Ich darf mich ja als “alter Nähhase” bezeichnen- immerhin liegt meine Gesellenprüfung zur Damenschneiderin schon Jahrzehnte zurück. Aber beim Nähen mit der Covermaschine, da zähle ich mich noch zu den Anfängern. Im Mai diesen Jahres zog die bernette 62 AIRLOCK in mein Nähzimmer und seither bereichern ihre Nähte meine Nähprojekte.
Dreamteam Cover & Overlock
Die Coverstitch ist eine optimale Ergänzung zu einer Overlock. Letztere ist aus meinem Nähalltag ja schon seit der Lehrzeit nicht mehr wegzudenken und seit ein paar Jahren darf hier das Modell BERNINA L 850 meine elastischen Nähte nähen und Schnittkanten versäubern.
Als ich jetzt mein neues Sweatshirt genäht habe, habe ich ein paar Bilder für Euch gemacht und möchte Euch nun zeigen, mit welchen kleinen Tricks ich vermeintliche Hürden beim Covern gemeistert habe.
Kniff 1: Möglichst breite Overlocknaht
Wenn man Nähte im Nachgang mit der Doppelnaht der Cover absteppen möchte, dann ist es hilfreich, wenn die Zugaben der Nähte nicht zu schmal sind. Ich habe 1 cm beim Zuschnitt zugegeben und mit der breitesten Einstellung an der BERNINA L850 zusammengenäht, das sind 9mm. Die Nahtführung wird einfach auf 1cm gestellt.
So schneidet die Maschine wirklich nur den überschüssigen Millimeter ab und die Nahtlinie stimmt.
Auf den 9mm Zugabe findet später die Covernaht schön Platz, wenn man von außen absteppt. Wenn Eure Overlock nicht so breit näht, könnte eine zusätzliche elastische Naht der normalen Nähmaschine helfen, auf die Breite zu kommen.
Kniff 2: Klarsichtfuss
Zum Absteppen der Nähte ist für mich der Klarsichtfuss ein “Must-Have”. Er ist leider nicht im Lieferumfang der Maschine enthalten, aber Ihr könnt ihn beim Nähmaschinenhändler Eures Vertrauens ordern. Wer, wie ich, totaler Nähfussfan ist, der kann auch zum Nähfuss-Komplett-Set greifen, aber da sollte man natürlich abwägen, ob man wirklich alle braucht oder lieber gezielt einzeln kauft, wenn Bedarf ist.
Hier könnt Ihr sehen, wie wunderbar man mit dem Klarsichtfuss die Kante zum Steppen erkennen kann. Der Fuss ist etwas kürzer als der Standardfuss- auch das erleichtert die Sicht aufs Nähgut.
Kniff 3: Extra Stoffstück am Nahtanfang
Damit meine Covernaht beim Absteppen auch direkt am Anfang hübsch wird und die Maschine den Stoff brav transportiert, habe ich mir mit einem Ansatzstück beholfen. Einfach auf einem Stoffrest bis kurz vor die Kante nähen, dann den “echten” Nahtanfang direkt anschieben und weiternähen.
So, sieht das dann fertig aus. Da sich der Coverstich nicht vom Nahtanfang her aufribbelt, kann das Stoffstück einach abgeschnitten werden.
Beim Nahtende sieht das anders aus. Da muss man wirklich aufpassen, dass man die Naht richtig beendet, denn sonst ribbelt sie einfach auf. Das gilt besonders, wenn man in der Runde näht, denn ein Coverstich sichert sich NICHT durch Übernähen des Anfangs.
Kniff 4: Sicherungswerkzeug nutzen
Um das Nahtende korrekt zu sichern, liegt der Bernette 62 Airlock ein sogenanntes “CS Sicherungswerkzeug” bei. Hinter dem etwas sperrigen Namen, verbirgt sich ein kleiner flacher Plastikhaken, mit dem man einfach die Fäden zwischen der Stichplatte und dem Nähfuß hervorziehen kann. Natürlich kann man das auch mit einer Pinzette oder Ähnlichem, aber der Kunststoff ist besonders schonend für die Sohle des Nähfüßchens und auch den Stoff.
Die Fäden werden dann durchtrennt und der Stoff mit etwas Schwung nach hinten aus der Maschine gezogen. Dabei werden die Nadelfäden auf die Rückseite des Stoffes geholt und die Naht löst sich nicht mehr auf.
Kniff 5: Kleinsten Freiarm der Welt nutzen
Auch wenn die B62 Airlock einen Freiarm hat, sind manche Rundungen trotzdem zu klein dafür. Einfachste Lösung ist, das Nähstück auf Links zu wenden und von innen zu nähen. Hier ist das Vorgehen nochmal schön gezeigt: Nähratgeber
Kniff 6: Bauschgarn im Greifer
Für mein Sweatshirt habe ich die Nadelfäden mit Seracor, dem Overlockgarn von Mettler, bestückt. Und im Greifer habe ich das leicht fluffige Bauschgarn Seraflock benutzt. Durch die Lufteinfädelung ist das Handling des Garnes kinderleicht und ich bin wirklich begeistert von der Optik, die sich auf der Rückseite bildet. Die Naht ist weich, anschmiegsam und hübsch- da braucht es nicht mal Zaubersteifen am hinteren Halsausschnitt.
Kniff 6: Keine Angst und locker bleiben
Die Bernette 62 Airlock zu bedienen ist weder Raketenwissenschaft, noch eine komplizierte Herz-OP. Das Modell macht einem Erfolgserlebnisse wirklich leicht und bereichert den Nähalltag. Was man mitbringen sollte, damit man Freundschaft schließt, ist eine gute Portion Neugier und die Freude am Ausprobieren. Ein wenig Geduld schadet nie und am Ende die Gewissheit, dass eine Covernaht blitzschnell getrennt ist, falls sie doch mal nicht gelingt.
Die Naht auf dem nächsten Bild wollte ich eigentlich ribbeln. Ich war wohl nicht mit genug Selbstsicherheit an die sehr dicke Nahtkreuzung gegangen und es gab ein paar verdichtete Stiche. Doch ein Kontrollblick auf die Rückseite zeigte – keine Fehlschlingen. Die Naht hält und da niemand mit der Lupe meine Schulternaht beäugen wird, hab ich mich locker gemacht und erfreue mich an den vielen tadellosen Metern Doppelnaht und Nahtkreuzungen.
Mein SweatShirt bekam am Ende noch ein selbstgemachtes Plottermotiv aufgebügelt und wird schon viel und gern getragen. Wer mehr Details sehen möchte, der schaut einfach mal auf meinem Schneiderherz-Blog vorbei. Dort finden sich mehr Bilder und auch Infos zum verwendeten Schnittmuster: Mein Schneiderherz-Blog
Nun meine Frage an die alten Coverhasen:
Habt Ihr noch den einen oder anderen kleinen Kniff auf Lager, der besonders für Anfänger hilfreich sein könnte?
Und natürlich bin ich auch neugierig, wie es andern Covereinsteigern so geht: Welcher Tipp hat Euch schon gut geholfen auf dem Weg zu schönen Covernähten?
Liebe Grüße aus dem Nähzimmer!
Euer Schneiderherz Ute
Gerade bei Strickstoffen benutze ich wasserlösliches Vlies beim Nähen. Nicht jede Naht benötigt ein Kantenband, manche Nähte sollen elastisch bleiben. Das Vlies löst sich in Wasser auf.Bauschgarn gibt es auch als Multicolor, das macht sich auf der Oberseite gut als Deko-Naht.
Hallo, bei Nahtkreuzungen nutze ich einen Höhenausgleich (Hebamme). Sobald das Nähfüßchen vor der Verdickung ansteigt, lege ich diesen von hinten bei abgesenkter Nadel direkt an und nähe ein paar Stiche. Das wiederhole ich solange bis das Füßchen die Verdickung überwunden hat. Für den Höhenausgleich habe ich mir aus Papier zwei Hebammen in unterschiedlicher Höhe gefaltet.Liebe Grüße Sybille
Hallo Ute, vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich habe die Bernette B62 seit Oktober und mache allererste Erfahrungen, ganz großen Respekt habe ich vor Nahtkreuzungen, gerade wenn sie auch noch so dick sind wie hier bei Deinem Pulli. Ich habe dann nicht nur verdichtete Stiche auf der Oberseite, sondern auch Fehlstiche auf der Unterseite, und das nicht nur an der dicken Stelle, auch kurz dahinter. Bearbeitest Du die Stellen vorher, zB mit dem Hammer plätten? Da liest man ja die abenteuerlichsten Sachen. Oder änderst Du was an den Einstellungen? (Deine Artikel dazu hier auf dem Blog habe ich gelesen, die sind auch sehr hilfreich). Liebe Grüße Tanja
Hallo Tanja,
ich habe die Kreuzungen bisher nicht groß bearbeitet und auch nichts verstellt. Ich habe darauf geachtet, dass der “Hubbel”möglichst flach und geordnet liegt und dann hat sich bei mir tatsächlich das Motto “Augen zu und durch” bewährt. Denn wenn ich erstmal vor der “kritischen” Stelle stoppe, um dann ganz vorsichtig drüber zu kommen, dann scheine ich der Maschine den benötigten Schwung zu nehmen. Ein wenig so, als wenn ein Pferd vor dem Hindernis verweigert und es wird aus dem Stand drüber gezwungen. Das klappt ja auch eher nicht.
Liebe Grüße
Ute
Ist der Stich denn auf normaler Strecke perfekt? Tatsächlich mag ich ja sehr gern Bauschgarn im Greifer und stelle dann die Spannung ein, bis der Stich oben und unten makellos ist. Anfangs war mein Greiferfaden viel zu stramm – den habe ich jetzt bei dem Pulli auf 2 gehabt
Hallo Ute, vielen Dank für den Tip mit der zusätzlichen Nähmaschinennaht. Meine Overlock näht nur bis 7mm Breite, das ist beim Drübercovern immer sehr knapp.Mein Retter bei wulstigen Nahtübergängen ( Schulternaht an Halsbündchen z. B.) ist auswaschbare Stickfolie. Sie kommt als kleines Stückchen zwischen Füßchen und Stoff. Dadurch gleitet das Füßchen gut über die Unebenheiten. Die Folie ist durchsichtig und löst sich im kalten Wasser auf.
Hallo Brigitte,
solche Folie habe ich tatsächlich noch hier liegen- das werde ich bei Gelegenheit mal testen 🙂
Liebe Grüße Ute