Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie kann man mit der Overlock eine Einfassung nähen, wenn der Bandeinfasser den Dienst verweigert? Willkommen beim dritten Artikel unserer Reihe zum Träger-Nähen – Trägertops. Vielleicht seid ihr beim Üben mit den Bandeinfassern noch kreativer geworden und habt verschiedene Träger ausprobiert – seid aber an Grenzen gestossen und benötigt nun Tipps, damit ihr die Hürden überwinden könnt? Heute wird es also hauptsächlich um Varianten gehen, für die kein Bandeinfasser verwendet wird, sei es, weil der Stoff zu dick ist, die Einfassung zusammengesetzt ist oder mit Elast, Spitze oder Bündchen gearbeitet wird.
Diesen Stretch-Frottee zum Beispiel möchte ich nicht im Bandeinfasser verarbeiten – das geht “manuell” schneller.
Bevor wir loslegen, ein kurzer Blick zurück:
Im ersten Artikel hatten wir Bindeträger mit dem Doppelfalten-Bandeinfasser C21 genäht: Zum Artikel.
Im zweiten Artikel hatten wir uns um Doppelträger mit dem Einfachfalten-Bandeinfasser C22 gekümmert: Zum Artikel.
Zusammengesetzte Einfassung nähen
Wenn ich für die Einfassung mehrere Streifen zusammensetzen muss, mache ich es immer wie bei einer Quilteinfassung: Ich setze die Bänder im 45°-Winkel zusammen. Bei Web- und Strickware geht das super einfach, denn wenn ihr die Bänder schon im schrägen Fadenlauf/Maschenlauf, also dehnbar, zugeschnitten habt, habt ihr den 45°-Winkel gleich in der Hand.
Die Nahtzugaben auseinanderzubügeln und die Kanten schön zurückzuschneiden, vereinfacht die Verarbeitung.
Ausserdem wird die fertige Einfassung nicht so dick, da die Naht nicht aufeinanderliegt.
Theoretisch ok, weil ja, mit feineren Stoffen funktioniert es. Dicke oder steife Stoffe würde ich aber nicht durch die Bandeinfasser würgen. Wenn der zusammengesetzte Streifen eine sehr dicke Naht aufweist, kann es sein, dass der Bandeinfasser das nicht schafft. In dem Fall empfehle ich euch:
Bandeinfassung nähen in zwei Schritten
Die Bandeinfassung in zwei Schritten bietet viele Vorteile. Sie vereinfacht es, zusammengesetzte Bänder zu vernähen. Im ersten Schritt nähe ich das Band auf oder unter das einzufassende Teil. Dieses Beispiel wurde auf der bernette 62 AIRLOCK mit dem Standardfuss genäht.
Im zweiten Schritt wird die Bandeinfassung um die Kante gelegt und abgesteppt. Hier mit dem schmalen Coverstich mit LC und CC, ebenfalls auf der b62. Die Nadelmarkierungen auf der Nähfussspitze erleichtern mir das präzise Führen.
Und ihr seid flexibel, was die Breite der Einfassung betrifft. Bei Verwendung des Doppelfalten-Bandeinfassers für nicht vorgefalzte Bänder #C21 und des Einfachfalten-Bandeinfassers für nicht vorgefalzte Bänder #C22 wird die Einfassung fertig 1 cm betragen. Wenn ich eine 1.2 oder 1.5 oder 2 cm breite Einfassung möchte, kann ich einfach den Streifen entsprechend breit schneiden und in zwei Schritten einfassen. Hier ein Beispiel mit der Einfassung 1.5 cm breit. Auf dem Bild könnt ihr auch sehr gut die Stelle erkennen wo die Einfassung zusammengesetzt wurde.
Die Einfassung in zwei Schritten eignet sich natürlich auch für Halsausschnitte in der bevorzugten Breite:
Und wenn ihr dieses Bild genauer anschaut, könnt ihr erkennen, dass ich die eine Schulternaht vor dem ersten Schritt, und die zweite nach dem ersten Schritt, Band aufnähen, zusammengenäht habe. Vor allem in zum Kreis geschlossenen Teilen bietet sich die Bandeinfassung in zwei Schritten an.
Ebenfalls ist auf dem Bild zu erkennen, dass es sich hier um eine Einfachfalten-Bandeinfassung handelt, bei der ich die überstehende Nahtzugabe innen am Schluss zurückgeschnitten habe.
Wenn ich das Einfassen in zwei Schritten nähe, sind es immer “Einfachfalten-Einfassungen. Um beide Bandkanten schön und effizient umzuschlagen, empfehle ich den Doppelfalten-Bandeinfasser C21.
Das Vorgehen eignet sich sehr gut für Trägertops und Trägerkleider.
Bündchen statt Einfassung
In diesem Bild seht ihr zwei Varianten: Könnt ihr auf der Aussenseite Unterschiede erkennen?
Hier die Tops mit Innenseite sichtbar. Welches ist eine Band-(Bündchen-)Variante und welches die Bandeinfassung in zwei Schritten, wo die Nahtzugabe nachträglich zurückgeschnitten wurde?
Hier auf der Unterseite seht ihr der Nahtzugabe an, dass die Einfassung teilweise zurückgeschnitten wurde:
Und hier, auf der Innenseite, könnt ihr sehen, dass die Nahtzugabe Richtung Band gelegt und abgesteppt wurde, es ist also ein “Bündchen”.
Auch hier, bei diesen 3 cm breiten Abschlüssen und 2.5 cm breiten Trägern handelt es sich um Bündchen:
Wie bereits im Blog zum Doppelfalten-Bandeinfasser geschrieben, erlaubt mir diese Bündchen-Verarbeitung das Einhalten von Rundungen. Ausserdem ist die Verarbeitung von dickeren Materialien mit dem Bündchen einfacher, als eine Bandeinfassung zu nähen, ob mit Einfasser oder in zwei Schritten. Dieser Stretch-Frottee ist dafür ein gutes Beispiel:
Auch bei diesem feineren Stoff bin ich gleich vorgegangen. Halsausschnitt und Träger sind als Bündchen gearbeitet. Das sieht von aussen, zum Beispiel mit zwei nebeneinander gesetzten schmalen Coverstichen, so aus:
… und von innen so:
Dabei nähe ich das Bündchen meist zuerst mit Coverstich an, versäubere es mit Overlock und steppe es mit Coverstich ab – und zwar, wie ihr erkennen könnt, die Nahtzugabe Richtung Bündchen, sodass es eine Einfassung imitiert. Ist von aussen doch nicht zu unterscheiden, oder?
Diese Variante von Trägern und Ausschnitten mit “falscher Einfassung” bietet viele Vorteile: ihr könnte massgenau arbeiten. Ihr seid nicht an eine bestimmte Breite gebunden. Ihr könnt Markierungen anbringen und Teile ganz einfach passend zusammenstecken. Und ausser euch kann niemand sehen, dass ihr hier schnell und ohne viele Nähproben ein tolles Resultat erzielt habt.
Es sieht doch auch innen schön aus, oder? Ok, wählt einen Faden, der besser passt, wenn ihr nicht wie ich Fotos machen und zeigen wollt.
Noch mehr Möglichkeiten
Aber nun nochmals ein paar Vorschläge zum Umsetzen von Trägertops, mit und ohne Doppelfalten-und/oder Einfachfalten-Einfassungen.
Gekreuzte Träger mit dem Doppelfalten-Bandeinfasser C21, genäht auf der L 890. Sieht von vorne ganz langweilig aus:
Zeigt den Effekt auf dem Rückenteil:
Hier ebenfalls, Doppelfalten-Bandeinfassung für gekreuzten Träger…
… und mit dem Rest einen dritten Träger mittig daruntergenäht:
Gekreuzter Träger (erstellt aus Bündchen) kombiniert mit Faltgummi mit Zackenlitze. Und hier kommt ebenfalls sehr schön der mehrfarbige Mettler Silk Finish Cotton zur Geltung:
Vergesst also nicht, mit den Fadenfarben zu spielen:
Oder mit kontrastierenden Einfassungen, hier am Beispiel einer Saumkante. Diese Einfassung wurde mit dem Einfachfalten-Bandeinfasser #C22 genäht und die überstehende Nahtzugabe zurückgeschnitten.
Bindeträger genäht mit dem #C21 in Kombination mit einem gekräuselten Kleid:
Dieses feine Top aus Futterstoff “für drunter”…
… hat den Vorteil, dass die Seitennaht aus einer feinen 3-Faden-Rollnaht besteht.
Die Kanten wurden mit dem Doppelfalten-Bandeinfasser für nicht vorgefalzte Bänder #C21 und Kettenstich eingefasst.
Weil ich bei der Seitennaht keine Verbindungsnaht wollte, die das Ganze dicker macht, habe ich der Einfachheit halber die Träger beim Rückenteil mit der Nähmaschine angenäht. Dort hätte die industrielle Verarbeitung wohl zusätzlich einen Schieber implementiert. Dies ist übrigens eines meiner wenigen Teile, welche mit Kettenstich verarbeitet wurden. Ich finde, dieser feine Stich passt sehr gut zum feinen, nur wenig elastischen Material.
Aber der Kettenstich geht natürlich auch für andere Träger mit dem Doppelfalten-Bandeinfasser, Webware oder Jersey, Quer- oder Schrägfadenlauf:
Trägertops – ich liebe sie, egal ob im Sommer einfach so oder für unter Blusen, Jeansjacken oder Blazer. Jede Jahreszeit kann Trägertop-Saison sein!
Damit hoffe ich, dass ihr eure Overlock, Coverstich- oder Kombimaschine viel mehr und einfacher nutzen werdet und wünsche euch viel Freude beim Nähen sowie nachher beim Tragen und Zeigen eurer kreativen Projekte!
Doris
0 Antworten