Hallo ihr Lieben
Im heutigen Beitrag möchte ich mit euch einen super einfachen Tweed-Rock nähen. Denn Tweed sowie auch Bouclé sind diesen Sommer natürlich absolut im Trend und einige Nähzeitschriften haben den “Paris-Chic-Stil” mit tollen, einfachen Schnittmustern aufgegriffen. Klassisch und elegant, nahezu zeitlos. Deshalb habe auch ich mir endlich mal einen solchen schlichten Rock genäht.
Im Urlaub beim Stoffkauf habe ich dann diesen hübschen Tweed-Stoff entdeckt, somit stand das Projekt fest! Und da dieser Schnitt wirklich super einfach und schnell zu nähen ist, möchte ich euch dieses Projekt hier vorstellen. Der Schnitt ist absolut anfängerfreundlich und für geübte ratz ratz genäht. Mit euerer BERNINA Nähmaschine und den passenden Füßchen seid ihr bestens gerüstet. Somit braucht ihr auch als Nähanfänger keine Angst vor Reißverschlüssen haben, denn mit dem passenden Zubehör und dem einen oder anderen Trick ist das kein Hexenwerk.
Ich habe den Rock mit der #b475 und der #l860 genäht. Mit eurer BERNINA sind auch nahtverdeckte Reißverschlüsse kein Problem!
Tweed-Rock nähen – los geht’s
Material und Schnittmuster
Zunächst benötigt ihr das Schnittmuster. Dieses habe ich aus der Zeitschrift “Burda Easy Ausgabe 02/2024”. Der Schnitt ist aber auch als Einzelschnitt erhältlich.
Hier findet ihr das Magazin: Burda Easy 02/2024
Hier geht es zum Einzelschnitt im PDF Format: Minirock aus Boucle 02/24
Zudem benötigt ihr einen passenden Stoff. Tweed, Boucle, ein hübscher Anzugstoff, was immer euch beliebt. Sicher machen auch Cord oder Jeans als eher sportlicher Rock was her. Ich habe mich für einen recht dicken Tweed mit aufgenähten bunten Perlen entschieden, in Größe 36 hat 1m bei voller Breite (140cm) gereicht. Je nach Größe und Muster des Stoffs benötigt ihr eventuell mehr.
Außerdem benötigt ihr:
- Nahtverdeckter Reißverschluss
- 2 Knöpfe
- einen Rest Vliesline G700
- Nähfuß #35 für Nahtverdeckte Reißverschlüsse
Schritt 1: Abnäher des Tweed-Rocks nähen
Nachdem ihr zugeschnitten habt (Achtung, die Naht- und Saumzugaben müssen selbstständig zugegeben werden!) und die Markierungen mit Kreide oder einem Trickmarker übernommen habt, werden die Abnäher genäht. Diese bringen den Rock schön in Form.
Faltet hierfür die Schnitteile (beide hinteren Rockteile und das Vorderteil) an den Abnähern oben rechts auf rechts zusammen und steckt sie fest. Ich stecke die Nadeln immer genau auf den angezeichneten Linien, so kann vor dem Nähen noch rasch geprüft werden, ob auch auf der Rückseite genau die Linie getroffen wurde.
Näht die Abnäher dann mit eurer Nähmaschine genau auf der angezeichneten Linie. Bei dickeren Stoffen wie diesem Tweed ist der Obertransportfuß goldwert! Damit wird der Stoff besser transportiert und das Nähen geht leichter und gleichmäßiger von der Hand.
Näht bis zur Spitze des Abnähers, dort schneidet ihr den Faden nicht automatisch mit der Maschine ab sondern hebt den Fuß an, zeiht das Nähgut unter der Maschine hervor und schneidet die Fäden dann mit der Schere ab, sodass etwa 10cm Faden (lang genug um beide Enden zu verknoten) verbleiben.
Verknotet dann die Fäden und euer Abnäher ist fertig. Wiederholt das für alle vier Abnäher.
Schritt 2: Kanten des Tweed-Rocks versäubern
Bevor ihr nun weiter näht, empfiehlt es sich, die Kanten des Rocks zu versäubern. Gewebte Stoffe fransen oft schnell aus, und damit hier nichts schief geht, versäubere ich meist zu Beginn oder nachdem ich die Abnäher geschlossen habe. Alternativ könnt ihr auch später erst versäubern, wenn euer Stoff weniger stark ausfranst. Die hintere Mitte allerdings sollte vor dem Nähen versäubert werden, da ihr sonst wegen dem Reißverschluss später nicht mehr dran kommt.
Zum Versäubern habe ich die breite 3-Fadennaht der Overlocker verwendet. Achtet dabei darauf, dass ihr eure Nahtzugabe nicht mit dem Messer anschneidet! Diese wäre sonst kleiner und euer Endergebnis könnte zu eng werden.
Tipp für Stoffe mit Perlen wie diesem hier: Schneidet die Perlen, die innerhalb der Nahtzugabe liegen, vorsichtig mit der Schere ab. Somit läuft der Nähfuß der Overlocker besser über den Stoff und die Gefahr, dass die Nadel an einer Perle abbricht verringert sich. Prüft aber vorher an einem Reststück, wie die Perlen am Stoff befestigt sind und ob ihr diese einzeln entfernen könnt ohne die anderen Perlen zu lockern. Ich habe die abgeschnittenen Perlen zudem in einem kleinen Döschen gesammelt, falls beim Tragen oder Waschen mal eine Perle verloren geht, kann diese einfach ersetzt und von Hand wieder angenäht werden.
Schritt 3: Taschen des Tweed-Rocks nähen
Bevor es nun mit dem Rock weitergeht werden die Taschen für den Rock genäht. Diese werden als Rechteck zugeschnitten und die obere Kante wird an der im Schnitt gekennzeichneten Stelle umgeschlagen und festgenäht. Anschließend werden die restlichen drei Kanten um die Nahtzugabe umgebügelt und festgeheftet. Doch was wenn der Stoff so dick ist, dass das ungünstig aufträgt oder gar unsauber aussieht? In diesem Fall (das geht natürlich auch bei dünneren Stoffen) können die unteren Ecken zunächst als sogenannte Briefecke verarbeitet werden.
Zeichnet dafür die Nahtzugaben auf der linken Stoffseite an und am Schnittpunkt dieser Linien zeichnet ihr eine Linie im 45°-Winkel dazu ein. Faltet den Stoff am Schnittpunkt so, dass die eingezeichnete 45°-Linie senkrecht zur Bruchkante verläuft. Näht dann genau auf dieser Linie bis zur Bruchkante und verriegelt die Naht.
Schneidet dann den überstehenden Stoff so ab, dass etwa 3mm Zugabe verleiben. Dann kann die Ecke gewendet werden.
Tipp: Je genauer ihr anzeichnet und näht, desto ordentlicher wird die Ecke.
So sehen die gewendeten Ecken an den Taschen dann aus. Die restlichen Zugaben können nun gebügelt und geheftet werden.
Platziert dann die Taschen gemäß den Markierungen aus dem Schnittmuster am Vorderteil und steckt sie dort fest. Hier ist sogenanntes Wondertape, ein wasserlösliches doppelseitiges Klebeband für Textilien sehr hilfreich! Damit kann beim Nähen nichts mehr verrutschen. Gerade bei aufgesetzten Taschen verwende ich das gerne, damit nach dem platzieren beim Nähen sicher nichts mehr verrutscht und die Taschen auf beiden Seiten symmetrisch platziert sind.
Näht die Taschen dann knappkantig mit eurer Nähmaschine an.
Schritt 4: Nahtverdeckten Reißverschluss einnähen
Jetzt geht es an den nahtverdeckten Reißverschluss. Hier gibt es verschiedene Methoden, diese hier habe ich selbst vor einiger Zeit einmal auf dem Blog hier entdeckt (Meine Top-Nähfüsse, Teil 1: Nahtverdeckter Reissverschlussfuss #35) und seither nähe ich alle nahtverdeckten Reißverschlüsse so ein. Diese Methode finde ich zudem besonders anfängerfreundlich.
Hierzu wird zunächst einmal die hintere Mitte geschlossen. Legt hierfür die beiden Rückenteile rechts auf rechts aufeinander und schließt die Naht von unten bis zur Markierung (hier endet später euer Reißverschluss) mit einem Geradstich und verriegelt an der Markierung die Naht. Dann näht ihr von der Markierung aus bis zum oberen Ende des Rocks wieder mit einem Geradstich, aber diesmal in größter Stichlänge (6) und ohne zu verriegeln. Diese Naht dient nur als Hilfestellung. Bügelt die komplette Naht auseinander.
Nehmt dann eueren nahtverdeckten Reißverschluss zur Hand und messt die Breite von den Zähnchen bis zum Ende des Bands. In diesem Fall beträgt der Wert 1cm.
Markiert euch dann von der Hilfsnaht aus den gerade gemessenen Wert (hier 1cm) links und rechts auf der Nahtzugabe. Die Kante des nahtverdeckten Reißverschlusses trifft dann genau auf diese Markierung. Steckt eine Kanten des Reißverschlusses genau so fest. Dabei sollte zwischen dem obersten Zähnchen (in meinem Fall über dem Metallhäkchen) genau der Wert der gewählten Nahtzugabe am Bund frei bleiben.
Näht dann das Reißverschlussband an beiden Seiten der Nahtzugabe fest. Hier reicht es, wenn ihr im Abstand von 1-2mm an der Kante des Reißverschlussbändchens näht.
Auf dem Bild ist zur besseren Darstellung nur eine Kante festgesteckt. Beide Seiten sollen vor dem nächsten Schritt angenäht werden!
Trennt nun die Heftnaht vorsichtig auf.
Als nächstes montiert ihr den Nähfuss 35 in euerer Maschine.
Das tolle an dieser Methode ist, euer Reißverschluss ist quasi schon festgesteckt. Durch die gerade gesetzte Hilfsnaht kann er nicht mehr verrutschen und wird somit auf beiden Seiten gleichmäßig liegen. Jetzt wird der Reißverschluss ganz knapp hinter den Zähnchen angenäht. Mit dem Nähfuß 35 ist das ganz einfach. Liegt die Zähnchenspirale sauber in der Rille des Füßchens, so klappen sich die Zähnchen beim Nähen ein wenig nach außen um und die Nadel kann direkt hinter den Zähnchen einstechen. Eventuell müsst ihr die Nadel noch ein wenig verstellen. In meinem Fall hat das ohne Verstellen der Nadel geklappt.
Verriegelt die Naht oben und unten gut.
Zieht dann den Schieber vorsichtig durch die Öffnung und prüft, ob der Reißverschluss mühelos geschlossen werden kann.
Schneidet dann gegebenenfalls den überstehenden Rest des Reißverschlusses bis auf eine Zugabe von 2-3cm ab. Ich schneide in dieser Zugabe zusätzlich die Spirale auf etwa 0,5cm heraus und falte dann das Band um und nähe es auf der Nahtzugabe fest, sodass es später nicht ausfransen kann.
Schritt 5: Seitennähte schließen
Nun können die Seitennähte des Tweed-Rocks genäht werden. Legt dazu Vorder- und Rückenteil rechts auf rechts übereinander und steckt die Seiten aufeinander. Näht dann mit dem Geradstich die Seiten fest.
Tipp: Bevor ihr nun den Bund des Rocks annäht, zieht den Rock einmal an und prüft, ob er sitzt. Falls nicht, könnt ihr über die Seitennähte die Weite noch ein klein wenig anpassen.
Schritt 6: Rockbund annähen
Die bereits mit Vliesline vorbereiteten Bundteile werden nun rechts auf rechts zusammengenäht. Habt ihr die Seitennaht in den oberen 4-5cm angepasst, so müsst ihr das natürlich auch am Bund an den Seiten machen. In meinem Fall hatte ich schon im Voraus Richtung Taille die Größe des Rocks von Größe 36 auf 34 reduziert und somit den Bund direkt in Größe 34 zugeschnitten. Geht es euch ähnlich und ihr benötigt verschiedene Größen, probiert das vorab an einem Probestück aus indem ihr aus einem günstigeren Material ähnlicher Art diesen Rock fertigt und die Passform überprüft.
Versäubert nun, falls noch nicht geschehen, die Kanten des Rockbunds.
Sind die Seitennähte des Bunds geschlossen, so wird dieser rechts auf rechts angenäht. Entgegen der Anleitung von Burda nähe ich auch direkt die kurzen Kanten des Bunds hinten am Reißverschluss an. Nutzt hier vorsichtig das Handrad, um bis knapp vor den Reißverschluss zu nähen.
Wendet den Bund dann auf die Innenseite des Rocks und formt, falls ihr ebenfalls direkt die kurzen Kanten mit befestigt habt, die Ecken hinten schön aus. Befestigt den Bund dann von Innen von Hand.
Schritt 7: Saum des Tweed-Rocks nähen
Ihr könnt nun den Saum auf verschiedene Arten nähen. Sichtbar mit einem Gerad- oder Zierstich, “unsichtbar” von Hand oder mit der Maschine. Einen nahezu unsichtbaren Saum mit der Nähmaschine erzielt ihr mit dem Blindstich und dem passenden Nähfuß. Moniert den Blindstichfuß in euerer Maschine und wählt den Blindstich (Stich Nr. 9) aus.
Bügelt dann den Saum zunächst nach innen auf die linke Stoffseite und heftet ihn fest. Dann wird der Saum nochmals umgeklappt, sodass etwa 7mm (die Breite der Overlocknaht die zum Versäubern diente ist ein guter Anhaltspunkt) überstehen.
Näht dann auf der linken Seite des Stoffes mit dem Blindstichfuß. Dabei läuft die Metallführung am Nähfuß genau an der Bruchkante entlang und die darunter vorblitzende Kante geht etwa bis zur rechten Kante des Füßchens.
Hierzu gibt es auch eine tolle Videoanleitung von BERNINA, diese findet ihr hier: Blindsaum nähen Videotutorial
Zu guter Letzt könnt ihr noch die Knöpfe an den Taschen annähen. Jetzt ist euer Tweed-Rock fertig genäht. Ich wünsche euch viel Spaß beim Nachnähen.
Liebe Bianca! Ist es tatsächlich so, dass “Chanel” derzeit angesagt ist? Da muss ich mir doch mal wieder ein paar Nähzeitschriften ansehen müssen…😉 Erst habe ich gedacht, o weh, ein Wollrock im Sommer?!, aber dank Synthetik scheint der Stoff doch sehr leicht auszufallen. Diesbezüglich ein Tipp für diejenigen, die es noch klassischer mögen (und die verhindern möchten, dass bei diesem leichten Stoff, der Saum durchscheint, und bei einem schwereren Stoff der Saum durch die doppelte Stofflage steif absteht): ich finde es sehr hübsch, wenn man solche Stoffkanten ausfranst. Dazu gab es eine kleine Anleitung in einer BERNINA-Broschüre “Seasons of Artistry” von 2002. Die ausgefranste Saumkante entweder nur mit einem Zickzackstich versäubern oder aus übrig gebliebenem Stoff Fäden rausziehen und diese mithilfe des Knopflochfußes #3 und des Kräuselstiches #12 entlang der Saumkante aufnähen. Das sieht auch sehr hübsch aus, wenn man den Saum der oberen Taschenkante nach außen umschlägt und sie genauso ausfranst und versäubert. Viel Spaß beim Ausprobieren und liebe Grüße! Ursula