Kreative Artikel zum Thema Nähen

Nähen lernen für Anfänger, Teil 6: Schnittmuster richtig lesen und anwenden

In Teil 5 der Blogreihe “Nähen lernen für Anfänger” konntet Ihr schon ein erstes, einfaches Projekt meiner Nähfreundin Kathi kennenlernen. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem Ihr Euch gerne an kompliziertere Nähprojekte wagen möchtet, die ein richtiges Schnittmuster enthalten. Vor allem Bekleidungsprojekte enthalten nicht nur rechteckige Schnittteile.

Was ist ein Schnitt?

Doch welche Schnittmuster-Arten gibt es überhaupt? Wie liest man einen Schnittbogen? Und was mache ich mit den einzelnen Schnittteilen? Die wichtigsten Antworten findet Ihr in diesem Blogbeitrag.

Welche Schnittmuster gibt es?

Schnittmusterbogen einer Zeitschrift

Einen Schnittmusterbogen aus Papier findet Ihr zum Beispiel in Zeitschriften, Büchern oder Einzelschnitten, die im Prinzip gleich funktionieren, aber in ihrer Komplexität oft sehr unterschiedlich sind.

Hier seht Ihr einen Ausschnitt eines Schnittmusterbogens einer klassischen Zeitschrift. Auch wenn sich die Hersteller große Mühe geben und oft mit einer Farbcodierung arbeiten, sieht das ganz schön verwirrend aus. Durch die Überlagerung von Schnittteilen – teils von unterschiedlichen Projekten – kommt es zu einem Linienwirrwarr, das manchmal nicht nur Anfänger auf die Probe stellt. 

Schnittmusterbögen in Büchern kommen da meistens wesentlich weniger komplex daher. Noch aufgeräumter sieht es auf Papierschnitten aus, die nur einen einzelnen Schnitt enthalten.

Auch E-Books enthalten normalerweise nur einen Schnitt. Anstatt eines Papierbogens halten sie jedoch einen digitalen Schnittmusterbogen zum Ausdrucken als PDF-Datei bereit.

Zusammengeklebter Schnitt am Beispiel der "LaPata Socks"

Schnittmuster-PDFs werden auch im Webshop des Magazins BERNINA inspiration angeboten. Außerdem liegen Gratis-Schnittmuster in der Regel in dieser Form vor, z.B. hier im BERNINA Blog.

Ein Schnittmusterbogen-PDF ist meist im DIN-A4-Format angelegt. Dieses müsst Ihr in tatsächlicher Größe (also ohne zu verkleinern oder zu vergrößern) ausdrucken und anschließend nach Vorgabe der jeweiligen Schnitterstellerin beschneiden und zusammenkleben. Im Beispiel oben seht Ihr, wie der Schnittbogen meiner „LaPata Socks“ zusammengesetzt aussieht. Hier gibt es auch eine Farbcodierung, aber da sie lediglich die einzelnen Größen kennzeichnen, findet man sich auf den ersten Blick zurecht.

TIPP: Die Seiten mit der Anleitung müsst Ihr nicht unbedingt ausdrucken, um die Umwelt zu schonen. Gerade am Anfang kann ein Ausdruck aber durchaus hilfreich sein, damit Ihr nicht den Überblick verliert.

Wenn Euch das Ausdrucken und Zusammenkleben zu lästig ist, könnt Ihr schauen, ob der Schnitt als A0-Datei vorliegt. Das ist beispielsweise bei den Schnitten der inspiration der Fall. Diese Datei kann bei einem Druckservice ausgedruckt werden. So entfällt das Drucken, Schneiden und Kleben – allerdings könnt Ihr dann nicht direkt loslegen. 

TIPP: Nutzt auf alle Fälle einen Online-Service, der normalerweise CAD-Zeichnungen druckt. Die Copy-Shops vor Ort bieten meist nur sehr teure Prints an, die sich dafür auch in einem Bilderrahmen an der Wand gut machen würden – aber wir benötigen ja nur Text und Linien. Ich kann den Schnittmuster-Plotservice von REPRO ONLINE empfehlen. 

Bei E-Book-Schnittbögen gibt es eine weitere Besonderheit. In immer mehr Anleitungen ist eine Beamer-Datei enthalten. So kann das Schnittmuster mit Hilfe eines Beamers auf den Stoff übertragen werden. Da das aber schon für manche alte Hasen erstmal ein wenig ungewohnt ist, möchte ich an dieser Stelle lieber auf meinen Blogbeitrag verweisen, der das System genauer erklärt. 

FAZIT: Vor- und Nachteile verschiedener Medien

Für Anfänger eignen sich Einzel-Papierschnitte und E-Books besonders gut. Sie haben einen übersichtlicheren Schnittbogen als bei einer klassischen Schnittmusterzeitschrift. Dafür muss man bei den E-Books den Schnittmusterbogen selbst ausdrucken. Bei Einzelschnitten aus Papier, Büchern und Zeitschriften wird der Schnittmusterbogen direkt mitgeliefert.

Wie Schnittmuster ausdrucken und zusammensetzen?

Ok. Alles klar: Wir wissen jetzt also, wo überall so einen Bogen enthalten ist und wie man ihn eventuell vorbereiten muss. Schauen wir uns das Ganze also mal ein bisschen näher an.

Auf dem Bogen befinden sich alle Schnittteile, die Ihr für ein Projekt benötigt. Dabei können sich Schnittteile auch schon mal überschneiden, um Platz zu sparen.

Legende auf einem Papierschnitt

Diese Schnittteile sind immer benannt und meistens durchnummeriert. Wenn Ihr keinen Einzelgrößenschnitt oder einen Taschenschnitt habt, befinden sich auch weitere Größen leicht versetzt auf dem Bogen. Die unterschiedlichen Größen sind durch verschieden Farben oder Strichelungen gekennzeichnet. Ihr findet Eure Größe entweder entlang der Linie oder in einer extra Legende auf dem Schnittbogen.

TIPP: Wenn die einzelnen Größen unterschiedlich gestrichelt sind, könnt Ihr auch farbige Schnittmuster kostensparend in schwarz-weiß ausdrucken (lassen). Sie unterscheiden sich dennoch ausreichend.

Ebenenfunktion am Beispiel vom E-Book LaPata Socks

Ein hilfreiches Gimmick bei manchen E-Books ist, dass Ihr in Eurem PDF-Viewer auswählen könnt, welche Größe Euch angezeigt wird und ausgedruckt werden soll. Diese Ebenenfunktion ist hilfreich, wenn Ihr immer nur die gleiche Größe näht und Euch gerade am Anfang von den anderen Linien nicht ablenken lassen möchtet.

Zu guter Letzt findet Ihr auf den Schnittteilen wichtige Angaben oder Symbole, damit Ihr den Stoff später richtig zuschneiden könnt. Ein paar typische Anweisungen sind „Im Fadenlauf auflegen“, „Gegengleich zuschneiden“ oder „im Bruch zuschneiden“. Das klingt erst mal etwas ungewohnt, zeige ich Euch aber noch bei dem Schritt, wo es wichtig wird.

Beispielhafte Nähsymbole auf einem Schnittbogen

Die Darstellung für Schnittmuster-Symbole sind nicht genormt, aber meist einfach zu verstehen. Bei Anfänger-Projekten sind lediglich der Fadenlauf-Pfeil und Passmarken interessant. Ausführliche Infos zu Anweisungen und Symbolen findet Ihr im Buch „Nähen – Das Standardwerk“ aus dem TOPP-Verlag. 

Wie Schnittmuster abpausen?

Als Vorarbeit müsst Ihr die benötigten Schnittteile Eures Papierbogens abpausen. Bei Schnitten, deren Schnittteile sich überlappen, dürft Ihr keinesfalls den Schnittmusterbogen direkt ausschneiden, sonst schneidet Ihr Schnittteile, die Ihr später noch benötigt, kaputt. 

TIPP: Auch bei einem Bogen, der mehrere Größen enthält, sollte man immer abpausen, damit man den Schnitt jederzeit erneut in einer anderen Größe nähen kann.

Schnittmusterpapier auf Schnittbogen

Am einfachsten geht das Abpausen mit Schnittmusterpapier. Legt das dünne, durchscheinende Papier auf Eure Vorlage und zeichnet die Schnittteile in Euer Größe inklusive aller Markierungen ab. 

Notiert Euch alle wichtigen Angaben auf dem Schnittteil. Ihr solltet auch vermerken, ob Euer Schnitt bereits eine Naht- und Saumzugabe enthält – und wenn ja wieviel an welchen Kanten – oder ob sie später noch hinzugefügt werden muss.

Schneidet die Schnittteile mit einer Papierschere aus, damit Ihr Euch im nächsten Schritt endlich an Stoff wagen könnt.

Es ist soweit: Ran an den Stoff!

Jetzt geht es ans Eingemachte. Die Papier-Schnittteile werden auf den Stoff platziert. Aber wie?

Im Normalfall werden Schnittteile im Fadenlauf – also in der richtigen Stoffrichtung – aufgelegt. Der Fadenlauf geht von oben nach unten, wenn die Webkanten seitlich vor Euch liegen. Bei Jersey könnt Ihr auch kleine einzelne Maschen erkennen, anhand derer Ihr Euch orientieren könnt. Da Jersey querelastisch ist, könnt Ihr Euch auch daran orientieren.

TIPP: Übrigens Schnittteile werden auf die linke – also die nicht ganz so schöne – Seite des Stoffs aufgelegt, damit alle Markierungen später im Inneren des Projekts liegen.

Symmetrische Schnittteile werden oft im Bruch aufgelegt. Das heißt, dass Euer Stoff parallel zum Fadenlauf gefaltet wird und Euer Schnittteil mit der Stoffbruch-Kante abschließt. Ein ganz typisches Beispiel ist ein Vorder- oder Rückteil eines Shirts.

Schnittteile, die gegengleich aufgelegt werden, benötigt man doppelt in gespiegelter Form, zum Beispiel Ärmel – nämlich einen rechten und einen linken. Der Stoff ist praktischerweise schon doppelt gefaltet, wenn Ihr zuvor ein Schnittteil im Bruch platziert habt.

Ist der Schnitt mit oder ohne Nahtzugabe?

In Euer Anleitung findet Ihr die Angabe, ob der jeweilige Schnitt bereits Naht- und Saumzugaben enthält oder nicht. Diese Information ist grundlegend für die weitere Vorgehensweise.

Für Schnitte mit bereits enthaltener Nahtzugabe

Legt die Schnittteile platzsparend auf Euren Stoff auf und fixiert sie mit ein paar Stecknadeln am Stoff. Ihr könnt auch Nähgewichte verwenden, die alles an ihrem Platz halten. 

Zeichnet die Teile mit einem Nähmarker oder Kreidestift ab. Vergesst nicht, auch alle Markierungen zu übertragen. Auch die vordere und hintere Mitte ist meist als Markierung hilfreich.

Für Schnitte ohne enthaltene Nahtzugabe

Legt die Schnittteile so auf Euren Stoff auf, dass um die Teile herum noch genug Platz für die Nahtzugabe ist. Fixiert sie mit Stecknadeln oder Nähgewichten.

Zeichnet Euch die Naht- und Saumzugaben nach den Angaben in der Anleitung an. Vergesst nicht, alle Markierungen zu übertragen. Am Anfang kann es auch hilfreich sein, das Schnittteil zusätzlich direkt am Rand abzuzeichen, um beim Nähen eine Orientierung für die Nahtlinie zu haben.

Wie das genau mit dem Einzeichnen der Nahtzugaben geht, findet Ihr bei mir auf dem Blog.

Endlich nähen

Schneidet den Stoff entlang Eurer eingezeichneten Schnittlinie aus. Nutzt dafür eine scharfe Stoffschere oder einen Rollschneider in Kombination mit einer Schneidematte.

TIPP: Entfernt die Papier-Schnittteile noch nicht von den Stoff-Schnittteilen, damit Ihr einen besseren Überblick bewahrt.

Bernette B38 Nähmaschiene

Und endlich kann es ans Nähen gehen! Schnappt Euch spätestens jetzt die zugehörige Anleitung, setzt Euch an die Nähmaschine – ich nutze die bernette 38 – und hangelt Euch an den einzelnen Nähschritten entlang. Ihr werdet sehen: Wenn Ihr alles gut vorbereitet habt, ist Nähen das tollste Hobby der Welt!

Image of bernette 38.

bernette 38

Die bernette 38 ist das Topmodell der bernette Serie. Diese Computer-Nähmaschine bietet einen grossen Funktionsumfang und ist günstig im Preis – da bleiben keine Wünsche offen. Sie verfügt über 394 verschiedene Stiche, darunter auch Stretchstiche für dehnbare Stoffe.

Mehr erfahren

Buch: Nähen – Das Standardwerk

Viel Spaß weiterhin mit dieser Blog-Reihe! Hier findet Ihr alle Artikel in der Übersicht: “Nähen lernen für Anfänger”.

Und wenn Ihr so richtig in die Tiefe gehen wollt, empfehle ich Euch das Buch „Nähen – Das Standardwerk“ aus dem TOPP-Verlag. Da steht wirklich alles drin, was Ihr über’s Nähen wissen müsst – nicht nur zum Thema „Schnittmuster“. 

Schaut Euch gern auch meine Anfänger-Schnitte aus der P’Easy-Reihe, meine anderen E-Books, meine Papierschnittmuster oder meine Bücher an.

Frohes Nähen!
Eure Petra

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