Ein Overall soll Teil meiner Capsule Wardrobe unter dem Motto “Time to shine!” werden. Der Overall ist der handfeste Bruder des Jumpsuits. Er sitzt etwas lockerer als dieser und erinnert an seine Herkunft als Arbeits- und Schutzbekleidung. Wenn man einmal davon absieht, dass er beim Gang zur Toilette unpraktisch ist, hat dieses zeitlose Kleidungsstück fast nur Vorteile: Man muss einen Overall nicht mit anderen Kleidern koordinieren, er sitzt bequem (v.a. wenn man ihn aus einem dehnbaren Stoff näht) und ist stylisch, eine stilvolle Alternative zu Jeans und Shirt. Ich liebe ihn. Heute zeige ich Euch, wie man so einen Overall nähen kann und was es dabei zu beachten gibt.
Das Original des Artikels ist hier im niederländischen Blog erschienen.
Overall nähen – die Auswahl des Schnittmusters
Es gibt eine ganze Reihe von Mustern, aus denen Ihr wählen könnt. Ich habe ein paar Overalls ins Auge gefasst. Im englischen Sprachraum werden diese als Boilersuits bezeichnet. Unter diesem Titel werdet Ihr bei der Suche bestimmt fündig. Im Gegensatz zu Jumpsuits sitzen Boilersuits – oder eben Overalls – normalerweise locker und werden aus nicht dehnbaren Stoffen genäht.
Ich suchte nach einem Schnittmuster, bei dem ich die Taille hochziehen konnte, um meine kurzen Beine zu verlängern. Bei der Wahl des Schnittmusters ist es hilfreich zu wissen, was dem eigenen Körper gut tut. Es blieben zwei Schnittmuster übrig:
Blanca Flight Suit von Closet Core Patterns und der Intrepid Boiler Suit von Alice & Co Patterns
Wenn man auf Instagram nach #blancaflightsuit oder #intrepidboilersuit sucht, kann man leicht sehen, wie das Schnittmuster an verschiedenen Körpern passt. Für mich war dann schnell klar, dass ich mich für den Intrepid Boiler Suit entscheiden würde. Bei den gefundenen Beispielen schien es, als sei die Taille etwas höher. Nachdem ich das PDF-Schnittmuster bestellt hatte, las ich in der erhaltenen Beschreibung, dass das Schnittmuster mit einer Nahtzugabe von 3 cm an der Taille entworfen wurde, um Anpassungen zu ermöglichen. Ja!
Dieses locker sitzende, aber nicht sackartige Schnittmuster kann auch mit Stretchstoffen genäht werden. Ich habe mich für schwarzen Stretch-Krepp entschieden, der schön fällt. Für den Overall habe ich auch Seraflex von Mettler verwendet. Genäht habe ich mit meiner BERNINA 590 Crystal Edition.
Anpassungen am Schnittmuster
Gemäss Anleitung, die ich mit dem Schnittmuster erhielt, brauche ich für meine Grösse 3 Meter Stoff. Jetzt hatte ich nur 1,80 Meter für dieses Projekt. Zeit für Schnittmuster-Tetris. Das Schnittmuster für den Overall enthält eine Nahtzugabe, sodass man die Schnittteile eng aneinander legen kann. Bei mir muss die Länge der Hosenbeine immer etwas gekürzt werden, was ein paar Zentimeter Stoff spart. Den Ärmel habe ich in zwei Teile geschnitten. Den Kragen habe ich zu einem Stehkragen umgestaltet, daran hatte ich schon vorher gedacht.
Schnittmuster-Tetris:
Ärmel aus zwei Teilen:
Anpassung des Kragens:
So sieht der fertige Stehkragen aus:
Der Schnitt sitzt um die Taille herum ziemlich locker, mit einem Gürtel kann man es schön taillieren. Dazu wird ein Tunnel für den Gürtel an der Aussenseite angenäht. Ihr könnt auch ein breites Gummiband durchziehen. Ich habe mich für die Option entschieden, hinten Abnäher hinzuzufügen, bevor ich den Tunnel angebracht habe, um für möglichst guten Sitz zu sorgen. Alle diese Möglichkeiten werden im Schnittmuster deutlich erklärt. Wenn man von Eurem Gürtel mehr sehen soll, könnt Ihr den Tunnel einfach verkürzen oder Schlaufen anbringen. Ich habe es so angelegt, dass das Ende des Tunnels mit den vorderen Taschen zusammentrifft.
Vorbereitungen
Vor dem eigentlichen Nähen müsst Ihr einige Vorbereitungen treffen. Ich hefte alle wichtigen Markierungen auf die Schnittteile. Die Schulternaht verstärke ich mit Nahtband für dehnbare Stoffe. Die Naht vor dem Reissverschluss wird mit Nahtband ohne Dehnung verstärkt. Das erleichtert das Einsetzen des Reissverschlusses.
Taschen heften:
Nahtband bügeln:
Dieser Overall hat eine Reihe von Taschen. Zwei Brusttaschen, zwei Vordertaschen und zwei Gesässtaschen. Der Besatz der Taschen ist ebenfalls im Schnittmuster enthalten. Nachdem Ihr die Belege verstärkt habt, näht Ihr die kurzen Seiten, bügelt die Nahtzugabe nach innen und faltet die rechte Seite nach aussen. Bügelt dann alle Nahtzugaben und sichert mit Heftgarn. Danach werden alle Taschen an den markierten Stellen der Schnittmusterteile befestigt. Zuerst mit Stecknadeln, dann mit dem Schmalkantfuss #10.
Besatz rechts auf rechts zusammennähen und Nahtzugabe bügeln:
Nahtzugabe festhalten und Besatz wenden:
Schöne Ecken:
Die Naht bei 2.5 cm mit Stecknadeln markieren:
So sieht es genäht aus:
Nahtzugabe bügeln und heften:
Platzieren …
Feststecken …
… und nähen!
Wenn alle Taschen an ihrem Platz sind, kann der Overall weiter zusammengesetzt werden.
Burrito-Technik
Das Oberteil meines Overalls hat hinten eine Passe. Diese schneidet man zweimal zu, sodass man sowohl innen als auch aussen sauber verarbeitete Nähte hat. In der Beschreibung des Schnittmusters wird dies mit der Sandwich-Methode gemacht. Ich habe stattdessen die “Burrito-Methode” verwendet. Ich empfehle Euch, nach der Burrito-Methode zu googeln und Euch ein Erklärungsvideo anzusehen.
Untere Teile der Passe auf der Oberseite des Rückens:
Mein Burrito:
Feststecken und nähen:
Erst die eine, dann die andere Seite …
Reissverschluss einnähen
Wenn das Oberteil an die Hose geheftet ist, ist es Zeit für die Anprobe. An beiden Enden wurden 3 cm Nahtzugabe eingeplant. Ich habe 3 cm vom Oberteil abgezogen und die vollen 3 cm von der Hose verwendet, sodass die Taille etwas höher ist. Dann habe ich die Taillennaht genäht.
Die meisten Overalls haben einen Reissverschluss. Achtet darauf, dass Euer Reissverschluss nicht zu steif ist, sonst kann er sich komisch ausbeulen. Der Reissverschluss, der in diesen Overall genäht wird, ist 50 cm lang. So lässt sich der Overall leicht anziehen.
Da ich die Naht mit einem nicht dehnbaren Nahtband verstärkt habe, ist das Einnähen des Reissverschlusses einfach. Die Dehnbarkeit des Stoffes ist kein Problem mehr. An der Taille schneidet man die Nahtzugabe wie gezeigt ein, so dass die Naht schön flach ist.
Feststecken und zuerst die eine Seite festnähen. Markiert die Stelle, an der sich die Taille auf der anderen Seite des Reissverschlusses befindet. Steckt und näht die andere Seite ab.
Ich schiebe meinen Quilt-Ruler in den Overall, um das Feststecken zu erleichtern:
Nächster Einsatz des Schmalkantfusses. Der Reissverschluss wird sauber eingenäht:
Am Ende des Reissverschlusses den Nähfuss wechseln, um vorsichtig über den Reissverschluss zu nähen. Ich nutze den Offenen Stickfuss # 20.
Endspurt!
Nach dem Einsetzen der Ärmel wird der Tunnel für den Gürtel angebracht, ebenso der Kragen. Dann nur noch den Saum nähen und einen coolen Gürtel (bei mir ein Fundstück aus dem Secondhandladen) hinzufügen und schon kann es losgehen. Der Krepp mit Stretch macht den Overall super bequem. Ich bin so happy damit!
Oh, Moment, die Heftfäden sind noch da. Was ich insgeheim sehr mag. Ich zeige Euch ein Foto davon, auch weil man so besser sehen kann, wo die Taschen sind ;-):
Alles Liebe,
Marlies
@madebyLIESL
Sieht super aus. Man bekommt große Lust zum Nachnähen.