Willkommen bei Teil 3 meines Berichtes über die bernette 62 AIRLOCK. In meiner Blog-Beitragsreihe prüfe ich diese Covermaschine auf Herz und Nieren. Nebenbei erhaltet Ihr viele Tipps rund ums Thema Nähen von Covernähten. In Teil 1, der sich hinter diesem Link verbirgt, habe ich die Maschine vorgestellt, mich mit dem Einfädeln und der wichtigen Frage nach Nahtkreuzungen befasst. In Teil 2, der hier zu finden ist, ging es um die 3-Nadel-Covernaht, den Kettenstich und ums Nähen mit sehr dickem Bauschgarn. Die Maschine hat wirklich tolle Ergebnisse geliefert.
Heute möchte mir den letzten meiner vier Test-Stoffe schnappen, den dicken dunkelgrünen Wintersweat, und daraus einen Hoodie nähen.
Hoodie nähen mit der Overlock- und Covermaschine
Als dazu passende Overlock nehme ich gern meine BERNINA L 850. Die beiden Maschinen bilden ein super Team, und ich freue mich sehr auf den Nähtag.
Genau genommen habe ich zu den beiden hier gezeigten Maschinen sogar noch eine weitere genutzt. Der Hoodie wurde hinten unter der Kapuze dezent bestickt, aber dazu später mehr. An diesem Projekt waren vom Team Courleys auch Simone und Dennis beteiligt – ein Gemeinschaftsprojekt quasi.
Die Vorbereitungen am Schnitt
Fangen wir ganz vorne an. Die Arbeit, die niemand gern machen möchte, ist, sich mit dem Schnitt zu befassen. Aber tatsächlich ist es so: Je mehr Zeit man in den Schnitt investiert und schaut, dass dieser wirklich gut passt, desto schneller geht das Nähen UND umso besser und cooler sieht das Ergebnis aus.
Und so haben wir erstmal über dem Schnitt sinniert und alles angepasst. Dafür haben wir einen fertigen Schnitt genommen, diesen auf einen passsenden Hoodie aufgelegt und angeglichen.
Nahtverschübe vermeiden beim covern
Danach ging es auch schon an den Zuschnitt. Die vordere Schliessnaht meiner Kapuze ist meine erste Tat an der L 850 Overlocker.
Die Herbstsaison steht vor der Tür, da greift man gerne zu dicken Stoffen. Und gerade bei diesen passiert es immer wieder, dass sich der Anfang der Stoffe verschiebt oder sogar umklappt. Der entscheidende Punkt, um das zu vermeiden, ist der Nähstart. Der Stoff MUSS unter das Messer geschoben werden und das Messer MUSS oben sein.
Bei meiner L 850 steht das Messer automatisch oben. Aber an einer BERNINA L 450 und vielen anderen Maschinen muss man unbedingt auf die Position des Messers achten. Steht das Messer oben und man macht den ersten Stich, kommt das Messer runter, schneidet direkt den Stoff und beide Stoffe, oben liegender und unten liegender, werden nach hinten weg transportiert. Achtet man nun nicht darauf, wo das Messer beim Nähstart steht, kommt dieses vielleicht gerade in dem Moment nach oben, in dem die Stoffe auf das Messer treffen. Der obere Stoff wird vom Messer mit nach oben genommen – und umgeklappt. Oder auch nur einfach zurück gehalten. Egal, was das Messer mit den Stoffen dann willkürlich macht, der Nahtanfang ist nicht schön.
Darum gilt: Messer bei Nähbeginn nach oben und die Stoffe in den Bauch des Messers legen.
Mein Nahtanfang sieht dann so aus. Beide Stoffe liegen exakt aufeinander.
Der Kniehebel der bernette b62 AIRLOCK
Was bei dicken Stoc´ffen sehr hilfreich ist, ist der Kniehebel. Wenn es nötig ist, den Stoff ein kleines Bisschen nachzuregulieren, ich aber beide Hände am Stoff lassen, dann habe ich keine Hand frei, um den Nähfuß zu liften. Denn nur mit Nähfuß oben kann ich ja meinen Stoff anders positionieren. Hier kommt der Kniehebel ins Spiel. Duch bewegen mit dem Knie nach rechts, hebt der Kniehebel wie eine 3. Hand meinen Nähfuß an. So kann ich beide Hände am Stoff lassen, und trotzdem bequem nachregulieren oder mir den Stoff anders hinlegen – sensationell!
Ösen im XL Hoodie
Bevor es jetzt weitergeht, positionieren wir erstmal die Ösen der Kapuze. Dafür muss unbedingt der Rand verstärkt werden. Hier kann ganz einfaches, reißfestes Stickvlies genommen werden. Oder man greift zu richtigen Ösenstabilisatoren. Der Hoodie soll für jemanden sein, an dem kleine Ös’chen untergehen würden. Bei den großen Ösen mit einem Durchmesser von 1,5 cm ist unsere große Presse Gold wert. Kraftvoll geht sie durch jede noch so dicke Stoffschickt, und wir haben perfekte Ösen in nahezu jedem Material.
Hier mal ein Beispiel in einem Musterordner, der zu unserem Overlockkurs gehört. Mit dieser Presse haben wir auch die vorderen Ösen der Ordner gearbeitet. Die Presse ist richtig toll!
Jetzt kann ich die Kapuze mit dem Beleg vorn fertig machen. Das Ergebnis sieht so aus.
Dank des richtigen Führens verschiebt mir die L 850 natürlich auch solche dicken Lagen an den Nahtkreuzungen nicht. Nun kann ich den Beleg in die Kapuze klappen, und die bernette 62 AIRLOCK bekommt ihren säumenden Auftritt.
Von innen sieht die Naht so aus.
Gerade bei den dicken Nahtkreuzungen ist sowohl Verschub, als auch ein enger Werden der Stiche keine Seltenheit. Im perfekten Zusammenspiel zwischen richtig eingestelltem Nähfußdruck und Führen mit den eigenen Händen kann eine Kreuzung so gleichmäßig aussehen wie im oberen Bild.
Dickes Decorgarn in der bernette b62 AIRLOCK
In den Greifer fädle ich genau wie im Bericht 2 zur b62 hier zum Einfädeln mit Fadenschlaufe ein sehr dickes Decorgarn von Madeira. Der Unterschied zu dem dicken Bauschgarn aus Bericht 2 ist, dass das Madeira absolut nicht dehnbar ist, relativ alt und extrem glatt. Das sind Attribute, die die Anforderung für meine b62 noch erhöhen. Umso mehr bringt mich das Ergebnis in Verzückung.
Jetzt kann ich den Überstand einfach sauber abschneiden. Bevor ich weiternähen kann, brauche ich einen Moment. Ich bin sicher, jeder der näht, kennt diesen Moment der Verzückung, wo man sein Nähprojekt am liebsten an die Brust drücken möchte und sich einfach freut. Genauso ging es mir hier.
Nachdem ich mich für den Moment fertig gefreut habe, möchte ich nochmal kurz den Blick auf die Fadenspannungen lenken.
Meinen Greifer habe ich in der Spannung ganz heruntergedreht, die Nadeln für genügend Zug erhöht. Auf dem kommenden Bild sieht man ganz toll, dass die Maschine trotz erschwerter Bedingungen (dickes älteres Garn, sehr dicker Stoff) ab dem ersten Stich ein perfektes Nahtbild zaubert.
Der richtige Nahtanfang beim covern
Im ersten Bericht zur b62 hatte ich ja geschrieben, dass man immer auf Stoff startet. Bei dem Kapuzenbeleg nutze ich darum sowohl zum Start als auch am Ende ein kleines Stück Rest von Zuschnitt.
Ich zeige hier gern nochmal ein Bild von dem Stoff von der Seite. Wie gesagt – dick und schwer.
Ich schliesse schnell die Schultern und setze die Ärmel ein. Bevor ich die Seitennähte schliesse und Kapuze und Bündchen an Ärmeln und Saum nähe, kommt nun erstmal der Auftritt von Dennis.
Besticken von Wintersweat
Auch Dennis ist Kursleiter bei uns und zuständig für alles rund ums Sticken und Patchworken. Dennis möchte nun mit meiner inzwischen über 10 Jahre alten BERNINA 780 ein Monogramm auf den Hoodie sticken. Vorn auf die Brust soll das nicht. Die Wahl fällt auf hinten mittig im Rücken unter die Kapuze. So ist der Hoodie individuell, aber nicht plakativ. Das Monogramm ist sowieso so dezent, da könnte niemand Plakativität unterstellen. Aber dezent ist dezent.
Über die Ebenen am Bildschirm ist es wirklich sehr einfach, die Buchstaben so zu verschieben, wie es Dennis gefällt.
Unter der Stickerei hat Dennis als Stabilisator ein Weblon Plus verwendet. Auf die Stickerei hat er Avalon Film gelegt. Das Avalon wäscht sich aus, verhindert aber, dass die Stickerei in den dicken Sweat sinkt und unsichtbar wird. Das Ganze soll Ton in Ton gestickt werden.
Man sieht auf dem Bild sehr schön, wie wichtig mitunter ein großer Anschiebetisch ist.
So kommt die Stickerei dann aus der Maschine
Nun kann ich den Pulli fertig nähen, mit der L 850 setze ich die letzten Nähte. Wichtig finde ich noch zu erwähnen, wie ich die Fadenspannung einstelle, wenn ich so extrem dick nähe.
Häufig steht die Fadenspannung in einer Überwendlingsnaht (der 4-Faden-Overlocknaht) ja in allen vier Spannungen auf 4. Nähe ich aber besonders dick, muss ich zum einen natürlich mit der Greifergarnmenge um die komplette dicke abgeschnittene Kante. Ausserdem hat der linke Nadelfaden auch mehr zu halten als bei einem einfachen Jersey. Darum erhöhe ich bei so dickem Material immer die linke Nadelfadenspannung, hier auf fast 6. Und die Greifer passe ich so an, dass die Verschlingung genau auf dem Messerschnitt liegt.
Meine Stichlänge erhöhe ich etwas, mein Differential musste ich tatsächlich so hoch bringen. Der Stoff ist ziemlich dehnbar, und ich möchte keine anmutigen Wellen in meinen Nähten, sondern alles gerade und glatt.
Meine Stichbreite lag bei 8,5. Die Nähte sind traumhaft und insgesamt haben beide Maschinen hier in diesem Vor-herbstlichen Projekt einen wirklich guten Job gemacht. Ich bin begeistert.
Wie näht ihr mit der bernette 62 AIRLOCK? Hinterlasst mir gern, wenn ihr mögt, einen Kommentar
Bis bald
Eure Manu
Moin, mittlerweile nähe ich alle Säume und Ziernähte mit der Bernette b 62. Sehr zuverlässig und unkompliziert. Mein Lieblingsgarn ist Decora Nr. 12. Kann ich auch Decora Nr 6 oder Cotona Nr 4 verwenden, ohne den Greifer zu beschädigen (ist es das Garn, was hier verwendet wird?)?Selbstverständlich ist eine entsprechende Einstellung der Fadenspannung. Ich habe eine Maschineneinweisung einer anderen Maschine eines anderen Herstellers, in der ausdrücklich davon abgeraten wird. Deshalb bin ich unsicher.Über eine Antwort würde ich mich freuen. Viele Grüße Ulrike Kruse
Liebe Ulrike, das hier verwendete Garn ist das Decora 6, allerdeings eins, dass bereits einige Jahre alt ist ;O)
Warum raten Hersteller davon ab, dicke Garne zu nutzen? Mitunter ist es nicht getan damit, die Fadenspannung auf 0 zu drehen. Warum nicht? Weil die Spannung dann immer noch nciht niedrig genug ist, damit das Garn entspannt in die Naht fliessen kann. Wie kann das sein? Selbst bei 0 sind die Spannungsplatten nicht weit genug auseinander, um freien Fluß zu garantieren. Darum sind für die Verarbeitung dieser Garne elementare Hintergründe um das Wissen zur Fadenspannung wichtig UND natürlich auch die Zeit, um diese in Ruhe zu erklären. Wenn jmd diese ganzen Hintergründe nicht komplett versteht und weiß, worauf zu achten ist, kann es immer passieren, dass im besten Fall nur die Naht nichts wird. Im schlechtesten Fall bricht die Nadel oder schlimeres. Darum schule ich wieder und wieder Fadenspannung, das ist quasi der absolute Kern einer jeden Schulung. Schau Dich gern mal bei uns auf der SSeite um, die findest ganz viel dort zu Fadenspannung http://www.courleys.de
Liebe Grüße
Manu
Liebe Manu, herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Ich bin ganz viel auf Deiner Seite, war auch gerade in Trittau zum Overlock-Kurs. Ich habe von der Juki MCS 1800 die Einweisung und darin wird auch über undehnbare dicke Garne gesprochen. Es mag sein, dass ich da etwas falsch verstanden habe und mich deshalb nicht getraut habe, diese Garne zu verarbeiten. Deine Seite ist sozusagen meine Näh-“Bibel” 😉, daher hoffe ich auf weitere Kurse in Trittau. Aber auch online sind die Kurse klasse!
Liebe Grüße
Ulrike
Li
Liebe Manu! Vielen Dank für all die interessanten und hilfreichen Tipps, die du uns hier gegeben hast! Sooo eine schöne Nahtkreuzung habe ich bei Sweatstoffen noch nie hinbekommen. Das weckt meinen Ehrgeiz! Was hat es denn mit dem Alter des Dekorgarns auf sich? Ich weiß, dass älteres Stickgarn zu Fadenriss führen kann und dass Nähte aus altem Nähgarn nicht unbedingt die haltbarsten sind, aber Dekorgarn, dass “nur” durch den Greifer läuft? Liebe Grüße! Ursula
Liebe Ursula
das Alter des Garnes habe ichh nur deswegen erwähnt, weil es von der Optik heute anders hergestellt wird. Das Decora 6 von heute ist einfach nciht mehr ganz so glatt wie das damals war. Das ist der einzige Grund der Erwähnung
Liebe Grüße und vielen Dank für Dein Kompliment
Manu