Kreative Artikel zum Thema Nähen

Aus dem Nähkästchen geplaudert mit Andrea von “Fräulein An”

Unsere nächste Person in der Interview-Reihe “Aus dem Nähkästchen geplaudert” ist Andrea, die Person hinter dem Label  “Fräulein An”. Wenn ihr jetzt wie ich denkt, dass “An” in ihrem Labelname ist die Abkürzung von Andrea, falsch gedacht ;-). Im Interview unten erfahrt ihr, wofür “An” steht. Ausserdem: Warum man sich beim Nähen nicht mit der Stirn an der Maschinen abstützen sollte. Und noch vieles mehr. Viel Spass bei der Lektüre!

Interview mit Andrea von “Fraulein An”

Portrait von Andrea von "Fräulein An"

Bitte beschreibe dich in einem Satz.
Uh, dass ist schwierig. Ich würde mich als sehr perfektionistischen Menschen mit dem Hang zur Kreativität beschreiben.

Wann hast du deine ersten Näh-Versuche gemacht und wie bist du zum Nähen gekommen?
Die allerersten Nähversuche habe ich damals im Textilunterricht unternommen. Das müsste in der 5. oder 6. Klasse gewesen sein. Im Nachhinein betrachtet, wurde dort zwar nicht meine Leidenschaft geweckt, es hat mir aber viele Grundlagen vermittelt. Richtig zum Nähen bin ich 2010/2011 gekommen. Meine beste Freundin ist da etwas daran schuld, da sie sich eine Nähmaschine gekauft hatte und ein, zwei Sachen genäht hat, die ich dann auch machen wollte. Angefangen habe ich dann mit kleinen Einkaufschiptäschchen und einer Hülle für meinen eReader. Danach folgten viele, viele Taschen und später dann auch Kleidung für mich.

Taschen nähen

Was nähst du am liebsten und mit welchen Materialien?
Ich habe ehrlich gesagt keine Lieblingsmaterialien. Am häufigsten landet bei mir Jersey unter der Nadel. Somit füllt sich der Kleiderschrank meiner Tochter laufend mit neuen Kleidungsstücken und hin und wieder springt auch etwas für mich dabei raus ;-). Auch das Vernähen von Webware bzw. festen Materialien mag ich sehr: Jacken aus Softshell, Rucksäcke aus Oilskin oder wie vor kurzem Projekttaschen für Strickprojekte aus Canvas.

Jacken nähen

Was ist für dich das Schönste am Selbermachen?
Dass einem keine Grenzen gesetzt sind. Man darf selbst entscheiden, was man persönlich für schön empfindet und wie man etwas kombinieren möchte. Selbermachen bietet einfach eine Vielfalt an Möglichkeiten.

Wir sind neugierig: Dürfen wir einen Blick in dein Nähzimmer werfen?
Natürlich. Nur nicht genau hinschauen bitte ;-).

Was findet man alles auf deiner Website www.fraeuleinan.de?
Bei mir findet man eine bunte Mischung aus genähten Kleidungsstücken und Taschen, DIY, Tutorials und Freebies, Berichte über Nähmaschinen und Plotter, hin und wieder Gestricktes und einfach eine Portion wahres Leben, so ganz unverblümt und verschönert. Nach dem Tod von meinem Sohn schrieb ich in einigen Blogposts über meinen, unseren Verlust und wie wir damit umgehen, vor allem meine Tochter. Eben das wahre Leben, das nicht immer so ist, wie man sich das wünscht.

Unser ganz herzliches Beileid zu deinem Verlust, es tut uns sehr leid. Hat dir das Nähen in dieser schwierigen Zeit geholfen?
Ich habe liebend gerne meine Kinder benäht. Aber in der ersten Zeit habe ich mein Nähzimmer gemieden. Es fühlte sich alles falsch an, denn schließlich sind in meinem kreativen Raum, meinem “Erholungsort”, so viele Niedlichkeiten entstanden. Die komplette Babygarderobe quasi. Und von einer Sekunde auf die andere verändert sich auf einmal alles. Alles was mir vorher Spaß gemacht hat, hat mich bedrückt, da es mich irgendwie immer mit Hannes in Verbindung gebracht hat.
Ich brauchte etwas Anderes. Etwas, was mich ablenkt und beschäftigt, und so kam ich zum Stricken. Mein erster Versuch knapp zwei Jahre zuvor endete mit einem Stirnband und ich war nicht so begeistert davon, aber plötzlich war das Stricken das, was ich brauchte und seitdem lieben gelernt habe.

Wie lange hast du schon dein eigenes Label und wie kam es dazu?
2011 war für mich die Zeit der Nähblogger. Als ich immer mehr in die Kreativwelt des Nähens getaucht bin, bin ich auf so wunderschön gestaltete Blogs gestoßen, die ihre genähten Sachen präsentierten und da wollte ich unbedingt dabei sein. Ich wollte ein Teil der großen Community sein. Somit musste ein eigener Blog her. Ein Name und ja, irgendwie etwas Geschriebenes. Somit gibt es “Fräulein An” schon 9 Jahre. Verrückt.

Woher der Name «FräuleinAn»?
Da ist mein Mann etwas schuld dran ;-). Jedenfalls mit dem Fräulein. Er hat mich damit immer etwas geneckt/geärgert, wenn er mich so genannt hat. Natürlich nur lieb gemeint. Da nur “Fräulein” irgendwie nichts sagend und Andrea dahinter zu einfach war, kam “An” dazu. Man könnte meinen, es sei eine abgekürzte Form von Andrea, aber das ist es nicht. “An” stand damals für Andrea Näht. Ich fand es sehr originell :-).

Hast du ein Lieblings-Nähprojekt und wenn ja warum?
Projekte, die länger dauern, die viele Schnittteile haben, die mag ich gerne. Aber bis ich mich dazu aufraffen kann, vergehen schon einmal Wochen. Meine Sommerjacke braucht somit zwei ganze Sommer. 😉 Zugeschnitten habe ich sie letztes Jahr im April. Genäht dieses Jahr. Nun wartet sie seit Monaten auf Anorakknöpfe. Zum nächsten Sommer wird sie fertig, ganz bestimmt. 😀

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag/Wochentag bei dir aus und was gefällt dir besonders gut an deiner Tätigkeit?
Ich bin Fachangestellte für Bäderbetriebe mit der Zusatzqualifikation Saunameisterin. Ich arbeite Vollzeit in einem Schwimmbad mit Sauna. Mein Arbeitsalltag besteht aus einem Schichtdienst/Schichtsystem. Da mein Mann ebenfalls in einem Schwimmbad als Meister tätig ist, wechseln wir uns mit unseren Schichten ab.
Wenn ich Spätschicht habe, bringe ich also unsere Tochter in den Kindergarten und kümmere mich dann erst einmal um Haus und Garten und danach nutze ich die Zeit für mich, um etwas zu Nähen oder einfach nur um einen Blogbeitrag zu verfassen oder Fotos zu bearbeiten. In der Frühschicht bleibt kaum Zeit für mich, da ich nach der Arbeit direkt die Hummel abhole und abends zu müde bin, irgendetwas zu machen. Die freien Tage in der Woche sind Luxus. Da habe ich viel Zeit, somit auch viel Zeit für mein Hobby. Am Wochenende steht natürlich die Hummel an erster Stelle, da bleiben die Maschinen meistens still.
Ich liebe meinen Beruf. Er ist einfach sehr vielseitig. Auch wenn sich die Tage gleichen würden, so sind die Gäste immer anders. Man arbeitet nicht alleine und darf sich auch mal körperlich betätigen. Das Kreative kommt in meinem Beruf natürlich zu kurz ;-).

Spannender Beruf! Hast du schon mal etwas genäht, was du im Schwimmbad gebrauchen konntest?
Ich habe mir nicht direkt etwas für den Job genäht, allerdings habe ich gekaufte große Badetücher angepasst/umgenäht, damit ich sie zum Wacheln/Wedeln in der Sauna verwenden kann.  Jetzt haben sie eine perfekte Größe und sind angenehm schwer, um ausreichend Luft zu verwirbeln. Zudem sehen sie schicker und individueller aus.

Gibt es eine besondere Näh-Situation, an die du dich noch heute erinnerst?
Hehe ja. Ich neige dazu, ganz nah mit dem Kopf an die Nähmaschine zu kommen. Ich bilde mir ein, dann noch besser sehen zu können. Bei einer meiner vorherigen Nähmaschinen habe ich mich an der Nadelstange gestoßen – und das nicht nur einmal. Die Nadelstange bewegt sich beim Nähen ja immer auf und ab und kommt oberhalb der Nähmaschine immer etwas raus. Blöd, wenn dort schon die Stirn fast aufliegt ;-).

Welche Situation beim Nähen ärgert dich besonders?
Wenn der Unter- oder Oberfaden leer geht.

Was war dein grösstes Näh-Highlight und welches deine grösste Panne?
Auf ein Projekt bezogen? Ich stecke in alle Projekte so viel Herzblut und Liebe, aber ich glaube die Krabbeldecken meiner beiden Kinder sind meine persönlichen, emotionalsten Highlights. An eine große Panne kann ich mich nicht erinnern.

Du bezeichnest dich als Perfektionistin. Wie macht sich das beim Nähen bemerkbar?
Der Nahtauftrenner ist mein bester Freund. Ich glaube, das beschreibt es ganz gut. Die Naht scheint perfekt zu sein, aber dann stört mich vielleicht ein kleine Kurve und ich trenne lieber. Es würde mich sonst später einfach ärgern. Gerade beim Covern einer Stoffteilungsnaht, da muss es bei mir perfekt sein.

Wie verbringst du deine Freizeit, wenn du mal nicht am Nähen bist?
Abgesehen von meiner Familie, mit Stricken. Dies war mein Anker in der schwersten Zeit meines Lebens und ist seitdem nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken.

Gibt es etwas, dass du anderen Näherinnen mit auf den Weg geben willst?
Lasst euch Zeit beim Nähen und spart nicht am falschen Ende. Auch wenn der Stoff super günstig ist, man kann sich da auch ganz schnell ärgern, gerade bei Kleidung. Das gleiche gilt für Nähgarn, Maschine usw.
Kein Meister ist je vom Himmel gefallen und man lernt nie aus. Ich lerne auch nie aus und entwickle mich weiter.

Ist das Nähen für dich noch Hobby oder schon Beruf?
Mehr Hobby, aber ich verkaufe unter dem Namen “Fräulein An” ein paar Nähanleitungen. Seit einiger Zeit gibt es keine Neuen mehr, dies soll sich aber wieder ändern. Aktuell plane ich einen kleinen Handmade-Shop zu eröffnen. Hauptsächlich mit gestrickten Accessoires und Newborn-Sets.

Wohin soll deine kreative Reise noch gehen?
Ehrlich gesagt, ich weiß es es nicht, ich bin selbst überrascht, wohin mich mein Hobby bereits geführt hat. Ich darf und durfte mit so tollen Firmen kooperieren, unter anderem mit dem Nähpark Diermeier. Davon hätte ich anfangs nur träumen können.

Aus eigenem Interesse: Wir glauben, du nähst mit BERNINA. Stimmt’s? Magst du deine Maschine(n)? 🙂
Hehe ja, ich nähe auf zwei BERNINA Maschinen und mag sie nicht mehr hergeben. Ich habe eine BERNINA 570 QE und seit meinem Geburtstag Ende August habe ich sie durch die Stickeinheit erweitert. Daneben habe ich die Overlock L 460.

Gibt es ein Zubehörteil, das du besonders magst?
Den BSR, oh Gott, ich liebe ihn. Dies war der Grund, warum es die B 570 QE werden musste. Letztes Jahr war ich zu Besuch in Bayern und den einen Tag war ich in Cham. Ich bin mit dem Satz in in den Nähpark hinein gegangen „Ich kaufe definitiv keine BERNINA“. Was soll ich sagen. Es ist die B 570 QE geworden. Der BSR war dort als Zubehör dabei. Für mich ist das ein so toller Fuß. Auch wenn ich nicht quilte, so erleichtert er mir das Nähmalen.

Nähen mit BSR

Gibt es ein Zubehörteil, das du noch kennenlernen möchtest?
Puh, das ist schwer. Ich habe eigentlich eher ein Platzproblem, da ich mich mit einigen Nähfüßen eingedeckt habe. Ganz neu ist der Ruffler. Was für ein toller Nähfuß. Meine nächste Anschaffung wäre wohl ein größerer Stickrahmen ;-).


Fun facts

Würdest du dich selbst als stoffsüchtig bezeichnen?
Ja, definitiv.

Streichelst du Stoffe?
Ja, viel zu lange und oft 😉

Gehörst du zu denen, die «nur schnell 10 Minuten» in den Stoffladen gehen und mit vollen Händen rauskommen?
Definitiv ja.

Soundtrack beim Nähen?
Netflix-Serien, leider suchte ich somit schnell ganze Staffeln durch.

Hast Du einen (Näh-)Tick?
Saubere Nähte

Was würdest du nie nähen?
Unterwäsche für mich – irgendwie reizt mich das nicht so, sieht ja keiner 😉

Auftrennen oder «ach, egal»?
Auftrennen!

Was trägst du beim Nähen?
Definitiv keine Schuhe 😉

Nähen lieber tagsüber oder nachts?
Beides.

Sprichst du mit deiner Nähmaschine?
Nein, nur wenn sie mich nicht verstehen will 😀

Welches Nähzubehör muss noch erfunden werden?
Das weiß ich bestimmt dann, wenn es erfunden wurde 😉

Ordnung im Nähzimmer oder organisiertes Chaos?
Ordnung, bis es wieder zum organisiertes Chaos wird.

Ist nähen für dich wie Wellness?
Ja, definitiv.

Welche Nadeln bevorzugst du, Strick- oder Nähnadeln?
Beides 😀

Wie reagierst du, wenn jemand deine Stoffschere zum Papierschneiden benutzt?
Uhhh, da werde ich fuchsteufelswild 😀

Liebstes Schimpfwort bei Näh-Missgeschicken?
Schieeeeete.

Heften oder gleich «richtig» nähen?
Kommt auf das Projekt an.

Gut gebügelt ist halb genäht – wie sehr stimmst du zu, auf einer Skala von 1 bis 10?
8


Mehr erfahren über Andrea von “Fräulein An”

Webseite: www.fraeuleinan.de

Instagram: www.instagram.com/fraeuleinan.de

Facebook: www.facebook.com/FraeuleinAn


Wir werden im Verlauf des Jahres weitere Interviews mit Näh-, Stick- und Quiltpersönlichkeiten hier publizieren. Fällt Euch eine Person ein, von der Ihr gerne mehr wissen würdet? Dann teilt uns deren Namen gerne in den Kommentaren mit.

Liebe Grüsse
Corinna

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