Kreative Artikel zum Thema Nähen

Aus dem Nähkästchen geplaudert mit Nicola Reinert von “Manufaktur Nicola Marisa”

Nicola Reinert ist eine Jungunternehmerin aus München, die sich leidenschaftlich für Qualität und einen fairen Textilmarkt einsetzt. Wir sind online auf sie und ihre kleine, feine “Manufaktur Nicola Marisa” aufmerksam geworden und durften sie mit Fragen löchern. Wie sie zur Selbstständigkeit gekommen ist und warum sie sich gegen Fast Fashion wehrt, erfahrt ihr im Interview unten.

Interview mit Nicola von “Manufaktur Nicola Marisa”

Interview mit Nicola

Liebe Nicola, wer bist du und was machst du?
Ich bin die Gründerin der Manufaktur Nicola Marisa und fertige mit viel Liebe zum Detail nachhaltige und hochwertige Taschen und Accessoires in meinem Atelier in München an.

Machst du das alles allein oder hast du ein Team, das hinter dir steht?
Zurzeit mache ich (leider) noch so gut wie alles allein. Sobald ich aber ein größeres Atelier und somit mehr Platz habe, werde ich mir so schnell es geht Unterstützung für die Produktion suchen.

Unter manufaktur-nicolamarisa.com/shop betreibst du einen Online-Shop. Wie läuft das Geschäft allgemein? Wie wurde es durch die Corona-Pandemie beeinflusst?
Als kleines Label bedarf es immer viel Arbeit, neue Leute auf seinen Shop aufmerksam zu machen. Durch Instagram habe ich eine gute Möglichkeit gefunden, den Menschen zu zeigen, wer hinter der Marke steckt und wie die Produkte entstehen. So werden immer wieder neue Leute auf mich aufmerksam und sind hautnah bei der Produktion dabei.
Zu Anfang der Corona-Pandemie hat sich die Unsicherheit in der Gesellschaft auch in meinen Absatzzahlen bemerkbar gemacht. Das hat mir natürlich Sorgen bereitet. Dennoch habe ich nicht an mir und meiner Vision gezweifelt und die Lage hat sich zum Glück auch wieder schnell relativiert.

Generell – wie erlebst du diese schwierige Zeit? Bist du stets motiviert und zuversichtlich oder hast du auch andere Tage?
Alles in allem bin ich ein sehr positiver und lebensfroher Mensch. Dennoch gibt es Momente und Tage, an denen mir die aktuelle Situation auch mal auf die Stimmung schlägt. Aber grundsätzlich kann und darf ich mich nicht beschweren. Das Onlinegeschäft leidet keinesfalls so stark wie viele andere Branchen unter der aktuellen Lage.  
Da ich bereits vor der Pandemie von zu Hause aus gearbeitet habe, hat sich für mich seit Corona nicht sonderlich viel geändert. Aber das Treffen mit guten Freunden, eine Bummel-Tour oder spontane Ausflüge fehlen mir natürlich auch!

Zurück zum Shop: Sind all deine Produkte Unikate?
Alle Produkte fertige ich per Hand in meinem Atelier an. Von einigen Taschen & Accessoires fertige ich eine größere, von anderen eine kleinere Stückzahl an. Je nachdem, wie gut sie bei meinen Kunden/Kundinnen ankommen und wie viel Material ich eingekauft habe. Somit wechselt das Sortiment stetig.

Tasche nähen

Taschen sind dir ein besonderes Anliegen, stimmt’s? Wie kommt’s? Hast du eine Lieblingstasche?
Oh, das war eigentlich gar nicht so geplant. Früher habe ich ausschließlich Kleidung für mich und meine Familie genäht. Als ich dann eines Tages meinen beiden Schwestern eine kleine Kosmetiktasche aus japanischem Wachsstoff zu Weihnachten schenkte, sagten sie zu mir: «Die musst Du unbedingt nähen & verkaufen, die sind wunderschön!». Und so kam eins zum anderen. Rückblickend bin ich sehr froh darüber, dass ich mit einem recht einfachen Produkt gestartet bin. Denn neben der Anfertigung der Produkte kommen so viele weitere Aufgaben auf einen zu, die man erst einmal alle überblicken und geregelt bekommen muss.

Tasche nähen

Was bedeutet Fair Fashion für dich?
Ich finde es unglaublich wichtig, dass alle Menschen mit Respekt behandelt werden! Gerechtigkeit und Fairness waren mir schon immer ein sehr wichtiges Anliegen. So ist es mir auch in meiner Branche wichtig, dass die Menschen respektvoll behandelt und fair für ihre Arbeit bezahlt werden. Durch die Fast-Fashion-Industrie hat sich die Gesellschaft an günstige Textilien gewöhnt und es hat sich eine Wegwerfmentalität entwickelt. Ich finde, dass Handwerk und hochwertige Materialien mehr geschätzt werden müssen. Es muss die Bereitschaft wachsen, für Mode einen höheren, fairen Preis zu bezahlen. Ich will dazu beitragen, dass das Bewusstsein für diese Zusammenhänge wächst. So können wir gemeinsam eine faire und saubere Industrie ermöglichen.

Du achtest auf biologische und umweltfreundliche Materialien. Wie einfach oder schwer ist das? Musst du Kompromisse eingehen?
Die Beschaffung von schönen und hochwertigen Materialien ist oft aufwändig und zeitraubend. Diese dann auch noch aus natürlichen & umweltfreundlichen Rohstoffen zu beschaffen, ist manchmal wirklich eine große Herausforderung, da der Markt dafür noch recht klein ist. Aber mit steigender Nachfrage nach nachhaltiger Mode und umweltfreundlichen Produkten steigt auch das Angebot dieser Materialien, was sich in den vergangenen Jahren deutlich bemerkbar gemacht hat.

Du erstellst Schnittmuster und eBooks – wie läuft das ab?
Meine Schnittmuster entstehen meist recht spontan. Oft ist es so, dass ich eine Idee für ein Kleidungsstück habe, wofür ich dann aber kein passendes Schnittmuster finden kann. Dann tüftle ich einfach so lange herum, bis der Schnitt so passt, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Sobald er in meiner Größe ausgearbeitet ist, schicke ich ihn an eine Schnittdirektrice, die ihn für mich digitalisiert und gradiert. Im Anschluss bestelle ich passende Stoffe und Zubehör und erstelle ein passendes E-Book mit einer ausführlichen Schritt-für-Schritt-Anleitung. Damit der Kunde gleich mit dem Nähen anfangen kann, biete ich zu all meinen Schnittmustern auch passende DIY-Nähsets an. Ein Komplett-Sorglos-Paket sozusagen.

Näh-Set von Nicola Marisa

Kleid Tilda Näh-Set

Wann hast du deine Leidenschaft zum Nähen entdeckt und von wem hast du das Näh-Handwerk gelernt?
Mein aller erstes «Nähwerk» war ein Nadelkissen, das ich mit meiner Oma genäht habe. Durch sie habe ich die Liebe zum Handwerk entdeckt und von ihr meine erste Nähmaschine geschenkt bekommen. Diese Maschine bedeutet mir unglaublich viel, da ich auf ihr das Nähen gelernt und lieben gelernt habe.

Wann und warum hast du ein Unternehmen gegründet? Was hast du vorher gemacht?
Meine Manufaktur habe ich im Sommer 2016 während meines zweiten Bachelor-Studiums zur Textiltechnologin in Reutlingen gegründet. Seit Mitte 2019 betreibe ich mein Unternehmen nun in Vollzeit und bin unglaublich glücklich, tagtäglich das machen zu dürfen, was mich glücklich macht.

Viele träumen von der Selbständigkeit in der Handwerkskunst. Ist es so schön, wie man es sich vorstellt?
Sein eigenes Unternehmen aufzubauen ist sicherlich nicht für jeden etwas. Man muss sehr diszipliniert sein und es wirklich wollen. Aber dann ist es ein tolles Gefühl, jeden Morgen für das eigene Label aufzustehen.

Was schätzt du besonders an deiner Tätigkeit?
Da gibt es so vieles! Aber ganz besonders schätze ich die Freiheit & Flexibilität. Und das kreative Arbeiten. Das liebe ich besonders!

Kompliment zu den schönen Bildern auf Instagram und deiner Website – schiesst du die immer selber? Wenn du selber auf dem Bild bist, brauchst du sicher einen motivierten Kameramann?
Vielen lieben Dank! Nein oft mache ich das auf eigene Faust. Der Selbstauslöser ist mein bester Freund 😀

Nicola im Interview

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Wie wahrscheinlich bei jedem Selbständigen gibt es auch bei mir keinen «typischen» Arbeitsalltag. Jeder Tag sieht anders aus und das ist gerade das Schöne daran. Manche Tage sitze ich viel an der Nähmaschine und produziere Produkte nach, damit das Lager wieder aufgefüllt wird. An anderen Tagen gibt es sehr viel am PC zu tun, ich telefoniere mit Lieferanten, suche neue Materialien oder habe mal etwas Ruhe, um neue Designs zu entwickeln. Das ist immer die große Belohnung für mich, wenn alle anderen To-dos erledigt sind. ? Denn da liegt meine große Leidenschaft!

Handytaschen aus Leder nähen

Nähst du auch mal was für dich oder bleibt dafür keine Zeit?
Leider ist dafür kaum mehr Zeit. Aber dieses Jahr habe ich mir fest vorgenommen, mir mehr Freiraum dafür zu nehmen. Da ich dieses Jahr heiraten werde, möchte ich mir mein Brautkleid selbst schneidern. Das war schon immer mein Traum.

Welches war dein bisher schönster Nähmoment?
Ich werde nie das Gefühl vergessen, als meine Schwester bei Ihrer Hochzeit das Kleid trug, was ich ihr aus einem cremefarbenen Seidenstoff genäht habe. Ich war so stolz, dass sie es an ihrem großen Tag getragen hat und sie sah so wunderschön aus.

Welche Situation beim Nähen ärgert dich besonders?
Wenn die Nadel abbricht! Das Geräusch finde ich richtig unangenehm.

Wie verbringst du deine Freizeit, wenn du nicht am Nähen bist?
Freizeit habe ich momentan nur wenig, was aber gar nicht schlimm ist, denn ich liebe meinen Job! Wenn ich mal eine ruhige Minute habe, tue ich mir gerne mit einer Runde Yoga etwas Gutes.

Gibt es etwas, dass du Näheinsteigerinnen mit auf den Weg geben willst?
Ein gutes Werkzeug ist unglaublich wichtig und macht so viel aus!

Was sind deine Ziele für die Zukunft?
Ich hoffe sehr, dass sich in naher Zukunft die Möglichkeit für ein größeres Atelier ergibt. Die Raumfindung hier in München ist leider aufgrund der hohen Mietpreise nicht ganz so einfach. Aber ich habe eine interessante Immobilie im Blick 🙂

Aus eigenem Interesse: Wir glauben, du nähst mit einer BERNINA. Stimmt’s? Magst du deine Maschine? 🙂
Unter anderem, ja genau! Ich habe mir vor ca. 3 Jahren das Modell B 770 QE gekauft und bin nach wie vor sehr zufrieden mit dieser Entscheidung! Zuvor hatte ich schon ein kleineres Modell von BERNINA und bereits da hat mich die Qualität und saubere Stichbildung der Maschine überzeugt. Da ich durch meine Taschen oft viele Lagen zusammen verarbeiten muss, brauchte ich eine Maschine mit großem Durchlass und einem starken Motor. Da war die Maschine die perfekte Wahl.

Nähen mit BERNINA

Gibt es ein Zubehörteil, das Du besonders magst?
Ich schätze besonders den Kniehebel und den Obertransport. Das erleichtert das Nähen ungemein. ?


Fun facts 

Hast du einen (Näh-)Tick?
Wenn es ums Nähen geht, bin ich eine Perfektionistin. Wenn es nicht so funktioniert, wie ich es mir wünsche, kann ich ganz schön unzufrieden mit mir sein.

Auftrennen oder «ach, egal»?
Definitiv auftrennen! An einem schönen Ergebnis kann ich mich um einiges mehr erfreuen.

Was hörst du beim Nähen?
Musik, Podcasts und manchmal schaue ich nebenher Netflix. ?

Tee oder Kaffee beim Nähen?
Oh, ich liebe Kaffee!

Lieblings-Label für Bekleidung / Stoffe / Schnitte?
Stoff & Stil.

Streichelst du Stoffe?
Ja klar, wer nicht? 😀

Haben deine Nähmaschinen Namen?
Nein, sie sind alle meine «Babys» und ich hege und pflege sie dementsprechend gut.

Durchschnittliche Verweildauer in Stoffgeschäften?
Bestimmt über eine Stunde, ich verliere dort immer das Zeitgefühl.

Ordnung im Nähzimmer oder organisiertes Chaos?
Wenn ich mitten in einem Entwicklungsprozess stecke, fliegen in meinem Atelier wortwörtliche die Fetzen und man kann den Boden nicht mehr betreten. Danach brauche ich aber wieder eine gewisse Grundordnung.


Mehr Informationen über Nicola von “Manufaktur Nicola Marisa” findet Ihr hier:

Onlineshop: www.manufaktur-nicolamarisa.com

Instagram: manufaktur_nicolamarisa

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