Hallo ihr Lieben.
In dieser Anleitung möchte ich euch zeigen, wie ihr ein Samt-Mieder mit Schnürung im ungarischen Stil näht.
Dazu passend habe ich bereits eine Bluse entworfen, schaut gerne mal in dieses Tutorial hinein.
Tipp: Wenn ihr euch mit der Größe nicht sicher seid, empfehle ich euch, vorab auf jeden Fall ein Teststück aus günstiger Baumwolle zu machen.
Material:
- 0,5m Coutil
- 0,5m Samt
- Stickvlies zum wegreißen
- Avalon
- Passendes Näh- und Stickgarn
- 3 Meter Korsettstahl (Flach- oder Spiralfederstahl)
- 2 Meter Schrägband
- Optional: 3 Meter Tunnelband und Metallösen
Schnittmuster
Für die Schnittmuster (Größe M) druckt ihr die PDF-Datei ganz einfach im DinA4-Format aus. Klebt die Blätter entsprechenden zusammen und schneidet die Schnittmuster anschließend aus. Jetzt könnt ihr die Schnitte auf eure Stoffe übertragen.
Eine Nahtzugabe von 0,8 mm ist bereits enthalten.
Download Schnittmuster für das Mieder
Nehmt ihr als Oberstoff ebenfalls Samt so wie ich, achtet dabei auf die Streichrichtung der Härchen und dreht die Schnittteile entsprechend.
Als Unterstoff empfehle ich bei diesem Kleidungstück Coutil, sonst geht auch ähnlich fester Baumwollstoff, allerdings habe ich selbst noch keine zufriedenstellende Alternative zu diesem Stoff gefunden. Coutil wird seit dem 19 Jahrhundert in der Korsettherstellung verwendet und ist besonders reißfest und stabil. Er bietet dem schweren Samt genug Halt, stabilisiert und verhindert, dass das Mieder im geschnürten Zustand an den Nähten ausreißt oder sich verzieht.
Kopiert das Schnittmuster hier ebenfalls zweimal wie angegeben auf den Stoff.
Der Unterstoff dient in dieser Anleitung auch als Futterstoff. Wer möchte, kann sich noch eine Lage Futter dazu ausschneiden.
Nach dem Ausschneiden versäubert ihr die Schnittkanten nach Belieben mit der Overlock eures Vertrauens oder mit einem engen Zick-Zack Stich. Jetzt sollte der Samtstoff auch aufhören zu fusseln. Denkt vor dem besticken daran, alle Flusen von dem Oberstoff zu entfernen. Ich habe meinen Samt mit der Fusselrolle bearbeitet.
Näht die einzelnen Schnittteile wie im Muster markiert zusammen Denkt auch daran, die Nahtzuhabe an kurvigen Nahtstellen einzuschneiden und alles ordentlich auseinander zu bügeln.
Legt das Samt Stück erst einmal zur Seite und bügelt die zusammen genähten Stücke aus Coutil noch einmal mit viel Dampf schön glatt.
Boning (Verstärken mit Federstahl)
Damit am Ende auch alles am richtigen Platz bleibt und der Stoff keine unschönen Falten wirft, könnt ihr das Mieder mit Federstahl verstärken.
Ob ihr euch für Spiralfederstahl oder Flachfederstahl entscheidet, ist egal. In meinem Beispiel habe ich Flachfederstahl aus einem Kurzwarenbedarfsladen für historische Kostüme in 8 mm Breite verwendet.
Zuerst geht es aber an das Tunnelband für den Federstahl. Ihr könnt Tunnelband als Meterware kaufen oder selbst welches nähen. Ich mache es eigentlich immer selbst, um etwas die Kosten zu reduzieren.
Tunnelband
Schneidet einen Streifen (3 Meter) mit 6 cm breite aus Coutil zurecht, faltet ihn in der Mitte aufeinander und bügelt diesen anschließend. Schlagt die offenen Kanten ca. 1 cm zu einem Saum um und steppt diesen ab, sodass am Ende ein Tunnel entsteht. Ein Versäubern ist hierbei nicht nötig.
Teilt den langen Streifen wie auf dem Bild zu sehen in die entsprechenden Längen auf und schlagt jeweils ein Ende zu einem Saum um, das andere Ende wird noch offen gelassen, sonst könnt ihr die die Stäbe später nicht einsetzen.
Jetzt könnt ihr die Tunnel auch schon auf den Unterstoff aufnähen. Es ist wichtig, dass die Nahtzugabe wirklich gut auseinander gebügelt ist, bevor ihr das Tunnelband auf der linken Seite des Unterstoffes appliziert.
Auf dem Bild seht ihr ausserdem noch, wo genau ihr das Tunnelband genau aufnähen sollt. Steckt es zuvor mit Stecknadeln oder Heftgarn an den Stoff fest und näht knapp an der Kante jeweils links und rechts das Band fest.
Stäbe
Jetzt könnt ihr den Federstahl zurechtschneiden. Es ist etwas schwierig, da die Kunststoffummantelung etwas widerspenstig ist. Zum Schneiden benutze ich einen Seitenschneider. Im Fachgeschäft gibt es für die sehr spitzen Schnittkanten speziell dafür geeignete Kappen. Ich klebe die Seiten immer mit vielen Lagen Klebeband ab, das ich um das Endstück herumwickelt und mit einer Schere in eine Rundung zurechtschneide.
Testet am besten, ob alles sicher ist und nichts mehr pieksen kann!
Bevor ihr das Mieder weiter zusammennäht und die Stäbe einsetzt, geht es erst einmal an die Stickmaschine.
Freebie-Stickmuster
Die von mir erstellten Stickmuster für das Mieder könnt Ihr unter dem folgenden Link als ZIP-Datei herunterladen:
Stickmuster
Das Stickmuster habe ich mit der BERNINA Sticksoftware v8 erstellt. Ich stelle euch mit dieser Anleitung das Stickmuster auch kostenlos zur Verfügung. aber vielleicht ist der ein oder andere doch neugierig, wie ich es gemacht habe und probiert es vielleicht selbst einmal aus, schwer ist es nicht.
Zuerst habe ich als Referenz das Mieder flach vom Boden aus fotografiert und einen Stickrahmen als Größenreferenz draufgelegt. Beachtet dabei, dass das Foto gerade, ohne perspektivische Verzerrung aufgenommen wird, sonst funktioniert es nicht.
Digitalisierung
Anschließend habe ich das Foto in einem neuen Projekt in der Sticksoftware geöffnet und die Größe soweit angepasst, bis der Stickrahmen mit dem Stickrahmen auf dem Foto in der Größe übereinstimmte. Zusätzlich habe ich alles noch einmal abgemessen.
Besticken wollte ich das Mieder wie die Bluse zuvor mit floralen Elementen im ungarischen Stil. Nach kurzer Recherche habe ich mich an ein paar Skizzen gemacht, diese eingescannt und ebenfalls in das Projekt hinzugefügt.
Am liebsten arbeite ich mit dem Handzeichnung-Werkzeugen. Mit der Glättung könnt ihr einstellen, wie sehr das Programm eure Strichführung stabilisiert. Leichte Ungenauigkeiten fand ich bei diesem Projekt recht charmant, da es so den alten handbestickten Vorlagen recht ähnlich sieht.
Für Linien eignet sich besonders das Werkzeug für offene Handzeichnungen. Fahrt dafür einfach die entsprechende Linie mit der Maus nach. Probiert ruhig etwas mit den verschiedenen Konturen aus. Für mein Projekt habe ich die Rückstich-Kontur gewählt.
Für gefüllte Objekte habe ich das Werkzeug für geschlossene Handzeichnungen benutzt mit einem verdichteten Satinstich (0,34 mm), damit der dunkle Samt nicht durch die Stickerei durchscheint. Bei besonders großen, gefüllten Stickflächen empfehle ich den Spezialsatinstich. Nachdem alle Formen digitalisiert worden sind, korrigiere ich wenn nötig noch den Stickwinkel.
Jetzt nur noch nach Farbe sortieren und ggf. die Stickreihenfolge optimieren, und es ist schon vollbracht.
Aussticken
Viele Mythen ranken sich um das Besticken von Samt im Internet. Dabei ist es gar nicht so schwierig, wie immer behauptet wird. 🙂
Natürlich solltet ihr den Samt nicht mit in den Stickrahmen miteinspannen, da es sonst zu unschönen Abdrücken kommen kann. Spannt das klebende Stickvlies zum Ausreißen wie gewohnt ein und legt die zu bestickende Stelle des Oberteiles auf das Vlies. Damit das Stickgarn nicht zu tief in die Samthärchen versinkt, könnt ihr noch eine Lage Avalon über den Stoff legen. Ich habe es an den überstehenden Seiten vom Stickflies mit einigen Stecknadeln angeheftet, achtet nur darauf, dass es stramm über dem Stoff gespannt ist. Jetzt kann es auch schon los gehen.
Ich habe das Stickmuster in 4 Bereiche unterteilt, damit es sich einfacher anlegen lässt. Angefangen habe ich mit der Stickerei auf der Brust und habe die Stickerei dann einmal rund herum bis zum Rücken vervollständigt.
Entfernt das Stickvlies anschließend auf der Rückseite. Das Avalon könnt ihr ebenfalls auf diese Weise entfernen. Kleine Reste könnt ihr ganz einfach mit Wasser entfernen.
Zusammen Nähen
Bügelt zuvor noch einmal beide Teile noch einmal ordentlich. Legt sie danach mit der rechten Seite zueinander aufeinander und näht den vorderen Teil vor den Ösen zusammen. Jetzt sind beide Stücke miteinander verbunden. Steppt noch einmal mit einem Abstand von 1 cm an der zuvor genähten Kante entlang. So erhaltet ihr auf beiden Seiten einen Tunnel, in dem ihr die Stäbe für die Schnürung einsetzen könnt. Jetzt könnt ihr auch die Stäbe in ihre Tunnel schieben. Als Tipp kann ich euch nur empfehlen, nach jedem Schnitt noch einmal alles glatt zusammen bügeln, damit auch wirklich alles passend aufeinander liegt und es mit Stecknadel zu fixieren.
Steppt jetzt alles einmal rundherum ab und versäubert die Kante.
Anschließend fasst ihr das Mieder an den Kanten komplett im Schrägband eurer Wahl ein. Das kann an den Rundungen etwas schwierig werden, der Trick ist, alles Stück für Stück zu machen und die Spannungen mit Einschnitten und gutem Bügeln zu reduzieren.
Ob ihr genähte oder Metallösen verwendet ist euch überlassen. Für den passenden Vintage-Look habe ich meine mit der Maschine genäht. Jetzt könnt ihr das Band einfädeln und das Mieder anprobieren.
Noch ist der Schulterbereich nicht geschlossen, so könnt ihr es noch auf eure individuelle Größe anpassen. Verbindet beide Stücke noch mit einigen Sticken an der Kante vom Schrägband und fertig.
Viel Spaß beim Nähen, Sticken und Ausprobieren! 🙂
Was mache ich wenn M zu klein ist brauche mindest XL oder XXL , wie kann ich das Schnittmuster anpassen? Danke
Hammermäßig!
Das Schnitteil vom Rücken sieht auf den Fotos aus, als wäre es kürzer als die Seitenteile. Wird da noch ein Schößchen angenäht? Das ist bei den Schnitteilen aber auch nicht zu finden… Oder wirkt das hier nur so? Gibt es ein Foto vom Rücken?
Liebe Grüße Heidrun
Hallo Heidrun,
da hast du recht, das Rückenstück ist in der Tat kürzer als der Rest.
Das ist eine reine Designentscheidung meinerseits und du kannst das Rückenstück natürlich gerne verlängern. Ein Schößchen ist auch eine schöne Idee 🙂
Einfach toll!