Kreative Artikel zum Thema Nähen

Vom selbstgefärbten Stoff zum selbstgenähten Kleid

Kleider kaufen kann jeder. Stoffe kaufen und ein Kleid daraus nähen schaffen auch viele. Doch einen Stoff selbst gestalten und daraus ein einmaliges Kleid nähen, das ist etwas anderes. Vom selbstgefärbten Stoff zum selbstgenähten Kleid ist es nicht einmal ein sehr komplizierter Weg. Und den zeige ich Euch nun gerne, Schritt für Schritt. Als Basisinfo zu den Rezepten der Druckfarben und der Printpaste empfehle ich meinen Bericht zum Siebdruck durchzulesen, diesen findet Ihr hier:

Siebdruck Teil 2

Ich wähle für das Sommerkleid einen leichten weissen Öko Baumwollstoff PFD. Das PFD steht für ‘prepared for dyeing”. Es handelt sich hierbei um einen Stoff, frei von jeglicher Appretur, der ohne Vorwaschen direkt zum Färbeprozess verwendet werden kann. Davon gebe ich die erforderliche Menge in Sodalauge. Die Färbepigmente Procion MX, die ich verwenden werde, müssen mit Soda eine chemische Reaktion eingehen, um die Farbe in der Faser haltbar zu machen.

Nach einer Einwirkzeit von 15 Minuten wringe ich die Stoffe aus und hänge sie zum trocknen über die Leine. Erst wenn die Stoffe komplett getrocknet sind, verarbeite ich sie weiter.

Den Kleiderschnitt nahm ich “über den Daumen gepeilt” von einem Sommerkleid ab, das ich vor einigen Jahren einmal auf einem der bunten italienischen Märkte am Lago Maggiore gekauft hatte und änderte den Schnitt ein wenig für meine jetzigen Maße ab, da zwischenzeitlich 30 kg verschwunden sind. Die Rockteile für Vorder- und Rückseite bestehen aus jeweils 5 Bahnen. Und jede einzelne hatte ich vor, entsprechend logisch zu färben/bedrucken.

Tags zuvor richtete ich mir mit Verdickerpaste und Procion MX entsprechende dickflüssige Farbe an und bemalte damit einige unbelichtete grosse Siebdrucksiebe. Auch diese Farbe muss vor dieser Drucktechnik komplett eingetrocknet sein. Desweiteren brauche ich eine grosse Rakel und die angedickte Farbe, die sich am besten in einer weichen Plastikflasche weiterverarbeiten lässt. Die weissen Stoffzuschnitte sind gebügelt und liegen bereits auf einer dünnen Plastikfolie. Nun bringe ich auf den abgeklebten Rand des Siebes eine erste Menge Farbe auf und ziehe sie mit der Rakel über das Sieb und damit auch auf den Stoff.

Die im Sieb eingetrocknete Farbe wirkt hier als Reservierung (ähnlich einer Wachsbatik) und lässt kräftige weisse Linien stehen. Ich drucke im Farbwechsel und blockweise Muster auf die Stoffzuschnitte, dazu arbeite ich immer die im Rockteil gegenüberliegenden Zuschnitte gleich.

Das Mittelstück erhält ein anderes Muster und versetzte Blöcke. Man darf sich von der Farbintensität beim Drucken nicht irritieren lassen. Nach dem Auswaschen sehen die Farben schon anders aus.

Hier wird nun gut sichtbar, dass sich mit jedem weiteren Druck des Siebes, die eingetrocknete aufgemalte Farbe nach und nach löst und eine weitere Farbe zum Druck erscheint.

Für das Kleideroberteil habe ich mir ein zweitfarbig bemaltes Sieb gerichtet, bin mir allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht ganz sicher, ob es, so wie ich es bedrucken möchte, auch zu dem farblich sehr kräftigen Rock passt. Doch ein Versuch ist es wert.

Hier liegt das vordere Oberteil, dazu das bemalte und trockene Sieb, eine Rakel und eine Flasche mit ungefärbter Printpaste.

Erneut bringe ich an den abgeklebten Rand des Siebdrucksiebs eine entsprechende Menge Printpaste auf und ziehe sie locker und ohne Druck über das Siebgewebe, nässe es praktisch damit ein.

Nun wirkt die Printpaste für ca 30 Sekunden in die getrocknete Siebdruckfarbe ein und löst sie ein wenig.

Mit einem ersten Rakelzug drucke ich nun praktisch farblos und streife die an der Rakel haftende Paste in einen Behälter ab, da ich keine Farbstreifen im Stoff haben möchte. Gut sichtbar ist, dass sich bereits soviel Farbe gelöst hat, dass die transparente Printpaste farbig wird.

Hier ist nun der erste Druck. Die von der transparenten Paste gelöste Farbe ergibt sehr filigrane Muster im Stoff.

Dann drucke ich die zweite Seite des Vorderteils, verfahre genauso, wie zuvor. Man muss wissen, dass bei dieser Drucktechnik (deconstructed Screenprinting) jeder Druck ein Monoprint ist, und somit nicht wiederholbar ist.

Damit das Oberteil nicht zu hell und zu filigran bleibt, drucke ich das Sieb praktisch leer und entferne, um Farbstreifen zu vermeiden, nach jedem Druck die überschüssige Farbe von der Rakellippe.

Direkt nach dem Druck, solange die Farbe noch feucht ist, muss der Stoff in die darunterliegende Folie eingeschlagen werden. Dazu ist es wichtig, dass um das bedruckte Stoffstück die Folie wenigstens 10 cm hervorschaut und umgeschlagen werden kann. So wird beim Einrollen der Stoff immer nur von trockener Folie berührt und nicht von bedrucktem Stoff, so dass eine zweite Einfärbung geschehen könnte. Das ganze wirkt nun 24 Stunden ein.

Damit die schönen weissen Linien im Stoff beibehalten werden und beim Auswaschen nicht ausfärben, ist der Auswaschvorgang etwas aufwändiger als beim gewöhnlichen Färben. Ich lasse kaltes Wasser in einen Eimer oder ins Waschbecken laufen, gebe ein paar Tropfen Synthrapol hinzu. Synthrapol löst die überschüssigen losen Farbmoleküle aus den Stoffen, die sich im chemischen Vorgang mit der Faser nicht verbunden haben. Eigentlich gibt man es nur ins heisse Wasser, ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass es bereits im sehr kalten “Eingangswasserbad” gute Dienste tut. In einem ersten Waschvorgang bluten die Stoffe nun etwas aus, das Synthrapol verhindert aber, dass die weissen Strukturen die Farbe es Auswaschwassers annehmen. Dann wechsle ich die Stoffe in ein weiteres lauwarmes Wasserbad, erneuere paralell dazu das Kaltwasserbad und bewege die Stoffe im lauwarmen Wasser. Wenn sie darin weiter Farbe verlieren, gebe ich sie sofort wieder ins Kaltwasser. Ich setze diesen Auswaschvorgang über lauwarm, handwarm bis hin zu ca 40 Grad warm fort, immer im Wechsel mit Kaltwasser, bis die Stoffe keine überschüssige Farbe abgeben. Dann kommen alle zusammen in die Waschmaschine und waschen bei 40 Grad und wenig Colorflüssigwaschmittel einmal durch.

Nach dem Trocknen und bügeln schauen meine Drucke nun so aus.

Jetzt kann ich mit dem Zusammennähen des Kleids starten. Zuvor schneide ich die nur ganz leicht ausgefransten Stoffkanten knapp zurück und nähe dann Rockbahn um Rockbahn zusammen. Die Nahtzugaben versäubere ich fortlaufend mit einem Zickzackstich.

Wie Ihr seht, habe ich mich doch entschlossen, ein farbkräftiges Oberteil nachzudrucken, denn das helle hätte zum farbstarken Rock nicht gepasst.

Das vordere Oberteil wird mit zwei Brustabnähern versehen.

Beide Oberteile liegen rechts auf rechts und werden oben zusammengenäht um den Besatz des Ausschnitts anzubringen.

Den Besatz habe ich aus dem zuvor filigran gefärbten Oberteil geschnitten. Der Besatz ist rundum versäubert und wird rechts auf rechts um den Halsauschnitt aufgesteckt, angenäht, gewendet und nochmals abgesteppt.

Nachdem beide Armausschnitte ebenfalls mit einem Besatz versäubert wurden, ist das Oberteil nun fertig.

Oberteil und Rock werden rechts auf recht ineinandergeschoben, die Ansatznaht rundherum gesteckt und abgenäht, die Nahtzugabe auch hier wieder mit Zickzack versäubert. Dann folgte noch die Arbeit am Saum, diesen schlug ich doppelt ein und nähte ihn ebenfalls füssenbreit ab.

 

Und dann war es fertig. Mein erstes Sommerkleid aus selbstgefärbten Stoffen. Es ist luftig und leicht und für die warmen Sommertage genau das richtige. Und ich denke, dass es nicht das einzige bleiben wird.

Und da der Sommer so schön warm ist und ich immer noch ein Sonnenblumenkleid haben wollte, färbte und nähte ich noch eins. Dies habe ich als Foto ganz oben im Artikel eingefügt.

Viel Spass beim Nacharbeiten,

herzlichst,

Jutta

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Kommentare zu diesem Artikel

11 Antworten

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  • Agnes Weber BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo,

    danke für diesen Beitrag. Das ist eine wirklich super tolle Idee.Bisher habe ich den Stoff nur “normal” gefärbt. Leider zeigen mache davon nun Fusseln. Laut https://www.fusselrasierer.info/ sollen Fusselrasierer gut sein. Stimmt das?

     

    LG

  • Jutta Krause Morsing BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Das ist ein wunderschönes Kleid geworden! Der Farbvorgang ist sehr spannend! Ich habe nicht ganz verstanden,  wie du das Muster machst.  Aber sehr schön!  Grüße aus Dänemark von Jutta Cornelia ?

  • Marianne von Allmen BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Liebe Jutta
    Toll, Dein neues Kleid, es steht Dir sehr gut!
    Ich finde es super, dass Du Deine Kreativität nun auch an Kleidern auslebst, so entstehen wirklich einmalige Lieblingsstücke und ich danke Dir, dass Du Deine Erfahrungen mit uns Leserinnen teilst. Ich bin jedes Mal fasziniert über Dein Talent, Vorgänge so verständlich und interessant zu bebildern und zu beschreiben. Es ist sehr schön, dass Du Dein Wissen und Deine Erfahrungen auch auf diese Art weitergibst.
    Da ich auch schon Arbeiten von mir dokumentiert habe, weiss ich, mit wieviel Aufwand, Zeit, Herzblut, Organisation, Disziplin und Planung dies verbunden ist.
    Vielen herzlichen Dank, dass Du das auf Dich nimmst.
    Liebe Grüsse, Marianne

  • ERIKA BORNEMANN BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Jutta,

    da hast Du Direin schönes , luftiges Kleid gemacht, dass wirklich ganz speziell ist.

    Damit Du noch eine Weile etwas davon hast, werde ich die Daumen drücken, dass das Wetter noch so schön bleibt-auch wenn es uns allen wohl manchmal zu warm ist.

    Der Siebdruck ist wirklich ein schöne SAche.

    Herzliche Grüße

    Erika

  • Gisela Lauter-Glück BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo Frau Hellbach,

    Ihr Kleid ist traumhaft schön. Es steht Ihnen ausgezeichnet und unterstreicht Ihren Typ.

    Ich habe einige Male mit Procion gefärbt, auch mit Verdickerpaste. Habe aber festgestellt  dass sich die Druckpaste höchstens eine Stunde hält. Dann färbt sie den Stoff nicht mehr. Können Sie mir sagen wie ich eine längere Haltbarkeit erreiche?

    Herzlichen Dank

    Gisela Lauter-Glück

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