Ich bin beim Testen meiner bernette 62 AIRLOCK. Den ersten Teil meines Erfahrungsberichtes findet Ihr hier. Darin habe ich auf Nadeln und Garn geschaut und Euch das Einfädeln und das Nähen mit zwei Nadeln im breiten Nadelstand über Nahtkreuzungen gezeigt. Heute wollen wir auf weitere Nähte der Maschine schauen, auf das Nähen mit drei Nadeln und auf den Kettstich.
Nähen mit drei Nadeln mit der Covermaschine
Wir starten damit, dass wir dritte – das ist die mittlere – Nadel mit in die Maschine setzen. Ich nähe heute mit dem Chambray. Das ist ein leichterer Stoff in Jeansoptik mit leichtem Stand. Er ist ganz wunderbar, um daraus Hemden und Blusen zu zaubern, aber auch Sommerkleider oder Hosen sind ganz zauberhaft daraus.
Ich setze meine ELx-Nadeln ein – ohne den SUK-Zusatz, denn Chambray ist keine Maschenware.
Durch die zusätzliche mittlere Nadel muss der Greiferfaden etwas mehr Garn in die Naht geben. Ich vetringere also den Anpressdruck der Fadenspannungsplatten (die Fadenpannung) auf dem Greifer. Durch den geringeren Anpressdruck der Plättchen aufeinander kann mein Greifergarn besser “hindurchflutschen“, es kann also mehr Garn in meine Naht gelangen.
Meine Nadelspannungen lasse ich wie gehabt, links auf 5, rechts auf 5,5. Die Mitte bekommt 4. Die Stichlänge stelle ich auf 4,5, und meinen Differential lasse ich ebenfalls auf gleichmäßigem Transport.
Hier seht Ihr mein Ergebnis – ein besseres Ergebnis wird schwierig, die Naht ist perfekt.
Nur zum Spaß lege ich jetzt mal einen Sweat unter die Nadeln ohne SUK-Zusatz.Und siehe da – die Naht sieht toll aus. Ich muss nichts nachregulieren.
Aber wie im erste Bericht bereits erwähnt: Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Euren Stoff nach der ersten Wäsche mit einem Loch oder einem Fehlstich vorfindet. Die Nadelspitze ohne SUK ist nicht wirklich geeignet für unseren Sweat. Die Maschine überrascht aber sehr positiv. Dass die Naht trotz falscher Spitze so ordentlich ist, hätte ich nicht erwartet.
Big Knit covern mit der bernette 62 AIRLOCK
Wir testen den dritten Stoff in meinem Test, einen cremefarbenen Big Knit.
Hierfür nehme ich die mittlere Nadel wieder aus der Maschine heraus, das Madeira Bauschgarn ebenfalls. Warum? Ich setze das blaue Extra Woolly Nylon in den Greifer. Dieses sehr viel dickere Garn benötigt den Platz. Würde ich jetzt die mittlere Nadel in der Maschine lassen, hätte der Faden keinen Platz auf dem Stoff, um sauber zu liegen zu kommen.
Der Abschneider links an der Maschine, wo sich auch der Nähfußdruck befindet, funktioniert übrigens sehr gut.
Wie man auf dem folgendes Bild sehr gut sehen kann, ist das Extra Woolly Nylon zu dick, um durch die Druckluftkanäle gezogen zu werden. Hier muss mit einem kleinen Trick gearbeitet werden. Wir nutzen eine Fadenschlaufe.
Hierfür lege ich einen Faden doppelt. Mit den offenen Enden des Fadens gehe ich dann in die Druckluft, bis die Anfänge am Greifer heraus kommen. Die Fadenschlinge ist am Eingang noch zu sehen:
Dann öffne ich die Druckluftkanäle, und ziehe meine Fadenschlaufe am ersten Eingang aus den Kanälen.
Mein dickes Garn lege ich in die Schlinge.
Damit kürze ich den Weg ab, das dicke Garn liegt quer vor dem Drucklufteingang, und ich kann es ganz bequem aus dem Greifer herausziehen.
Schaut Euch auch gern hier dieses Video an, dort seht Ihr alles nochmal ganz genau am Beispiel der BERNINA L 850 erklärt:
Das Garn bleibt wiederum einfach unten in der Maschine liegen, es muss nicht nach oben geholt werden. Achtet nur unbedingt darauf, dass es nicht in der Klappe eingeklemmt wird, wenn Ihr die Maschine gleich schliesst.
Für das dicke Garn setze ich meine Stichlänge auf 5. Es gefällt mir sehr gut, dass die b62 einen so langen Stich nähen kann. Gerade bei den dickeren Garnen ist das sehr gut, denn dickes Garn benötigt Platz, um sauber zum Liegen kommen zu können.
Ich nähe zunächst eine Probenaht auf dem Sweat.
Fadenspannung einstellen für Big Knit
Die Naht ist okay, aber neben der Naht mit mit dem dünneren Bauschgarn wirkt sie fast etwas gedrungen. Nun steigen wir etwas tiefer in die Fadenspannung ein. Ich verweise hier gerne nochmal auf unseren großen, über 20 Module umfassenden Coverkurs inkl. Maschineneinweisung, in dem es neben vielen Projekten eben auch immer und immer wieder um die Tücken bei der Fadenspannug, um Dehnbarkeiten und Nahtschönheit geht.
Ich möchte meinen Big Knit nähen. Der Stoff ist dicker als mein Sweat. Das ist einerseits sehr gut, denn durch die Mehr-Dicke kann der Stoff dem Zusammenzug besser standhalten als der dünnere Sweat. Allerdings benötigt der Big Knit durch die Stärke/Dicke eben auch mehr Garn, weil er eben viel höher liegt. Hier kommt nun die über 20 jährige Erfahrung im Covern an den Tag – wir arbeiten entgegen aller Logik mit dem Differential, und zwar im unteren Bereich.
Meinen Differential nehme ich herunter auf 0,6. Warum? Indem ich den Stoff beim Nähen auseinanderziehe, bekomme ich mehr Garn in die Naht (weil ich mehr Stiche auf eine kürze Länge bekomme). Da ich aber bereits den Weg abgekürzt habe und die Druckluft umgangen bin, habe ich keine weitere Möglichkeit mehr, noch mehr Garn in die Naht zu bekommen, um eine gefälligere Naht zu erhalten. Mir bleibt nur das Differential.
Ich ziehe also mit dem Differential als Beispiel einen Stoff, der 20 cm lang ist auf 30 cm – das soll hier nur als Beispiel dienen. Auf diese 30 cm bekomme ich jetzt viel mehr Stiche als auf die 20 cm, die der Stoff eigentlich nur lang ist. Nach dem Nähen springt der Stoff in seine Ursprungslänge zurück, ich habe wieder 20 cm. In diesem 20 cm habe ich aber jetzt die Stichanzahl und die Garnmenge, die in 30 cm gepasst hat. Durch das Mehr an Garn habe ich zum einen eine höhere Dehnbarkeit. Zum anderen liegt meine Naht wunderschön glatt in dem hohen Big Knit.
Und das Beste ist: Meine b62 näht darüber, als hätte sie nur auf diese Aufgabe gewartet. ;O)
Ich habe nicht einen einzigen Fehlstich, meine Naht ist perfekt dehnbar für z.B. einen Saum, und ich bin im Cover-Glück. Ich weiß so einige Maschinen, die in diesem Stoff mit diesem Garn scheitern.
Kettenstich nähen mit der b62
Nun möchte ich als letztes, bevor ich zu meinem Winter-Sweat-Hoodie als Projekt schreite, nochmal auf den Kettenstich schauen. Als Kettenstich bezeichnet man ja einen Coverstich, der nur mit einer Nadel genäht wird. Hier in Hamburg ist das auch der Stich, mit dem früher (ob heute noch, weiß ich gar nicht) die Kaffeesäcke zugenäht wurden. Der Stich hält super, ist aber auch sehr, sehr einfach wieder aufzuziehen. Insgesamt ist eine Covernaht immer sehr einfach aufzutrennen. Schaut gern mal hier in dieses Freebie-Videotutorial rein, da geht es ums richtige Sichern und Starten – und ums Trennen.
Für den Kettenstich nehme ich eine weitere Nadel aus meiner Maschine. Ich lasse nur die ganz rechte Nadel drinnen.
Das hier auf dem nächsten Bild ist übrigens ein „Problem“, das Euch an allen Maschinen begegnen kann, das Garn zwirbelt sich auf!
Dem kann ganz einfach Abhilfe geschaffen werden, indem man das Garn hinter die Maschine auf den Tisch stellt. Es gäbe natürlich noch die Möglichkeit der Garnrollennetze. Aber beides beeinflusst wiederum die Fadenspannung. Also Vorsicht mit allem, was Ablauf und Lauflänge des Garnes betrifft.
Nadeln, die nicht eingefädelt sind, müssen übrigens immer aus der Maschine heraus. Auf einer Overlock muss beispielsweise beim Rollsaum oder einer Flachnaht die nicht eingefädelte Nadel raus, bei einer Cover ebenfalls.
Das Differential nehme ich wieder auf gleichmäßigen Transport, die Stichlänge belasse ich bei 5.
Meine Fadenspannungen muss ich verändern. Der Greifer muss ja nun nur noch die eine Nadel rechts mit Garn versorgen. Das Garn ist zwar dick, aber wir brauchen nur noch Garn für eine Nadel. Ich erhöhe also meine Greiferspannung wieder, damit weniger Garn zwischen meinen Fadenspannungen durchläuft.
Meine Greiferspannung mit dem Extra Woolly Nylon ist im Kettenstich auf der b62 bei 1,5. Wäre das Garn dünner, müsste die Spannung höher sein. Wäre das Garn noch dicker, müsste sie noch weiter herunter. Wäre der Stich kürzer, müsste sie ebenfalls herunter.
Hinter der Fadenspannung steht nur und ausschliesslich Logik. Auch wenn das auf den ersten Blick verwirrend klingen mag. Einmal verstanden, wird es ganz einfach, egal an welcher Maschine Ihr sitzt.
Meine Nadelfadenspannung bei der rechten Nadel habe ich auf 5,5 gelassen. Die Dehnbarkeit meiner Naht gibt mir hier recht. Bräuchte ich mehr Dehnbarkeit, könnte ich sowohl Greifer als auch Nadel noch weiter herunterdrehen. Dann würde zwar der Greiferfaden auf der Rückseite schlaufiger werden – aber wenn ein Kinderkopf vielleicht sonst nicht durch die Kopföffnung passt, dann ist schlaufig besser als zerrissen. ;O)
Der Kettenstich ist so toll, weil er wie ein Geradstich aussieht, aber hochgradig dehnbar ist.
Im dritten und letzten Bericht zur b62 geht es um Wintersweat. Um die Verarbeitung dieses Materials zu testen, habe ich direkt ein Projekt umgesetzt und einen Hoodie genäht. Seid Ihr gespannt, wie ich dabei vorgegangen bin? Dann schaut regelmässig im BERNINA Blog vorbei oder abonniert gleich den Blog-Newsletter! Mein nächster Beitrag erscheint bald.
Bis dahin
Eure Manu
Liebe Cover-InteressentInnen! Lasst euch von Manus Erläuterungen nicht abhalten, euch eine Covermaschine zu kaufen oder mit der gerade gekauften loszunähen. Es klingt für euch vielleicht komplizierter als es ist. Ihr werdet ja nicht gerade mit den schwierigsten Stoffen anfangen und dann reicht ein kleines Grundwissen. Hier geht es wirklich ans “Eingemachte”, um die Möglichkeiten der Maschine auszureizen. Auf die Idee, dass man mit dem Differential die Fadenspannung notfalls noch weiter verringern kann, wäre ich ja nicht gekommen. Alle Details toll erklärt, liebe Manu! Liebe Grüße! Ursula
Hab ganz lieben Dank, liebe Ursula! Covern ist tatsächlich nur logisch. Das hört sich für weniger Erfahrene erstmal alles seltdam an – aber je weiter man einsteigt, desto eher merkt man, dass covern tatsächlich easy ist. Mit der richtigen Maschine und dem nötigen Wissen ist jede Maschine zu tollsten Nähten in der Lage – versprochen
Viel Spaß beim nähen
Manu