Streberstreifen nähen – nicht nur für Näh-Streber, sondern auch ganz easy für Anfänger
Wisst ihr, was ein Streberstreifen ist? Auf jeden Fall habt ihr ihn bestimmt in eurem Kleiderschrank! Gemeint ist damit eine Einfassung der Nahtzugabe, die auch die Innenseite eines Kleidungsstücks hübsch macht. Die findet man zum Beispiel oft bei Kauf-T-Shirts am rückwärtigen Teil vom Halsausschnitt. Den sieht man nämlich, wenn das Shirt auf einem Kleiderbügel hängt, oder zusammengelegt im Regal liegt.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es dafür auch einen Fachausdruck gibt, aber im Sprachgebrauch der Nähszene wird diese Einfassung liebevoll Streberstreifen genannt. Warum, ist klar, oder? Diese Verarbeitung ist eindeutig ein liebevolles Extra, das vor allem die Trägerin des Kleidungsstücks freut, denn angezogen ist er (meistens) nicht zu sehen. Es ist also kein Muss für das eigentliche Nähen des Modells, aber vielleicht ein Muss für das Herz und Auge der Näherin!
Auf dem Bild oben seht ihr meine Interpretation vom Streberstreifen an einer Strickjacke. Sozusagen die Extended Version. Hier ein genauerer Blick darauf:
Genäht habe ich die Schlumperjacke, mein neues eBook, das heute (29.8.) erscheint. Sie hat einen ringsrum angesetzten Saumstreifen. Durch ihre weite Passform ist auch die Innenseite immer wieder sichtbar, und so habe ich mit dem Streberstreifen die Ansatznaht von diesem Saumstreifen verschönert.
In diesem Beitrag zeige ich euch, wie das geht.
Streberstreifen nähen – aber wo?
Einen Streberstreifen kannst du an jedem beliebigen Schnitt einarbeiten. Überall, wo sonst eine Nahtzugabe sichtbar wäre. Zum Beispiel
- am Halsausschnitt an einem Shirt / Kleid
- an Seitennähten an Oberteilen / Jacken für eine Wendevariante
- an Seitennähten von Hosen oder Ärmelnähte, die sichtbar werden wenn der Saum hochgekrempelt wird
Material – was braucht man?
Ihr könnt den Streberstreifen sowohl aus Jersey (für T-Shirts) als auch aus Webware nähen. Ich habe bei der Schlumperjacke eine Baumwolle-Popeline gewählt.
Materialliste
- passendes Schnittmuster, z.B. die Schlumperjacke
- ca. 20-50 cm Webware oder 5-10 cm Jersey
- farblich passendes Nähgarn zum Streifenstoff
- farblich passendes Nähgarn zum Hauptstoff
- Schneidematte, Lineal und Rollschneider
Genäht habe ich die Jacke mit der BERNINA L 460, und den Streberstreifen mit der Nähmaschine BERNINA 535. Wegen dem Strickstoff habe ich zum Nähen den Obertransportfuss # 50 benutzt.
Vorbereitung – Schrägstreifen zuschneiden und zusammensetzen
Der Streberstreifen ist eine ergänzende Verarbeitung. Das Modell ist also schon genäht. Den Stoffstreifen für den Streberstreifen müsst ihr nun zuschneiden und je nach benötigter Länge zusammensetzen.
Zuschneiden
Bei Webware solltet ihr unbedingt im schrägen Fadenlauf zuschneiden, damit sich die Einfassung auch in Rundungen schön legt. Deshalb spricht man auch von einem Schrägstreifen. Bei Jersey ist das nicht nötig. Hier könnt ihr gerade zuschneiden. In beiden Fällen geht das am besten auf einer Schneidematte mit Lineal und Rollschneider.
TIPP: Auf einem Patchworklineal sind Winkel eingezeichnet, die es ganz einfach machen, die Streifen im 45°-Winkel zu schneiden.
Die Streifenbreite hängt von der Nahtzugabenbreite ab, die eingefasst werden soll. Bei einer Overlocknaht mit 6-7 mm Breite schneide ich einen Streifen 2,5-3 cm Breite zu. Die Breite sollte zwischen 3 und 4 Mal so breit wie die einzufassende Nahtzugabe sein.
Schrägstreifen zusammensetzen
Für eine längere Strecke wie bei der Schlumperjacke müsst ihr den Schrägstreifen aus mehreren Teilstücken zusammensetzen. Dazu legt man die Streifenenden im rechten Winkel übereinander und zeichnet eine Diagonale von Ecke zu Ecke.
Nachdem diese Linie nachgenäht ist, kann der Stoff auf knapp 1 cm zurückgeschnitten werden.
Ich empfehle, diese Naht gut auseinander zu bügeln. Die überstehenden Ecken dürfen weggeschnitten werden.
So bekommt man einen schräg genähten sauberen Übergang zwischen den einzelnen Teilstücken. Der Vorteil dieser schrägen Naht ist, dass sich der zusätzliche Stoff durch die Nahtzugabe nicht auf eine Stelle konzentriert, sondern über eine etwas längere Strecke verteilt.
Streberstreifen nähen
Als erstes habe ich den Schrägstreifen ringsherum rechts (Schrägstreifen) auf links (Saumstreifen) angenäht. Den Anfang habe ich schräg eingeklappt. So muss ich später an dieser Stelle den Streifen nicht zusammennähen.
Genäht habe ich dann auf dem Hauptstoff, um mich an der Overlocknaht orientieren und diese Naht genau darauf setzten zu können. Das Ende habe ich noch ein kleines Stück über den Anfang laufen lassen. Dieser ist durch die Stecknadel markiert.
TIPP: nach dem Annähen kann man die Nahtzugabe etwas zurückschneiden, damit sie nicht so sehr aufträgt.
Jetzt darf gebügelt werden! Zuerst wie auf dem oberen Bild liegend die Ansatznaht des Schrägstreifen ausbügeln, dann wie hier unten zu sehen den Streifen um die Kante bügeln,.
Jetzt kommt schon der letzte Schritt. Den Saumstreifen habe ich wieder aufgeklappt und dabei die eingefasste Nahtzugabe in Richtung der Jacke gelegt. Den Streberstreifen habe ich dann schmalkantig abgesteppt.
TIPP: Orientiert euch hierfür an einer Kante des Nähfüßchens. Die Nadelposition kann man entsprechende anpassen, sodass die Absteppung den gewünschten Abstand zur Kante bekommt.
ACHTUNG: Hier müsst ihr auf die Garnfarben achten. Den Oberfaden habe ich passend zum Streberstreifen gewählt, den Unterfaden passend zur Jackenfarbe.
Und fertig ist mein ringsrum-Streberstreifen!
Den bequemen Cardigan und noch weitere Schnittmuster und freeBooks gibt es auf meiner Webseite. Schaut euch dort gerne um oder lasst euch auch auf meinem Blog zu weiteren schönen Modellen und Verarbeitung inspirieren.
Ich wünsche euch mit meiner Schlumperjacke einen perfekten Start in den Herbst und bleibt kreativ!
eure Katja von KATJUSCHKA
Ich glaube der Couture Name ist Hongkong Methode
Stimmt! Danke schön!
Danke für den Beitrag. Als alte Quilterin würde ich sagen:Noch einfacher geht das, wenn der Streifen doppelt genommen wird und der Stoffbruch als Nählinie für die zweite Naht dient.
Stimmt, das wäre auch eine schöne Variante! Es gibt ja immer viele Möglichkeiten ans Ziel zu kommen 😉 In dem Fall wollte ich, daß es so wenig dick wie möglich wird, deshalb habe ich mich für diese Verarbeitung entschieden.
Hallo Katjuschka,vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich zitiere:…Den Saumstreifen habe ich wieder aufgeklappt und dabei die eingefasste Nahtzugabe in Richtung der Jacke gelegt. Den Streberstreifen habe ich dann schmalkantig abgesteppt…Dazu meine Frage: diese Naht sieht man von aussen, richtig?Liebe Grüsse Susan
Ja genau, dazu gehört das letzte Bild. Diese Naht sieht man von außen und wenn du so wie ich auch dem Streberstreifen nähst, muss die Farbe vom Unterfaden zur Jackenfarbe passen.