Kreative Artikel zum Thema Nähen

Raffiniertes Vintage-Sommerkleid aus leichter Baumwolle

Vintage-Sommerkleid nähen

Wir lieben sie, diese wunderschönen Retrokleider mit weit schwingenden Röcken, kurvenumschmeichelnden Schnitten und einem gewissen Hollywood-Glamour. Nähtechnisch sind diese meistens sehr anspruchsvoll und zeitaufwendig – das muss aber nicht sein! In diesem Beitrag zeige ich Euch, wie Ihr ohne viel Aufwand so ein Sommerkleid nähen könnt.

Sommerkleid im Vintage-Stil: der PopOver-Dress

Um das Sommerkleid zu nähen, braucht es nicht viel Zubehör – eine ganz einfache Nähmaschine mit Geradstich reicht völlig aus.

Ich habe es auf meiner BERNINA Record 830 genäht, einem echten Retro-Modell, passend zum Retro-Kleid.

Vintagemaschine fürs Vintage-Sommerkleid: die BERNINA 830 record

Schnittmuster für das Sommerkleid – Vintage, aber bitte einfach!

Das Schnittmuster für dieses Kleid stammt aus dem Buch „Gertie sews jiffy dresses“ von Gretchen Hirsch, im Internet besser bekannt als „Gertie18“. Sie hat sich darauf spezialisiert, Schnittmuster und Nähtechniken der 40er- und 50er-Jahre neu zu interpretieren und daraus ihren eigenen, modernen Nähstil geschaffen. Ihre Nähbücher und Schnittmuster sind alle sehr hochwertig gearbeitet mit ausführlichen Anleitungen und vielen Variationsmöglichkeiten.

Ihr neustes Buch widmet sich, wie der Titel bereits sagt, den „Jiffy Dresses“. Das sind einfach geschnittene Kleider, die man ohne viel Aufwand und Vorkenntnisse „mal schnell“ nähen kann. In den 40ern waren sie eher als einfache “Hauskleider“ gedacht, in unserer Zeit werden sie zu perfekten Basic-Begleitern im modernen Alltag.

Dieses Schnittmuster hier ist eine Abwandlung des „PopOverDress“ zu deutsch „Schlupfkleid“, dem bekanntesten Grundschnittmuster aus dem Buch. Das Kleid besteht nur aus vier Teilen und kommt ohne Abnäher, Teilungsnähte und Reißverschluss aus. Auf Figur gebracht wird es durch den gesmockten Teil in der Taille. „Smocken“ bedeutet das Kräuseln mithilfe von Elastikgarn mit der Nähmaschine.

Vintage-Sommerkleid – ein Klassiker im Buch von Gretchen Hirsch

Der ganze Schnitt besteht nur aus zwei Teilen:

  • Vorder- und Rückenteil vom Kleid mit angeschnittenem Besatz
  • Ein Schrägstreifen zum Versäubern der Armlöcher.

Wie man am Schnitt schon sieht, ist das Kleid eigentlich gerade geschnitten und wird dann in der Taille zusammengerafft.

Anpassungen des Schnittmusters

Auch wenn der Schnitt wirklich sehr minimalistisch ist, bin ich nicht ganz ohne Anpassungen ausgekommen. Bei einer kleinen Internetrecherche habe ich herausgefunden, dass das Kleid bei einigen Hobbyschneiderinnen an den Armlöchern zu weit war und der Stoff dann seitlich an Brust und Rücken Falten geworfen hat. Außerdem stellten einige Damen gerade bei kleineren Größen fest, dass sich der überschüssige Stoff nach dem Raffen der Taille unter den Armen unschön bauscht. Um das zu vermeiden, habe ich zunächst ein Probeteil vom oberen Teil des Kleids aus einem alten Stoffrest genäht und die Taille gerafft.

Bei der Anprobe stellte ich fest, dass Arm- und Schulterbereich bei mir gut passen. Allerdings fand ich auch, dass nach dem Raffen der Taille unter den Armen einfach zu viel Stoff war. Deswegen habe ich die Weite des Kleides etwas verringert und vom Armloch bis unterhalb der Taille einige Zentimeter Stoff weggenommen. Das Kleid selbst ist so weit geschnitten, dass die fehlenden Zentimeter am Rockteil nicht auffallen.

Außerdem habe ich den Start der Naht für die Taillenraffung direkt etwas nach unten versetzt. Ich habe den genauen Sitz später zwar nochmal beim Anprobieren ausgemessen, aber es war schon von vorneherein ersichtlich, dass die Taille bei mir weiter unten sein muss, weil ich über der Brust mehr Stoff brauchte.

Das Material – ich brauch‘ mehr Stoff!

Um dieses Kleid zu nähen, braucht es viel Stoff!

Wer dieses Sommerkleid nähen will, braucht nicht viel Näherfahrung, aber dafür viel Stoff. Durch den weit schwingenden Rock braucht man für Gr.36/38 schon mindestens 2,50m. Habt Ihr dann noch ein Muster, das an der vorderen und rückwärtigen Mitte zusammenpassen muss, sind mindestens 3 Meter notwendig.

Normalerweise nähe ich ja Schnitte nie exakt so nach, wie in der Anleitung angegeben, doch in diesem Fall hat mir das karierte Kleid aus dem Buch so gut gefallen, dass ich es unbedingt nachnähen wollte. Deswegen habe ich mir diesen leichten Baumwollstoff mit Vichykaro-Muster ausgesucht, ähnlich dem in der Abbildung. Meiner ist allerdings nicht rosa, sondern lila-weiß kariert.

Das besondere an Vichykaro-Stoff ist übrigens, dass die Karos nicht aufgedruckt, sondern direkt in den Stoff eingewebt sind. Dadurch passt sich das Muster immer perfekt dem Fall des Stoffs und den Bewegungen im Kleidungsstück an.

Los geht’s! Zuschnitt im schrägen Fadenlauf

Das Zuschneiden ist mein Lieblingsarbeitsschnitt beim Nähen. Wenn ich den Stoff ausbreite und das Schnittmusterpapier rascheln höre, bin ich immer etwas aufgeregt – denn nun geht der papierne Entwurf über auf ein greifbares Material.

Die Herausforderung bei diesem Kleid ist nicht das Nähen, sondern der Zuschnitt. Damit das Muster an der vorderen Mitte schräg zusammenläuft, wird das ganze Kleid im schrägen Fadenlauf zugeschnitten. Das bedeutet, dass die vordere Mitte genau durch die Mitte der Karos verlaufen muss.

Das Matchen der Karos klingt nun als Text so einfach, ich hatte mir das jedenfalls viel einfacher vorgestellt. Als ich das Schnittmuster an den Stoff angelegt habe, stellte ich fest, dass meine Karos nicht nur zwei, sondern drei verschiedene Schattierungen haben. Ups, das hatte ich vorher gar nicht so bewusst wahrgenommen. Es muss also nicht nur die Laufrichtung des Musters übereinstimmen, sondern auch die Farbe der Karos.

Um also einen perfekten Übergang des Musters zu erhalten, habe ich als erstes die Karos ausgemessen. Glücklicherweise hat jedes Karo einen Durchmesser von 1,5 cm – das entspricht genau meiner Nahtzugabe. Das bedeutet, wenn ich an dieser Linie den Stoff zerschneide, wird meine Nahtlinie später auch genau auf der Mittellinie zwischen den Karos liegen, so dass diese immer zusammenpassen, egal aus welcher Stelle des Stoffs ich das Teil geschnitten habe.

Vier nützliche Tipps, um Karomuster beim Zuschnitt zu matchen

Karomuster sehen eigentlich nur toll aus, wenn sie an den Nähten perfekt aufeinander passen. Deswegen habe ich hier ein paar Tipps für Euch, wie Ihr beim Zuschnitt schon den Musteranschluss beachtet:

  • Gleiche Teile, die aneinander genäht werden, niemals doppellagig zuschneiden. Die untere Lage ist dabei nicht sichtbar und ihr könnt nicht sehen, ob das Muster passt
  • Bei den zwei Teilen vom Kleid habe ich zuerst eines zugeschnitten. Dann habe ich mir die Anschlusslinie auf der verbleibenden Stoffbahn angezeichnet und das fertig zugeschnittene Teil darauf gelegt.
  • Durch hoch- und runterschieben des fertigen Teils konnte ich genau die Anschlusskanten des Musters übereinander legen. Diese habe ich dann gut festgesteckt, damit der Stoff nicht verrutschen kann.
  • Die Stecknadeln immer durch die Ecken der Karos auf beiden Seiten stecken!

Im Buch findet sich bereits ein Hinweis darauf, dass der leichte Baumwollstoff sehr dazu neigt, sich zu verziehen, besonders an den schräg zugeschnittenen Kanten. Das habe ich bereits beim Zuschnitt gemerkt. An den zugeschnittenen Teilen waren die Karos plötzlich minimal größer als am liegenden Stoff. Solltet Ihr auch so einen leichten Vichykaro-Stoff vernähen, rate ich dazu, die fertig zugeschnittenen Teile nicht zu ziehen, zu bügeln aufzuhängen oder zusammenzufalten. Ich habe sie einfach ganz vorsichtig flach auf den Tisch gelegt und beim Zuschnitt vorsichtig mit der Hand etwas zusammengeschoben. Trotzdem habe ich später beim Zusammenstecken einen minimalen Verzug bemerkt, was aber am Ende nicht weiter aufgefallen ist.

Vorder und Rückenteile zusammennähen

Eigentlich super easy, einfach nur eine gerade Naht – wenn da nicht das Karomuster wäre. Auch wenn der Stoff noch so ordentlich zugeschnitten ist, wenn er beim Zusammennähen verrutscht, passt das Muster trotzdem nicht zusammen.

Damit alle Karos wirklich hundertprozentig aufeinander sitzen, habe ich die beiden Stoffseiten aufeinander gelegt und dann von unten mit der Stecknadeln durch die Spitze jedes zweiten Karos auf beiden Seiten gestochen. Da brauchte ich zwar gefühlte tausend Stecknadeln, aber so konnte garantiert nichts mehr verrutschen!

Beim Nähen habe ich mich nicht hundertprozentig an die Breite der Nahtzugabe gehalten, sondern darauf geachtet, sauber durch die Ecken der Karos zu nähen. Die Knipse (Passzeichen) habe übrigens zugunsten des Muster-Matchings ignoriert und gar nicht erst auf den Stoff übertragen.

Weil mein Baumwollstoff doch etwas dünn ist und wie oben schon beschrieben dazu neigt, sich zu verziehen, habe ich die Schulternähte zusätzlich noch mit schmalen Vlieseline-Streifen verstärkt. Das mache ich bei den meisten meiner Kleider, einfach weil die Schulternaht diejenige ist, die am meisten Gewicht halten muss. So bleibt der Schulterteil des Kleids auch bei häufigem Tragen in Form.

Beleg umklappen

Als ich zum Beleg am Halsausschnitt kam, zweifelte ich an mir selbst. Egal wie ich ihn geklappt und gewendet habe, er passte einfach nicht. Der Beleg war irgendwie kürzer als der Halsausschnitt und zog von innen, so dass sich außen komische Falten gebildet haben. In diesem Moment wusste ich echt nicht weiter. Was hatte ich da falsch gemacht?

Ich habe die Schulternaht zweimal aufgetrennt und versucht, das irgendwie hinzukriegen, aber es passte nicht. Nach kurzer Recherche im Web musste ich zum Glück erkennen – hier lag der Fehler nicht bei mir, sondern am Schnittmuster. Der Beleg ist am Schulterteil zu kurz. Näht man ihn wie vorgegeben durchgehend mit der Schulternaht und klappt ihn dann nach innen um, zieht der Stoff von innen.

Mein Beleg war also zu kurz – was tun? Ich habe improvisiert, den Beleg erst umgeklappt und dann die Schulternaht genäht. Von innen sieht es nicht perfekt aus, von außen ist es jedoch nicht sichtbar. Am Ende konnte ich über diesen kleinen „Fehler“ nur noch lachen.

Armlöcher mit Schrägband versäubern & Kleid säumen

Die Armlöcher am Kleid werden mit Schrägband versäubert. Das ist ziemlich einfach zu bewerkstelligen. Wichtig ist auch hier, dass ihr beim Zuschnitt des Schrägbands unbedingt den Fadenlauf berücksichtigt.

Der Saum wird einfach nur doppelt umgeschlagen und dann festgesteppt. Dafür eignet sich ein Saumfuß für die Nähmaschine übrigens besonders gut. Durch die Kante am Füßchen kann der Stoff nicht wegrutschen und die Saumnaht wird perfekt gerade und gleichmäßig.

Vom Zelt zum Kleid

Das Vintage-Sommerkleid ist durch seinen einfachen, geraden Schnitt eigentlich mehr Zelt als Kleid. Die schöne Silhouette entsteht komplett durch das Raffen bzw. Smocken der Taille.

Im Buch gibt es auch eine Variante des Kleids, in dem es nur mit einem Gürtel in der Taille zusammengehalten wird. Spaßeshalber habe ich es nach dem Nähen der Ärmel mal ausprobiert. Ich muss jedoch gestehen, dass mir die gesmockte Variante wesentlich besser gefällt.

Der tolle Smockeffekt sieht nach viel Arbeit aus, ist aber super einfach zu nähen. Dafür wird Elastikgarn als Unterfaden aufgefädelt und dann die Taillenraffung spiralförmig von der Brust bis zum Ende der Taille genäht. Den Startpunkt für die Raffung unterhalb der Brust habe ich an mir selbst abgemessen, nachdem ich die Teile des Kleids schon fertig genäht hatte. Er sitzt bei mir wesentlich weiter unten, als im Schnitt angegeben. Das liegt vermutlich daran, dass der Schnitt eher auf kleinere Brustweiten ausgelegt ist. Die angegebene Länge der Raffung hingegen mit 10,5cm hat bei mir sehr gut gepasst. Sie endet genau am Ende des Taillenbereichs.

Das Smocken mit dem Elastikgarn in der Maschine funktioniert übrigens besonders gut bei älteren Nähmaschinenmodellen. Ich habe gelesen, dass einige der modernen Computernähmaschinen Probleme haben, wenn man Elastikgarn als Unterfaden benutzt. Daher bin ich sehr froh über meine gute alte BERNINA Record 830, die auch mit diesem etwas dickeren Unterfaden einwandfrei nähen kann.

Ist die spiralförmige Elastiknaht genäht, wird sie von der Rückseite aus mit Dampf gebügelt. Durch die Hitze zieht das Gummi sich zusammen und das Kleid erhält die hübsche Raffung. Da die Taille trotzdem elastisch bleibt, lässt sich das Kleid auch ohne Verschluss einfach an- und ausziehen.

Fazit: Instant-Sommerkleid mit Suchtfaktor

So leicht lässt sich ein Sommerkleid nähen! Ich kann mir kein schöneres Kleid für den Sommer vorstellen – die ersten warmen Tage habe ich direkt genutzt, um es draußen auszuführen.

Sommerkleid nähen im Vintage-Stil

Der leichte Baumwollstoff ist auch bei hohen Temperaturen angenehm zu tragen, außerdem ist er sehr knitterarm.

Es mag sich zwar um ein „Vintage“-Schnittmuster handeln, das Kleid lässt sich aber auch mit modischen Accessoires wie flachen Sandalen und einem Oversize-Pulli modern stylen. Ich persönlich bevorzuge die Vintage-Variante, mit Pumps, Lederjacke und einer schicken Sonnenbrille.

Das Schnittmuster hält wirklich, was es verspricht. Das Kleid ist super einfach zu nähen und passt wirklich JEDER Figur. Ich habe dafür ca. vier Stunden gebraucht, inklusive des etwas aufwendigeren Zuschnitts.

Einziges kleines Manko ist der Fehler am Schulterbeleg. Wenn ich das Kleid noch einmal nähe, werde ich den am Schnittmuster direkt korrigieren. Es wird aber sicher nicht das letzte Kleid sein, das ich nach diesem Schnitt genäht habe.

Ansonsten freue ich mich wahnsinnig, dass ich diesen Beitrag zum BERNINA Blog beitragen durfte. Es ist mir eine große Ehre, für eine so renommierte Marke bloggen zu dürfen und ich bin dankbar für diese Chance und Anerkennung. Ich war schon etwas aufgeregt dabei, dieses Nähprojekt für Euch hier zu dokumentieren. Ich hoffe, ihr mögt diesen Beitrag genauso sehr wie ich und dass wir uns bald wieder hier lesen.

Ansonsten bleibt mir nur noch, Euch einen wunderschönen Start in den Sommer, viel Inspiration und viel Nähfreude zu wünschen.

Eure
Lasercat

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