Bei mir steht eine bernette 62 AIRLOCK, eine reine Covermaschine, damit ich dieses Modell ausprobieren und darauf nähen kann. Dafür habe ich mir vier sehr unterschiedliche Stoffe ausgesucht, einen Chambray, einen dünneren Sweat, einen Big Knit und einen Wintersweat. Mein Ziel ist es, die Maschine zu testen und zu schauen, wie gut sich damit Covernähte nähen lassen, ob die Maschine zu Fehlstichen neigt, ob sich alles gut führen lässt, wie das Einfädeln so läuft und wie es z.B. an sehr dicken Stellen aussieht. Auch das Einfassen soll Thema sein. Ich freue mich sehr und bin gespannt. Gerne könnt Ihr mir in diesem Blog-Artikel über die Schulter schauen. Ein zweiter Artikel folgt demnächst.
Nähen mit der Covermaschine – die bernette 62 AIRLOCK im Test
Den Winter-Sweat habe ich direkt zu einem Hoodie verarbeitet. Aber alles der Reihe nach.
Zunächst schauen wir mal auf meine vier Stoffe, ich habe sehr unterschiedliche gewählt. Der blaue ganz oben im Bild ist der Chambray, in türkis seht Ihr den dünneren Sweat, der Big Knit ist creme und der Wintersweat, aus dem ein Hoodie wird, ist dunkelgrün und ganz rechts im Bild zu sehen.
Welche Nadel für die Covernaht?
Auf die Nadeln und das Garn möchte ich unbedingt vorab gesondert eingehen, denn gerade diese beiden Komponenten werden immer wieder unterschätzt.
Schauen wir zuerst auf die Nadeln. In der Maschine steht als Nadelempfehlung EL x705. Hier ist das Nadelsystem gemeint, das ihr oben im Bild seht. Die EL-Nadeln zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Kolbenverlängerung eine zweite Fadenrinne haben. Diese Rinne wird vom Covergreifer genutzt und ist normalerweise zwingend notwendig, um eine saubere Covernaht zu erhalten.
Es gibt aber 2 unterschiedliche ELx-Nadeln, und genau diese seht ihr im Bild.
Rechts im Bild liegt von Prym ein Nadelsortiment, bestehend aus 80er Nadeln und 90ern. Die 80er sind für dünnere Stoffe, die 90er ist für dicke Stoff. Das gilt immer, auch wenn die Nadeln von einem anderen Hersteller sind. Was aber auf dem rechten Nadelpäckchen nicht steht, ist der Zusatz „SUK“, der auf dem linken Nadelpäckchen zu sehen ist. SUK steht für keine spezifische Abkürzung, darum merke ich mir immer mit einer Eselsbrücke: „SUK“ steht für Stretch UND Knit. Die Nadeln mit den SUK-Zusatz haben eine abgerundete Nadelspitze und sind für alle Maschenwaren. Immer, wirklich immer bei Jersey, Sweat, und hier z.B. unserem Big Knit benötigt man Nadeln mit dem SUK-Zusatz, sonst könnte es im besten Fall “nur” Fehlstiche geben. Im schlechtesten Fall hat man nach der Wäsche Löcher in seiner Maschenware. Die abgerundete Nadelspitze der SUK-Nadel schützt also unseren Stoff vor Löchern.
Das heisst, die rechten Nadeln sind für Webware und somit für unseren Chambray. Da dieser eher dünn ist, entscheide ich mich für die 80er. Unseren Sweat, den Big Knit und den ganz dicken Wintersweat nähen wir mit dem ELxSUK-90er-Nadeln.
Die b62 hat mich sehr überrascht, denn natürlich musste ich mal schauen, ob wir ohne SUK-Nadel eine hübsche Naht in einem Jersey bekommen. Ja, die bekommen wir. Die Löcher nach der Wäsche allerdings auch. Man muss also wirklich auf die Spitze passend zum Stoff achten – das Stichbild gibt hier keine Auskunft.
Das richtige Garn
Beim Covern ist es immer wichtig, qualitativ hochwertige Garne zu nutzen. Darum nehme ich hier Overlockgarne von Madeira und TGE in grau, ein Bauschgarn von Madeira in grau und orange, außerdem das Extra Wolly Nylon eines anderen Herstellers und ein Madeira-Decorgarn in dunkelgrün. Die Garne sind glatt, gleichmäßig und sauber. Wir haben in den genannten Garnen keine Knoten, keine dickeren oder dünneren Stellen, die uns die Fadenspannung zerstören, und wir haben nach dem nähen keinen Dreck in unserer Maschine. Ich kann nur raten, gute Garne zu nutzen, denn das unterstützt die Langlebigkeit der Maschine und das Nahtbild.
Man kann an der besten Maschine sitzen. Passt die Nadelspitze nicht oder ist das Garn knotig, ist es auf keiner noch so hochwertigen Maschine realistisch, eine tolle Covernaht zu bekommen. Was Ihr bei Eurer Overlock vielleicht gerade noch verstecken könnt, weil es möglicherweise innen liegt, ist beim Covern im Fokus.
Die bernette 62 AIRLOCK kurz vorgestellt
Schauen wir mal auf die Maschine.
Die bernette 62 AIRLOCK ist eine reine Coverstitch und verwandt mit der bernette 68 AIRLOCK, die eine Kombimaschine ist. Die bernette 64 AIRLOCK ist die dazu passende reine Overlockmaschine. Alle drei Maschinen haben das nahezu gleiche Gehäuse und unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass sie völlig unterschiedliche Stiche machen. Während die Kombimaschine drei Greifer hat (Obergreifer und Untergreifer zum Overlocken und Covergreifer zum Covern), hat die 64 nur zwei, den Ober- und Untergreifer, und die b62 nur einen, den Covergreifer.
Die b62 wird mit Druckluft eingefädelt, das heisst, es muss kein Greiferweg mehr mit der Pinzette verfolgt werden, sondern der Greiferfaden kommt per Knopfdruck aus dem von links kommenden Covergreifer unter der Stichplatte herausgeflogen.
Das Zubehör ist sehr übersichtlich verstaut, wie wir das von bernette und BERNINA gewohnt sind: im aufklappbaren Deckel vorn an der Maschine. Pinsel, Pinzette und Schraubendreher laufen so weniger Gefahr, in den Tiefen unseres Nähtisches zu entschwinden und niemals mehr gesehen zu werden.
Die Maschine nimmt so ziemlich jede Garnstärke, das ist sehr angenehm, so kann ich mich bei der Frage der Garnfarbe wirklich auch nur nach der Farbe richten und jede Garnstärke nutzen.
An der rechten Maschineseite haben wir ganz oben den Nähfußlifter angebracht, darunter ist die Stichlänge mit einem Knopf einstellbar, darunter befindet sich der Differential.
Im folgenden Video stellt Doris Brechbühl, Overlockexpertin bei BERNINA in Steckborn, die b62 vor:
Das Video ist englisch. Es lassen sich aber deutsche Untertitel einblenden. Klickt dazu auf das Untertitel-Icon im Videoplayer (CC).
Die Covermaschine einfädeln
Beim Einfädeln müssen natürlich einige Dinge beachtet werden.
Die Druckluft wird mit dem Schieber unter der Nadelempfehlung geschlossen.
Danach wird das Handrad gedreht, und die Kanäle schliessen sich. Nun kann der Faden in den Druckluftkanal gelegt werden und mit dem Finger die Druckluft betätigt werden.
Hier ein kleiner Hinweis, der extrem wichtig ist: Niemals darf in diesen Kanal irgendetwas geraten, was flüssig ist, z.B. Öl oder ähnliches.
Wichtig beim Einfädeln ist außerdem, dass auf den kleinen Haken geachtet wird, der sich direkt über der Druckluft-Öffnung befindet. Dieser sollte nicht ausgelassen werden. Der Faden läuft sonst unruhiger, und das wiederum führt dazu, dass sich die zweite Fadenrinne und der Greiferfaden nicht im richtigen Moment begegnen. Ihr ahnt schon, was kommt – die Wahrscheinlichkeit für eine unsaubere Naht steigt.
Wenn der Covergreifer fertig eingefädelt ist, hängt er einfach so aus dem Greifer unten in der Maschine. Er wird nicht nach oben geholt. Beim Covern machen wir immer erst eine Probenaht, und nach dieser ersten Naht ist der Faden auf jeden Fall oben.
Die Nadeln fädle ich immer erst nach dem Greifer ein. Meine erste Naht mache ich mit breitem Nadelstand, also der ganz linken Nadel und der ganz rechten. Die mittlere lasse ich zunächst aus. Ich habe mich für Bauschgarn auf dem Greifer entschieden und zwei normale Madeira-Overlockgarne auf dem Greifer.
So sieht es an meiner Nadelstange aus.
Einstellungen der Covermaschine
Meine Einstellungen für Stichlänge und Differential seht Ihr oben im Bild, meine Stichlänge steht auf knapp 4 und der Differential auf 1, also auf gleichmäßigem Transport.
Zu meinen Fadenspannungen ist folgendes zu sagen: Beim Overlocken fängt man gern in der Überwendlingsnaht an, also mit der 4-Faden-Overlocknaht, mit allen Fadenspannungen auf 4. Das macht beim Covern absolut keinen Sinn. Warum nicht? Unser Greifer muss seinen Faden über die gesamte Breite des Nadelstandes abgeben. Das heisst, beide Nadeln, rechts und links, müssen mit Faden versorgt werden. Würden wir mit einer Greiferspannung von 4 starten, wäre die Fadenspannung des Greifers viel zu hoch. Er würde viel zu wenig Garn abgegeben, um eine glatte Naht zu erzeugen. Die Naht würde sich zusammenziehen. Also lockert man die Fadenspannung so wie in meinem Bild auf z.B. 2, um eine glatte Naht zu erzielen. Allerdings, und das ist ebenfalls ganz wichtig: Wenn kein Bauschgarn genutzt wird, sondern ein dünneres Garn (oder ein dickeres), muss auch die Fadenspannung eine andere sein. Die Fadenspannungsplättchen müssen bei dünnerem Garn enger zusammenstehen und bei dickerem Garn weiter auseinander, um eben genau die richtige Menge an Garn in die Naht zu lassen.
Ich darf hier mal unseren großen Coverkurs empfehlen. Dieser hat über 20 Module, und in nahezu jedem davon geht es bei unterschiedlichen Themen immer wieder um Fadenspannung. Es sind mehrere Projekte enthalten, eine Maschineneinweisung, und natürlich können auch in zwei Live-Onlineterminen alle Fragen direkt geklärt werden. Hier der Link zum Kurs:
Unsere Kurse bleiben Euch lebenslang erhalten. Der Kurs kann also beispielsweise in fünf Jahren erneut angeschaut und wiederholt werden. So häufig, wie Ihr mögt und wie es nötig ist. Dinge geraten mitunter in Vergessenheit. Darum habt Ihr nach der Buchung unbegrenzt Zugang zum Kurs.
Um nun also das Garn des Greifers sauber durch die Maschine ziehen zu können und auch die linke Nadel glatt mit Greifergarn zu versorgen, benötigen die Nadelspannungen angepasst an die Garnstärke des Greifers auch ihre bestimmten Spannungen. Die linke Nadel bekommt die Fadenspannung von 5. Die rechte Nadel benötigt etwas mehr, hier haben wir 5,5.
Wenn wir mit unserer Covernaht beginnen, sollte immer der komplette Nähfuß mit Stoff unterwegs sein. Der Stoff müsste sich sonst seinen Weg unter dem Nähfuß selbst suchen, was zum Ergebnis hätte, dass die ersten Stiche sehr eng wären. Gerade wenn wir also z.B. eine Raglannaht covern möchten, müssen wir ganz am Rand der Nahtzugabe starten. Hier nutzt man einen Rest vom Zuschnitt, um den Fuß nicht auf der Stichplatte stehen zu haben (zwischen die sich der Stoff dann schieben müsste).
Ich jedoch kann, weil es eine Probenaht ist, meinen Fuß einfach auf den Stoff stellen und starten. Beim rundgeschlossenem würde man es genauso machen.
Unser Ergebnis sieht so aus, ich bin begeistert. Die Naht ist gleichmäßig und glatt, dabei dehnbar und sauber.
Covern einer Overlocknaht
Die Maschine näht nicht ganz leise. Das ist aber nichts, was stören würde. Die Naht ist sehr schön und gleichmäßig. Als nächstes teste ich, wie meine Naht beim Abcovern einer Overlocknaht aussieht.
Hierfür lege ich meinen Stoff mit der rechten Seite nach unten und klappe die Nahtzugabe auf eine Seite rüber. Nun platziere ich meinen Stoff so unter dem Fuß, dass die eine Nadel genau in die linke Overlocknadel einsticht, damit mein Greifer dann auf der rechten Seite genau im Nahtschatten beginnt.
Damit Ihr zu diesem Ergebnis gelangt, sollte Euer Stoff von vorn so unter dem Fuß laufen. Die Markierung der linken Nadel sollte etwas ausserhalb Eurer linken Overlocknadel liegen.
Auf dem Bild seht Ihr, wie es aussieht, wenn Eure Naht exakt im Nahtschatten liegt. Ich habe ein Stück abgeschnitten, damit die rechte und linke Seite gleichzeitig zu sehen sind.
Die Maschine lässt sich über das Fußpedal sehr leicht in der Geschwindigkeit regulieren. Gerade bei dieser exakten Art des Führens ist es wichtig, absolute Kontrolle über die Position des Stoffes unter dem Nähfuß zu haben. Wie im Bild zu sehen, ist der Nahtschatten absolut unsichtbar. So sollte das im Idealfall auch sein.
Den Test hat die b62 sehr sauber bestanden. Ich habe eine schöne Naht, die auch auf Strecke absolut fehlstichfrei ist.
Die bernette 62 und Nahtkreuzungen
Bevor ich nun zu 3 Nadeln gehe, möchte ich kurz auf Nahtkreuzungen schauen, wie sie uns ja immer wieder an Hoodiekapuzen begegnen. Ich habe hierfür auf meiner BERNINA L 850 eine Nahtkreuzung genäht. Auch die soeben übernähte Overlocknaht stammt von meiner heißgeliebten L 850.
Von der linken Seite sieht die Nahtkreuzung so aus. Hier ist mir wichtig, dass keine der beiden Nahtzugaben umklappt.
Von der rechten Seite ist immer die Kreuzung wichtig. Es sollte möglichst nichts verschoben sein, alle vier Nahtschatten sollten exakt aufeinander treffen
Auf dem folgenden Bild zeige ich die dickste Stelle nochmal in groß. Ich musste die Naht einmal trennen, da ich so konzentriert auf das richtige Mitführen war, dass sich beim ersten Versuch doch ein kleiner Schlenker eingeschlichen hat.
Falls Ihr auch mal trennen müsst, habe ich hier etwas Tolles für Euch – ein Gratis-Video zu Covernahtabschlüssen: Zum Freebie. Und wie man Covernähte so exakt positioniert wie bei meinem Beispiel im Nahtschatten, erfahrt Ihr in einem zweiten Gratis-Video: Zum Freebie.
Als erstes Fazit zur b62 AIRLOCK kann ich mit reinem Gewissen sagen: Die Maschine näht tadellos auch über dicke Stellen, lässt sich sehr gut führen und liefert ein tolles Nahtergebnis ab. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Nun würde ich die Maschine sehr gern umfädeln auf drei Nadeln. Das schauen wir uns im nächsten Blogbericht an. Dieser erscheint bereits übermorgen hier im BERNINA Blog. Schaut dann gerne wieder rein!
Eure Manu
Sehr gut erklärt, verständlich, viel Information und mit vielen Bildern hinterlegt! 🔝 Ich bin gerade an der Entscheidungsfindung welche Cover bei mir einziehen soll, und die b62 ist eine der drei Maschinen in meiner engeren Auswahl. Daher kommt der Artikel wie gerufen! 😊Ich bin totaler Bernina-Fan und lieeeebe den Kniehebel an meinen Maschinen. Einzig der Deckstich fehlt hier, dafür haben das die beiden anderen möglichen Coverstitch nicht. 🙃 Also gar nicht so einfach. 😅Ich freue mich schon auf den zweiten Artikel! Danke! LG Andrea
Dann viel Spaß mit der Neuen ;O)))
Liebe Grüße
Manu
Unglaublich, liebe Manu! Das ist alles so wunderbar erklärt und reich bebildert, da steckt richtig viel Arbeit von dir drin. Erst wollte ich deine Beiträge gar nicht lesen, weil ich dachte, Covern kann ich…🫣, aber du teilst so viel Wissenswertes mit uns, das ist besonders bereichernd, wenn man weiß, wovon du sprichst, z. B. das Thema mit den Jersey-/Stretchnadeln. Ich vermute mal, das betrifft auch Overlocknähte. Obwohl ich bis zu unserem Umzug in einem wirklich guten Nähmaschinengeschäft “zuhause” war, wurde mir dort sowohl in der Beratung als auch im Nähkurs erklärt, dass Overlock- und Covermaschinen keine Jerseynadeln bräuchten. So wie sie sind, wären sie ja schließlich dafür da, Jersey zu nähen! – und ich hatte dann, wie oben beschrieben, lauter Löcher im Stoff und dachte bis heute, es liegt doch an mir, DENN “Das Problem sitzt meistens vor der Nähmaschine.” Jetzt bin ich erleichtert, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Vielen Dank und liebe Grüße! Ursula
Hab vielen lieben Dank für Deine tollen Worte ;O)) Ja, ich weiß, man denkt immer leicht ” das kenn ich schon alles”, aber gerade beim Thema Nadeln gibt es dauernd soviel Neues, aber auch Fadenspannung kann man immer wieder anders betrachten.
Hab lieben Dank für Dein Kompliment
Viel Spaß beim Nähen
Manu