Ich muss Euch etwas gestehen: Ich liebe es, Fotos fremder Nähplätze anzuschauen. Je detailreicher, desto besser. Mein Studieren und Starren hat etwas Voyeuristisches, schon klar. Aber ich brauche das. Zeige mir Dein Nähkästchen und ich sage Dir, wer du bist – und vor allem wie du nähst!
Ich will sämtliche Details erfassen. Welche Stoffe lagern bei anderen Näherinnen im Regal? Vielleicht dieselben Prints wie bei mir? Oder ganz andere Designs, mehr Pastell und Rosendrucke = so was von nicht mein Stil? Vielleicht verstecken die Fremden ihre Webware auch in meterhohen Schränken, um die heikle Ware vor dem bösen UV-Licht und dem omnipräsenten Staub zu schützen? (Und leidet darunter nicht die Kreativität, wenn man den Stoff erst aus dem Tresor holen muss, bevor man Muster kombiniert?) Brennend interessiert mich auch immer diese Frage: Wie bringen andere Handarbeiterinnen Ordnung in das Garnrollen-Chaos?
Der vielleicht wichtigste Aspekt, der für einen ausführlichen Blick in anderer Leute Nähkästchen spricht: Gibt es einen Organisationskonzepte, die man selbst abkupfern könnte? Einen genialen Nähplatz-Hack sozusagen?
Als mich Matthias Fluri, der Pressemensch von BERNINA, fragte, ob ich meinerseits meine Schubladen für den BERNINA Blog öffnen würde, sagte ich jedenfalls sofort ja. Es ist nur fair, nach all dem Fremdgaffen selbst etwas zum Thema Nähplatzorganisation beizusteuern…
Here we go! Obwohl ich im Alltag kein besonders ordentlicher Mensch bin, entwickle ich mich in meiner Nähecke zur Pedantin. Heisst: Ich brauche Klarheit und Übersicht. Bevor ich ein neues Projekt beginne, räume ich erst auf, versorge alle Sachen sorge für eine Tabula rasa, einen leeren Tisch. Dann wähle ich die Stoffe und Zutaten aus, kombiniere wild drauf los, trete einen Schritt zurück, ziehe einen neuen Print hervor und so weiter. Da nähen mit Webware in meinem Empfinden komplett anderes als nähen mit Maschenware ist, gibt es bei Stahlarbeit (das ist mein Bloggerlabel) Stapel für die unterschiedlichen Qualitäten.
Ihr ahnt es schon: Bei mir daheim ist alles farblich vorsortiert und wird offen präsentiert. Ich finde das nicht nur sehr praktisch, da die Stoffkombination so leichter von der Hand geht. Nein, die Stapel sind auch ein wunderbares Dekoelement für mein Zuhause.
Ihr alle wisst, dass Jersey, Sweat und Co. eher wabbelig sind. Eine “Regalhaltung” ist zwar möglich, es geht aber besser: Ich habe mir Zeitschriftensammler besorgt. So habe ich jederzeit den Überblick, und es sieht auch noch gut aus. (Ach, ja, man kann beim Nähen auch mal schnell die Füsse ablegen – auch schön.)
Ein ganz eigenes Thema sind die Bündchen. Die brauchen wir alle (mehr oder weniger). Meist ist unser Vorrat halbseitig angeschnitten, es gibt Reste, Anhänge und so weiter. Ich habe mir für die Börtli eine ganz eigene Variante überlegt, bei der ich mir schnell einen Überblick über die Nuancen verschaffen kann. Und wenn die Auswahl gemacht ist, kommt der Deckel drauf.
Der weisse Kasten samt Deckel kommt übrigens vom Schweden – so wie viele andere Nähplatzhelfer auch. Am meisten liebe ich mein Rollschränkchen ALEX. Sechs weite und tiefe – aber niedrige – Schubladen. Perfekt, um all den Krimskrams unterzubringen. In der Küchenabteilung noch schnell ein paar Besteckeinsätze gegriffen – und fertig ist das perfekte Aufbewahrungsmöbel. Urteilt selbst:
So geht das auf mehreren Etagen weiter. Mein Lieblingsauszug ist für die Garne reserviert. Ja, ein leidiges Thema. Es gibt Garnrollensammler auf dem Markt, aber die sind nach meinem Empfinden entweder unpraktisch (da man die Spulen anheben muss, um den Farbton zu erkennen) oder hässlich (Plastikköfferchen) oder beides. Nach mehreren Anläufen habe ich die für mich perfekte Organisationsform gefunden.
Zur Info: Ich war im Baumarkt und habe mir schmale Lättchen auf die Schubladentiefe zuschneiden lassen. Obwohl die Hölzer noch frei beweglich sind, erhalten sie Halt durch die Garne. Auch hier wieder alles farblich sortiert – denn Zeit ist ein kostbares Gut. Wenn ich nicht sicher bin, welcher Farbton passt, greife ich drei, vier Fadenrollen heraus und lege sie auf den Stoff. (Ihr wisst ja: Immer einen Tick dunkler als das Tuch, dann verschwindet das Garn später besonders gut…)
Die Spulen sind ganz ähnlich organisiert und liegen in Spulensammlern von Prym (Bildausschnitt oben rechts). Natürlich könnte man auch die Spulen auf die Rollen setzen, dann müsste man aber die Rollen hinstellen oder aufhängen, oder an die Wand nageln.
Besonders kreativ war ich bei der Suche nach einer Aufbewahrungslösung für Webbänder und Nähfüsschen. Die idealen Accessoires gab’s in der Bäderabteilung eines wunderbaren Schweizer Einrichtungshauses. Meine Webbänder warten in einem Lippenstift-Display auf ihren Einsatz. Und die Füsschen liegen in einem Nagellack-Sammler. Oder war es umgekehrt? Egal. Hauptsache, ich behalte den Überblick.
Am Schluss noch zwei kleine Tipps aus dem Nähalltag. Ich setze häufig Schnittmuster aus dem englischsprachigen Raum um. Dort ist die Nahtzugabe sehr oft schon enthalten, mal beträgt sie einen Zentimeter, mal mehr, mal weniger. Natürlich gibt es auf meiner BERNINA 350 PE (oder meiner BERNINA Overlock 700 D bzw. meiner BERNINA Coverlock L 220) eine Skala, die den Abstand der Nahtlinie angibt. Aber mal ehrlich, das kann doch kein Mensch sehen. Ich packe dann jeweils Washi Tape (auch bekannt unter dem Namen Masking Tape) aus – und klebe mir die Richtung vor.
Und dann ist da noch das Problem mit der Nadel. Wisst ihr, welches Modell gerade in eurer Maschine steckt? Eine 70er oder doch eine 90er? Mit spitzer oder runder Spitze? Also ich nicht. Deswegen habe ich eine ausgediente Nadel mit rotem Nagellack angemalt. Und immer, wenn ich eine neue Nadel einspanne, schiebe ich meine DIY-Erinnerungshilfe in die Lücke.
Ich hoffe, dass Euch die kleine Rundreise durch mein Nähuniversum gefallen hat. Ich melde mich jetzt ab und fange mit dem Nähen an. Die Ordnung auf den Bildern, die ist zu schön, um wahr zu sein. Also her mit den Stoffen, Garnen, Bändern, Schnittmustern und dem Nahtauftrenner 🙂
Herzlich,
Bettina
Iiebe bettina,
Jetzt möchte
ich auch mal einen beitrag zur nähplatzorganisation leisten, der möglicherweise
dem einen oder anderen auch nützlich sein wird: Wir ärgern uns ja immer über zu
viel plastikverpackungen, die ja nicht notwendig zu sein scheinen. Dem
Verpackungsmüll auszuweichen bzw. ihn zu vermeiden ist nur sehr schwer möglich,
daher suche ich immer nach Verwendungsmöglichkeiten. Nun gibt es seit einiger
zeit mit einer art druckknopf verschließbare plastikboxen, die ich zur
aufbewahrung von stoffresten einsetze. Man sieht immer, was enthalten ist und
wenn mal eine box kaputt geht, ist nicht viel verloren. Die Stoffreste sortiere
ich grob nach farben, kleine stoffschnipsel, wie sie beim patchwork oft
anfallen, kommen in eine solche box und werden von zeit zu zeit sortiert, und
unbrauchbare stücke werfe ich weg.
Für meinen nähgarn-vorrat hat
mir mein mann “nagelbretter“ in handlicher größe gebastelt, die zusammen in
eine schublade passen. Für ein nähprojekt stelle ich die erforderlichen
garnrollen zusammen und nehme sie auf einem “nagelbrettchen“ aus der schublade
heraus, so dass ich sie griffbereit neben der nähmaschine habe. Leider habe ich
für meinen vorrat an overlock-garnrollen noch kein ideales system gefunden,
diese liegen – unsortiert – in einer schublade.
Herzliche grüße an alle.
Elfi
Sehr witzige Idee mit der Früchteverpackung. Muss ich mir merken. Danke dafür. lg Bettina P.S. Ich bringe alle Reste in den Kindergarten/die Schule – die freuen sich immer riesig über Stoffschnipsel.
Hallo Bettina,
danke für den Einblick in dein Nähsystem. Die Idee, die Garnrollen zu legen – so einfach und übersichtlich, und trotzdem wäre ich darauf nicht gekommen! Meine Nadeln klebe ich mit Maskingtape an die Maschine mit Aufschrift Jersey bzw. Jeans. So weiß ich, welche gerade im Gebrauch ist.
Jetzt such eich mal einen Platz für mein Garn! :O)
LG Sabine
Hallo! Dies ist meine erste Antwort zu irgendeinem Blog!
Aber ich bin so begeistert von der Idee mit der Platzhalter Nadel — Super!!! Ich habe auch schon lange damit gehadert, dass man nie mehr weiß welche Nadel man vor ein paar Tagen oder sogar Wochen, denn soviel Zeit zum Nähen habe ich nicht, in die Maschine getan hat. Vielen Dank, Regina
Wer liebt es nicht in fremde Nähzimmer zu spinxen und die ein oder andere Idee zu mopsen! Ich bin auch ein Chaot, brauche aber Ordnung im Nähzimmer und räume nach jedem Projekt alles weg, putze und reinige die Maschinen.
Gisela
Wow, liebe Bettina, das ist ein ganz toller Bericht. Ich muss gestehen, dass auch ich wahnsinnig gerne in andere Nähzimmer hineinblinzle.
Mit Grüssen, Fabienne
Hallo Bettina, toller Artikel! Ich spickel auch gern bei anderen im Nähzimmer. Ich häng mal zwei Bilder an, wie es bei mir und meinem Mann im Arbeitszimmer aussieht. Wir teilen uns unseren Hobbyplatz.
Was hängt da an deinem Ferrari? Glaub, das brauch ich auch. Werfe immer alles ins Ovi-Auffangbecken, aber deine Konstruktion ist praktischer.
Hallo Bettina, ich hab da einen kombinierten Fadensammler mit Nadelkissen. Schnell genäht und sehr praktisch. Das Nadelkissen ist mit Sand gefüllt, schön schwer, hält das ganz also auf dem Tisch, und im Fadensammler hab ich inzwischen noch eine Tupperdose, da bleiben die Fäden nicht so hängen wie am Stoff. Ich häng mal ein Bild an, damit du es besser sehen kannst. (allerdings noch ohne Dose drin)
Liebe Grüße, Jeannette
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Hallo und herzlich Willkommen 🙂
Sehr schöner Artikel, vielen Dank!
Lg, Annett