Meine BERNINA L 850 wohnt nun schon seit einer ganzen Weile in meinem Nähzimmer und ich möchte sie nicht mehr missen. Die Bedienung ist sehr intuitiv und man ist schnell am Ziel seiner Wünsche, wenn es um die Sticheinstellung an der Maschine geht.
Allerdings muss ich sagen, dass ich bisher eher auf die klassischen Möglichkeiten zurückgegriffen habe, die ich eigentlich auch mit meiner alten Overlock hätte erledigen konnte. Es wird also Zeit, dass ich mich intensiver mit den Möglichkeiten meiner hochwertigen Overlock beschäftige. Zeit für Experimente!
Wie gut, dass mir beim Aufräumen des Stoffschrankes drei Reststreifen und ein paar Fetzchen Musselin in die Hände fielen. Die Stücke waren bei der #musselintuchchallenge übrig geblieben, zu schade zum Wegwerfen und jetzt genau richtig.
Außerdem fand ich in einer Garnkiste noch ein spannend aussehendes Garn- etwas kräftiger und wollähnlich in der Struktur. Keine Ahnung, wie das irgendwann mal den Weg zu mir gefunden hatte, jedenfalls fand ich die Farbe super zu den Musselinresten.
Vielleicht könnte ich ja noch einen schmalen Schal zaubern? Und selbst, wenn am Ende nichts Tragbares rauskommen sollte, ich hatte einfach Lust, mit meiner BERNINA L850 zu experimentieren, sie weiter kennenzulernen und hier mal den Weg als Ziel zu sehen.
Zeit für Experimente
Ich wollte das Wollgarn im Greifer verwenden und weil sich zeigte, dass das Garn sich nicht „Durchpusten“ ließ, habe ich es einfach an ein Stück feines Garn geknotet. Dieses wird dann via Lufteinfädler gefädelt und der Wollfaden daran sanft durchgezogen. In der Anleitung der Maschine wird noch eine elegantere Version gezeigt- dort wird mit einer Hilfsschlinge gearbeitet, was das Knoten und damit eine unnötige Verdickung erspart.
Dann habe ich diverse Stiche mit diesem Wollgarn probiert: Flachnaht und auch einen Rollsaum. Die Stiche sahen wirklich hübsch aus mit dem voluminösen Garn, doch bei näherer Betrachtung zeigte sich leider, dass es nicht scheuerbeständig ist. Bei leichtem Reiben über der Naht wurde es schon flusig und faserig und schied damit für eine weitere Verwendung aus.
Aber meine Experimentier-Laune war angestachelt und so war es gut, dass ich auf ein vielseitiges Nähfadensortiment von Mettler in meinem Garnschrank zurückgreifen kann. In plötzlicher Farblaune griff ich zu fein glänzendem Poly-Sheen von Mettler in Aquatönen. Und weil das Stickgarn ja sehr dünn ist, ich aber für einen effektvollen Stich gern mehr Volumen wollte, habe ich drei Fäden wie einen behandelt.
Ich fädelte einfach alle drei Nuancen auf einmal in den Greifer- das funktionierte problemlos via Lufteinfädler.
Die breite Flachnaht wurde wunderschön- einzig die Stichlänge habe ich etwas größer gedreht- ansonsten arbeitete die Maschine mit den Grundeinstellungen.
Farb-Experimente
Mit jeder Probenaht wurden meine Stoffschnipsel weniger und ich musste mich entscheiden, wenn am Ende tatsächlich etwas Tragbares herauskommen und es nicht bei einem Sammelsurium an Testnähten bleiben sollte. So entschied ich mich, die langen Streifen leicht versetzt mit Flachnähten zusammenzunähen.
Allerdings in unbunten Farbtönen.
Diesmal kam Silk-Finisch Cotton von Mettler zum Einsatz. Es ist ja stärker als das Stickgarn- aber auch hier war das Einfädeln von drei Farben gleichzeitig kein Problem. Einmal Pusten und durch.
Das Ergebnis ist eine optisch sehr ansprechende, breite Flachnaht
Nun hieß es noch, einen schönen Abschluss für die Außenkanten meines kleinen Schals zu finden. Die BERNINA L 850 bringt zum Glück eine praktische Stichübersicht mit, die immer griffbereit neben meiner Maschine liegt. Auf einen Blick finden sich hier alle Einstellungen und das erleichtert Näh- Experimente sehr.
Die richtige Wahl
Hier fiel meine Wahl dann auf den sogenannten „Kantenumschlinger“ und auch dieser Stich zeigte sich mit der dreifachen Fadenmenge im Greifer als Volltreffer.
Jetzt hatte ich also die Stoffstreifen der Länge nach mit Flachnähten verbunden und die Längskanten mit dem Kantenumschlinger umnäht. Nun blieben nur noch die zwei kurzen Enden meines kleinen Schals, die durch den Versatz der Streifen einen schrägen Fadenlauf hatten und an denen zusätzlich ja auch die Enden der Nahtverbindungen verliefen. Eine kniffelige Sache, denn der schräge Fadenlauf dehnt sich beim Nähen sehr leicht und wenn das Schnittmesser zu viel von den Nahtverbindungen kappt, dann hätte ich am Ende doch keinen Schal, sondern nur jede Menge hübsche Probenähte für die Tonne.
Hilfsmittel
Ich griff also zu einem ganz einfachen, aber sehr effektiven Hilfsmittel.
Ich schnitt mir einen Streifen aus auswaschbarer Stickfolie zu. Normalerweise verwendet man diese Folie, wenn man beim Arbeiten mit der Stickmaschine verhindern möchte, dass die Stickerei z.B. im Flor von Frottee versinkt. Ich nutze es gern bei Knopflöchern z.B. in Walk. Es verhindert dort das Ausdehnen des Stoffes und erleichtert den Transport. Es gibt auch wasserlösliche Vliese, aber ich finde die Folie sehr praktisch, weil man damit auch noch Sicht auf den unterliegenden Stoff hat
Dank dieses Streifens konnte ich die schrägen Seiten problemlos mit der Overlock nähen. Außerdem schützte er die Nahtübergänge und der Nähfuß und Messer glitten problemlos darüber. Nach dem Nähen hält man den Stoff einfach unter fließendes Wasser und die Stickfolie löst sich restlos auf und hinterlässt eine schöne Naht.
Experiment geglückt
Dieses kleine spontane Projekt aus Resten hat mir großen Spaß gemacht. Natürlich freue ich mich, dass am Ende sogar etwas Schönes dabei rausgekommen ist. Aber auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, die Erfahrungen, die ich beim Nähen gesammelt habe, sind Gold wert.
Ich weiß jetzt, dass ich mir ganz nach Belieben mein eigenes effektvolles Multigarn zusammenstellen kann. Und ich brauche schräge Kanten nicht mehr zu fürchten, weil ich weiß, wie ich ganz einfach das Ausdehnen und Wellen verhindern kann.
Und für die nächsten Experimente an meiner Berina L850 liegen hier schon ein paar neue Zubehörteile bereit. Ich freue mich auf die ersten Erfahrungen mit den Paspelfüßchen und dem Blindsaumfuß und werde Euch natürlich an meinen Erfahrungen teilhaben lassen.
Probiert Ihr auch gerne einfach mal so an der Maschine? Oder muss für Euch immer ein Projekt anstehen, wenn Ihr näht? Ich jedenfalls habe es sehr genossen, einfach mal so loszunähen. Ohne fixes Ziel und werde auch in Zukunft öfter mal in die Restekiste greifen und einfach drauf los probieren.
Liebe Grüße aus dem Nähzimmer
Euer Schneiderherz Ute
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