Kreative Artikel zum Thema Nähen

Aus dem Nähkästchen geplaudert mit Constanze von “Die graue Maus”

Heute darf ich euch im Interview Constanze von “Die graue Maus” vorstellen. Constanze ist die Erfinderin der Schrankleichendesigner-Challenge. Was es damit auf sich hat und vieles mehr erzählt sie euch unten im Interview.

Interview mit Constanze von “Die graue Maus”

Portrait von Constanze

Bitte beschreibe dich in einem Satz.
Ich beherrsche das Chaos; meistens zumindest.

Ist Nähen für dich Hobby oder Beruf?
Das Nähen ist für mich ursprünglich ein Ausgleich zur Elternzeit und dann zum Job gewesen. Mittlerweile nähe ich nebenberuflich auch gewerblich, woran ich viel Freude habe.

Was machst du beruflich? / Welchen Beruf hast du ursprünglich gelernt, bevor du dem Nähfieber verfallen bist?
Ich bin eigentlich gelernte Veranstaltungskauffrau. Ich liebe die Arbeit in komplexen Projekten. Nach meinem Umzug musste ich der Branche jedoch den Rücken kehren und bin im öffentlichen Dienst nochmal neu gestartet. Ich habe eine Verwaltungsausbildung absolviert und arbeite derzeit bei der Feuerwehr im Bereich Kampfmittel und Bevölkerungsschutz.

Oh! Dann trägst du nicht nur Selbstgenähtes, sondern auch mal Schutzbekleidung oder Uniform?
Ja, im Einsatz trage ich für die Bürgerinnen und Bürger erkennbare Dienstkleidung, was ich in meiner Funktion auch für sinnvoll und richtig halte. Privat trage ich aber liebend gern und eigentlich ausschließlich selbst Genähtes. 

Warum der Name «Die graue Maus»? Auf deiner Instagram-Seite geht es doch ganz und gar nicht grau zu und her?. Im Gegenteil, wir haben viele farbenfrohe Nähprojekte entdeckt.
Ich habe lange lange darüber nachgedacht, einen Blog zu machen oder es sein zu lassen, denn wenn ich etwas starte, dann eben ganz oder gar nicht. Bei mir steckt viel Persönliches drin. Mir ist sehr wichtig, authentisch zu sein. Es musste ein Name her, mit dem ich mich identifizieren konnte. Etwas Bodenständiges mit einem gewissen Schalk im Nacken. Der Name hat mich dann vor allem überzeugt, weil man etwas anderes erwartet und er sich gut einprägen lässt; vor allem eben bei Stoffhändlern, denen ich gern im Gedächtnis bleiben möchte, da ich total gern Design nähe.

Gehst du Kooperationen mit Stoffherstellern oder Schnittmusterdesignern ein? Wie läuft das ab?
Ja, das mache ich sehr gerne. Zum Beispiel beim Designnähen, wenn mir ein Schatz vor der Veröffentlichung zum Vernähen anvertraut wird. Dann nähe ich ein Beispiel daraus und präsentiere es zum Verkaufsstart. Ich stehe diesem Thema sehr offen gegenüber weil ich nichts wichtiger finde als eine Vernetzung und ein tolles Miteinander.

Hast du einen absoluten Lieblings-Schnitt, vielleicht auch in Kombination mit einem bestimmten Stoff?
Nein, das habe ich nicht. Ich probiere gern verschiedene Sachen aus und Dank meiner Jojo-Figur brauch ich es auch manchmal weit und manchmal lieber eng ?.

Was schätzt du am Nähen besonders?
Am aller schönsten sind die Kontakte, die man knüpft und die Verbindung über das Nähen hinaus. Es gibt Menschen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und die ich so nie kennengelernt hätte, wenn es die gemeinsame Verbindung nicht gegeben hätte.

Auf deinem Instagram-Kanal präsentierst du die meisten deiner Kleidungsstücke selbst. Den Stil deiner Kreationen und die Art und Weise der Präsentation finden wir sehr gelungen. Tolle Projekte, tolle Fotos! Machst du das alles selbst oder hast du Unterstützung?
Viele mögen es nicht glauben, aber 90% der Bilder macht tatsächlich meine Tochter. Sie hat eine wahnsinnig tolle Art, Momente und Emotionen festzuhalten. Am Anfang meiner Bloggerkarriere waren die Bilder schlicht. Mittlerweile habe ich mich viel fortgebildet, habe Fotografen über die Schulter geschaut, mir besseres Material gekauft und liebe diese Leidenschaft, Emotionen mit Bildern auszudrücken. Das verbindet mich sehr mit meiner Tochter.

Wie hast du dir das angeeignet? Hast du Fototipps für unsere Leserinnen?
Ich habe mir tatsächlich alles allein angeeignet und es gibt ein paar ganz einfache Tricks, die man auch mit einer Handykamera erreichen kann! Immer im Schatten fotografieren. Man sieht die Kleidung so einfach besser. Sonne im Hintergrund ist kein Problem, aber keine direkte Sonneneinstrahlung. Perspektiven: Probiere aus und fotografiere aus verschiedenen Perspektiven. Leg dich auf den Boden oder klettere auf einen Stuhl, um auch einmal eine andere Wirkung zu erzielen. Nicht an die Wand lehnen! Wenn man eine Hintergrundschärfe erreichen möchte, ist es gut, sich ein paar Meter vom (am liebsten schlichten Hintergrund) zu entfernen, damit dieser unscharf abgebildet wird. Man möchte erreichen, dass sich so der Fokus auf das Kleidungsstück lenkt.

Ist das Modeln manchmal schwer oder fällt dir das immer leicht?
Es kommt drauf an, wer die Bilder macht. Bei meiner Tochter ist das ganz leicht. Wir sind ein eingespieltes Team. Aber bei fremden Fotografen muss ich mich meist einschießen, bevor die Bilder mich dann ansprechen.

Was hat es mit der «Schrankleichen-Challenge» auf sich?
Der Schrankleichendesigner ist ein von mir entwickeltes Konzept, das seit 2017 einmal im Jahr stattfindet. Ich rufe dazu auf, ungeliebte Stoffe gemeinschaftlich zu vernähen. Es gibt 50 Plätze und vorab eine Tauschrunde. Jeder verschickt den Stoff an eine andere Teilnehmerin, so dass niemand seine eigene Leiche vernähen “muss” und sich aber daran erfreuen kann, was daraus entsteht. Nach einer dreiwöchigen Nähzeit werden die Ergebnisse auf meiner Seite präsentiert. Eine Jury bewertet alle Ergebnisse; bei Gleichstand entscheiden die Likes auf meiner Seite. Und in der Regel warten auf alle Teilnehmer heiß begehrte Preise, wie zum Beispiel Stoffgutscheine, Designnähen oder Logo-Designs. Außerdem erhalten die drei ersten Plätze eine Wildcard für das Folgejahr. 
Die Grundidee, die dahinter steckt ist es, alten Schätzchen ein neues Leben einzuhauchen und mit Ressourcen zu arbeiten, die bereits vorhanden sind. Das Thema Nachhaltigkeit für die kommenden Generationen ist mir wichtig.

Wie kam es dazu? Hast du besonders viele Schrankleichen?
Ich hatte tatsächlich viele Schrankleichen und einfach keine Lust, sie selbst zu vernähen, weil ich mir nicht mehr vorstellen konnte, dass da etwas Schönes draus gezaubert werden konnte.

Läuft die Challenge noch? Wenn ja, wo kann man sich anmelden?
Die Challenge startet einmal im Jahr, den Aufruf gibt es meist Ende Mai auf meiner Seite. Dort gibt es dann auch hochkarätige Preise zu gewinnen. Mittlerweile ist die Idee lizensiert und auch andere Unternehmen haben die Möglichkeit, einen Schrankleichenwettbewerb durchzuführen, nachdem sie die Lizenz erworben haben.

Welche Stoffe vernähst du am liebsten und warum?
Ich vernähe am liebsten leichte Sweatstoffe. Im Herbst wärmen sie besser als Jersey; außerdem zeichnet sich bei Jersey immer die Figur ab und Sweatstoffe schmeicheln viel mehr der Figur und den kleinen Röllchen.

Wie ist deine Herangehensweise: Planst du im Vorfeld alles genau, bevor du mit einem neuen Projekt beginnst? Oder entwickelt sich das meist erst während dem eigentlichen Machen?
Meist steht ein grober Plan, der sich aber noch kreativ beeinflussen lässt. Tüddel plane ich zum Beispiel nie, das mache ich immer spontan.

Enden deine Projekte immer alle gut oder gab’s schon mal Katastrophen?
Ja, es gab schon Katastrophen. Zweimal schon, da habe ich mir in den Fingernagel genäht. Kann ich nicht weiterempfehlen ?.

Gibt es Dinge beim Nähen, die schwierig sind und bleiben?
Wenn Dinge schwierig sind, sind sie nicht unmöglich. Ich habe mir das Nähen in der Form, wie ich es jetzt mache, selbst beigebracht. Mit YouTube-Videos zum Beispiel mit Anna von einfach nähen. Sie erklärt immer alles so toll. Wenn ich dann gar nicht weiterkomme, dann frage ich in den Facebook-Nähgruppen nach.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag/Wochentag bei dir mit Kindern aus? Bleibt da überhaupt Zeit zum Nähen?
Die Nähzeit ist immer knapp. Aber es gibt einen festen Termin; immer Freitag Vormittag. Da sitz ich an der Maschine und nähe für mich. Und es ist auch gut, dass es diesen festen Termin gibt, sonst würde ich das nicht schaffen.

Wie bist du zum Nähen gekommen, wie hast du’s gelernt?
Wie oben schon erwähnt mit YouTube-Videos. Die Grundlagen dazu gab es aber bei meiner Oma. Ich nähe schon seit dem Kindergarten. Ich fand es schon immer sehr interessant zu nähen.

Gibt es eine besondere Näh-Situation, an die du dich noch heute erinnerst?
Ja, die gab es auch. Es gibt einen Stoffhersteller, für den ich total gern nähe und einmal wurde dieser Wunsch wahr. Ich war total aus dem Häuschen und habe mich sehr gefreut. Leider wollte ich dann zu viel und war mit den Bildern dann doch nicht so zufrieden, aber dann war die Zeit der Abgabe erreicht und es gab keine Chance, nochmal neue Bilder zu machen. Heute würde ich lieber einen einfachen Schnitt wählen und mich mehr auf die Bilder konzentrieren.

Wie verbringst du deine Freizeit, wenn du mal nicht am Nähen bist?
Ich liebe Sport und gehe super gern laufen. Hier in Bielefeld gibt es einen Wald mitten in der Stadt, der zu jeder Jahreszeit zum Laufen einlädt.

Gibt es etwas, dass du anderen Näherinnen mit auf den Weg geben willst?
Immer eins nach dem anderen machen und nichts überstürzen. Es rennt nichts weg. Lieber eine Sache richtig ausprobieren und sich dann dem nächsten Projekt widmen als sich zu verzetteln.

Wohin soll deine kreative Reise noch gehen?
Am liebsten würde ich Produkttester werden für viele verschiedene Näh-Utensilien. So was wie Tupperware fürs Nähen wäre toll. Oder eine Bloggerberatung und Bloggerevents, da dies meinen ursprünglichen Beruf wieder aufleben lassen würde.

Täuscht das, oder bist du oft am Meer? Lebst du in Meeresnähe?
Leider täuscht es. Vier Stunden sind es zu fahren. Aber ich liebe das Meer und nutze jede Gelegenheit, meine Nase in den Wind des Meeres zu stecken ?.

Tag am Meer

Aus eigenem Interesse: Wir glauben, du nähst mit BERNINA. Stimmt’s? Magst du deine Maschine(n)? 🙂
JAAAAAAAAAAAA!!! Ich bin in der Tat ganz frisch umgestiegen auf BERNINA und habe mir die B 570 QE gegönnt. Einen wahren Schatz, für den ich lange gespart habe. Aber ich habe es keinen Tag bereut und kann jedem nur empfehlen, diese Maschinen einmal vor Ort beim Fachhändler zu testen. Es ist immer besser, lieber mehr Geld auszugeben als sich mit Technik rumzuärgern, die nicht funktioniert. Ich liebe meine BERNINA und habe auch nichts gegen Zuwachs einzuwenden.


Fun facts

Liebe zum Detail oder zählt das grosse Ganze?
Liebe zum Detail.

Zackzack oder langsam und sorgfältig?
Zierstiche (langsam und sorgfältig)

Soundtrack beim Nähen?
Lieber Stille

Bist du ein Näh-Nerd?
Absolut und mit voller Leidenschaft

Dein Superheld/deine Superheldin?
Jede Mama ist eine Superheldin!

Lieblingsort?
Am Meer

Hast du Hobbys neben dem Nähen?
Ja, laufen.

Zeit, die du online verbringt: Zu viel, zu wenig, genau richtig?
Viel zu viel …

Ordnung im Nähzimmer oder organisiertes Chaos?
Die Mischung macht es.

Lieblings-Nähzubehör?
Stoffklammern.

Welches Nähwerkzeug / welche Nähtechnik ist komplett überbewertet?
Ich habe noch nicht alles durch probiert, aber meist macht alles einen Sinn. Kommt auf die Anwendung an.

Welches Nähwerkzeug muss noch erfunden werden?
Ein Schnittmusterbeamer im Stil von Patterina.

Häufigster Anfängerfehler beim Nähen?
Zu schnell nähen … und dann wieder auftrennen.

Welche Stecknadeln verwendest du?
Die von meiner Oma ❤

Wie reagierst du, wenn jemand deine Stoffschere zum Papierschneiden benutzt?
Ich raste aus! Mittlerweile habe ich ein eigenes, abgeschlossenes Nähzimmer und nur ich habe den Schlüssel ?

Was machst du, wenn du mit einem Nähprojekt fertig bist? Gibt es so etwas wie ein Ritual bei dir?
Ja, ich zieh das genähte Teil sofort an und mache ein Bild vorm Spiegel. Ein typisches Selfie.


Mehr erfahren über Constanze von “Die graue Maus”

Instagram: www.instagram.com/diegrauemaus


Wir werden im Verlauf des Jahres weitere Interviews mit Näh-, Stick- und Quiltpersönlichkeiten hier publizieren. Fällt Euch eine Person ein, von der Ihr gerne mehr wissen würdet? Dann teilt uns deren Namen gerne in den Kommentaren mit.

Liebe Grüsse
Corinna

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