Inês von „SÊIN fashion“ macht Mode aus alten Hand- und Strandtücher. Sie kann schwimmen gehen ohne ein Handtuch mitzubringen. Sie kann ihre Hände waschen und an ihrem Kleid trocknen. Was für eine einzigartige Idee! Und das beste: Jede und jeder kann sein Lieblingshandtuch zu ihr bringen, um ebenfalls so ein praktisches und stylisches Kleidungsstück zu besitzen! In unserem Interview erfahrt ihr alles über die portugiesisch-österreichische Mode-Künstlerin.

Interview mit Inês von “SÊIN fashion”

Liebe Inês, erzähl mal, wer bist du und was machst du so?
Hallo, ich bin Inês, 36, eine portugiesische Künstlerin aus Caldas da Rainha, Portugal, und lebe seit 10 Jahren in Linz. Ich interessiere mich sehr für nachhaltige Mode, Zero Waste, Upcycling und bin ein bisschen verrückt nach Handtüchern! Vor fünf Jahren habe ich offiziell mein Modelabel „SÊIN fashion“ gegründet, das sich auf die Wiederverwendung alter Handtücher/Strandtücher konzentriert.

Du bist Mode-Künstlerin aus Portugal und wohnst in Linz. Wie bist du nach Österreich gekommen?
Ein Sommerurlaub brachte mich nach Linz und ich verliebte mich in diese Stadt und in einen Linzer.

Warum der Name «SÊIN fashion»?
Der Name SÊIN ist ein Wortspiel mit den Buchstaben meines Namens Inês, spielt aber auch auf das Verb „sein“ an, denn meine Marke ist nicht nur eine Modemarke, sondern auch ein nachhaltiger Lebensstil.

Wie spricht man das Dächlein auf dem E eigentlich aus? Gleich wie im Französischen z.B. bei fenêtre?
Ja, genau wie im Französischen. Aber der Name meines Labels ist auf Deutsch „sein“ zu  lesen. Ich habe das Dächlein in meinem Logo belassen, weil ich es in meinem Vornamen habe und weil es wie ein Dreieck aussieht, genau wie das Recycling-Symbol.

Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen?
Nachhaltigkeit ist für mich ein äusserst wichtiges Thema, insbesondere in der Mode. Leider ist die Modebranche immer noch ein sehr perverses Geschäft: Kleidung in Massenproduktion zu Billigpreisen hergestellt, die Qualität muss der Quantität weichen, viele der verwendeten Stoffe werden umweltschädlich und unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt. Für mich ist der nachhaltigste und umweltfreundlichste Weg, neue Kleidung herzustellen, aus vorhandenen Materialien etwas Neues zu schaffen. Das spart viel natürliche Ressourcen. Auch wenn ich nur eine Person bin, möchte ich einen umweltfreundlichen Einfluss auf die Mode haben und zeigen, dass Upcycling cool sein und zum Trend werden kann.

Du machst Badetücher zu Mode! Eine einzigartige Idee – wie bist du darauf gekommen?
Nach vielen Nachforschungen und Experimenten bin ich auf Handtücher gestossen. Diese enthalten mindestens 90% Baumwolle, und es ist schwierig, gebrauchte zu verkaufen. Daher dachte ich, dass es das perfekte Material ist!

Was hat Douglas Adams damit zu tun?
Douglas Adams ist meine „intergalaktische“ Inspiration für meine Marke. Wer das Buch des Autors „Per Anhalter durch die Galaxis“ gelesen hat, wird wissen, wie wichtig es ist, immer ein Handtuch dabei zu haben. Aufgrund dieses Buchs feiern seine Fans (nach Douglas Adams Tod) sogar einen internationalen Tag des Handtuchs, am 25. Mai.

Wie kommst du an deinen Rohstoff – wo kommen die Tücher her?
Die meisten meiner Handtücher stammen von der Arge Trödlerladen, mit der ich direkt zusammenarbeite. Weitere Handtücher stammen von der Volkshilfe Linz. Auch der Futterstoff für die Jacken. Ich besuche sehr oft die Flohmärkte in meiner Nähe, um ein paar Vintage-Handtücher zu finden.

Sind deine Werke alles Unikate oder gibt es auch Serien aus gleichen Badetüchern?
Da ich nur mit alten oder gebrauchten Handtüchern arbeite, kommt es sehr selten vor, dass ich zwei genau gleiche habe. Das ist einer der Gründe, warum jedes Produkt ein Unikat ist.

Kann ich mein Lieblingsbadetuch bei dir zu einem Hoody verwandeln lassen? 
Jeder kann mir auch sein Lieblingshandtuch mitbringen und ich kann es in einen Hoodie, ein T-Shirt, ein Kleid oder eine Jacke verwandeln.

Welche Kriterien muss ein Badetuch erfüllen?
Bei mir haben alle Handtücher eine Chance, solange sie von guter Qualität sind, aber meine Favoriten sind mit Vintage-Muster oder alles voller Farben. Es gibt Handtücher, da weiss ich sofort, wie ich sie verarbeiten werde, und es gibt Handtücher, die länger in meinem Atelier bleiben, bis mir die richtige Idee kommt.

Wie kam es zur Gründung von SÊIN fashion und wie hat sich das Geschäft seit der Gründung entwickelt?
Es begann alles mit einem Kleid, dass ich für mich selbst genäht habe. Ich hatte ein tolles Handtuch von einem Flohmarkt und machte daraus ein Kleid. Dies war mein erstes Handtuchprodukt und wurde sehr schnell zu meinem Lieblingskleid. Ich konnte schwimmen gehen ohne ein Handtuch mitzubringen, meine Hände nach einem Besuch eines öffentlichen WCs waschen und an meinem Kleid trocknen. So viele Vorteile! Haha!

Nach meinem Handtuchkleid bekam ich viele Anfragen von Freunden und Bekannten, jeder brachte sein Lieblingshandtuch zu mir, um ebenfalls so ein praktisches und stylisches Kleidungsstück zu besitzen. Dies war für mich der Anstoss, meine eigene Kollektion zu kreieren. Im März diesen Jahres feierte ich das fünfjährige Bestehen meines Labels. Es hat sich viel verändert und ich bin sehr gewachsen. Ich habe verschiedene Kollektionen, arbeite direkt mit meinen Handtuchquellen und fordere mich selbst und meine Kreativität jedes Mal heraus, wenn ich ein neues Produkt entwerfe. Ich denke, es ist möglich, dieses Wachstum in meiner Arbeit zu verfolgen.

War der Sprung in die Selbständigkeit schwer?
Eigentlich nicht, denn davor war ich auch freiberuflich tätig, nur in einem anderen Bereich, daher war ich den Stress schon gewohnt. 😅

Wie bist Du zum Nähen gekommen? Von wem hast Du es gelernt?
Ich habe audiovisuelles Design an der Kunstuniversität ESAD-CR studiert, war in Portugal künstlerisch im audiovisuellen Bereich tätig und habe in vielen Performances mitgearbeitet. Dabei wurde mir schnell klar, dass mein Interesse für Kostümdesign sehr gross ist. Darum beschloss ich, meine Leidenschaft für Mode und Kostümdesign ernster zu nehmen und lernte das Nähen. Ich kannte die Grundlagen des Nähens bereits, habe dann aber einige Workshops besucht, um das Nähen professioneller zu erlernen.

Ich denke, man kann einen Teil meines künstlerischen Hintergrunds in meinen Produkten erkennen, insbesondere in den Patchwork-Produkten. Durch die Kombination von Farben und Mustern werden meine Stücke sozusagen zu meiner Leinwand.

Du erstellst auch Art Wear. Erzähl mal, wie kommt es zu diesen Aufträgen und was entstehen da für Kreationen?
So sehr ich mein Handtuch-Universum liebe, entwerfe ich auch gerne künstlerischere Outfits. Ich schneidere Kunstkleidung für die Bühne, hauptsächlich für Musikbands, wo ich gerne Dimensionen und Texturen erforsche.

Was ist das Aufwändigste oder Verrückteste, was du je aus Textilien gemacht hast?
Ich habe vieles gemacht, aber das vielleicht verrückteste ist das Projekt „Der Pflanzenrock“. Es ist ein Rock, in den man eine Vase stellen und so mit einer Pflanze spazieren gehen kann.

Welches sind deine drei wichtigsten Tipps für alle, die ins Nähen einsteigen wollen?
Der wichtigste Tipp: Bügelt euren Stoff immer vor dem Nähen! Überprüft, ob die Nadel die Richtige für den jeweiligen Stoff ist! Lasst euch Zeit und überspringt keine wichtigen Schritte!

Wie sieht dein persönliches Nähreich aus?
Ein wundervolles buntes chaotisches Reich.

Was schätzt du am Nähen besonders?
Ich liebe es, wenn es an der Zeit ist, die kleinen Details zu nähen, bevor ein Stück wirklich fertig ist und ich endlich sehen kann, was zuvor nur in meiner Fantasie existiert hat.

Gibt es einen Gegenstand, den du selbst genäht hast, der dir besonders am Herzen liegt?
Mein erstes Handtuchkleid, das ich genäht habe, lange bevor ich mir vorstellen konnte, eines Tages mein eigenes Modelabel zu gründen. Ich habe es so oft getragen, dass die Farben mittlerweile etwas verblasst sind. Jetzt behalte ich es für besondere Momente oder zum Anschauen, denn es bringt mir immer schöne Erinnerungen zurück, wie diese ganze Reise begann.

Nähst du deine komplette Garderobe selbst oder gehst du auch mal shoppen?
Ich würde sagen, dass die Hälfte meines Kleiderschranks aus Kleidung besteht, die ich selbst genäht habe. Aber ich habe auch eine grosse Sammlung an Kleidern, die ich von meiner Grossmutter geerbt habe. Da ich gerne auf Flohmärkten und in Secondhand-Läden unterwegs bin, um nach Vintage-Stoffen und Handtüchern zu suchen, finde ich auch ab und zu etwas für mich selbst.

An welchem Nähprojekt arbeitest du momentan? Dürfen wir was davon sehen?
Im Moment habe ich wieder angefangen, Bomberjacken für den Herbst zu nähen und zum ersten Mal werde ich Unterteile in meiner Modekollektion haben, aber das könnt ihr noch nicht sehen. 😜

Gibt es etwas am Nähen, das du gar nicht magst?
Säume für Kleidung, die für mich selbst ist.

Was bedeutet Portugal für dich?
Familie, Freunde, Meer, Farben (und viele Strandtücher, hahaha!)

Wohin soll deine persönliche kreative Reise noch gehen?
Ich kann nicht sagen, wohin, aber ich kann die Richtung einschätzen. Ich möchte mich weiterhin auf Upcycling-Mode konzentrieren und durch meine Arbeit zeigen, dass Upcycling nicht langweilig sein muss, sondern cool und farbenfroh sein kann, die Umwelt nicht belastet und vor Ort hergestellt wird.

Aus eigenem Interesse: Wir glauben, du nähst mit BERNINA. Stimmt’s? 
Seit ich nähen kann, hatte ich immer eine BERNINA Maschine an meiner Seite. Bis jetzt hatte ich zwei Nähmaschinen und eine Overlockmaschine. Die, an der ich täglich arbeite, ist ein „Oldie“, aber mein Favorit, ist eine BERNINA Record 931. Ich arbeite mit vielen Schichten Handtüchern und einige davon können ziemlich dick sein. Diese Maschine ist sehr robust und hat einen sehr starken Motor. Perfekt für meine Arbeit. Ich freue mich darauf, meine BERNINA-Familie zu vergrössern und ein neues Mitglied hinzuzufügen – eine Stickmaschine.

Gibt es ein Zubehörteil, das du besonders magst?
Ich weiss, das ist ein ganz „normales“ Zubehörteil, aber ich liebe das Nähen von Reissverschlüssen, also natürlich der Reissverschlussfuss #4.

Reissverschlussfuss # 4

Durch seine schmale Mittelzehe kommt der Reissverschlussfuss # 4 sehr nah an die Reissverschlusszähnchen heran und kann den Reissverschluss sauber annähen.

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Fun facts 

Hast du einen Näh-Tick?
Bügeln, bügeln, bügeln

Soundtrack zum Nähen?
Podcasts hören

Welche Schuhe beim Nähen? Oder gleich barfuss?
Barfuss

Dein Lieblingsort?
Foz do Arelho, Portugal

Strand oder Berge?
Beides

Lieblingsstoff jetzt gerade? All-time favorite?
Frottee natürlich!

Lieblingsbuch?
Per Anhalter durch die Galaxis, Douglas Adams

Was hast du immer im Kühlschrank?
Äpfel

Ordnung oder organisiertes Chaos?
Organisiertes Chaos

Stecknadeln (welche?) oder Clips?
Stahl-Stecknadeln

Wie gross ist dein Stofflager?
Meine ganze Wohnung

Hose oder Rock?
Kleider

Dein Näh-Motto?
Always bring a towel!

Welchen anderen Beruf würdest du gerne ausüben?
Astronomin

Auftrennen oder «passt schon»?
Auftrennen

Stoffe waschen vor dem Nähen oder nicht?
Immer waschen

Wo willst du unbedingt noch hin?
Kalifornien

Dein Shopping-Geheimtipp für Nähfans (offline)
Horner Näzentrum in Linz und Textil Müller in Wels

Dieses Nähzubehör muss noch erfunden werden:
Bluetooth-Verbindung zu unserem Gehirn

Haben deine Nähmaschinen Namen?
Eine heisst Bernadette

Sprichst du mit ihnen? Was sagst du ihnen?
Immer. Alles, was in meinem Gehirn vorgeht. Sie ist fast wie eine Psychologin.

Häufigstes Schimpfwort beim Nähen?
Das kann ich hier nicht schreiben, aber es ist Portugiesisch und ihr würdet es wahrscheinlich nicht verstehen, also ist alles in Ordnung!

Mehr erfahren über Inês

Weitere Informationen über Inês von SÊIN fashion findet Ihr auf Ihren Social-Media-Kanälen.

Instagram: www.instagram.com/sein.fashion

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Pinterest: www.pinterest.at/seinfashion

Webseite: www.seinfashion.com