Der Frühling hat hier in Südwestdeutschland bislang viel Regen und eher kühle Temperaturen gebracht. Für das wechselhafte Aprilwetter habe ich mir einen Frühlingsmantel genäht. Mit diesem Blogpost möchte ich Euch mitnehmen in dieses Näherlebnis. Hier erfahrt ihr, was ich rund ums Mantel nähen gelernt habe, welche Tipps ich weitergeben kann und warum ein Mantel die perfekte „Übergangsjacke“ ist.
Mantel nähen – Vorbereitungen
1. Das Material
- 3 m Baumwoll-Twill mit Elasthan von Fibre Mood
- 3 m Futterstoff, Viskose-Batist
- Bügeleinlage
- Passendes Nähgarn in grün
- Nähgarn zum Absteppen in einer Kontrastfarbe, hier in lila
- Gewebeeinlage Vlieseline G710
- 16 Knöpfe
- Eine Gürtelschließe
2. Nähzubehör:
- Universal-Maschinennadeln
- Knopflochschlittenfuss #3A
- Zauberstift (Wird beim Bügeln unsichtbar)
3. Das Schnittmuster
Das Schnittmuster stammt von dem Label Schwalbenliebe und hört auf den Namen „Valkyrie“. Eigentlich ist es ein Jackenschnitt, der erst später ein Erweiterungspaket zum Mantel bekam. Den Schnitt samt Mantel-Erweiterung könnt ihr hier erwerben:
Schnittmuser Valkyrie bei Schwalbenliebe
Der Mantel selbst ist ein besonderer Schnitt in vielerlei Hinsicht. Ganz typisch für Schwalbenliebe sieht man im Design die Liebe zur Vintage-Mode. Hier hat sich ein klassischer Trenchcoat mit einem Fünfzigerjahre Damenmantel verheiratet und ist zu einem ganz einzigartigen Design geworden.
Wiener Nähte bringen den Schnitt auf Figur, die Taille wird durch den Gürtel noch einmal extra schön in Szene gesetzt. Vorne wird der Mantel mit Knöpfen geschlossen. Ein besonderes Detail sind die kleinen Labels im Brustbereich vorne und am Rückenteil, die – verziert mit Knöpfen – dem Mantel einen Trench-Look verleihen.
Das Allerwichtigste ist aber: #ithaspockets! Dank der Nahttaschen bietet er auch genug Platz um alles Wichtige zu verstauen.
Um einen solchen Mantel nähen zu können, braucht es vor allem viel Geduld. Dies ist kein Projekt für einen Abend. Alle Details und Steppnähte wollen mit Liebe zum Detail gemacht werden. Genauso viel Arbeit wie in das Nähen sollte aber auch in die Vorbereitung investiert werden, damit am Ende alles perfekt sitzt und passt.
Änderungen am Schnittmuster
Damit mir der Schnitt richtig passt, habe ich die Taillenweite etwas verringert. Dafür habe ich die „Bahnen“ aller Vorder- und Rückenteile mit ihren jeweiligen Rockteilen zusammengeklebt und den Schnitt dann mit dem Kurvenlineal in der Taille schmaler gemacht. So ist sichergestellt, dass die Taillennaht später auch noch zusammenpasst, wenn ich Rock- und Oberteil verbinde.
Falt- und Nahtlinien anzeichnen
Damit dieser Mantel gut aussieht, muss ganz genau gearbeitet werden! Deswegen habe ich mir neben dem Üblichen (Abnäher, Passzeichen) die Faltlinien an den oberen Vorder- und Rückenteilen angezeichnet, sowie die Nahtlinien bei den Kleinteilen, den Labels, den Gürtelschlaufen und dem Gürtel.
Bügeleinlage nicht vergessen!
Damit der Mantel an den richtigen Stellen genug Stand hat, habe ich den Beleg, einen Kragenteil, sowie die Schulternähte mit Bügeleinlage verstärkt. Danach sind die Vorbereitungen abgeschlossen und es geht endlich ans Mantel nähen!
Los geht’s! Mantel nähen – das Futter
Als erstes habe ich alle Teile des Futtermantels zusammengenäht. Angefangen habe ich mit dem Oberteil, dann habe ich die Rockbahnen zusammengenäht. Erst dann habe ich Rock und Oberteil verbunden, die Schulternähte gesteppt und das Ganze an die vorderen Belege genäht.
Fertig! Dann war Zeit für eine kleine Anprobe um schonmal zu prüfen, ob alles richtig sitzt.
Mein Tipp für die Nahtzugaben
Der Rock hat beim Futter mehr Bahnenteile als das Oberteil. Deswegen habe ich sie beim Zusammennähen so unter der Nadel platziert. Dass die Nahtzugabe der Rockteile oben liegt. Der feine Batist neigt dazu, sich an den auseinandergebügelten Kanten unter dem Nähfüßchen zu falten. Liegen die (meisten) Kanten oben, sehe ich das direkt und kann direkt beim Nähen gegensteuern, indem ich die Nadel kurz im Stoff versenke, das Nähfüßchen hochstelle und die Nahtzugabe wieder zurechtrücke.
Mantel nähen – das Oberteil
Beim Mantel besteht das Oberteil aus einem unteren und einem oberen Teil. Als erstes habe ich die unteren Teile zusammengenäht und alles sauber abgesteppt.
Nähte perfekt absteppen
Um die Nähte perfekt abzusteppen, platziere ich die Naht auf der Mittelmarkierung am Nähfüßchen. Als nächstes stelle ich die Nadel um 4 Einheiten nach links und nähe die erste Steppnaht. Für die andere Seite stelle ich sie um 4 Einheiten nach rechts. So sind die Steppnähte gleichmäßig und ganz genau parallel zueinander.
Labels herstellen
Die Labels sind dank der eingezeichneten Nahtlinien sehr einfach zu nähen. Ich schneide danach die Nahtzugabe ab, dann werden sie gewendet, gebügelt und abgesteppt. Sie werden dann an die vorderen Teilungsnähte und an die rückwärtige Mitte geheftet.
Um die Kante der Labels perfekt abzusteppen, habe ich den Blindstichfuß #5 verwendet und die Nadel um 4 Einheiten nach links gestellt. So habe ich immer einen perfekt gleichmäßigen Abstand zur Kante.
Obere und untere Vorderteile verbinden
Auch hier machen sich die angezeichneten Bügel- und Nahtlinien bezahlt. Als erstes steppe ich das obere Teil an das untere. Nun bügle ich die Nahtzugabe nach oben. Den Umschlag lege ich nun genau auf der angezeichneten Linie nach unten und steppe ihn auf der darüber liegenden Linie ab.
Danach steppe ich die Schulternähe und bügle die Zugaben auseinander.
Nahtaschen in den Mantel nähen
Die unteren Rockbahnen des Mantels werden genauso genäht wie die vom Futtermantel, mit der Ausnahme, dass die Seitennähte noch Nahttaschen erhalten
Damit die Taschenbeutel nicht zu dick werden und sich durch den Stoff abzeichnen, habe ich den hinteren Taschenbeutel aus dem Mantelstoff genäht und den vorderen aus dem Futterstoff. Wie ihr perfekte Nahttaschen arbeitet, erfahrt ihr hier im Beitrag „Nahttaschen nähen“.
Als kleines Detail (Das im Schnitt übrigens nicht enthalten ist) habe ich auch die Tascheneingriffe noch mit zwei Labels und Knöpfen verzieht. Die Knöpfe sind rein dekorativ, die eigentlichen Tascheneingriffe befinden sich dahinter.
Ärmel einsetzen
Der Ärmel bei diesem Mantel hat einen eher engen Schnitt und einen Abnäher. Nachdem der Abnäher gesteppt ist, steppe ich der Ärmelseitennähte und bügle die Nahtzugaben auseinander.
Nun wird der Ärmel wird eingereiht und dann eingesetzt. Ein paar Tipps, wie das – besonders bei dickeren Stoffen – besonders schön aussieht, findet ihr hier auf dem BERNINA Blog im Beitrag Tipps für eine schöne Armkugel an Mänteln und Jacken
Die Gürtelschlaufen
Die Gürtelschlaufen habe ich nicht wie im Schnitt angegeben in der Taillennaht verankert, sondern mittig über der Taillennaht platziert. Weil einfach eingeschlagene Gürtelschlaufen schnell ausfransen, habe ich diese nach meiner eigenen Methode gemacht.
Die Stoffstreifen für die Gürtelschlaufen werden ausgeschnitten und dann die kurzen Kanten zuerst um 1,5cm nach innen gebügelt. Auf dem Foto sieht die Linie etwas krumm aus. Das liegt daran, dass der leicht stretchige Stoff sich beim Bügel etwas gewellt hat.
Nun habe ich sie zusammengenäht, die Nahtzugabe gekürzt, sie gewendet und abgesteppt. So ist die Nahtzugabe komplett in den Gürtelschlaufen versteckt und ich konnte sie ober- und unterhalb der Taillennaht auf dem Mantel platzieren.
Haken und Label
Bevor die beiden Mantelteile verbunden werden, habe ich am Futtermantel noch mein Lasercat-Label und einen Haken zum Aufhängen angenäht.
Der Kragen
Der kleine Stehkragen ist bei mir nicht wie im Schnitt angegeben im Stoffbruch zugeschnitten, sondern in zwei Teilen. Ich finde, eine Steppnaht sieht an einer richtigen Nahtkante einfach besser aus und die Kante gibt dem Kragen auch noch zusätzlich etwas Stand. Die Kragenteile werden dazu rechts auf rechts aufeinander genäht, gewendet, gebügelt und abgesteppt.
Zum weiteren Verarbeiten wird der Kragen am Mantelausschnitt angebracht und erstmal nach unten geklappt.
Mantel und Futter verbinden
Jetzt kommen Mantel und Futter zusammen! Als erstes werden die Belege und den Halsausschnitt verbunden. Dann wird das Ganze gewendet und die Nähte gebügelt.
Futterärmel nähen
Der Futterärmel muss 2 cm kürzer sein als der Ärmel des Mantels. Hier auf dem Bild sieht man das ganz gut an den noch unverarbeiteten Ärmelteilen.
Durch eine Wendeöffnung in der Seitennaht werden beide Ärmelenden nach dem Wenden herausgezogen, gesteckt und zusammengenäht. Durch die Wendeöffnung lässt sich der Ärmel nun wieder links auf links drehen. Das klingt im Text wesentlich komplizierter als es ist. Schaut mal in das unten und hier verlinkte Youtube-Video, dafür habe ich es gefilmt, so dass man etwas besser sieht, wie es funktioniert.
Wie man sieht, wird durch die 2 cm Längenunterschied die Ärmelkante nach innen gezogen, sodass man das Futter beim Tragen nicht hervorblitzen sieht.
Die Ärmelkanten habe ich ebenfalls gebügelt und wieder abgesteppt. Bei der kleinen Öffnung am Handgelenk war das eine echte Geduldsarbeit!
Saum verbinden
Auch der Futtersaum muss 2 cm kürzer sein als der Saum des Mantels, um denselben Effekt zu erzielen wie bei den Ärmeln. Um den Saum zu nähen wende ich den Mantel wieder und steppe nun die Saumkanten aufeinander. Weil die Wendeöffnung in der Seitennaht für den gesamten Mantel zu klein ist, habe ich am Saum noch eine etwas größere Wendeöffnung gelassen.
Ist alles gesteppt, wird der Mantel gewendet, gebügelt und dann werden die Wendeöffnungen mit ein paar Handstichen geschlossen.
Knopflöcher nähen
Die Knopflöcher nähe ich mit dem Knopflochschlittenfuß # 3A. Damit nähen sich die Knopflöcher quasi wie von selbst. Man sollte nur gut aufpassen, dass das Nähgut nicht hängen bleibt, sonst gibt es nichts zu tun außer der Maschine beim Nähen zuzusehen. 😊
Den Gürtel nähen
Jetzt fehlt nur noch der Gürtel. Den habe ich nochmal extra mit einer festeren Bügeleinlage verstärkt. Dann habe ich die Teile auf den angezeichneten Nahtlinien aufeinander genäht, gewendet und gebügelt. Die Ösen für den Gürtel habe ich mit der Maschine gestickt.
Weil die Gürtelschließe nicht in der passenden Farbe zu erwerben war, habe ich einfach eine Metallschließe mit Nagellack in der passenden Farbe lackiert.
Und weil mir der Mantel trotz der lila Knöpfe noch irgendwie zu “brav” war, habe ich die Rückseite noch mit einem lustigen Patch und ein paar Buttons verziert. 🙂
Ich hoffe, ich konnte Euch mit meiner Anleitung Mut machen, so ein Projekt anzupacken. Werdet ihr bald selber so einen Mantel nähen? Es ist gar nicht so schwer!
Fazit: Der beste Übergangsmantel der Welt!
Die „Übergangsjacke“ ist ja bekanntlich das komplizierteste Kleidungsstück der Welt. Genau genommen gibt es sie gar nicht. Es gibt Regenjacken, Windjacken, Parkas, Trenchcoats und Mischformen aller Arten von Jacken. Mein Mantel ist dazu auch noch ein bisschen Parka, wegen des grünen Twills, ein bisschen Trenchcoat, wegen der Knöpfe, und ein bisschen Fünfzigerjahre-Romantik, wegen des taillierten Schnitts und des weit schwingenden Rocks.
Für mich ist er das perfekte Kleidungsstück für das wechselhafte Frühlingswetter. Der Baumwolltwill mit dem Viskosefutter ist leicht stretchig und bietet so für den Alltag genug Bewegungsfreiheit. Der Mantel sieht toll aus zum Kleid, macht sich aber auch gut zu Jeans und T-Shirt. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, kann ich die Knöpfe unterhalb der Taille einfach auflassen, dann lässt sich sogar damit radeln! Trotzdem sieht er so elegant aus!
Dank des fließenden Viskose-Futters schwitzt man im Mantel nicht, auch wenn plötzlich die Sonne herauskommt. Wenn es regnet, hilft er allerdings nicht. Da brauche ich nach wie vor den Regenschirm. Weil ich aber nicht immer die Hände frei habe, wurde aus dieser Herausforderung direkt mein nächstes Nähprojekt, über das ich direkt am Montag hier auf dem BERNINA Blog schreiben werde. Dann zeige ich Euch nämlich, wie mein schicker lila Regenhut entstanden ist.
Bis dahin wünsche ich Euch eine wundervolle Frühlingswoche
Eure Lasercat
Einen ganz tollen Mantel hast du genäht. Es steckt sehr viel Arbeit und Liebe zum Detail darin.LG, Heikehttps://teetrinkers-zuhause.de/
Hallo!Ein wirklich toller Mantel 😀 Ich habe auch schon Parkas genäht und ja, man braucht etwas mehr Zeit, aber es lohnt sich, gerade wenn nicht alle betroffenen Körperregionen genau dieselbe Kleidergröße haben ;-)Liebe Grüße
Hallo Miegge,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Wie schön, dass auch Du gerne “langsame” Kleidungsstücke nähst. Das Größenproblem kann ich total nachvollziehen. Ich muss jeden Schnitt immer nochmal anpassen. Umso größer ist dann die Freude, wenn am Ende alles genau richtig sitzt und nichts rutscht oder zwickt.
Liebe Grüße
Theresia aka die Lasercat