Bluse nähen mit der Overlock
Ist eine Bluse im Schrank sinnvoll? Was für eine Frage! In jeden Kleiderschrank einer Frau sollte sich mindestens eine schlichte, schicke Bluse finden. In diesem Beitrag gebe ich Euch einige Tipps zum Nähen einer Bluse mit der Overlock.
Ob Frau eine Bluse zur Jeans kombiniert mit einem Gürtel mit großer Schnalle oder zu einem Bleistiftrock oder einer schmalen Hose (wenn sie schmal ist), bleibt jeder Dame selbst überlassen. Blusen allerdings sehen immer gut aus und sind von sportlich bis elegant überall einsetzbar. Ich wäre eher so der Jeans/Gürtel-Typ.
Welche Nadel zu welchem Stoff?
Der für das Projekt gewählte Stoff ist eine mercerisierte, feine Baumwolle, sehr dicht und sehr leicht mit leichtem Stand. Vor allem ist er gut abgelagert, ich hab ihn in einem Stoffladen in der schönen Schweiz erworben, und fast möchte man meinen, er hätte auf genau diesen Einsatz als Bluse gewartet.
Nach dem Zuschnitt muss ich zunächst mal für den Stoff die richtige Nadel wählen. Da er so fein ist, entscheide ich mich für Microtex, und zwar für eine 70er sowohl in der Nähmaschine, meiner B 780, als auch in der Overlock, der BERNINA L 850. Nur nicht in der Cover, der L220. Ja, auch bei diesem Projekt habe ich die Covermaschine eingesetzt, und zwar außerordentlich dekorativ. Dazu später mehr.
Ich entscheide mich also für 70er-Microtex-Nadel in Overlock und Nähmaschine.
Versäubern auf der Overlock – Nadel rechts oder links?
Die linke Nadel nehme ich aus der Overlock heraus und lasse nur die rechte Nadel eingesetzt. Warum? Ich sehe sehr häufig, dass Overlocknutzer nadelwechsel-faul sind, wenn es nicht gerade um Rollsaum oder Flachnaht geht. Wenn ich aber mit zwei Nadeln versäubere, einlagig, laufe ich immer Gefahr, dass mein Stoff zu fein ist, um das Garn beider Nadeln zu halten. Die Naht will sich zusammenkräuseln, was zum manuellen Lockern der Spannungen führt und am Ende zu „schau da nicht genau hin, das liegt ja eh innen“.
So möchte ich meine Nähte nicht haben, die sollen schön sein. Zurück zur Frage – warum habe ich die linke Nadel rausgenommen, und die rechte drin gelassen? Hier gibt es eine einfache Regel:
- Ist der Stoff fest und dick, darf die Naht breit und der Stich lang sein. Beispiel Jeansverarbeitung, Canvas oder auch Möbelstoffe.
- Ist der Stoff fein und leicht, darf die Naht schmal sein und der Stich kürzer. Beispiel Batist, Seide, oder eben mein feiner Baumwollstoff hier.
Der Vorteil vom Klarsichtfuß
Bevor ich nun jedoch an meine BERNINA L 850 gehe, muss ich erstmal die Fältchen an der Schulternaht nähen. Hier entschiede ich mich für den Rücktransportfuss mit transparenter Sohle # 34, weil ich durch den Klarsichtfuß genau sehen kann, wo meine Markierung der Nählinie ist. Ich will ja nicht zu weit und nicht zu kurz nähen, darum hab ich diese Linien mit dem Markierrädchen gerädelt.
Versäubern an der Overlock BERNINA L 850
Danach geht es an die L 850. Zunächst stelle ich erstmal meine Maschine ein. Da die linke Nadel nicht eingesetzt ist, hab ich da auch keine Spannung. Fürs Bild hab ich die runtergedreht. Die rechte Nadel steht auf 4, beide Greifer auf 4,5.
Feine Stoffe und der Differential
Die dünnen Stoffe neigen dazu, sich nicht nur in der Naht selbst zusammenzuziehen (weil z.B. beide Nadeln eingesetzt sind), sie ziehen sich auch gern auf der Länge zusammen. Darum kommen Microtexnadeln / dünne Stoffe einfach häufig mit dem unteren Differential einher, das heisst, die ganzen dünnen Stoffe gehen häufig in den Bereich unter 1.
Dabei wird der Stoff schon zwischen Fuß und Transporteur leicht gedehnt. Man vermeidet so, dass der Stoff gekräuselt unter dem Füßchen rauskommt. Ich führe allerdings meinen Stoff zusätzlich auf leichtem Zug, bzw. eigentlich eher straff gehalten gerade durch die Maschine, damit allem Gekräuselten direkt vorgebeugt wird.
Die Naht rechts ist mein erstes Ergebnis. Man sieht sehr schön, dass durch die schmalere Breite (Nadel rechts) weniger Greifergarn in die Naht darf und die Spannungen der Greifer mit 4,5 immer noch ein kleines bisschen zu locker sind.
Micro Thread Control (mtc)
Ich entscheide mich nun aber nicht für ein Erhöhen der Spannungen, sondern drehe einfach meinen mtc (Micro Thread Control) ein wenig in den Minus-Bereich (Minus bedeutet weniger Greifergarn in der Naht), und ehe ich mich versehe, habe ich obige Naht links.
Verarbeitung von Falten in der Schulternaht
Nun kann ich mich dem Versäubern meiner Schulternähte widmen. Hier habe ich mal wieder bewiesen, dass ich noch lange nicht perfekt nähen kann, nur weil ich nahezu alle Maschinen blind bediene. Für die Frage, in welche Richtung die Falten gelegt werden, musste ich jemanden anrufen (mein Telefonjoker, wie Herr Jauch sagen würde). Denn wenn die Nahtzugaben in die falsche Richtung genäht werden, kann es leicht passieren, dass alles total beulig wird, wenn man den Arm bewegt.
Und so durfte ich lernen: Die Nahtzugaben der Falten werden im Schulterbereich Richtung Schulternaht gelegt und nicht Richtung Halsausschnitt. Sowas ist für mich wichtiges Nähwissen und zeigt ein weiteres Mal, dass wir alle immer noch täglich Neues dazu lernen, egal wie gut wir eine Sache auch beherrschen. Vielen Dank, liebe Brigitta!
Meine Faltentiefen liegen unten, ich starte vom Hals und nähe Richtung Schulter. Die Falten/Abnäher liegen so automatisch Richtung Schulter.
Nahtzugaben- & Belegverarbeitung
Nachdem ich nun wiederum mit meiner Nähmaschine und einem Geradstich die Schulternähte geschlossen habe, muss ich auch beim Versäubern des Halsausschnittes und auch des Armloches auf ein richtiges Liegen der Nahtzugaben achten. Die Nahtzugabe wird ins Vorderteil gelegt, wegen der Falten aber nicht festgesteppt. Ergo muss sowohl am Armausschnitt, als auch am Hals die Nahtzugabe der Schulter nach vorn zeigen. Ist diese verdreht, sieht man das durch einen Knüdel, wie wir Norddeutschen sagen.
Danach widme ich mich den Belegen. Diese werden mit Vlieseline bebügelt und dann natürlich verstärkt versäubert, nachdem sie abgekühlt sind.
Beim Annähen der Belege mit der Nähmaschine freue ich mich über meinen großen Durchlass, obwohl ich gar nicht quilte und gerade auch keine Tasche nähe. Selbst wenn der Stoff nur wenig ist, ist der Platz super nützlich.
Zuerst habe ich beide Vorderteilbelege und den Rückenteilbeleg verbunden, und dann in einem Rutsch von vorn unten rechts über den Hals nach vorn unten links die Belege angesteppt.
Covern auf Webware
Nachdem der Beleg dran ist, wird er komplett nach innen umgeschlagen und gebügelt und muss nun befestigt werden. Und genau hier kommt die Covermaschine ins Spiel.
Normalerweise benötigt man für Webware eine Cover kaum. Der untere Saum wird ja ebenfalls versäubert und dann einfach umgeschlagen und mit der Nähmaschine festgesteppt. Dasselbe könnte ich mit dem Beleg auch tun, aber dann habe ich eine „einfache“ Geradstichnaht auf dem Vorderteil. Ich hätte aber bitte lieber etwas Dekorativeres, darum entscheide ich mich für den Kettstich. Als Kettstich, auch Chainstitch genannt, bezeichnet man eine Covernaht mit nur einer Nadel. Meine L 220 hat im Sonderzubehör den Kettenstichfuß, den nutze ich mit der Nadel links.
Beim Covern kann ich nun aber keine Microtexnadel mehr nutzen. Die L 220 benötigt für ein sauberes Nahtbild zwingend die Overlock Serger Elx705. Hier im Bild sieht man die Nadeln neben dem fertigen Kettenstich. Wir schauen auf den Greiferfaden.
Beim Kettenstich ist es wichtig, die Nadelspannung relativ mittig zu haben, aber die Greiferspannung muss erhöht sein, wobei die Frage, wieviel erhöht, natürlich auch am Garn liegt. Ich habe hier ein Madeira Decora Nr. 12 genutzt, dafür stand mein Greifer auf L.
BERNINA Onlinekurse
Wenn diese Zusammenhänge (Greiferspannung, Garnstärke) Euch noch nicht so geläufig sind, darf ich Euch die Coverkurse bei BERNINA nahelegen, die online statt finden. Ihr findet Sie hier: Onlinekurse des BERNINA Creative Centers.
Neben den Coverkursen bietet das Creative Center in Steckborn auch jede Menge Kurse zu ganz vielen anderen interessanten Themen. Wer also schon immer mal einen Kurs bei BERNINA belegen wollte, aber wegen der weiten Reise nach Steckborn von der Anmeldung abgesehen hat – hier ist sie, die Gelegenheit für so viele Themen ;o)))
Knopf-Varianten
Zurück zu meiner Bluse muss ich mich nun für Knöpfe entscheiden. Den unteren Teil der Bluse habe ich mit der Hand geschlossen, es soll nur eine Fake-Knopfleiste sein.
Variante 2 gefällt mir am Besten – nicht zu langweilig, und die Knöpfe nicht zu groß. Man sieht aber an den Knöpfen sehr schön, wie der unterschiedliche Stil die Wirkung verändert. In den Detailbildern sieht man auch nochmal schön, wie der Kettenstich neben den Knöpfen toll zur Geltung kommt.
Am Ende noch schnell die Säume an den Armen und am Bund, und fertig ist meine Bluse! Ich freue mich total über mein neues Lieblingsstück.
Viel Spaß beim Nachmachen
Eure Manu
Hallo Manu, welches Schnittmuster hast Du verwendet? Gefällt mir sehr gut mit den ausgewählten Knöpfen!
Ja, die Knöpfe wollten förmlich an diese Bluse… ;o) Der Schnitt ist bellah von Prülla! Den werd ich sicherlich nochmal nähen, denn das ist wirklich sehr feminin
Einen schönen Sonntag, und viel Spaß beim nachnähen, Manu
Vielen Dank, in diesen Zeiten ist es wichtig sich mit schönen Dingen zu beschäftigen, wünsche Dir auch einen schönen Sonntag.