Kreative Artikel zum Thema Nähen

Fischleder – Das Gold des Meeres (Teil 1)

BERNINA wird 125. Grund genug zu gratulieren, sich zu freuen, mitzufeiern – und wenn die Marketingabteilung hin und wieder eine goldene Kugel schiebt (die Steilvorlage war einfach zu gut!) sich auch selbst schnell um ein paar Highlights für den Blog zu kümmern.

Here we are. Der Titel meiner dreiteiligen Blogreihe zum goldenen Jubiläum heisst: Fischleder – das Gold des Meeres

So manch einer rümpft nun die Nase und denkt sich vielleicht, dass es bei der Hellbach im Arbeitszimmer nun ein bisserl nach Fisch müffelt, bei dem Material. Weit gefehlt. Vorab möchte ich schnell ein paar schräge Gedanken aus dem Weg räumen.

Fischleder riecht nicht nach Fisch. Es ist zwar auch nicht gänzlich geruchsfrei, jedoch riecht es genauso neutral oder ledrig, wie normales Leder. Kein Grund also für Nachbarsmiezen, sich trotz grossem fast ausgewachsenem Hund dennoch in unseren Garten, oder um unser Haus zu wagen. (Keine Sorge, ich mag auch Katzen.)

Fischleder ist sehr strapazierfähig, dazu stark und reissfest. Die Faserstruktur ist quer übereinander gewachsen und nicht, wie beispielsweise beim Rind paralell geführt. Dadurch wird die bessere Festigkeit erziehlt. Barsch- und Lachsleder erreichen beispielsweise eine Zugfestigkeit bis zu 90 Newton.

Fische werden nicht extra für die Leder gezüchtet, sondern ausschliesslich aus dem Fischabfallprodukt, der Haut, werden die Leder hergestellt, die sonst im Müll landet. Da es von seiner Struktur her den Reptilienledern sehr ähnlich ist, dient es zugleich dem Arten- und Naturschutz. Es sollte aber betont werden, dass man bei seinem Einkauf nach Herstellern schaut, die Häute aus Aquakulturen mit artgerechter Haltung und/oder Fischfarmen mit zertifiziertem Biosiegel anbieten. Kein Grund also für Tierschützer und Veganer aus der Haut zu fahren.

Fischleder wird von guten Herstellern mittlerweile natürlich und pflanzlich gegerbt, ohne Chrom.

Wo kommt es ursprünglich her?
Seit Jahrtausenden lebt in Ostsibirien, am Unterlauf des Flusses Amur der 4500 km durchs Land führt und „der schwarze Drachenfluss“ genannt wird, das indogene Volk der Nanai. Nanai bedeutet „Die Goldenen“. Bei ihnen findet die Kunst des Fischhautgerbens ihren Ursprung. Die Nanai wurden von den Chinesen die „Barbaren in Fischhäuten“ genannt, denn neben ihrer ausschliesslich aus Fischhäuten bestehenden Kleidung, fertigten sie auch Zelte und Bootshäute aus derselben an. Heutzutage ist die Fischhautgerbung weit verbreitet. Auch in Deutschland, vornehmlich in Bayern finden sich eine Reihe sehr guter und exquisiter Betriebe.

Welche Fischarten werden verwendet?
Die geläufigsten Arten sind sicherlich Aale, Lachse, Karpfen, Rochen und Tilapia.

Wie fühlt sich das Material an?
Es ist weich, elastisch und leicht. Lediglich die etwas grösseren Rochenhäute sind etwas schwerer.

Ich habe nun ein paar erste Häute gekauft und war beim Auspacken hellauf begeistert vom Material. Es finden sich:

Lachsleder

Papageienfisch

und Rochen – einmal nur mit eingeschliffener Rückenflosse:

und einmal komplett geschliffen – die angeschliffene, sonst Glaskopf anmutende Oberfläche bekommt eine vollkommen andere Optik:

und die Rückseite – Leder:

Da das Material nicht gerade günstig ist und die Häute an sich auch nicht sehr gross, habe ich mir lange überlegt, was mein erstes Objekt aus diesem Material sein wird. Wer sich im Netz umschaut findet vornehmlich Kleinaccessoires wie Geldbörsen, Gürtel, Uhrarmbänder, Schmuckobjekte usw.

Nun, als Sternzeichen Fisch und auch gerne mal gegen den Strom schwimmend, dazu den Lachs betrachtend, der es ja genauso macht, wagte ich den Sprung ins kalte Wasser und legte los.

Als Vorlage diente mir meine “immer noch Lieblingstasche” wie ich sie bereits in diesem Bericht zeigte:

“Meine neuen Lieblingstaschen”

Zuerst hinterbügelte ich zwei der Lachslederhäute mit Vliesofix. Die Bügeltemperatur hielt ich so niedrig als möglich, damit sich das Material nicht zusammenzog.

dann zerschnitt ich den unteren Teil des naturfarbenen und grauen Lachsleders in unterschiedlich breite Streifen

arrangierte sie auf den vorbereiteten Taschenseiten

und bevor ich die einzelnen Segmente aufnähte, fertige ich zuvor eine Nähprobe an. Nadelstärke 80, Universal, Polyestergarn,  Geradstichfuss mit Gleitsohle # 53, Fadenspannung bei der BERNINA 880 auf 6.0

Das Material ist butterweich und lässt sich problemlos nähen.

S E A F O O D sollte noch als Aufdruck auf die Tasche finden – also mischte ich, passend zu den beiden Fischlederfarben aus weiss, schwarz und braun ein paar unterschiedliche Töne zusammen

und tupfte sie durch die Buchstabenschablonen auf den Taschenstoff auf

die Farben lassen sich mit dieser Tupftechnik schön mischen und wirken wie marmoriert

Zu guter Letzt habe ich zwischen den aufgenähten Fischledersegmenten noch ein paar grobe Sticklinien von Hand eingearbeitet, die Tasche dann zusammengenäht und anschliessend ein paar Taschengriffe aus Rindsleder angebracht.

Fisch zu Fisch

Und bald kommt sie dann zum Einsatz, zum Fischeinkauf in Ulms ältestem Fischgeschäft.

Nun wisst Ihr, dass hier noch einiges an Fischleder liegt, das auch verarbeitet sein will. Grund genug noch zwei weitere Berichte über das Gold des Meeres zu schreiben. Bald gehts damit schon weiter.

Herzlichst,

Jutta Hellbach

Design und Ausführung © nadelundfarben 2018. Gewerbliches Nacharbeiten ist hiermit ausdrücklich untersagt.

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