nähgarn, Spitze, Spitzenstoff
Verwendete Produkte:
BERNINA aurora 450
BERNINA aurora 450
Rücktransportfuss # 1
Rücktransportfuss # 1
Rücktransportfuss mit transparenter Sohle # 34
Rücktransportfuss mit transparenter Sohle # 34
Reissverschlussfuss # 35
Reissverschlussfuss # 35

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Kommentare zu diesem Artikel

6 Antworten

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  • Petra Hofer BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Liebe Ines,

    deine Anleitung mit Fotos dazu sind perfekt. Ich stelle immer wieder fest, dass mich die verschiedenen Beschreibungen mehr verwirren als unterstützen, aber bei dir ist alles absolut logisch und verständlich!! Danke und ich hoffe du hast immer noch viel Spaß mit dem Kleid, es ist wirklich wunderschön geworden.

    Liebe Grüße,

    Petra

  • Astrid Krause BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Liebe Ines, das ist ja ein ganz tolles Kleid geworden! Ich habe zwei Fragen, vielleicht möchtest du mir helfen: welchen Stich hast du genommen für diese löcherige Spitze gewählt? Ich habe Sorge das es nicht hält ?.. und noch eine zweite Frage: wenn man den Muschelrand als Rand nimmt, muss man den dan nochmals nähen mit einem schmalen Zickzack oder bleibt der so gut?

    Liebe Grüsse und danke schon mal!

    Astrid

    • Ines BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

      Liebe Astrid,

      ich freue mich nach wie vor auch an diesem Kleid und trage es gerne zu festlichen Anlässen. Zu Deinen Frage:

      Ich habe einen ganz normalen Geradstich in 2,5 mm Länge genommen. Das hält gut. Wenn Du Dir unsicher bist, mach eine Nahtprobe auf einem Zuschnittsrest, bei der Du die Stichlänge anpassen kannst. Da ich eine unelastsiche Spitze verwendet habe, habe ich auf einen leichten Zickzck-Stich verzichtet, könnte mir diesen aber auch gut vorstellen.

      Den Bogenrand bzw. Muschelrand musst Du einem hochwertigen Spitzenstoff nicht weiter versäubern. Dieser Rand entricht ja der “Webkante” des Stoffes und ist daher im Normalfall vor dem Ausfransen geschützt. Diese Kante ist ja für einen solchen Abschluß gedacht.

      Mein Kleid hat mittlerweile schon mehrere Handwäschen vertragen, samt allen Nähten und Bogenkante.

      Viel Freude beim Kleidnähen!

      Liebe Grüße

      Ines

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